Anand kann Topalov auch in der 10. Partie nicht besiegen

Die beiden Hauptakteure auf der Bühne von Sofia machen es spannend. Das 10. Match endete mit einem Remis nach 60 Zügen. Chesstigers merkt an:

,,Gegen Ende der Partie war es sogar Topalov, der das Remis anstreben musste und zum ersten Mal – oh Wunder – war keine dreimalige Stellungswiederholung nötig, man einigte sich, bevor der herbeieilende Schiedsrichter am Brett war, auf das Unentschieden! Beim darauf folgenden Handshake berührten sich die Hände der Kontrahenten zwar nur für den Bruchteil einer Nanosekunde, aber immerhin!“

May 03, 2010 - Sofia, Bulgaria - (100503) -- SOFIA, May 3, 2010 (Xinhua) -- World chess champion Viswanathan Anand (L) of India competes against Bulgarian chess grandmaster and former world chess champion Veselin Topalov during their seventh game of the FIDE World Chess Championship in Sofia, Bulgaria, May 3, 2010.. (Xinhua/Velko Angelov.

Freunde werden Anand und Topalov sicherlich nicht mehr in diesem Jahr, jedoch scheint mir dies bei weitem nicht vergleichbar zu sein mit dem Nicht-Verhältnis zwischen Karpow und Kortschnoi 1978 in Baguio. Das war schon sehr bizarr. Da gehen Topalov und Anand fast wie Kumpels miteinander um.

Im besagten Schach-WM-Kampf 1978 auf den Philippinen gab es einen gnadenlosen Nervenkrieg. Er hatte bleibende Spuren hinterlassen. Dies liest der neutrale Betrachter auch aus dem FAZ Interview mit Anatoli Karpow im September 2006:

,,Mit zwei anderen Schachlegenden, Garri Kasparow und Viktor Kortschnoi, haben Sie sich erbitterte Kämpfe geliefert. In Zürich trafen Sie kürzlich beide wieder. Sie teilten mit Kasparow den ersten Platz, Kortschnoi wurde Letzter. Wie reagierte er?

Nun, er ist mit 75 Jahren nicht mehr der Jüngste. Wenn er verliert, sucht er die Gründe selten bei sich, sondern meist beim Gegner. Ich könnte Ihnen viele Beispiele dafür nennen.“

So richtig Frieden hatte Karpow da mit Kortschnoi noch nicht gemacht. 28 Jahre nach dem Baguio Match.  Wer obige Ausfahrt zum Interview verpasst hat, hier geht es zum kompletten Interviewtext. Karpow nimmt Stellung zu den Dopingvorwürfen von Kortschnoi, bezeichnet Topalov im heutigen Schach als den Fighter schlechthin, spricht über seine Briefmarkensammlung und deren Verwahrung in Safes verschiedener Bankhäuser. Aufmerksame Leser wissen über die Symbiose von Fußball und Schach in meiner Kindheit und Jugend. Daher fand ich die Abschlußfrage von Dagobert Kohlmeyer an Anatoli Karpow und die offene Antwort sehr aufschlußreich:

,,Heute vertreiben Sie unter Ihrem Namen auch Schachspiele aus edlem Material, die 25.000 Dollar und mehr kosten. Wer kauft so etwas?

Es gibt genügend Interessenten. Bisweilen verschenke ich sie an berühmte Leute. In Buenos Aires war ich zu Diego Maradonas Talk- Show im dortigen Fernsehen eingeladen. Ich überreichte dem Fußballgott, der kein starker Schachspieler ist, ein wertvolles Spiel aus Elfenbein. Aber es wurde noch während der Sendung aus dem Studio gestohlen!“

Diego Maradona ist für eine Schlagzeile auch immer gut. So jetzt nochmals ein Schwenk auf das 10. Match zwischen Viswanathan Anand und Topalov. Chessbase schreibt zur gewählten Grünfeld-Verteidigung vom amtierenden Weltmeister:

,,Damit hatte Anand in der ersten Partie zwar böse Schiffbruch erlitten, aber nachdem er in der Slawischen Verteidigung zuletzt mehr und mehr unter Druck geraten war und in der 8. Partie nach langer Verteidigung in Remisstellung mit einem schlimmen Fehler verlor, kam er nun darauf zurück.“

Am Sonnabend wird in Sofia kein Schach gespielt. Offizieller Ruhetag. Zeit die Kräfte, insbesondere die Konzentration, nochmals zu bündeln. Topalov ist in seinem Sofioter Wohnzimmer nicht in der ungünstigsten psychologischen Ausgangssituation. Vor dem Wettkampf hat der 35-Jährige bulgarische Herausforderer mehrfach auf den 5-Jahres Unterschied zwischen ihm und Anand (40) hingewiesen. Ich hielt das für übertrieben und ein wenig auch für ein Psychospielchen. Anand hat in 11. Partie am Sonntag weiß und wird einen Big-Point setzen wollen. Wird Topalov gegenhalten?

Es bleibt sehr spannend.

Schach und der besondere Geburtstagsgruß

Der Schachblogger, Journalist und Internationale Meister Sefan Löffler erinnerte an den 50. Geburtstag von Schachgroßmeister Yasser Seirawan. 

In der ihm eigenen Art überreicht er einen speziellen Geburtstagsgruß.

,,An dem diplomatisch und rhetorisch geschickten, dazu gutaussehenden Großmeister mit seiner gewinnenden, respektvollen Art ist ein Politiker verloren gegangen. Aber vermutlich hätte ihm die schmierige Seite der Politik den Spaß verdorben.“

Yasser Seirawan war 1981 Sekundant von Viktor Kortschnoi beim Kampf gegen Anatoli Karpow. Er gewann zweimal das Open Turnier von Lugano (83,87) sowie das New York Open (85,87). Seirawan lernte Schach in Seattle im Jahr 1972. Wie viele Schachfreunde auf der ganzen Welt war er von der Faszination und der Strahlkraft des amerikanischen Schachgenies Bobby Fischer angezogen.