Diese Woche lief im WDR in der Sendung Sport inside der Film Geschenkter Gaul von Fred Kowasch. Eine gute Arbeit. Der Film wirkt nach. Das muss man sich Tage später an einem entspannten Samstag auch auf der Zunge zergehen lassen: Da wird eine renommierte Galopprennbahn in Frankfurt/Main, nun ja, für einen Preis weichen, der doch erstaunt. Es ist kein Hochleistungspreis. Wieso muss die Galopprennbahn in der Bankenmetropole überhaupt weichen? Grund ist die geplante DFB-Akademie inklusive Grundstücksdeal, der Fragen aufwirft. Fred Kowasch, Gründer von sportspool.tv hat die Fakten recherchiert und akribisch zusammengestellt.
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Nachdenkenswert #276
,,Wer die Akten kennt hat die Nase vorn. Diesmal ist es der SWR. Glückwunsch an die Kollegen! Tag für Tag sickert immer mehr aus den alten Ermittlungsakten der Freiburger Staatsanwaltschaft. Die Informationen beruhen auf Zeugenbefragungen in einem Ermittlungsverfahren wegen Rezeptbetruges gegen den Freiburger Dopingarzt Prof. Dr. Armin Klümper. Es sind Aussagen – die in ihrer ganzen Schönheit und Länge – sehr detailliert Aufschluß darüber geben, was Ende der 70er, Anfang der 80er Jahre damals alles praktiziert wurde. Beim Fußball-Bundesligisten VfB Stuttgart. „
Fred Kowasch, Gründer und kritischer Zeitgeist vom unabhängigen Online-Dienst sportspool.tv über Doping im Fußball: Was als nächstes kommen wird ….
Doping im Sport ist Bullshit
Nein, Doping ist kein Kavaliersdelikt. Es ist Bullshit. Doping im Sport ist Bullshit. Es ist weder im Radsport, Gewichtheben, im Wintersport, beim Schwimmen, in der Leichtathletik oder der medialen Königsdisziplin Fußball akzeptabel.
Die unendliche Geschichte von brutalen Doping im Industriegewerbe Hochleistungssport wird in bizarrer Kontinuität jährlich um weitere Fälle fortgeschrieben. Schnell ist auf Akteure wie Velo-Jesus Lance Armstrong gezeigt. Doch wer zieht die Fäden im Hintergrund und warum erscheint manch lautstark hervorgebrachter Aufklärungswillen bei näherem hinschauen als Sturm im Wasserglas!? Doping erscheint in einigen Sportarten gar systemrelevant zu sein.
Nein, ich habe keine Lust den Moralapostel zu spielen. Doch irgendwie verliert man an einigen Sportarten die Lust. So wurde einst die Höllentour Tour de France auf dem Altar der Epo Storys geopfert. Stammleser kennen meine Meinung zur Hassliebe Tour de France.
,,Höllenqual, der Mund schon lange trocken, die Waden schmerzen, die Arme vibrieren, am Lenker wird gezerrt, doch es sind noch 6 Kilometer bis L’Alpe d’Huez. Scheiß Höllentour.
Noch ein Tritt. Noch ein Tritt. Noch ein verdammter Tritt. Erbarmungsloser Fight gegen sich selbst. Der Puls scheint die Schädeldecke öffnen zu wollen.
Die Sonne peitscht den Asphalt, die Gesichter und den Rücken der Radprofis. Die Arme schmerzen. Die Beine lösen sich auf. Noch ein paar Meter.
Simpson, Tommy. Mount Ventoux 67. Scheiße. Todeskampf, Hubschrauber. Einsatzkräfte. Flug in das Krankenhaus. Alles zu spät. Sinnlos. Mount Ventoux der Killerberg. Die Todeszone. Die surreale Mondlandschaft. Die Bilder seiner Todesfahrt gehen um die Welt.
Denkmäler. Sie stürzen ein wie ein Kartenhaus bei starker Zugluft. Anquetil, Bobet, Fignon, Armstrong, Merckx, Jan Ullrich, Contador, Guerilla-Pirat Pantani, Landis, Indurain, Winokurow, Millar, Hamilton, Zabel, Riis, Cancellar, Kohl, Rasmussen. Wanken. Bröckeln. Die Heroes kommen ins straucheln. Ich bin empört. Wütend. Phlegmatisch. Gleichgültig. Desillusioniert.
Die Doping-Scheiße. Schlimmer wie Lepra. Fukushima. Tschernobyl. Krebs in der Endphase.
Ich will diesen Zirkus ohne Doping. Ohne Bluteigendoping. Keine Klebestreifen an Hotelwänden zur Befestigung der Blutbeutel. Kein Motoman mit dicken Cocktail-Kurier-Taschen. Keine Rolex für zuverlässige Überbringerdienste am Ende der Tour.
