Büroarbeitstag während der Olympiade

08:35 Mantel im Büro aufgehangen. E-Mail Eingang checken. 

08:45 Kollegen an gewonnene Sportwette auf Biathlonsieg erinnern

08:50 Ersten Kaffee im Büro trinken, Rosinenbrötchen tunken

09:30 Konferenz. Kollegen an ausstehenden Wetteinsatz erinnern

10:00 Zurück im Büro. Ablage. Blick auf eurosport.yahoo und sport1

11:15  Zweites Frühstück mit Kollegen T. Austausch über Vancouver

11:45 Kantine. Vancouver Diskussion fortsetzen

12:40 Eiligen Außentermin vorschützen: schnell mal rüber zu Kaufhof

13:45 Beim Bereichsleiter Sorge über Zustand von T. äußern

14:30 Am Drucker Powerpoint-Präsentation der Kollegin R. abgreifen

14:55 Druckerpapier und Textmarker Stabilo für daheim einstecken

15:15 All-inclusive-Angebote für Südafrika checken

15:40 Präsentation von R. unter eigenem Namen der Zentrale senden

16:10 Auszubildenden (1860 Fan) im Großraumbüro hochnehmen

16:20 Die Bundesligawettgelder von den Kollegen einsammeln

17:10 Endlich Feierabend. In der Tiefgarage auf Bereichsleiter warten:

             ,,So spät noch?“

17:50 Von der Frau wegen aufreibenden Bürotag bedauern lassen

Olympia Lektüre zum Wochenanfang

Guten Morgen. Heute wieder ein kleiner Informationshappen zu Vancouver. Markus Völker ist vor Ort und schreibt eine feine Kolumne in der taz und wirft einen Blick auf die Einstellung der englischen Journalisten gegenüber der Gastgeberstadt.

,,Vor allem englische Kollegen werden nicht müde, auf Vancouver herumzuhacken. Es wurden so viele Haare in der Suppe gesucht und gefunden, dass man annehmen musste, die Spiele könnten nur noch von einem Kriseninterventionsteam in Bataillonsstärke gerettet werde. Aber keine Angst, die Wettbewerbe laufen noch, das IOC hat keine Nachtsitzungen einberufen, Zuschauer und Journalisten kommen heil zu den Wettkampfstätten, und wie man hört, soll es sogar hier und da gute Stimmung in den Hallen und an den Strecken geben.“

Rainer Grünberg beschäftigt sich auf Welt Online mit dem Ergebnis von Anni Friesinger. Er kommt zum Fazit Anni Friesinger ist nicht mehr Anni Friesinger.

,,Weil sie in dieser Saison im Weltcup einen fünften Platz als bestes Resultat vorzuweisen hatte, musste Friesinger schon früh aufs Eis, als elftes von 18 Paaren Ihr Duell mit der Japanerin Tabata Maki gewann zwar, ihre Zeit von 1:58,67 Minuten, das wusste sie sofort, würde nicht für einen Spitzenrang reichen. Doch ihre Enttäuschung hielt sich in Grenzen, Friesinger lächelte, winkte ins Publikum und bedankte sich für die „Anni, Anni“-Rufe.“

Ein kurzweiliges Interview gibt Matthias Riesch der Abendzeitung Nürnberg. Er berichtet über seine große Schwester Maria, Ihr Single-Leben, Ehrgeiz im Kindesalter, die Freundschaft und gemeinsame Weihnachten mit Lindsey Vonn sowie nervöse Eltern.

,,Die Mama ist nervlich immer sehr angespannt. Man darf sie dann nicht ansprechen. Papa und ich sind auch nervös, aber sie hat dann nur noch den Tunnelblick. Sie ist froh, wenn beide, die Maria und die Suse (Schwester Susanne, d. Red.), gesund im Ziel sind.“

Es war die Überraschungsmeldung des heutigen Tages. Magdalena Neuner startet nicht in der Staffel. Im Interview auf eurosport.yahoo gibt die zweifache Olympiasiegerin Einblicke in Ihre Entscheidung.

