Deutschlands ehrgeizige Sportblogger

Auftakt der Schachbundesliga in Mülheim ist durch. Die Augen richten sich wieder dem internationalen Geschehen zu. Kramnik zelebriert einen Traumstart beim Univé Schaaktoernooi 2011 in Hoogeveen. Vertiefung gerne bei chesstigers.

Derweil powern Deutschlands ehrgeizige Sportblogger. Trainer Baade sucht und findet das Licht der Öffentlichkeit. Lesung am 27. Oktober 2011 in Duisburg. Titel: Drama Queens in kurzen Hosen. Geschmeidiger Beginn ist für 21.00 Uhr vom Meistercoach angesetzt. Es gibt auch bisher noch unveröffentlichte Texte zu hören. Trainer Baade agiert seit Jahren auf  seinem Kultblog unkonventionell, frech, offen, schonungslos ehrlich und hat Ironie nicht in der schottischen Sparsamkeitsvariante zu bieten. Er ist da wesentlich großzügiger.

Ehrgeiz ganz anderer Art zeigt Blogger Stefan Nestler und erklimmt unglaubliche Höhen. Auf seinem Blog Abenteur Sport gibt er permanent Zwischenmeldung von der Expedition zum Putha Hiunchuli. Respekt. Da schlägt jemand auf 5500 Metern bei Graupelwetter sein Lager auf und findet noch Zeit zum bloggen. Der Gipfel liegt bei 7246 Meter. Da sage mir noch einer die deutsche Sportbloggerszene sei in der Krise, die Protagonisten würden sich im Kämmerlein in gekrümmter Haltung über dem Laptop und der Tastatur quälen und sich durch Pizzaboten schlechtes Essen bringen lassen. Die Tür nur einen Spalt öffnend und kontaktscheu den Fünfer durchreichen sowie den Pappkarton mit dem schlechten Essen hastig entgegennehmen. Zurückschlürfend in die Dachkammer, durch Jalousie halb abgedunkelt, fernab von jeden Ehrgeiz. Nein, Deutschlands Sportblogger sind aus ganz anderen Holz geschnitzt. Stefan Nestler, Jahrgang 1963, bietet übrigens auch gleich noch einen Blick auf die derzeitige Position in den Bergen per SPOT Satellite Messenger an.

Ehrgeiz der Extraklasse zeigt auch Deutschlands Pionier und Großmeister der Sportblogger, Kai Pahl alias dogfood, mit seinem lesenswerten (!!)  extensiven, strukturiert aufbereiteten und phantastisch  verlinkten Artikel Play the Game 2011 – Sportpolitik in Köln auf seinem Blog allesaussersport. Das war intensiv und verlangt nach Standing Ovations.

In der sportbegeisterten Nation Deutschland hat sich in den letzten Jahren eine Anzahl hochinteressanter Sportblogs gebildet. Sportjournalisten mit fundierter journalistischer Ausbildung, Autodidakten mit Leidenschaft und Kompetenz, Sportinteressierte mit Sachverstand und Fans mit Lokalesprit agieren im Netz der deutschen Sportblogger. Der Ehrgeiz mag dabei bei den Akteuren unterschiedlich ausgeprägt sein, ich möchte keinen missen.

Oliver Fritsch sei abschließend erwähnt, Hartplatzheld und Gründer von indirekter-freistoss und dem kleinen Bruder direkter-freistoss. Auf seine Internetaktivitäten kam ich einst durch einen Printartikel in 11Freunde. Wie er damals im WM Jahr 2006 die Thematik Ballack und den Umgang mit ihm bei Bayern München (der Abschied nach London schmeckte einigen Verantwortlichen wie KHR nicht)  analytisch sezierte, machte mich neugierig. Kürzlich brachte er es bis in die brand eins mit einem Rückblick auf seinen Kampf gegen kleinliche Sichten und verengte Herzen so manchen Funktionärs, und den damit verbundenen Widrigkeiten für ihn selbst. Stichwort Kaffee aus der Thermoskanne.

Sportblogs: Es ist egal ob vom Sportjournalist oder Autodidakt.

Die Berliner Zeitung schrieb dieser Tage einen Artikel über Sportblogs unter dem Titel Wenn aus Amateuren Profis werden. Da kommt auch der von mir sehr geschätzte Kai Pahl alias dogfood von allesaussersport zu Wort.