Man möchte die Kiste abschalten. Nein, Fenster auf. Das TV-Monster über die Terrasse geschmissen in bester Kinski Manier.“
Jetzt macht der Fußball negative Schlagzeilen. Manch Erfolg vergangener Jahre erscheint in anderem Licht. Dieser Tage titelte der unabhängige Informationsdienst sportspool.tv Zwei Seiten: Doping in der Fußball-Bundesliga und nahm sich der Freiburger Papiere der Evaluierungskommission an.
Muss schon wieder ein TV-Gerät über die Terrasse geschmissen werden?
Super Bowl 2015: Live-Ticker bei ran
Das neue Sportjahr zieht im Tempo an. Sportfans können sich nicht beklagen. Atemlos folgt ein Sportevent dem nächsten Highlight. In der vergangenen Woche war das legendäre 75. Hahnenkamm Rennen auf dem Programm. Diese Woche folgte bei der Handball-WM 2015 das Duell Wildcard gegen Creditcard. Am Ende entschied die Creditcard Katar das Match gegen die Wildcard Deutschland. Sportspool.tv merkt diese Woche kritisch an:
,,Nach dem Profiradsport und der Leichtathletik zerlegt sich gerade eine weitere populäre Sportart. Es geht um den Handball, bzw. die Handball-WM, die gerade in Katar stattfindet. Da spielt mit der Bundesrepublik Deutschland eine Mannschaft mit, die sich sportlich gar nicht qualifiziert hat. Dem Gemauschle des Welthandballverbandes fiel dabei Australien zum Opfer. Nur so zur Erinnerung, sollte es einer vergessen haben. Damit es wohlige Medienbeiträge gibt, bezahlt der Veranstalter schon mal die Anreise und den Aufenthalt von Pressevertretern.“
Tief durchatmen. Mit dem heutigen Endspielsieg von Frankreich über die Gastgeber mit der Creditcard ist die Handball-WM auch bereits wieder Geschichte.
Dann war dann auch noch der Start in die Rückrunde der Fußballbundesliga. Freudentag für Automanager Martin Winterkorn. Zweitligist Ingolstadt wird genau hingeschaut haben. Der VfL Wolfsburg mit der monetären Power vom Volkswagen Konzern im Rücken hatte ja im August 2014 auch ein Freundschaftsspiel im Bodenseestadion in Konstanz gegen den FC St. Gallen bestritten. Ich schrieb damals:
,,Der Tag an dem Bernie Ecclestone nach dem 100 Millionen Dollar Deal den Gerichtssaal in München entspannt verließ, hielt dann am Abend hier am Bodensee in Konstanz noch ein Freundschafsspiel der vom VW Konzern unterstützen Fußballer vom VfL Wolfsburg gegen die Ostschweizer vom FC St. Gallen bereit. Die Mannschaft von Dieter Hecking hatte ja am Wochenende bei Cardiff City mit dem 3:3 ein Unentschieden hingelegt. Auch hier im Bodenseestadion von Konstanz kam der deutsche Meister von 2009 nicht über ein Unentschieden hinaus. Die Wölfe trennten sich vom FC St. Gallen 1:1. Das erfreulichste aus Wolfsburger Hinsicht war sicherlich das Dost Comeback in Konstanz. Ansonsten hat ein Testspiel vor 4.500 Zuschauern mit 10 Einwechslungen auf Seiten des Bundesligisten und 7 Wechseln beim FC St. Gallen nur begrenzten Aussagewert.“
Jener Bas Dost erzielte nun gegen Bayern München die beiden Tore zur 2:0 Führung und legte damit das Fundament für den 4:1 Erfolg gegen den Triple-Sieger von 2013. Der niederländische Fußballspieler war nach langer Verletzungspause zum Comeback in Konstanz im August 2014 aufgelaufen.
Dann wäre da noch das Sport-Event schlechthin. Stichwort Super Bowl 2015. Auf ran gibt es einen Live-Ticker, der seit Stunden bestückt wird. Auch das Thema TV-Werbung und die entsprechend aufgerufenen Preise wurden gestreift:
,,Die Werbeindustrie muss in diesem Jahr so viel wie nie zuvor für einen 30-Sekunden-Spot beim Super Bowl zahlen. Die halbe Minute kostet 2015 4,5 Millionen Dollar, das sind dann pro Sekunde 150.000 Dollar. Vergangenes Jahr mussten die Werbekunden der NFL noch 300.000 Dollar weniger auf den Tisch legen.“
Auf geht´s.
