Das Provisorium von Übungsleiter Löw und die WM-Favoriten 2014

Nein, die Sektkorken knallten vorige Woche nicht durch die Decken der deutschen Wohnzimmer. Dafür war der von Übungsleiter Löw nominierte Kader ein zu deutlicher Hinweis auf die Bonsai WM-Titel Chance der Mannschaft.Traveler Digital CameraDie Süddeutsche Zeitung schrieb von „Provisorium“ und Bild erkannte in der Nominierung des erweiterten WM-Kaders eine „Wundertüte“. Da konnte Felipe Scolari, der charismatische Weltmeistercoach von Brasilien, mit einem ganz anderen Statement aufwarten. Seine Nominierungen haben das Zeug zum Titel. Ein paar Anmerkungen generell zu den WM-Favoriten 2014.

Scolaris Brasilien Team ist hungrig

Weltmeister 2014 wird für mich Brasilien. Sie haben mich voriges Jahr beim Confed Cup sehr überzeugt. Scolari ist ein Trainer, der das Weltmeistergen in sich hat und die nötige Disziplin in die Mannschaft hineinbringt. Dazu haben die Brasilianer mit Spielern wie Gustavo, Luiz oder Dante richtige defensive Arbeiter. Vorne sind die Brasilianer eh immer für Tore gut. Die Mischung zwischen taktischer Disziplin und Spielfreunde, gepaart mit extrem individueller Klasse ist richtig gut. Dazu sind sie hungrig. Zuletzt hat das Spiel Bayern gegen Real schön gezeigt wie wichtig diese Komponente ist. Die jetzige Mannschaft von Scolari ist nicht satt. Sie wollen diesen Titel mit jeder Faser ihres Körpers und Herzens. Okay, klingt pathetisch. Aber dies kitzelt im Ernstfall die nötigen 2-3 Prozente in engen Spielen raus.

Dazu kommt der nicht zu unterschätzende Heimvorteil, der kann eine Mannschaft durchs Turnier tragen. Siehe England 1966, Deutschland 1974 oder Frankreich 1998.

Wenn die spielfreudige Mannschaft von Felipe Scolari mit dem Erwartungsdruck klar kommt, führt aus meiner Sicht kein Weg an Brasilien vorbei. Selbstverständlich haben WM-Turniere mit dem nach dem Vorgeplänkel in den Gruppen dann beginnenden K.o. Modus ihre eigenene Gesetze. Verlängerung. Elfmeterschießen. Torwartparaden im Stile von Fliegern. Verletzung. Pfostenschüsse. Abseitstreffer. Spektakuläre Tore mit Fuß und Kopf. All diese Dinge, die den Fußball ja so schön spannend machen und woraus er seine Faszination für viele Fans, Zuschauer, Beobachter, Fußballinteressierte etc. zieht. Auch Brasilien kann in  enge Momente kommen. Hitchcock-Spielphasen, wo die Partie auf Messers Schneide steht. Gar keine Frage. Aber sie scheinen mir auch mental seit Scolaris Wiedereinstieg sehr gefestigt.

Nicklige Argentinier brauchen Messi in Bestform

Danach würde ich im erweiterten Favoritenkreis Argentinien sehen. Der Trainerwechsel hat den Südamerikanern auch gut getan. Sie sind in der Zweikampfführung sehr nicklig. Abgebrühte Profis in allen Mannschaftsteilen. Sind unangenehm und bearbeiten den Kontrahenten mit allen Mitteln bis zur legalen Schmerzgrenze. Dazu spielen sie auf dem südamerikanischen Kontinent. Beim Erzrivalen Brasilien. Setzt unter normalen Umständen auch 2-3 zusätzliche Prozent Motivation frei. Die argentinischen Profis sind ebenfalls hungrig. Der letzte WM-Titel datiert aus dem Jahr 1986. Dem spektakulären 3:2 Finalsieg gegen Beckenbauers Team. Klar, es wird sehr viel von Lionel Messi abhängen. Kann er ein überragendes Turnier machen, kommen die Gauchos sehr weit.

Europäer müssen über sich hinaus wachsen

Die Europäer müssen schon sehr über sich hinaus wachsen. Selbstverständlich haben Spanien und Italien Erfahrungen, wie man sich durch ein Turnier bis ins Finale durchschlägt. Andererseits sagt die Historie: Europa hat in Südamerika bei den Weltmeisterschaften nie einen Titel holen können. Spanien schien mir mit der Nationalelf über den Zenit. Daran ändert auch das innerspanische CL-Finale der beiden Madrider Mannschaften und die Beteiligung von Sevilla im Europaleague-Endspiel nichts. Im Confed Finalspiel gegen Brasilien hatte die stolze Nationalmannschaft im vergangenen Jahr keine Chance. Auch bei der EM 2012 stotterte der spanische Motor zuweilen. Den Sieg gegen Italien ausgenommen.