„Mir ist es egal, ob der Autor eines Blogs Journalist ist oder Metzgermeister oder Webdesigner.“

Mich hat die Diskussion Journalist kontra Blogger immer gelangweilt. Natürlich ist für viele Sportjournalisten der Druck spürbarer geworden. Arbeitsbedingungen haben sich teilweise verschärft. Das einstige Prestige hat mehr wie einen Kratzer in der vorher gewienerten Lackierung bekommen. Dabei gibt es eine Reihe guter Sportjournalisten mit bemerkenswerten Sportblogs. Stellvertretend sollen hier Jonathan Sachse, Daniel Drepper oder Jens Weinreich genannt sein.

Auch Fred Kowasch macht mit dem Sportmagazin Sportspool.tv einen guten Job. Siehe auch seinen aktuellen Beitrag Eine abenteuerliche Konstruktion zum Schauprozess in Sachen Wettskandal aus dem juristischen Strafraum von Bochum. Doch es gibt keinerlei Grund sich den authentischen Bloggern ohne journalistische Grundausbildung zu verschließen. Das dies den einen oder anderen Journalisten innerlich nicht gefallen mag gehört zum Lauf der Dinge.

Zum eigenen bloggen haben mich der oben erwähnte Autodidakt Kai Pahl und der Sportjournalist Oliver Fritsch (Hartplatzheld, Initiator und Gründer vom indirekter-freistoss und direkter-freistoss) inspiriert.

Kai Pahl spielt seit vielen Jahren geschickt auf der Klaviatur im Sportblog allesaussersport. Leidenschaft, sportliche Kompetenz, eine Prise unverkrampftes Entertainment, tiefe und an Wühler erinnernde Recherche und eine unwahrscheinliche Power und Kontinuität sind Qualitätsmerkmale. Kürzlich gab er einen bemerkenswerten Einblick in seine Arbeitsweise unter dem Titel HIER SPRICHT DAS ALLESAUSSERSPORT_HQ.

2 neue Sportblogs nehmen Fahrt auf

Blogs an den berühmten Nagel zu hängen war in den letzten 12 Monaten im Trend. Die selbsternannte Laufsau Marc Bischoff schloß im Dezember 2009 seinen Laufblog unter anderen mit folgenden Abschiedsworten: 

,,Für die Laufsau ist es gerade am schönsten. Die Laufsau läuft nicht, weil wir hier im Schnee ersaufen, das ist auch mal schön. Die Zugriffszahlen auf den Blog haben astronomische Höhen erreicht (7000 im letzten Monat). Und ich habe das Thema nun endgültig durch. Ich bin mir sicher, dass ich so ziemlich alles in den letzten eineinhalb Jahren verwurstet habe, was man zum Thema Jogging und Laufen unterhaltend schreiben kann.

Schuhkauf: erledigt
Laufen bei Schnee, Eis und Matsch: erledigt
Marathonteilnahme: erledigt
Wettkampfverpflegung: erledigt
Familie, Kinder: erledigt
Tücken der Technik: erledigt
Musikbegleitung: erledigt
Laufklamotten: erledigt
Trainingslehre: erledigt
Weihnachten: erledigt
lustige Videos: mehr als gut für Euch ist…
Übergewicht: durch
Krankheiten: hatschi

Also auf gut deutsch: mit fällt nix mehr ein. Nichts jedenfalls, was Euch wöchentlich unterhalten würde, und erzwingen muss man es ja nun nicht.“

Doch es waren noch weitere Nägel für andere Blogger da. Stefan Löffler wollte ab April 2010 seinen individuellen Schachblog nicht mehr weiterführen. Frank Große bot im August kein Schachtraining mehr auf seinem Blog an. Der Schachzoo von Ilja Schneider wurde auch mit keinem neuen Lesefutter mehr bestückt und schloß im August die Pforten.  Torsten Wieland verabschiedete sich im November vom lesenswerten Schalker Königsblog.

Ich finde es immer sehr schade wenn ein Blog an den Nagel gehangen wird. Doch wie im richtigen Leben geht es immer weiter. Es haben in den letzten Wochen 2 neue Sportblogs das Licht der Welt erblickt. Journalist Jonathan Sachse wurde von mir bereits in Aschenputtel Frauenfußball und die ZDF Live Berichterstattung und seine Alternative erwähnt.

Das Credo von Jonathan Sachse:

,,Meinen Blog habe ich mit dem Slogan “Leidenschaft. Transparenz. Öffentlichkeit.” überschrieben. Hiermit soll mein Verständnis von gutem Journalismus skizziert werden, das, was ich anstrebe. Ich liebe es, mich ausgiebig mit einem Thema auseinanderzusetzen. Die intensive Recherche ist meine Leidenschaft, hier bin ich Perfektionist. Aus Minuten werden schnell Stunden, gerne auch Monate.“

Hier geht es zum Blog von Jonathan Sachse. Er nimmt gerade Fahrt auf.