Bernie Ecclestone in BILD: „Aber eigentlich finde ich dieses kapitalistische System gut.“
Der schlitzohrige Starverkäufer der Formel 1, der oft in München müde aussehende Bernie Ecclestone, hat diese Woche dann diese leidige Geschichte für sich ganz smart regeln können. Kaum war er in London gab es ein Interview mit BILD. Eine Passage des Frage-und Antwort-Spiels lief so:
,,75 Millionen Euro! Ist das nicht ein bisschen viel Geld, wenn man sich unschuldig fühlt?“
Der 83-Jährige Selfmade Sportfunktionär mit dem Geldmaschine Talent:
,,So laufen die Dinge nun mal in Deutschland. Es ist sicher ein wenig unglücklich, so viel Geld zu bezahlen. Aber noch unglücklicher ist es, das Geld nicht zu haben. Aber eigentlich finde ich dieses kapitalistische System gut.“
Ecclestone fand nicht nur Beifall für seinen Deal. Eine der besten Deutschen Sportwebsiten, sportspool.tv, merkt im Kommentar von Fred Kowasch an:
,,Die FAZ erinnert die Verfahrenseinstellung im Fall Ecclestone an Klassenjustiz, die SZ vergleicht ihn gar mit dem katholischen Ablasshandel vor 500 Jahren. Fakt ist: den Formel 1 – Chef kratzen die 100 Millionen Dollar nicht. Und: die Münchener Justiz ist erneut bis auf die Knochen blamiert. Was sind das für Staatsanwälte, deren Ermittlungsergebnisse vor Gericht derart in sich zusammen brechen? Was für ein Gericht, dass nicht weiterverhandeln lässt? Denn der Vorwurf der Beamtenbestechung war noch längst nicht vom Tisch. „
Wie sieht eigentlich die juristische Betrachtungsweise des Falls Ecclestone aus? Der leidenschaftlich bloggende Udo Vetter, Fachanwalt für Strafrecht, wirft auf seinem law blog auch einen Blick auf den §153a der Strafprozessordnung sowie die Verteilung der von Ecclestone zu zahlenden Geldsumme.
,,Was die Verteilung des Geldes angeht, ist das Gericht frei. Die weitaus meisten Auflagen werden zu Gunsten der Staatskasse verhängt. Schon um die Kosten des Verfahrens auszugleichen, denn bei einer Einstellung kann der Angeklagte hierfür nicht zur Kasse gebeten werden. Auch eine Teilzahlung an gemeinnützige Vereine, hier ein Kinderhospiz, ist grundsätzlich üblich, sofern etwas für den guten Zweck übrig bleiben soll. Wieso das Landgericht München nur eine von 75 Millionen für diesen guten Zweck springen lässt, verstehe ich nicht ganz. Üblicherweise machen Gerichte das dann 50 : 50.“
Die Neue Zürcher Zeitung leitet eine 10er Bildstrecke mit dem Formel 1 Zampano Bernie Ecclestone so ein:
,,Bernie Ecclestone, der den Erfolg der Formel 1 begründete, hat im Prozess wegen bestechung das getan, was er zeitlebens getan hat: einen spektakulären Deal.“
Ecclestone hatte also den Deal-Muskel ständig trainiert.
Nach der Fußball-WM 2014: Stuhlwechsel
Es wird sich bis zum kleinsten Fanclub von Felipe Scolari herumgesprochen haben: Der Weltmeistertrainer von 2002 erlebte die Demission. Dafür gab es 7:1 Gründe. Jetzt soll es also der neue Coach Dunga richten. Er trainierte die brasiliansiche Elf von 2006 bis 2010. Damals gab es im WM-Jahr in Südafrika die schmerzhafte Niederlage gegen die Niederlande im Viertelfinale. Ob mit dem Trainerwechsel bereits alles getan ist, möchte ich bezweifeln. Irgendwie hat der brasilianische Fußball auch eine Identitätskrise. Reformen ist ja ein etwas abgegriffenes Wort geworden. Doch sie scheinen nach dem Destaster der Heim-WM unumgänglich zu sein. Kein einziges überzeugendes Spiel in sieben Partien und der Abschluss mit 1:10 Toren gegen die europäischen Mannschaften Deutschland und Niederlande. Das ist mehr wie ein geplatzter WM-Traum. Bereits gegen Chile schlitterte Felipe Scolari knapp am Aus vorbei. Erinnert sei an den chilenischen Lattentreffer in der 120. Minute und jene unglaublichen Knieszenen brasilianischer Akteure vor dem Elfmeterschießen, die Beistand von ganz oben suchten. Der Rekordweltmeister schien bereits da dem unglaublichen Erwartungsdruck nicht gewachsen zu sein.