Apropos Italien. Sie bescherten Übungsleiter Löw einer der schmerzhaftesten Niederlagen. Damals im Sommer 2012. Italien kann an guten Tagen jedem Gegner Kopfschmerzen bereiten. Auch sie haben jene argentinische Nickligkeit in den Zweikämpfen zu bieten, taktische disziplinierte Abwehrketten, die gegnerische Stürmer zu resignativen Abwinkreaktionen verleiten können. Aber so eine Sache wie 2006 – den Titel holen? Daran mag ich nicht recht glauben.

Vor zwei Jahren, es war gerade die dramatische Niederlage durch von Rekordmeister Bayern München gegen Chelsea, mit zahlreichen deutschen Nationalspielern, wurde der zweifache Vizeweltmeister Rummenigge gefragt, wer die WM 2014 gewinnt. Er sagte damals sinngemäß:

,,Es werden Brasilien oder Argentinien die WM unter sich ausmachen. Europäische Mannschaften, auch die deutsche, haben in Südamerika keine Chance.“

Da mag auch seine Final-Erfahrung von der WM in Mexiko 1986 gegen Argentinien eine Rolle gespielt haben. Und der tief sitzende Frust, wie desolat die deutschen Nationalspieler im Bayern Dress die Finalchance gegen eine überalterte Chelsea Truppe vergeigten.

Kürzlich war ich beim SWR UniTalk mit dem smarten Günter Netzer.Foto (9)Er sieht Gastgeber Brasilien vorne.  Mit Abstand dann Italien und Spanien. Im erweiterten Favoritenkreis danach Argentinien, da zu sehr abhängig von Messi. So seine Einschätzung. Bei der Mannschaft von Übungsleiter Löw, der er riesiges Potenzial im Kader bescheinigte, sieht er Schwächen im Sturm und den Außenverteidigerpositionen sowie das Fragezeichen um den Schlüsselspieler Khedira. Netzer sinngemäß in Konstanz:

,,Wenn Du Weltmeister werden willst, brauchst Du Weltklasse im Sturm und auf den Außenverteidigerpositionen.“

Keine Regel ohne Ausnahme. Mir fiel spontan Frankreich mit Zidane ein. Die haben auch ohne Weltklassesturm die WM 1998 geholt. Als Gastgeber.

Nachdenkenswert #233

,,Titel sind die Krönung. Aber mein Seelenheil hängt ganz und gar nicht von diesen Tagen in Brasilien ab. Geht es um das Seelenheil, da blickt man doch auf viel mehr, nicht nur auf vergängliche Triumphe. Ein Sieg mehr, eine Niederlage mehr – ich glaube nicht, dass dies am Ende die entscheidende Rolle spielt.“

Übungsleiter Löw, bisher mit der Nationalelf bei Europameisterschaften und WM-Turnier ohne Titel, im stern Interview, die Erwartungshaltung in puncto WM-Titel dämpfend

Wenn Volleyballer die Hotelbar unsicher machen und dann in den Urlaub gehen

Über Übungsleiter Löw und seine Nominierung reden wir ein andermal. Derweil können  Mario Gomez und Rene Adler in Ruhe ihren Sommerurlaub planen. Vielleicht hier am Bodensee.Traveler Digital CameraTraveler Digital CameraTraveler Digital CameraUrlaub machen auch die Volleyballer. Der Bodensee musste die Jubelsprünge der Berliner ertragen. Am Ende gewannen die Berlin Recycling Volleys beim VfB Friedrichshafen in der guten Stube der ZF Arena. Das schmerzt doppelt. Wer sieht in eigener Halle den Erzrivalen schon gerne die Meisterschaft feiern. Ein freudetrunkener Nationalspieler Robert Kromm:

„Unser Flieger geht erst morgen früh zurück, wir werden jetzt die Hotelbar unsicher machen und Spaß haben. Der vierte Titel in Folge ist auf jeden Fall das Ziel. Jetzt machen wir aber erstmal Urlaub.“

Die Hauptstädter holen damit nach 2012, 2013 auch 2014 den Titel. Die Serie sah am Ende so aus:

1. Finalspiel: 27. April  Berlin Recycling Volleys – VfB Friedrichshafen 2:3
2. Finalspiel: 30. April  VfB Friedrichshafen – Berlin Recycling Volleys 1:3
3. Finalspiel: 03. Mai Berlin Recycling Volleys – VfB Friedrichshafen 3:1
4. Finalspiel: 07. Mai  VfB Friedrichshafen – Berlin Recycling Volleys 1:3

Beim letzten Spiel warfen die Männer von Stelian Moculescu nochmals alles an Power und Einsatz auf die Waagschale. Gereicht hat es am Ende dann nicht. Bittersüß klingen da die anerkennenden Worte vom Berliner Manager  Kaweh Niroomand:

„Wir hatten am Ende auch ein bisschen Glück, weil wir im vierten Satz leistungsmäßig am schlechtesten gespielt haben. Jetzt sind wir einfach nur glücklich, denn das war so nicht unbedingt zu erwarten. Friedrichshafen hatten sich sehr gut verstärkt, sie konnten von der Bank immer stark nachlegen. Ein wenig wie Bayern München im Fußball.“

Am Ende blieb dem VfB Friedrichshafen der Trost einer Auszeichnung. Der Star Ventzislav Simeonov ist MVP der Saison.

Fahrplan bis zur WM 2014 von Übungsleiter Löw

Diesmal also die Vorbereitung auf die WM ohne die Motivationskünste von Reinhold Messner.
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Fahrplan bis zur WM 2014 von Übungsleiter Löw
08. Mai   Nominierung eines erweiterten WM-Kaders
13. Mai   Testspiel gegen Polen in Hamburg
21. Mai   Start des Trainingslagers im Passeiertal in Südtirol
31. Mai   Ende Trainingslager im Passeiertal / Anreise zum Länderspiel in Mönchengladbach
01. Juni   Testspiel gegen Kamerun in Mönchengladbach
02. Juni   Meldeschluss für den 23 Mann-Kader bei der FIFA
05. Juni   Treffpunkt in Mainz
06. Juni   Fußball Benefizspiel gegen Armenien in Mainz
07. Juni   Abflug nach Brasilien der deutschen Fußballnationalmannschaft
12. Juni   Fußball-WM Eröffnung in São Paulo: Brasilien – Kroatien
16. Juni   Erstes WM-Gruppenspiel in Salvador da Bahia: Deutschland – Portugal

Übungsleiter Löw verzichtet dieses Jahr vor der WM in Brasilien auf die Motivation von Reinhold Messner

Da sage noch einer in Deutschland Übungsleiter Löw hätte keine Flexibilität aufzuweisen. Während zur WM 2010 noch auf die persönlichen Motivationskünste von Bergsteigerlegende und Buchautor Reinhold Messner zurückgegriffen wurde, gibt es dieses Jahr dergleichen nicht.Traveler Digital Camera

Im Mai 2010 plauderte Reinhold Messner vor der DFB-Elf aus seinem reichen Erfahrungsschatz und erzählte im Interview mit der tz:

,,Sie haben richtig gehört. Es wird die Mannschaft gewinnen, die fliegt. Du kriegst den Titel nicht geschenkt. Dafür musst du jahrelang hart kämpfen. Und irgendwann wird in Südafrika der Moment kommen, wo alles von alleine kommt, wo plötzlich alles gelingt und jeder Spieler auf einer Euphoriewelle schwimmt. So wie die Elf 1974. Die sind geflogen.“

Übungsleiter Löw war damals hellauf begeistert über den Erstbesteiger aller 14 Achttausender.

„Reinhold kann uns Dinge mitgeben, die uns helfen werden, den Gipfel zu erreichen“

Okay, die Sache mit dem Weltmeistertitel 2010 hat dann irgendwie nicht geklappt, auch das EM-Turnier 2012 ging ohne Gipfelbesteigung für die Mannschaft von Übungsleiter Löw über die Bühne.

Bei dem österreichischen Sportwettenanbieter bwin sieht die Favoritenrolle für das diesjährige WM-Turnier 2014 in Brasilien so aus:

Brasilien 4,00

Argentinien 6,00

Deutschland 6,00

Spanien 8,00

Belgien 15,00

Frankreich 19,00

Bayern München: Keine Nacht der Helden

Tief durchatmen. Dieses Jahr wird es ein Champions-League Finale ohne deutsche Beteiligung geben. Mit Harald Schmidt Humor könnte man anmerken: Positive Nachricht – Hat Übungsleiter Löw die Bayern Spieler eine Woche eher zur Verfügung.

