Fußballtickets organisieren

Übungsleiter Löw ist momentan mit der Mannschaft im Trainingslager. Der WM-Fahrplan, ohne die 2010er Motivationspower von Sportheld und charismatischen Bergsteigerlegende Reinhold Messner, wird akribisch eingehalten. Am 1. Juni erfolgt ja dann das nächste Testspiel gegen Kamerun in Mönchengladbach an. Am 6. Juni steht das Benefizspiel gegen Armenien in Mainz, jenem Bundesligastandort mit der kürzlichen Tuchel/Heidel Posse, auf dem Programm. Medial kam mir dabei Tuchel zu schlecht weg. Es war viel von Moral zu hören und zu lesen. Heidel pochte viel auf die Einhaltung von Verträgen. Hob die Mainzer Solidität und Vertragstreue dabei hervor. Ich war da eher auf Seiten von Tuchel. Manager Heidel hatte ja bereits 2009 für Schlagzeilen gesorgt. Fünf Tage vor Beginn der Bundesligasaison wurde der Aufstiegstrainer Jörn Andersen entlassen. Okay, selbstverständlich beurlaubt. Daniel Meuren attestierte damals den Mainzern in der FAZ eine Gestörte Kommunikation. Doch das nur am Rande. Zurück zum Länderspiel. An der Seitenlinie von Kamerun wird dann ein alter Bekannter aus der Bundesligaszene zu beobachten sein: Volker Finke. Ihn hatten viele im Gedächtnis als den Freiburg Trainer. Dort wirkte er gefühlt Hundert Jahre. Doch seine Trainerlaufbahn hat durchaus mehrere interessante Facetten aufzubieten: TSV Stelingen, TSV Havelse, 1. SC Norderstedt vor dem intensiven, erfolgreichen und  jahrelangen Freiburg Engagement. Danach folgte ein Ausflug nach Japan zu Urawa Red Diamonds, später eine Tätigkeit als Sportdirektor beim 1. FC Köln inklusive des Einspringens in Sachen Interimstrainer. Im Mai 2013 übernahm er dann die Nationalmannschaft Kameruns. Sie coachte Volker Finke zur WM in Brasilien.Traveler Digital CameraTiefer will ich heute gar nicht auf das Testspiel der Mannschaft von Übungsleiter Löw gegen Volker Finkes Team eingehen. Auch anderswo gibt es diverse Vorbereitungsspiele auf die bevorstehende Weltmeisterschaft. Zum Beispiel testet 3 Tage nach dem Spiel Deutschland gegen Kamerun die argentinische Nationalmannschaft gegen Trinidad und Tobago. Christoph Wesemann berichtet dabei auch aus Buenos Aires auf Argentinisches Tagebuch von der Organisation der Fußballtickets für das Spiel und beginnt seinen Text mit dem Hinweis auf die Ist-Situation in Sachen Tickets.

,,M.,  der andere Deutsche in Buenos Aires, mein Freund Pablo und ich wollen zum Länderspiel von Argentinien gegen Trinidad und Tobago am 4. Juni. Um die Karten kümmert sich M., Pablo hilft ihm, und ich vermittele zwischen den beiden, weil sie sich noch nicht kennen. Kommuniziert wird über SMS, WhatsApp und Facebook-Chat, auf Deutsch und Spanisch. Damit der Leser das Stück versteht, wird jetzt aber deutsch gesprochen. Es genügt ja, dass sich die Akteure nicht verstehen.“

Zwischen M., Pablo und Christoph Wesemann entspinnt sich dann ein feiner Dialog um die Zuständigkeiten für die Eintrittskarten. Dabei wird auch das Thema Kreditkarte (in Deutschland gerade durch Krautreporter sehr in die Diskussion gekommen) gestreift.

Nachdenkenswert #233

,,Titel sind die Krönung. Aber mein Seelenheil hängt ganz und gar nicht von diesen Tagen in Brasilien ab. Geht es um das Seelenheil, da blickt man doch auf viel mehr, nicht nur auf vergängliche Triumphe. Ein Sieg mehr, eine Niederlage mehr – ich glaube nicht, dass dies am Ende die entscheidende Rolle spielt.“

Übungsleiter Löw, bisher mit der Nationalelf bei Europameisterschaften und WM-Turnier ohne Titel, im stern Interview, die Erwartungshaltung in puncto WM-Titel dämpfend

Übungsleiter Löw verzichtet dieses Jahr vor der WM in Brasilien auf die Motivation von Reinhold Messner

Da sage noch einer in Deutschland Übungsleiter Löw hätte keine Flexibilität aufzuweisen. Während zur WM 2010 noch auf die persönlichen Motivationskünste von Bergsteigerlegende und Buchautor Reinhold Messner zurückgegriffen wurde, gibt es dieses Jahr dergleichen nicht.Traveler Digital Camera

Im Mai 2010 plauderte Reinhold Messner vor der DFB-Elf aus seinem reichen Erfahrungsschatz und erzählte im Interview mit der tz:

,,Sie haben richtig gehört. Es wird die Mannschaft gewinnen, die fliegt. Du kriegst den Titel nicht geschenkt. Dafür musst du jahrelang hart kämpfen. Und irgendwann wird in Südafrika der Moment kommen, wo alles von alleine kommt, wo plötzlich alles gelingt und jeder Spieler auf einer Euphoriewelle schwimmt. So wie die Elf 1974. Die sind geflogen.“

Übungsleiter Löw war damals hellauf begeistert über den Erstbesteiger aller 14 Achttausender.