Felipe Scolari hatte bei der siegreichen WM 2002 ja eine Betonabwehr anrichten lassen. In den vier K.o. Spielen inklusive dem gewonnenen Endspiel gegen Deutschland ließen die Brasilianer nur ein Gegentor durch den Engländer Owen zu. Auch bei der jetzigen WM hatte der Coach eine namhafte Abwehr zur Verfügung. Auf dem Papier. In den entscheidenden Momenten agierten sie bewegungslos wie Gaderobenständer. Physisch und psychisch knickte die Mannschaft nach den Gegentoren zum 0:1 gegen Deutschland und die Niederlande ein. Den allgewaltigen Verbandsfunktionären schliefen in jenen Augenblicken die Gesichtszüge ein.
Nein, mit dem Stuhlwechsel wird es nicht getan sein. Sportspool.tv wies unmittelbar nach der WM auf folgendes hin:
,,Brasilien, das ‚Land des Fußballs‘, wird Jahre brauchen, um sich von dieser WM zu erholen. Zwar sind die WM-Trainer von 1994 und 2002 – Perreira und Scolari – nun nicht mehr am Ruder, der neue brasilianische Verbandsboss Marco Polo Del Nero (links im Bild) steht jedoch nicht für Aufbruch und frischen Wind. Del Nero – noch vom geschassten CBF-Boss Ricardo Teixeira im Frühjahr 2012 installiert – ist ein Vertreter des alten, korrupten Systems. So lange sich im brasilianischen Fußball nichts grundlegend ändert, wird der sehnsüchtig erwartete sechste Stern ein Traum bleiben.“
Ja, das sehe ich auch so.
Fußball-WM 2014: Meine Tage mit Übungsleiter Löw (30)
Fußball-WM 2014: Meine Tage mit Übungsleiter Löw (30)
Heute ein weiterer Ruhetag. Morgen dann das Spiel um die goldene Ananas zwischen dem einstigen WM-Favoriten und sehr schwer enttäuschten Gastgeber Brasilien mit dem dreifachen Vizeweltmeister Niederlande. Einen Tag darauf am Sonntag das Endspiel in Rio zwischen der Mannschaft von Übungsleiter Löw und Argentinien.
Gelegenheit auf phantastische Fotos von Philipp Lichterbeck von der Copacabana und das Fanfest neben dem Fanfest auf sportspool.tv zu schauen. Es sind besondere Aufnahmen, Momente der Lebensfreude, dem Hoffen und Bangen vor grandioser Naturkulisse.
Derweil hat Joachim Löw im Interview mit der FAZ auch nochmals diesen Druck, der auf einem Gastgeber lastet, thematisiert.
,,Ich ordne es so ein, dass der Gastgeber diesem Druck nicht standhalten konnte. Wir haben das auch 2006 erlebt, als wir im Halbfinale gegen Italien verloren. Der Druck war immens, alle wollten, dass man ins Finale einzieht. Wir haben damals in der 119. Minute das Spiel verloren. Ich kann es nachempfinden, wie es Scolari geht, der brasilianischen Nation und der brasilianischen Seele. Man sollte das Ergebnis aber jetzt auch nicht zu hoch hängen. Wir müssen jetzt Demut haben und uns mit aller Ruhe vorbereiten auf das Finale.“
Sportwissenschaftler Helmut Digel hat in der Neue Zürcher Zeitung einen Kommentar unter dem Titel Droge Fussball geschrieben.
,,Der Fussball hat als Droge eine allumfassende Wirkung. Politiker hängen an dieser Droge und haben gleicherweise Angst vor den Entzugserscheinungen wie die neureichen Fans in den Logen der Stadionpaläste. Die Wirtschaft hat sich auf diese Droge eingelassen, weil damit enorme Gewinne erzielt werden können. Der kleine Mann glaubt diese Droge zu benötigen, weil sie ihm eine Flucht aus dem Alltag ermöglicht.“
Helmut Digel war einst Präsident des deutschen Leichtathletikverbandes. Nach dieser Zeit von 1993 bis 2001 war er von 2002 bis 2010 Direktor des Instituts für Sportwissenschaft an der Universität Tübingen. Ich werde seinen Text nochmals 5 Tage nach dem Endspiel in Ruhe durchlesen und ein zweites mal auf mich wirken lassen.
Fußball-WM 2014: Meine Tage mit Übungsleiter Löw (15)
Fußball-WM 2014: Meine Tage mit Übungsleiter Löw (15)
Kommen wir heute ohne den Verweis auf Gijón 1982 aus? Jenen unsäglichen und Algerien benachteiligenden Nichtangriffspakt zwischen den Fußballmannschaften von Deutschland und Österreich? Oskar Beck auf Welt Online erinnert daran mit WM-Schande: Nur „Schoko“ brach den Nichtangriffspakt von Gijón.
In aller Deutlichkeit meine Grußadresse an US-Coach Klinsmann und Übungsleiter Löw: Ich will bei einer WM kein Freundschaftsspiel mit Standfußball wie vor 32 Jahren sehen.