2010 sah ich das Finale von Bayern München mit Coach van Gaal gegen Mourinhos Inter Mailand mit meiner Jahrhundertliebe in einem Nürnberger Multifunktionskino auf großer Leinwand. Nach dem 0:1 Rückstand sagte ich zu meiner Liebsten:

,,Das war´s. „

Auch gestern war ich nach dem 0:1 Rückstand von Ramos überzeugt, die Sache ist durch. Dabei hatte der 116-fache spanische Nationalspieler und Verteidiger  bereits im Training in der Allianz Arena deutlich gezeigt wie eminent torgefährlich er beim Eckball ist. Die phantastischen Bilder vom vergangenen Jahr wird es für Bayern München und die Fans damit 2014 nicht wieder geben können.Traveler Digital Camera

Ich will jetzt nicht mit dem Holzhammer auf die Mannschaft, den Trainer oder etwaige Formschwächen von einzelnen Spielern drauflos hämmern. Oder die Turbulenzen vom Hoeneß Prozess im März thematisieren. Die Mannschaft war voriges Jahr mit jenem Momentum ausgestattet, was dieses Jahr einfach fehlte. Jene Wucht, Dynamik, unbändige Laufbereitschaft mit dem Zug zum Tor, die Erarbeitung und eiskalte Nutzung von Torchancen auf internationalen Parkett, der absolute Siegeswille, die Fokussierung auf die Spiele und der Hunger nach dem sehnsüchtig herbeigesehnten Champions-League Titel waren dieses Jahr so nicht vorhanden.

Vom Biotop Barcelona nach München

Nach so einer Niederlage ist es immer leicht alles am neuen Trainer festzumachen. Ich war immer etwas skeptisch in Sachen Hype um die Neuverpflichtung von Guardiola. Er hatte ein Jahr ohne Trainertätigkeit hinter sich. Die Zeit bei Barcelona war zuweilen zum Schluss etwas von Götterdämmerung geprägt. Der Wechsel in eine neue Liga und ein anderes Land ist auch immer von Unwägbarkeiten gezeichnet. Coach Pep Guardiola hatte noch nicht bewiesen, dass er außerhalb des Biotops Barcelona funktioniert. Ich stand damals bei der Bekanntgabe seines Trainerengagement bei Bayern mit dieser Meinung nicht alleine da. Auch der Titelsammler par excellence – Mister Handball vom Champions-League Gewinner THW Kiel – , Alfreð Gíslason, wies damals auf etwaige Probleme der Umstellung vom inneren Zirkel der Katalanen auf die Gegebenheiten des deutschen Rekordmeisters hin. Sebstverständlich hat Pep Guardiola souverän und mit zahlreichen Rekorden garniert die Bundesliga von der Tabellenspitze aus beherrscht und den nationalen Titel von Vorgänger Jupp Heynckes verteidigt. Eine deutsche Meisterschaft mit Bayern München einzufahren gelang auch Trainern wie Felix Magath, der momentan den englischen Abstiegskandidaten FC Fulham trainiert. Der Anspruch der Bayern und ihrer Führungsriege ist international. Da schmerzt das deutliche Ausscheiden gegen Real sehr.

Vor 40 Jahren: BRD – Chile

Übungsleiter Löw bastelt an seiner Stammformation für die WM 2014 herum. Das Testspiel gegen Chile, 2009 aufgrund der tragischen Ereignisse mit dem Suizid von Robert Enke abgesagt, steht auf dem Plan. Die Südamerikaner waren vor 40 Jahren bei der WM 1974 in der Vorrunde der Gruppengegner der BRD. Die deutsche Fußballnationalmannschaft war einer der Titelfavoriten. Damals unter Leitung von Erfolgscoach Helmut Schön. Auf dem Platz agierten selbstbewusst Spieler wie Franz Beckenbauer, Paul Breitner, Gerd Müller oder Uli Hoeneß. Letzterer lieferte im alten Jahr unschöne Schlagzeilen.Traveler Digital CameraDoch wir wollen uns heute auf das sportliche konzentrieren. Damals gab es einen knappen 1:0 Erfolg der Mannschaft mit dem Bundesadler. Ein präziser Schuß von Paul Breitner sorgte für den Siegestreffer. Ich habe eine Kurzversion und eine Langversion vom Spiel anzubieten. Zuerst die zeitsparende Videosequenz.

Jetzt die lange Version für alle Strohwitwer, Singles und ausdauerstarken Fußballfreunde.