Die Sache mit dem Interesse an der Tour de France

Die Tour de France läuft langsam an. Eurosport.Yahoo bringt einen Artikel mit dem Titel Tour de France – Doping-Experte warnt die Profis und verweist auf das nachlassende TV-Interesse von Wilhelm Schänzer, Leiter des Anti-Doping-Labors in Köln:

,,Sein Interesse an der Tour de France sei gesunken, „da geht es mir so wie vielen Zuschauern“, sagte Schänzer. Trotzdem schaue er einige Etappen im Fernsehen. In Deutschland werde das Doping-Problem im Radsport als besonders heftig erlebt, weil es die Zusammenhänge „mit der Sportmedizin in Freiburg und dem Telekom-Team“ gegeben hätte, findet der Wissenschaftler. In anderen Ländern würden eher Sportarten wie Leichtathletik oder Kraftsport als besonders belastet gelten.“

Ein Bekannter von mir, einst selbst Radsportler in der Jugend, schaute sich früher jede Etappe zu Zeiten von Jan Ullrich an. Jetzt war er überrascht, als ich ihn vorige Woche ansprach und bemerkte, die Tour beginne diesmal nicht mit einem Prolog. Das war ihm gar nicht bekannt. Er wird punktuell, wenn es seine Zeit erlaubt, den Fernseher zur Tour de France einschalten. Mehr Interesse sei auch momentan nicht vorhanden.

Jonathan Sachse, Sportjournalist und Blogger, bestückt seinen Blog regelmäßig mit Häppchen zur Tour de France. Zur Nachlese hier Etappe 1, Etappe 2 und Etappe 3. Jonathan Sachse ist Live vor Ort als Fachberater für das ZDF-TV Team dabei. Nach dem Mannschaftszeitfahren auf der 2. Etappe schrieb er zum Thema Gelben Trikot und seiner Anziehungskraft für das deutsche mediale Interesse:

,,Die Deutschen Medien hätte es sich so gerne gewünscht, um wieder etwas mehr positive Aufmerksamkeit auf die Tour zu lenken. Aber in allen drei Teams lief es einfach nicht gut: Der frühe Sturz von Eisel kostete Martin am Ende die entscheidenden Sekunden. Bei den Teams von Gerdemann und Klöden fehlte der letzte Punch.“

Die öffentlich-rechtlichen haben aber bereits bei der 1. Etappe eine Super Nummer hingelegt, um mediales Interesse abzuwürgen. Ich zwitsche spaßeshalber bei der Zielankunft zwischen Eurosport und dem ARD hin und her. Was darf ich erleben? Unmittelbar nach Zielankunft schaltet der gebührenfinanzierte Sender zum Frauenfußball um. USA gegen Kolumbien. Nichts gegen die Vielfalt von Sportarten im Fernsehen, doch ein gelungenes Timing geht für Radsportanhänger vielleicht anders. Dieser abrupte sofortige Wechsel nach dem Etappeneinlauf wirkte befremdlich. Eurosport brachte hingegen Interviews und die gewohnte Nachbetrachtung. Somit bestätigte sich beim Start der Tour de France bereits die Sichtweise von Rudolf Scharping auf die öffentlich-rechtlichen und Eurosport.

Heute Abend steige ich selber noch auf´s Rad und fahr ein paar Kilometer am Bodensee entlang.

Stimmen zum Fall Claudia Pechstein

Nach dem Urteil des Sportgerichts gab es viele Stimmen zur Personalie Claudia Pechstein. Eine kleine Stimmensammlung.

Die erfolgreichste Winterolympionikin Deutschlands meldet sich auf ihrer Webseite zu Wort:

Claudia Pechstein:,,Der Alptraum geht weiter. Mit Urteil vom 25. November 2009 hat der Internationale Sportgerichtshof CAS die Sperre gegen mich bestätigt. Demnach kann ich bis auf  Weiteres nicht bei Wettkämpfen starten und meine sechste Teilnahme an den Olympischen Spielen im Februar 2010 in Vancouver ist damit weiter ungewisser denn je.