„Reinhold kann uns Dinge mitgeben, die uns helfen werden, den Gipfel zu erreichen“

Okay, die Sache mit dem Weltmeistertitel 2010 hat dann irgendwie nicht geklappt, auch das EM-Turnier 2012 ging ohne Gipfelbesteigung für die Mannschaft von Übungsleiter Löw über die Bühne.

Bei dem österreichischen Sportwettenanbieter bwin sieht die Favoritenrolle für das diesjährige WM-Turnier 2014 in Brasilien so aus:

Brasilien 4,00

Argentinien 6,00

Deutschland 6,00

Spanien 8,00

Belgien 15,00

Frankreich 19,00

Die Aufladung einer Aura von Nike, Adidas und Co.

Nein, Sportschuhe verkaufen sich in der Regel nicht von alleine wie geschnitten Brot von einem  Bäcker, der den Namen noch verdient und auf treue Kunden mit sensitiven Geschmacksnerven verlässlich bauen kann. Die Sportartikelhersteller müssen intensiv für ihre Produkte in puncto Marketing das große Rad drehen. Der Adidas Frontmann Herbert Hainer, frischgebackener Nachfolger von Uli Hoeneß als Aufsichtsratchef der FC Bayern AG (der 59-Jährige wurde kürzlich vom Aufsichtsrat einstimmig gewählt) brachte diese Binsenweisheit einst sehr schön im Interview mit der Wirtschaftswoche am 26.07.2008 unter dem Titel „Schlechtes Gewissen? Wieso?“, unmittelbar vor den Olympischen Spielen in Peking zu den gigantischen Marketing- und Werbeausgaben auf den Punkt:

,,Wie sollen wir den Schuh dann verkaufen? Wenn Sie nicht werben, können Sie bald die Schuhe im Büro stapeln. Das wäre der erste Schritt in den sicheren Ruin.”

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Die Marke wird inszeniert. Adidas überlässt da nichts dem Zufall. In bester Innenstadtlage wird intensiv um den Verkauf der Produkte gefightet. Auch der amerikanische Konkurrent Nike beherrscht das Spiel der emotionalen Aufladung seiner Marke und steht den Herzogaurachern da in nichts nach. Im besten Falle umweht beide eine Aura.

Einen der besten nachdenkenswerten Texte zur Aufladung der Produkte der beiden Sportartikelhersteller lieferte einst Friedrich von Borries, Architekt und Design-Theorektiker, im vierseitigen Interview beim Wirtschaftsmagazin brand eins in der Ausgabe 10/09:

„Irgendwann ist Nike und Adidas klar geworden, dass es nicht besonders sexy ist, wenn ihre Turnschuhe bei Karstadt-Sport gestapelt werden. Nike hat 1990 als erstes Mode-Unternehmen angefangen, Flagship Stores zu entwickeln. Es ging darum, die Produkte mit Aura zu versehen und zum Beispiel Original-Schuhe oder -Tennisschläger berühmter Sportler wie Kunstwerke auszustellen. Was wir aus dem Völkerkundemuseum kennen, passiert nun mit unserer eigenen Konsumkultur: Alltagsgegenstände werden als Reliquien präsentiert, eine Ethnologie der Konsumgesellschaft – allerdings mit spezifischen kommerziellen Interessen. Was in der alten, fordistischen Industriegesellschaft zählte, also Funktion, technische Innovation, Gebrauchswert, Preis, wird abgelöst durch Aura und kulturellen Mehrwert. Lifestyle-Accessoires wie Nike-Sneakers brauchen diese Aufladung.“

Die Aufladung der amerikanischen Marke Nike wird auch nicht dem Gevatter Zufall überlassen. Generalstabsmäßig wird bei dem Sportartikelhersteller alles geplant. Ein Blick auf den Nike Campus fördert dann auch solche Bereiche wie den Run-way Biomechanics, die Motion Capture Lab oder  Physiology-Environmental Chambers hervor. Im letztgenannten Sektor liest sich das bei der Stippvisite dann auf lesmads so:

