Gute Nachrichten aus Griechenland

Es gibt sie noch. Gute Nachrichten aus Griechenland. Nein, Athen will nicht den EURO in Drachmen getauscht haben. Otto Rehagel will auch nicht das Geheimnis seiner 2004er Betonabwehr beim Europameistertitel an Übungsleiter Jogi Löw weitergeben. Das königliche Spiel sorgt für frohe Kunde aus Griechenland. Gold für Deutschland. Unglaublich. Deutschland ist Schacheuropameister 2011. Chesstigers hat sogar geflaggt. Damit setzt Bundestrainer Uwe Bönsch eigentlich Übungsleiter Jogi Löw arg unter Druck. Wenn sogar die deutschen Schachspieler den EM-Titel holen, muss die DFB-Elf logischerweise nachziehen. Ich will jetzt auch gar keinen hinkenden Quervergleich ob der unterschiedlichen Budgets aufstellen.

Da sage noch einer bloggen lenke Schachspieler vom Erfolg ab. Mitglied der goldenen Crew ist auch Jan Gustafsson gewesen. Schnell mal zu seiner Website gesurft…

,,Und ich bin nach wie vor ziemlich groggy. Post-meisterliche Depression?

Nö, happy. Und faul!

Das Medienecho mag sich zunächst in Grenzen halten, aber mir passt es eigentlich gerade ganz gut rein. Keine Lust auf „Quo Vadis Deutsches Schach“, „Wie können wir diese einmalige Chance medial nutzen“ „Jetzt sind wir alle in der Pflicht, etwas draus zu machen“ „Wie ist der neugefundene Erfolg zu erklären“. Jaja, alles bestimmt gut und wichtig, dies das, aber können wir uns nicht einmal kurz freuen?“

Ein schöner Erfolg. Das soll auch entsprechend gefeiert werden. Die Entwicklung war nach dem Desaster und den Unstimmigkeiten 2010 zwischen Schachspielern und Funktionären in Deutschland nicht so zu erwarten gewesen. Ich habe die Dinge damals hier im Blog kritisch begleitet, will sie aber jetzt auch nicht wieder aus dem Archivkeller holen. Die Sponsoren werden jetzt natürlich nicht Schlange stehen, jedoch wird das Resultat den Beteiligten Arkadij Naiditsch, Jan Gustafsson, Georg Meier, Daniel Fridmann sowie den Trainern Uwe Bönsch und Rustam Kasimdzhanov gut tun. Also lasst ruhig noch ein paar Tage die Sektkorken knallen oder relaxt und habt eine gute Zeit.

Update: Leser lvapatzer verwies auf den von mir nicht erwähnten Rainer Buhmann. Immer diese Flüchtigkeitsfehler. Wird Zeit, dass ich mir ein Lektorat zulege. Bloggen, kurz nochmal über den Text schauen und dann publizieren… Dann schlägt doch hin und wieder das Fehlerteufelchen zu.

Also Ehre wem Ehre gebührt. Zur goldenen Crew gehört auch Rainer Buhmann. Hier geht es zu seiner Website. Im virtuellen Lexikon wikipedia findet sich auch bereits der aktuelle Erfolg eingewebt:

,,November 2011 wurde er mit der deutschen Nationalmannschaft Europamannschaftsmeister. Dieses gelang durch einen sensationellen Sieg gegen Armenien in der letzten Runde.“

Schließlich auch noch eine Fotogalerie vom Schachgroßmeister. So damit hat Rainer Buhmann den Ehrenplatz von mir bekommen und das Fehlerteufelchen hab ich damit etwas frustriert. Da muss das Teufelchen jetzt durch.

Schachzüge

Nächstes Jahr jährt sich der 40. Jahrestag der großen sozialistischen Oktoberrevolution vom Schachmatch des Jahrhunderts zwischen Bobby Fischer und Boris Spasskij in Reykjavik 1972. Es kam einer Revolution gleich, ein begnadeter Schachspieler aus den USA entriss den Russen ihr 25-jähriges Monopol auf die Schachkrone. Der Kampf war legendär, atemberaubend. Journalisten ohne Schachkenntnisse berichteten aus Reykjavik. Das Schachmatch war zum Duell der Systeme in Zeiten des Kalten Krieges hochstilisiert worden. Ich bin gespannt wieviele neue Bücher und Filme im Jubiläumsjahr auf den Markt kommen zum Schachgenie Bobby Fischer und seines spektakulären Matchs mit dem Leningrader Boris Spasskij. Film ist ein gutes Stichwort. Diese Woche sollte auf ARTE der Dokumentarfilm von Liz Garbus  Zug um Zug in den Wahnsinn – Die Legende von Bobby Fischer laufen. Doch es wurde nichts daraus. Mehr dazu bei der Schachwelt von Großmeister Jörg Hickl.