Das zu akzeptieren, ist für mich unglaublich hart. Nach dem wochenlangen, unwürdigen Hin und Her war das Urteil aber abzusehen. Ich bin nicht mehr über das Ergebnis geschockt, sehr wohl aber darüber, wie es zustande gekommen ist. Erst die ISU, jetzt der CAS. Ich habe lernen müssen, dass es ausgerechnet vor Sportgerichten offenbar keinen Platz für das im Sport so oft beschworene Fair Play gibt. Ich habe nie gedopt und ein reines Gewissen.“

Joachim Franke (langjähriger Trainer von Claudia Pechstein):,,Es ist eine Katastrophe, ein absolutes Fehlurteil. Sie hat nie eine Leistung manipuliert. Insofern ist die Entscheidung nicht nachzuvollziehen.“

Fritz Sörgel (Pharmakologe, Leiter des Instituts für Biomedizinische und Pharmazeutische Forschung): ,,Ich denke, dass von Anfang an klar war, dass es in diese Richtung laufen musste. Ich habe gleich gesagt, dass es sehr schwierig werden wird, hier Gegenargumente zu finden. Es ist immer eine gewisse Unsicherheit mit drin, aber die ist im Fall Pechstein sehr klein.“

Wilhelm Schänzer, Leiter des Instituts für Biochemie an der Deutschen Sporthochschule Köln: ,,Ich bin sicher, dass der indirekte Nachweis von Doping-Missbrauch aufgewertet wird und die Entscheidung eine positive Stimmung bei den Verbänden erzeugt. Nicht wohl ist mir aber, dass das Urteil nur auf einen Parameter, die erhöhte Anzahl von Retikulozyten im Körper, beruht.“

Detlef Thieme, Leiter des Instituts für Dopinganalytik und Sportbiochemie in Kreischa: ,,Das Prinzip ist bestätigt. Individuelle Blutprofile und Blutpässe werden an Bedeutung gewinnen. Wichtig ist, wie sind die Details beschaffen, was wird uns für die Praxis mit an die Hand gegeben.“

Helge Jasch (Teamchef Deutsche Eisschnelllauf-Gemeinschaft): ,,Mir verschlägt es die Sprache, ich bin platt. Jetzt ist das Urteil da, es schwächt sportlich unser Team. Wir haben schließlich nicht 20 Leute, die Medaillen gewinnen können.“

Udo Sprenger (Vizepräsident Bund Deutscher Radfahrer): ,,Ich denke, die indirekte Beweisführung müssen und sollten wir zulassen. Ansonsten ist das ganze Prozedere mit Blutpassprogramm etc. hinfällig.“

Clemens Prokop, Präsident Deutscher Leichtathletik-Verband (DLV): ,,Die Entscheidung dürfte die Qualität der Doping-Bekämpfung spürbar verändern. Sie wird in Zukunft nicht mehr isoliert nur auf die Kontrollen abgestellt. Nun wird die Summe der Fakten ein Gleichgewicht erhalten.“

Thomas de Maiziere (Bundesinnenminister): „Das Urteil ist für Claudia Pechstein menschlich bitter. Sie war bis zum heutigen Tag für viele Sportbegeisterte, auch für mich, ein großes Vorbild. Das Disziplinarverfahren gegen Claudia Pechstein als Bundespolizistin wird wieder aufgenommen, wenn das Urteil rechtskräftig ist. Für den internationalen Sport ist das Urteil wegweisend. Es lässt den Indizienbeweis zum Nachweis von Doping zu. Der Nachweis eines einzelnen Dopings im konkreten Fall ist nicht mehr notwendig. Damit kann der internationale Sport sauberer werden. Als deutscher Innenminister erwarte ich allerdings, dass solche strengen Maßstäbe nicht nur gegenüber unseren Athleten, sondern weltweit angewandt werden.“

Weiterführende Artikel zum CAS-Urteil gegen Claudia Pechstein

1. Ein wertvoller Umweg

2. 63 Seiten, zwei Jahre, eine Verliererin

3. Pechsteins düsteres Ende

4. Im Zweifel gedopt

5. „Ich fühle mich unwohl mit dem Urteil“