Ein weiteres interessantes Sportblog ist von Daniel Drepper am Start. Er bohrt auch gleich die dicken Bretter. Fuentes is back. Aber auch aus dem alltäglichen Leben eines Sportjournalisten berichtet er transparent und mit einem Blick auf das Geschäftsgebaren einer Lokalzeitung unter Wie ich beim Ahlener Tageblatt rausgeschmissen wurde…

Auch Daniel Drepper hat ein spezifisches Credo:

„Real journalism consists of what someone doesn’t want published, all the rest is public relations.“ — George Orwell. Zumindest hin und wieder soll hier echter Journalismus geboten werden. Vor allem, aber nicht nur, über die Jubel- und Erfolgsmaschine Sport.“

Beide Sportblogs von Jonathan Sachse und Daniel Drepper versprechen für die Zukunft interessanten Lesestoff. Es ist Ihnen Durchhaltevermögen, Power, Leidenschaft, unbändige Freude am bloggen und eine große Leserschar zu wünschen.

Die Abenteuerreise des Jens Weinreich

Da sage noch einer, Journalisten würden nur in klimatisierten Büros bei Redaktionskonferenzen abhängen. Langweiligen Tätigkeiten wie dem umtexten von massenhaft hereinfliegenden Agenturmeldungen nachgehen. Sich in Routinearbeiten aufreiben. Nur nach draußen gehen, wenn es gratis Büffet und andere Annehmlichkeiten gibt. Nicht so Jens Weinreich. Seine Berichte aus dem fernen Russland haben einen Hauch der Erzählungen von Jack London. Das ist ganz großes Kino. Eyjafjallajökull sei Dank.

In Sportblogs mit Power und Qualität hatte ich Jens Weinreich geadelt. Er geht auch dahin wo es weh tut und schaut den Sportfunktionären auf die Finger. Der preisgekrönte Qualitätsjournalist hat eine notwendige Wadenbeißer Mentalität, um die Geschichten und ihre handelnden Personen nicht aus den Augen zu verlieren. Seine Beharrlichkeit ist legendär.

In diesem Sinne wünsche ich eine gute Rückreise nach Deutschland.

 

Sportblogs mit Power und Qualität -Teil 1-

In Deutschland hat sich in den letzten Jahren eine Anzahl interessanter Sportblogs gebildet. Sportjournalisten mit journalistischer Ausbildung, Autodidakten, Sportinteressierte und Fans mit Lokalesprit sind in ihnen vertreten und haben eine hohe Qualität im Netz des Sports entwickelt. 

Jens Weinreich schaut Sportfunktionären auf die Finger  

Einer der bekanntesten Sportblogs ist jensweinreich.de. Der investigative Sportjournalist hat an zahlreichen Olympischen Spielen teilgenommen und Sportfunktionären auf die Hände geschaut. Seine Vita ist mit Auszeichnungen seiner journalistischen Arbeit gekennzeichnet.

Mit dem  sportnetzwerk  hat Jens Weinreich auch eine Qualitätsoffensive für den Sportjournalismus gegründet. Er recherchiert gründlich und hat keine Angst vor Personen mit hohen Ämtern. Seine juristische Auseinandersetzung mit DFB Präsident Theo Zwanziger begleitete er mit hoher Transparenz und sorgte für ein weiteres Beispiel des Streisand-Effekts. Sein Spendenaufruf in der Sache Weinreich / Zwanziger erzielte fast 22.000 EURO von 860 Spendern.

Ein Autodidakt seziert mit dem Skalpell die TV-Verfehlungen

Ein weiterer interessanter und beliebter Sportblog ist allesaussersport von Kai Pahl alias dogfood. Sensationell seine Schreibe. Frech, direkt, ehrlich und eine intensive Recherche. Seit August 2003 betreibt dogfood mit unermüdlichen Fleiß seinen Blog. Über die Jahre hat er eine richtig fachkundige Fangemeinde bekommen. Der Autodidakt seziert mit dem Skalpell die Verfehlungen im Sport-TV. Wenn es allesaussersport nicht gäbe, müsste man es erfinden. Neben Fußball findet sich sehr viel interessant aufbereiteter US-Sport. 

Initiator der Presseschau Fußball im Netz

Oliver Fritsch ging einst mit 3 Pferden ins Rennen. Er betrieb  mit indirekter freistoss eine Fußballrundschau aus Zeitungen wie der FAZ, Süddeutsche Zeitung, Frankfurter Rundschau, Tagesspiegel, Berliner Zeitung oder NZZ. Damit gibt es eine kompakte Bundesliga Nachlese. Inzwischen gab es eine Übergabe des Staffelstabs. Trainer Baade übernahm die anspruchsvolle Aufgabe. Mit dem Blog direkter freistoss gibt es einen kleinen Bruder.