Auch andere Medien nehmen sich der Sache von 1982 im Vorfeld der Partie Deutschland gegen USA an. Sportspool.tv (inklusive Bildmaterial vom Ballgeschiebe) merkt an:
,,Beim Rumgeschiebe von Gijón blieb Algeriens WM-Team auf der Strecke. Die deutschen Spieler damals: ‚Toni‘ Schumacher, Manfred Kaltz, Uli Stielike, Karl-Heinz Förster, Hans-Peter Briegel, Karl-Heinz Rummenigge (Lothar Matthäus), Wolfgang Dremmler, Paul Breitner, Felix Magath, Horst Hrubesch (Klaus Fischer) und Pierre Littbarski. Fußballprofis, von denen einige heute Ämter im deutschen Fußball haben.
Das Thema hat man heute nicht mehr so gern. Geschichte wiederholt sich nicht, heißt es. Manchmal vielleicht doch?“
Der heutige Teammanager der DFB-Elf, Oliver Bierhoff, war damals 14 Jahre alt und spielte bei Schwarz-Weiss Essen in der Jugend. Der Tagesspiegel nahm sich in diesen Tagen eines speziellen Wunsches vom ehemaligen Stürmer an:
,,Der Teammanager hatte noch vor dem beeindruckenden Auftritt der US-Auswahl gegen Portugal in der Nacht zum Montag deutscher Zeit ein ideales Drehbuch für die 90 Minuten in Brasilien parat gehabt: „Ich würde liebend gerne unterschreiben, dass wir als Erste durchgehen und die Amerikaner als Gruppenzweiter.“ Ein schiedlich-friedliches Unentschieden der punktgleichen Teams (4 Zähler, Ghana und Portugal jeweils 1) würde Bierhoffs Wunsch Realität werden lassen.“
Unglückliche Formulierung. Aus PR-Sicht klar optimierbar. Bereits im Trainingslager war Funktionär Bierhoff nicht immer gut beraten, etwa bei der Verniedlichung der Abgabe des Führerscheins von Übungsleiter Löw. Manch Berufskraftfahrer muss doch arg die Stirn gerunzelt haben, beim Verweis auf die vielen gefahrenen Kilometer auf der Straße von Joachim Löw. Überhaupt das Vorbereitungslager in Südtirol. Da gab es diesen unsäglichen Unfall mit Personenschaden von Sponsor Mercedes-Benz. Der Tagesspiegel damals:
,,Dass der Werbedreh für den Sponsor der Nationalmannschaft als PR-Desaster endete, war noch das geringste Übel.“
Der Hype um Ronaldo verdeckte die Durschnittlichkeit der Mannschaft
Portugal enttäusche im Auftaktspiel gegen Deutschland. Im zweiten Duell gegen die Amerikaner gingen sie früh in Führung. Mussten den Ausgleich und Rückstand hinnehmen. Das eigene Tor zum 2:2 fiel sehr, sehr spät in der Nachspielzeit. Überkreuzvergleiche sind ja immer so eine Sache. Doch ich wage ihn nochmals. In der WM-Qualifikation kamen sie nicht an Russland vorbei. Die russischen Fußballer sind solide, jedoch keine Übertruppe unter Fabio Capello. Der Hype um Ronaldo im Vorfeld verdeckte die Durchschnittlichkeit der portugiesischen Mannschaft. Der Superstar scheint überspielt zu sein, geniale Blitze kann er dennoch bei Unaufmerksamkeit der Abwehr von Ghana durchaus setzen. Aber bei dem aktuellen Blick auf das Torverhältnis wäre ein knapper Sieg nur Makulatur. Spielen heute Deutschland gegen die USA Unentschieden, können Portugal oder auch Kontrahent Ghana so hoch gewinnen wie sie wollen, es wird als nächstes Zwischenziel dann nur die Heimreise bleiben.
USA gegen Deutschland auch ein Duell von Nike kontra Adidas
Medial ist zum Spiel USA gegen Deutschland eigentlich alles im Vorfeld gesagt und durchdekliniert. Es wird auch der marketingtechnische Showdown in der Vorgruppe zwischen den Sportartikelherstellern inklusive Marketinggiganten Nike und Adidas sein. Die Herzogenauracher haben schon bluten müssen mit dem Ausscheiden von Spanien. Da gibt es nichts schönzureden. Ging Puma 2010 mit dem Ausscheiden des damaligen Weltmeister Italien in der Vorrunde ähnlich. Dieses Szenario ist für alle Marketingstrategen der denkbar schlechteste Turnierverlauf ihres Champions. Nike kann auf die grandios aufspielenden Holländer blicken, um den in der Form seines Lebens agierenden Arjen Robben in einer Mannschaft die auch unglaublich sympathisch rüberkommt. Dazu gab es auch schon Bonuspunkte. Griechenland hatte der amerikanische Konzern vielleicht auch nicht auf der ganz sicheren Liste für das Achtelfinale. Allerdings wollen wir beim Blick auf die Branche nicht vergessen, das Adidas bei genaueren Hinsehen durchaus noch ein paar Hausaufgaben zu erledigen hat.