Manch einer wartet mit einem Buch über Fischer nicht bis 2012. Dieses Jahr bereits veröffentlichte der renommierte Biograph Frank Brady sein Buch über das Leben von Bobby Fischer. Wer die bemerkenswerte, intensive und authentische Rezension von Peter Münder auf chessbase zum Werk von Frank Brady: Endgame – Bobby Fischer´s Remarkable Rise and Fall – from America´s Brightest Prodigy to the Edge of Madness. Crown Publishers New York, 2011, 402 S., 25.99 Dollar, noch nicht gelesen hat, darf gerne Lesezeit investieren. Meine unbedingte Leseempfehlung am ersten Augustwochenende.

Derweil geht es im deutschen Schach gemächlich weiter. Der Frauen Länderkampf Deutschland gegen die Ukraine ist Höhepunkt zum Jubiläum des Dresdner Schachfestivals. Bundestrainer Uwe Bönsch stellt sich auf der Website vom Deutschen Schachbund im Interview aktuellen Fragen.  

Deutschland im Schatten bei der Schacholympiade 2010 in Khanty Mansijsk

Deutschlands Männer gehen als Nr. 43 der Setzliste in Sibirien an den Start. Seit der Schacholympiade 2008 gab es keinen Aufschwung. Chessbase schreibt treffend im Vorspann zum Interview mit Bundestrainer Uwe Bönsch:

,,Im Jahre 2008 hatte Deutschland mit dem WM-Finale Anand gegen Kramnik in Bonn und der Schacholympiade in Dresden zwei Top-Ereignisse im eigenen Land. ,,Mehr geht nicht“, sagte seinerzeit der neue DSB-Präsident Robert von Weizsäcker . Von der damaligen Euphorie ist nicht mehr viel übrig. Der erwartete Schachboom blieb aus, die Mitgliederzahlen im DSB gingen sogar zurück. Daraufhin hat sich in der Verbandsspitze offensichtlich der Trend weg vom Spitzen- hin zum Breitenschach verfestigt. In Dresden holte kein deutsches Team eine Medaille, der Leistungssportetat wurde seither stufenweise heruntergefahren.“

Rückblende. Bei der Schacholympiade 2008 gab es jede Menge prominente Schachbotschafter. Fußballtrainer Felix Magath, der ehemalige Europameister Marco Bode, die populären Klitschko Brüder aus dem Boxsport oder der investigative Bestsellerautor und Qualitätsjournalist Günter Wallraff bekannten sich zum königlichen Schachspiel. Eigentlich eine gute Ausgangsposition um neue Sponsoren zu gewinnen und professionelle Sponsoringarbeit beim Deutschen Schachbund zu aktivieren.

Mit dem Namen Robert von Weizsäcker verband sich bei vielen die Hoffnung, Erfolg bei der Sponsorenakquise zu erzielen. Bundestrainer Uwe Bönsch bringt es auf den Punkt im obig verlinkten chessbase Interview mit Dagobert Kohlmeyer:

,,Er hat es nicht geschafft, das ist richtig. Aber frag besser ihn. Ich finde es natürlich sehr schade, dass wir keinen Sponsor gefunden haben.“

Was beim Interview auffällt: Uwe Bönsch weiß eigentlich wenig über den Präsidenten Robert von Weizsäcker. Kontakt gab es zwischen den beiden auch längere Zeit keinen mehr und der derzeitige Aufenthaltsort vom Präsidenten des Deutschen Schachbundes ist Bönsch auch nicht bekannt. Effiziente Kommunikation sieht anders aus.

 Derweil kümmert sich Deutschlands Großmeister Jan Gustafsson um die dänische Nationalmannschaft. In seiner Kolumne berichtet er von der Olympiavorbereitung mit der eingepackten Thermounterwäsche, Wollsocken, der offenen Baustelle Hotel, mehrfach flexibel geänderten Flugzeiten sowie einer neu gekauften Kamera.