Oliver Fritsch ist auch Mitbegründer der Video-Plattform für Amateur- und Hobbyfußball hartplatzhelden . Zur Zeit läuft ein Rechtsstreit zwischen den Hartplatzhelden und dem Württembergischen Fußballverband. Oliver Fritsch lebt in Hamburg und schreibt hauptberuflich für die Zeit Online. Der Fußballjornalist äußert sich kritisch, konstruktiv und zuweilen provokativ über die Höhen, Tiefen und Mittelmäßigkeiten des deutschen Sportjournalismus und den deutschen Fußball.

Der Spezialist für Sport aus den USA

Jürgen Kalwa lebt seit 20 Jahren in den USA als freier Journalist und Buchautor und ist profunder Kenner der dortigen Sportszene. In seinem Blog american-arena berichtet er über die amerikanischen Sportarten Baseball, Basketball, Eishockey und American Football. Er schreibt über den US-Sport und seine Hintergründe informativ und kurzweilig. Kalwa Beiträge über Sport erscheinen regelmäßig in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung und im Tages-Anzeiger in Zürich. Sein Blog soll die Berichterstattung für klassische Printmedien ergänzen und um möglichst viele Sportarten erweitern. Die Referenzen sprechen für sich.

Der Internetzer von FIVE – Basketball for Life in der Ausgabe Juni 2007 über american-arena:

„Tiefe Einblicke in den amerikanischen Sportzirkus, dazu viele Infos, die man sonst ausgiebig googlen müsste.“

Markus Völker schrieb am 25. Januar 2007 in der taz unter der Überschrift- Die tägliche Sportschau -:

„Wer in Kalwas Blog schmökert, der gewinnt mit der Zeit neue Perspektiven: auf den US-Sport, aber auch auf das Treiben in Europa…ein Ausflug in die American Arena macht den Arbeitsalltag im Büro ein bisschen besser…“

Die Zeitschrift Neon schrieb im Juli 2008:

 „Wer amerikanische Sportarten wie Baseball oder American Football mag oder mögen und verstehen will, muss in Jürgen Kalwas Arena.“

Sportmedienblog feiert im Juli sein zweijähriges Bestehen

Der sportmedienblog von Christoph Anheuser mit Nicknamen RealityCheck berichtet über Hintergründe und Zusammenhänge zwischen Sport und Sportmedien. Seit Juli 2008 ist er mit diesem interessanten Blog eine Bereicherung im Netz. Zusammen mit anderen Sportbloggern war RealityCheck am 7. März zum Bundesligaspiel Bayern München gegen Hannover 96 von Microsoft und Telekom in die Allianz Arena in die Logen beider Unternehmen eingeladen. Dort wurde den Bloggern IPTV von T-Home vorgestellt. RealityCheck hat seinen eigenen Blogrhytmus gefunden und weist sehr großes Spezialwissen zum Thema Sky aus.

Mit Herzblut und Sachverstand für Bayern München

Oliver Schmidt beschäftigt sich seit November 2006 in seinem Blog breitnigge mit dem FC Bayern München. Herzensangelegenheit. Auf breitnigge wird mit Herzblut geschrieben.  Der Hausherr ist offizieller Partner des Fußballmagazin 11Freunde. Die Diskussionen werden mit Begeisterung und viel Sachverstand geführt. Von den zahlreichen Blogs mit dem Schwerpunkt Bayern München ist breitnigge einer meiner persönlichen Favoriten. Nach dem 34. Spieltag der Saison 2010 wird sicherlich mit besonders großer Begeisterung in die Tastatur getippt.

Eine unbedingte Pflichtlektüre für Motorsportbegeisterte

Für Motorsportfreunde sei das racingblog von Don Dahlmann empfohlen. Informative Texte und sehenswerte Fotos begleiten die Höhepunkte der Rennsaison. Seine Analysen über das Geschehen an den Rennstrecken und der Blick hinter die Kulissen gehen in die Tiefe. Don Dahlmann hat Oktan im Blut. Als Kind war er oft an den Wochenenden am Nürburgring mit seinem Vater. Im racingblog finden Motorsportbegeisterte u.a. die Themen Formel 1, NASCAR, DTM, WTCC, IRL und Le Mans spannend und mit viel Liebe zum Detail aufbereitet.

Dies ist für heute nur ein kleiner Ausschnitt an Beispielen von engagierten und qualitativ hochwertigen Sportblogs in Deutschland.