Nachdenkenswert #195

,,Daran ändert auch die Tatsache nichts, dass Red Bull einen anderen Weg geht, um sein Geld im Profifußball zu versenken anzulegen und die Organisationsstruktur Verein nicht als Sponsor, sondern als Macher bzw. Quasi-Eigentümer finanziert. Das wäre letztlich nur aus vereinsrechtlicher und allgemeingesellschaftlicher (demokratietheoretischer) Perspektive interessant. In Sachen Wirtschaftsgebaren und Gewinnabsichten unterscheiden sich die Heuschrecke Red Bull nicht von den anderen Wiesenbewohnern wie Telekom, Evonik, Gazprom, Wiesenhof und wie sie nicht alle heißen.“

Rotebrauseblogger, räumt mit ein paar Denkfehlern in Sachen „Heuschrecke“ Red Bull auf

Werder Bremen und das PR-Krisenmanagement in Sachen Trikotsponsoring

Ein richtig glückliches Händchen bei der Wahl des Trikotsponsors hat Werder Bremen die letzten Jahre nicht gehabt. Es ist schon wieder PR-Krisenmanagement beim Bundesligisten gefragt. Auf Radio Bremen liest sich das dann so:

,,Fußball-Bundesligist Werder Bremen hat mit Besorgnis auf einen Fernsehbeitrag über Missstände bei seinem Hauptsponsor Wiesenhof reagiert und eine lückenlose Aufklärung der Vorwürfe verlangt. „Das ist weder für Wiesenhof noch für uns schön. Es ist wichtig, dass die richtigen Dinge in die Wege geleitet werden“, sagte Werders Sportdirektor Thomas Eichin.“

Werder Bremen hatte bereits im vergangenen Jahr mit dem Geflügelproduzenten Wiesenhof mehr unsympathische Schlagzeilen als dem Verein lieb sein konnte. Es gab zahlreiche Proteste von Fans und Tierschützern. Der ab der Saison 2012/2013  neue Trikotsponsor der Bremer erzeugte zahlreiche heftige Ablehnreaktionen in der Öffentlichkeit. Bereits im August vor 12 Monaten war auf Seiten von Werder Bremen PR-Krisenmanagement gefragt.

Im Idealfall bringt ein Trikotsponsor ja Geld und Image dem Verein. Fans identifizieren sich mit dem Sponsor. So der gewünschte Effekt in den Marketingabteilungen der Konzerne. Der Verein bekommt den Scheck und hat ein Stück Planungssicherheit mehr. Das werbende Unternehmen profitiert im Gegenzug von der medialen Werbewirksamkeit auf der Brust der Spieler eines Bundesligisten. Mit Multiplikatoreffekt. Zehntausende Augenzeugen im Stadion. Millionen Sportschauzuschauer vor den TV-Geräten. Printberichterstattung mit Fotos beim Kicker und Sport Bild bis hin zu den zahlreichen Tageszeitungen sowie Online-Webpublikationen (Die taz mit ihrer Pixelaktion klammern wir hier mal aus). Eine klassische Win-Win Situation. So der Idealfall und Wunschtraum. PR-Krisenmanagement wegen negativer Schlagzeilen in der Öffentlichkeit steht da nicht oben auf der Wunschliste der beteiligten Akteure.

„Der letzte macht das Licht aus“

Auf der Website Europäische Sponsoring Börse gibt es ein Interview mit Jürgen May und dem Verband für Sportökonomie und Sportmanagement in Deutschland zu lesen unter dem Titel „Der letzte macht das Licht aus“. Jürgen May ist Leiter des VSD-Arbeitskreises ,,Nachhaltigkeit im Sport“. Er arbeitet freiberuflich als Senior Consulter.

,,Umso wichtiger ist es im Sport, auch die mit dem Sponsor gemeinsamen erarbeiteten Nachhaltigkeitsziele im Sinne einer nachhaltigen Kommunikation glaubwürdig und authentisch zu leben und zu kommunizieren. Vor allem die zunehmende Dynamik der Medien und des Informationsflusses im Sport, steigende gesellschaftliche Ansprüche an Veranstalter, Sponsoren, Management und Sportler unter dem Stichwort „Corporate Social Responsibility“ und wirtschaftliche Erfolgserwartung, erfordern eine Früherkennung von Chancen und Risiken. Wie es bzgl. der Früherkennung von Risiken nicht sein soll, zeigt uns aktuell Werder Bremen und Wiesenhof.“

Trikotsponsoring vom Eierkonzern Wiesenhof bei Werder Bremen

Die  Geschichte mit Werder Bremen und dem Trikotsponsor Wiesenhof ist nicht gerade ein Musterbeispiel einer Positiv-Image-Story. Klaus Allofs musste sich erst kürzlich wieder im Interview mit dem Magazin 11Freunde (Novemberheft) dazu äußern. Nun, in meinem Kühlschrank gibt es kein Wiesenhof. Im Tiefkühlfach ebenso Fehlanzeige.

Kleine Buchempfehlung zwischendurch von mir. Vom Verzehr wird abgeraten – Wie uns die Industrie mit Gesundheitsnahrung krank macht von Dr. Hans-Ulrich Grimm. Unbedingt lesen.

Die Zeit attestiert dem Autor:

,,Hans-Ulrich Grimm betreibt Aufklärung im besten Sinne.“

Auf Seite 121 bekommt der geneigte Leser ein paar Anmerkungen zum Trikotsponsor von Werder Bremen frisch auf den Tisch serviert:

,,Die Annäherung geht weiter, das Ei kommt jetzt aus dem Tetrapak, vom Eierkonzern Wiesenhof, wahlweise in >>Bio-Vollei<<,  >>Bio-Eigelb<<,  >>Bio-Eiweiß<<,  >>Bio-Schlemmer-Rührei<<. Das Huhn hat es natürlich nicht im Tetrapak, sondern in der altmodischen Schale gelegt, es muss deshalb ein bisschen zurechtgemacht werden, das Ei, auch haltbarer, etwa mit Zitronensäure E 330.“

Dr. Hans-Ulrich Grimm hat jahrelang recherchiert. Er schaut genau hin.

Mit dem Trikotsponsoring ist es ja immer so eine Sache. Passen Verein und Unternehmen zusammen?  Stimmt die Erwartungshaltung? Wie ist das mit dem Image? Vor ein paar Tagen gab Aston Martin seinen Abgang vom Trikot des Zweitbundesligisten 1860 München zum Saisonende bekannt. Da hatte ich schon bei Bekanntgabe der Vertragsunterschrift ein ambivalentes Gefühl. Okay, die Münchner haben ehrgeizige Ziele. Die 2. Bundesliga soll nur Zwischenstation sein. Doch Aston Martin und 1860 München. Irgendwie konnte ich mir beim besten Willen dort keine ewige Sponsorpartnerschaft auf der Trikotbrust vorstellen.