Geheimfavorit Belgien trifft im Abschlussspiel auf Südkorea
Belgien hat aus zwei Spielen 6 Punkte geholt. Haben damit den Vorschusslorbeer bestätigt, ohne jetzt sich ganz zwingend als Titelfavorit aufzudrängen. Sowohl gegen Algerien als auch gegen Russland (der Mannschaft von Capello wurde ein Elfmeter verwehrt) gab es auch schwächere Phasen der Belgier. Aber eine Turniermannschaft muss Ergebnisse bringen. Das hat das Team von Marc Wilmots getan. Nein, ich beteilige mich heute noch nicht an detailierten Spekulationen ob Belgien gegen Deutschland oder die USA im Achtelfinale trifft. Südkorea, WM-Vierter der 2002er Veranstaltung im eigenen Land hat bisher einen mageren Punkt aufzuweisen. Bei der Niederlage gegen Algerien deutete vieles auf einen vorzeitigen Heimflug nach der Vorrunde hin. Aber vielleicht nehmen sie auch eine Anleihe bei Griechenland auf.
Fabio Capello mit Russland bisher unter Wert geschlagen
Ich würde mich nicht wundern, wenn Russland am letzten Spieltag die Tabelle nochmals gehörig durcheinanderwirbelt. Ein Sieg muss her, dazu gibt es keine Alternative. Im Spiel gegen Südkorea gab es einen russischen Torwartpatzer und gegen Belgien wurde ihnen ein Elfmeter verwehrt. Russland ist für mich bisher unter Wert geschlagen. Kontrahent ist Algerien, jene 1982 so ausgetrickste Mannschaft. Haben die damaligen Teams von Deutschland und Österreich für ihr unsägliches Ballgeschiebe eigentlich bereits Entschädigungszahlungen an den algerischen Fußballverband getätigt? Zurück zur Neuzeit. Algerien unterlag Belgien denkbar knapp und trumpfte dann selbstbewusst beim 4:2 gegen Südkorea auf. Ich hatte diese Woche ja bereits stark die Daumen für Didier Drogba und die Elfenbeinküste gedrückt. Doch wie so oft fehlte am Ende jene Abgezocktheit bei einer afrikanischen Mannschaft, die ein besseres Abschneiden bei einer WM verhinderte. Algerien kann ins Viertelfinale ziehen, die tabellarische Situation ist gut. Anders wie als Zaungast bei der Kaffeekranzrunde von Gijón 1982 haben sie es selber in der Hand. Sind sie so nervenstark? Die russische Mannschaft wird unter Umständen alles von Algerien abverlangen in puncto Physis und Psyche.
Portugal – Ghana
Donnerstag,, 26. Juni, 18.00 Uhr, Brasilia, im ZDFinfo
USA – Deutschland
Donnerstag, 26. Juni, 18.00 Uhr, Recife, im ZDF
Südkorea – Belgien
Donnerstag, 26. Juni, 22.00 Uhr, Sao Paulo, im ZDFinfo
Algerien – Russland
Donnerstag, 26. Juni, 22 Uhr, Curitiba, im ZDF
Fußball-WM 2014: Meine Tage mit Übungsleiter Löw (8)
Fußball-WM 2014: Meine Tage mit Übungsleiter Löw (8)
Nicht jede Zeitung breitete übrigens diese Woche einen euphorischen Teppich für die Elf von Übungsleiter Löw aus. Die LA Times merkte an:
,,Auch eine Szene bleibt in Erinnerung, über die man in Nordamerika nur die Stirn runzelt: Müller schmückte die leichte Berührung von Pepe aus und täuschte Schmerzen vor.“
Apropos Strin runzeln. Sportspool.tv merkt mit Blick auf morgendliche Läufe von Joachim Löw und der medialen Begleitung der ÖR an:
,,Es ist immer wieder erbaulich KMH am Strand zu sehen. Da bekommt die Phantasie Flügel, erfährt man Wissenswertes. Zum Beispiel, dass Frühaufsteher Löw Morgens am Strand nicht joggt, sondern kurze Tempoläufe macht. Da hatten – die lieben Kollegen von der ARD – allerdings anderes berichtet. Jetzt sollte es einen #aufschrei bei Twitter geben. So etwas Unkorrrrrektes kann man einfach nicht durchgehen lassen ….“