,,Hier werden in zwei verschiedenen Räumen einmal an Athleten oder am Roboter „Hal“ die Ausmaße von Temperaturunterschieden beim Work-Out analysiert. Bei unserer Führung wurde zum Beispiel der eine Raum, in dem eine Frau trainierte, auf Temperatur von Rio de Janeiro hochgestuft. Aber nicht nur das: Auch Luftfeuchtigkeit und Luftdruck können exakt eingestellt und somit die Wetterbedingungen eines beliebigen Ortes auf der Welt – egal ob heiß oder kalt – nachempfunden werden.“

Doch es gibt auch immer wieder die kritischen Stimmen. Stichwort Arbeitsbedingungen. Entlohnung. Erinnert sei an den Film aus dem Jahr 1997 von Michael Moore Der große Macher (im Originaltitel: The Big One). Hier der sehr nachdenklich stimmende Wikipedia Eintrag und hier die Sequenz mit dem Interview von  Filmemacher Michael Moore mit dem damaligen Nike-Vorstandsvorsitzenden Phil Knight auf youtube. (8 Minuten und 23 Sekunden).

Entlohnung ist selbstverständlich auch bei Adidas immer wieder ein Thema. Die Arbeitskosten sind auch in Ländern wie China nicht in Stein gemeißelt. Am 20. November 2011 bemerkte Adidas-Chef Herbert Hainer im Interview auf Welt Online dazu an:

,,Die Preise beschäftigen uns natürlich. Sie sind im Vergleich zur Situation vor zwei Jahren immer noch hoch. Allerdings gibt es inzwischen auch positive Signale. Etwa bei den Baumwollpreisen. Die waren innerhalb von zwölf Monaten um 200 Prozent gestiegen, dann fielen sie wieder um die Hälfte. Gummi- oder Polyesterpreise stagnieren oder gehen leicht zurück. Allerdings bemerken wir den starken Anstieg der Arbeitskosten in China. Die Regierung verordnet Lohnsteigerungen um 15 bis 25 Prozent – und es ist noch keine Entspannung zu sehen.”

Übrigens bei dem anstehenden Fußball-Jahreshöhepunkt im Land des Rekordweltmeisters sieht es bei der Ausstattung der Teams für die WM Brasilien 2014 in der Reihenfolge so aus: Nike (10), Puma (8), Adidas (8). Die Aufladung der Aura geht weiter.

Kasachstan vor der Brust und eine Erinnerung von Manuel Neuer an Wut über Gegentore

Die Fußball-WM 2014 in Brasilien rückt näher. Jetzt stehen für Übungsleiter Löw  und seine Truppe die Spiele gegen Kasachstan an. 5000 Kilometer Flug von Deutschland bis hinter den Ural liegen hinter der deutschen Mannschaft. Das öffentlich-rechtliche Fernsehen in Form des ZDF ist der übertragende Sender. Die Gebühren müssen ja irgendwo bleiben. Manuel Neuer wird nach seiner Pause gegen Frankreich wieder das Tor hüten. Ein großer internationaler Titel fehlt ihm. Im Interview mit der Süddeutschen Zeitung in der heutigen Printausgabe blickt er auch nochmals auf seine Wut ob der 2 Gegentore im Viertelfinale der EM gegen Griechenland zurück.

,,Ich war zornig, weil es unnötig war, total unnötig. Wir haben ordentlich gespielt gegen Griechenland, aber mehr nicht. Wir haben zwar vier Tore geschossen, aber gegen einen gleichwertigen Gegner hätte das nicht geklappt. Da wären wir rausgeflogen – was dann gegen Italien auch passierte. Klar: Man freut sich über das Weiterkommen. Aber der zweite Gedanke ist: Gegen Italien wäre hier Schluss gewesen. Deshalb haben mich die beiden Gegentore aufgeregt.“

Ups, ja so habe ich das Griechenland-Spiel auch gesehen. Mir war unverständlich welch Lobeshymnen über die Mannschaft von Übungsleiter Löw und seiner Mannschaft angestimmt worden waren. Warum werden solche Siege gegen Mannschaften ohne Weltklasseformat immer so hochgejubelt? Ich habe noch einige Schlagzeilen deutscher Medien vor meinem geistigen Auge. Deutschland war da ja praktisch nach einem 4:2 gegen solide griechische Fußballhandwerker bereits Europameister. Nun, es kam anders. Übungsleiter Löw bekam anschließend nicht nur im boulevardesken Teil der deutschen Zeitungen sein Fett weg. Zum Glück kam dann die Personalie Sammer recht schnell ins Spiel. So war die Aufmerksamkeit der Medien sehr zügig auf dem ehemaligen Spieler von Dynamo Dresden gerichtet. Übrigens hat Deutschland letztmalig 1990 mit Teamchef Franz Beckenbauer deutsches Selbstverständnis eingelöst: Den WM-Titel in der Königssportart Fußball.