Der Tagesspiegel kritisiert die Berichterstattung der WM 2014 unter dem Titel Zwischen den Spielen: Qualitätsvolle Nullberichterstattung und stellt fest:
,,Einiges gewonnen wäre, wenn ARD und ZDF statt der qualitätsvollen Nullberichterstattung aus dem deutschen Mannschaftsquartier etwas mehr Qualität in die Berichte über die Mannschaften der anderen, insbesondere nichteuropäischen Länder stecken würde. Das hätte natürlich auch was Angstlösendes.“
Heute stehen 6 Mannschaften auf dem Rasen und bestreiten ihr jeweils 2. Gruppenspiel. Vier Teams mussten dabei mit Niederlagen vom Auftakt mental klar kommen. Uruguay war für mich persönlich die größte Enttäuschung im bisherigen Weltmeisterschaftsturnier. Die erfahrene Mannschaft mit namhaften Spielern blieb vieles bei der Pleite gegen Costa Rica schuldig. Sie japsten nach Luft, stemmten sich nicht gegen die drohende Niederlage. In der ersten Begegnung des heutigen Tages treffen mit Kolumbien und der Elfenbeinküste zwei Auftaktgewinner aufeinander. Die Südamerikaner überzeugten auch ohne ihren verletzten Star Falcao. Die Elfenbeinküste drehte einen Rückstand gegen Japan auch mit Hilfe des 36-Jährigen Didier Drogba. Der Gewinner des heutigen Matchs kann dann bereits die Organisation der Vorbereitungen an das Achtelfinale beginnen. Gemach, Gemach. Wir werden sehen.
Dann stehen sich heute 21.00 Uhr in Sao Paulo der zweifache Weltmeister Uruguay (1930, 1950) und England, der 66er Weltmeister von Wembley, gegenüber. Schönen Gruß an die Torlinientechnologie. Die Engländer leisteten erheblichen Widerstand gegen abgezockt agierende Italiener. Heute hilft eigentlich beiden fast nur ein Sieg aus turniertechnischer Sicht weiter. Urugay ließ im ersten Spiel den Star Suarez auf der Bank. Während des Spiels machte er sich zeitweilig warm an der Außenlinie, wurde jedoch nicht eingewechselt. Die Südamerikaner kamen 2010 mit einem humorlosen Unentschieden gegen Frankreich schwer ins Turnier und schafften es dann durch furiosen Fußball bis in das Spiel um die Goldene Ananas gegen die deutsche Elf. Diego Forlan war dabei herausragend. Damals war 31. Heute ist Forlan 35. Insgesamt wirkte die Mannschaft von Oscar Tabarez bei der Verlustpartie gegen Coasta Rica überaltert. Kein Spieler in der Anfangsformation, wenn meine Statistik mich nicht im Stich gelassen hat, war jünger wie 27 Jahre. Was soll ich zu England sagen? Seit 1966 ist ihnen nicht mehr wirklich viel gelungen mit der Nationalmannschaft. Die Clubs sind eine ganz andere Spielwiese in puncto Erfolg.
24.00 Uhr Spiele sind ja in der Regel etwas für Hardcore-Fans. Wenn dann noch die Paarung Japan gegen Griechenland lautet, ist ein wachbleiben schon fast ein Statement. Meine Erwartungshaltung gegenüber Griechenland für die WM war nicht besonders hoch. Bei der 0:3 Auftaktniederlage gegen Kolumbien bestätigten sie mein Bauchgefühl. Japan ist meistens unangenehm zu spielen. Laufstark, einsatzstark, auch eine Beharrlichkeit in der Bearbeitung des Gegners. Die japanischen Frauen zerstörten das geplante Sommermärchen 2011 der Mannschaft von Silvia Neid in Deutschland. Matthias Sammer hatte die deutschen Frauen für ihre jahrelange Konzentration auf Turniere immer bewundert. Beim 2011er Turnier vermisste er diese Fokussierung, störte sich auch an den zahlreichen Ablenkungen, Marketingmaßnahmen mit den Spielerinnen etc. vor dem Turnier. Doch zurück zum Männerfußball. Griechenland kontra Japan. Sollen Turnierambitionen für die Runde der letzten 16 gewahrt werden, muss heute ein Sieg her.
Kolumbien – Elfenbeinküste
Donnerstag, 19. Juni, 18.00 Uhr, Brasilia, im ZDF
Uruguay – England
Donnerstag, 19. Juni, 21.00 Uhr, Sao Paulo, im ZDF
Japan – Griechenland
Donnerstag, 19. Juni, 24.00 Uhr, Natal, im ZDF
Fußball-WM 2014: Meine Tage mit Übungsleiter Löw (5)
Fußball-WM 2014: Meine Tage mit Übungsleiter Löw (5)
Die degradierte Reporterin des ZDF vermeldete einen tiefenentspannten Joachim Löw. KMH hatte mich schon früher bei ihrer Tätigkeit bei Antenne Bayern nicht überzeugt. Aber es gibt natürlich in Deutschland Fuballexpertise, die fundiert ist. Einer der kompetentesten Fachleute ist Trainer Baade. Er merkt an:
,,Gegen Portugal könnte eine der wenigen Niederlagen der deutschen WM-Geschichte hinzukommen, aber selbst dann würde es für die zweite Runde reichen. Im Halbfinale ist dann wieder Schluss, weil Neuer patzt, weil Boateng pennt und mit Rot vom Platz geht oder weil auch einfach schlicht der Gegner stärker ist und Jogi bei Rückstand wieder wie eingefroren an der Linie steht und seine Gehirnwindungen 25 Minuten brauchen, bis er reagiert.“
Übungsleiter Löw hat durchaus Erfahrungen mit Vorrundenniederlagen. Bei der EM 2008 setzte es eine Niederlage in Klagenfurt gegen Kroatien. Zwei Jahre später setze die deutsche Elf ihr Vorrundenspiel gegen Serbien bei der WM in Südafrika in den Sand. Auch sonst gab es in den letzten Tagen reichlich Gesprächsstoff. Sportspool.tv hat einen lesenswerten WM-Blog: „SAVE FOOTBALL, DESTROY FIFA“ aufgelegt:
,,Theo Zwanziger gegen Wolfgang Niersbach. Ex- gegen amtierenden DFB-Präsident. Im deutschen Fußball geht es derzeit ordentlich rund. Und dass, obwohl die DFB-Elf noch keine einzige Minute gespielt hat. Erklärung des DFB-Präsidiums vom 14.06.2014. Deutsche Funktionäre sorgen für eine ordentliche Begleitmusik für eine Fußballweltmeisterschaft.“
Über die FIFA, Funktionär Blatter, Franz Beckenbauer, mediale Schlammschlachten, russische Verbindungen mit krimineller Energie und abgekupferten Content etc. haben wir ein bemerkenswertes Hintergrundstück von Jens Weinreich, in dem die Bild am Sonntag nicht sonderlich gut wegkommt. Unbedingt lesen.
Übungsleiter Löw greift heute in das Geschehen ein, sein ehemaliger Chef auch
Heute greift also Übungsleiter Löw mit seiner Mannschaft in das Geschehen ein. Portugal verlor 2006 im Spiel um Platz 3 gegen Deutschland bei der WM in Stuttgart. Auch 2008 bei der Europameisterschaft musste die Mannschaft um Star Ronaldo eine Niederlage hinnehmen gegen die DFB-Elf. Ebenso bei der EM 2012. Doch grau ist alle Statistik und Bilanzen vergangener Spiele. Heute geht es wieder bei Null für beide Teams los. Iran gegen Nigeria hat auch eine kleine deutsche Komponente. Die iranische Mannschaft wird vom deutschen Unternehmen Uhlsport ausgestattet. Im Vorfeld gab es wegen der Trikos diverse Irritationen. Nigeria läuft in Adidas Trikots auf. Die Afrikaner haben in der Gruppe F mit den weiteren Kontrahenten Argentinien und Bosnien -Herzegowina durchaus ein Weiterkommen im Blick. Dann wäre zur geschmeidigen Uhrzeit von 24.00 Uhr auch noch das Spiel Ghana gegen USA. Boateng, Klinsmann, Vogts. Mehr deutsche Komponente geht fast gar nicht. Jürgen Klinsmann hat das Ziel, die Gruppe zu überstehen, in der ihm arteigenen selbstbewussten Art ausgegeben. Ghana scheiterte bei der letzten WM dramatisch und tragisch an Uruguay im Kampf um den Einzug in das Halbfinale. Sie wären die erste afrikanische Mannschaft gewesen, sich mit dem Einzug ins Halbfinale bei einer WM in die Geschichtsbücher einzutragen. Zu Zeiten eines Roger Milla mit Kamerun bei den grandiosen Auftritten hätte manch Fußballexperte den afrikanischen Mannschaften so ein Erfolgserlebnis durchaus früher zugetraut. Doch die Entwicklung verlief nicht problemlos. Die Probleme, politisch, infrastrukturell, materiell sowie personell, sind auf dem afrikanischen Kontinent vielfältig.
Deutschland – Portugal
Montag, 16. Juni, 18.00 Uhr, Salvador, im ARD
Iran – Nigeria
Montag, 16. Juni, 21.00 Uhr, Curitiba, im ARD
Ghana – USA
Montag, 16. Juni, 24.00 Uhr, Natal, im ARD