,,Die Trainer und ich haben uns zusammengesetzt. Es ist üblich, dass der Trainer mit dem Sportler darüber spricht: Willst du Staffel laufen? Wie machen wir es? Wir haben uns darüber unterhalten, und ich habe meine Sorgen deutlich gemacht, dass es am Dienstag nicht klappen könnte. Es war schon ganz schön viel für mich alles. Ich möchte einfach nicht, dass es nicht klappt und die Mädels dann enttäuscht sind.“

Zum Abschluss noch eine beeindruckende Fotoserie der Spiele in Vancouver. The Boston Globe bringt sehenswerte 45 Fotos von Olympia und kommt dabei ohne Werbung aus.

Felix Loch holt erstes Gold für Deutschland

Ist die Überschrift zu patriotisch gewählt? Nein. Der Rodler Felix Loch holt die erste Goldmedaille in Vancouver für die Sportnation Deutschland. Das hatte der Sportfan auch bereits Magdalena Neuner zugetraut. Sie holte Silber beim Auftakt der Biathlonwettkämpfe. Aus Felix Loch sprudelten nach seinem Sieg folgende Wörter heraus:

„Es ist alles unglaublich, die letzten zwei Tage waren einfach nur geil. Ich bin sehr, sehr gut gefahren, es hat einen Riesenspaß gemacht“.

David Möller holte Silber und sorgte für einen Doppelerfolg der deutschen Rodler. Den letzten Sieg im Einer der Herren für Schwarz-Rot-Gold hatte Georg Hackl 1998 in Nagano geholt.

Felix Loch ist 20 Jahre alt. Da können noch viele Siege folgen. Georg Hackl war bei seinem ersten Olympiasieg 25. Warum ist der deutsche Rodlersport so erfolgreich? Dieser Frage geht Gunnar Meinhardt auf Welt Online in seinem Artikel –Warum die Deutschen das Rodeln beherrschen– nach.

,,Die deutsche Dominanz hat Methode. In keinem anderen Land gibt es mehr Bahnen. Die Pisten in Altenberg, Königssee, Oberhof und Winterberg bieten Trainingsbedingungen, die nirgendwo auf der Welt besser sind. Das Institut für Forschung und Entwicklung von Sportgeräten (FES) in Berlin liefert das optimale Schlittenmaterial.“

Dazu kommen die Erfahrungen der Trainer die oftmals selber aktiv und erfolgreich die Eisbahnen mit ihren Schlitten hinuntergefahren sind. Felix Loch hat die Erfahrung sogar in der Familie. Sein Vater Norbert war selbst aktiver Rodler und nahm an den olympischen Winterspielen 1984  in Sarajevo teil.

Olympia Innsbruck 1976

Meine Sozialisierung im Sport erfuhr ich einst 1973 beim Europapokal der Landesmeister zwischen Dynamo Dresden und Bayern München. Später folgte 1974 die Handball WM mit dem überragenden Penu im Tor des Weltmeisters. Dann im Sommer die legendären 90 Minuten in der Max-Schmeling Villa.

1976 nahm ich als fast 13-Jähriger die ersten Olympischen Winterspiele bewußt wahr. Die Helden von Innsbruck waren für mich Franz Klammer, Meinhard Nehmer, Hans-Georg Aschenbach, Toni Innauer, Rosi Mittermaier, Uli Wehling und der legendäre Eishockeytorwart Wladislaw Tretjak. Das Sonderheft zu den Spielen war eine ständige Begleitlektüre. Ich konnte damals alle Olympiasieger aus dem Kopf aufsagen. Heute müßte ich dafür den Google Sehschlitz bemühen.

Das erste mal ist ja immer etwas besonderes. So wie mir die erste Handball WM und die Fußball WM 74 in Erinnerung blieb, verhält es sich auch mit den Olympischen Winterspielen von Innsbruck. Ein Vergleich zu heute wäre ein Äpfel mit Birnen vergleichen. Beispiele gefällig?

Das heutige aufgeblähte Programm an Biathlon Wettkämpfen kam in sehr asketischer Form 1976 mit zwei Wettbewerben aus. Die Männer durften über 20 Kilometer und in der 4 x 7,5 km Staffel ihre Kräfte messen. Frauen mit dem Gewehr auf dem Rücken hatten gar keine Wettkämpfe.

Die UdSSR und die DDR belegten vor den USA die Plätze 1 und 2 in der Medaillenwertung. Auf Platz 5 kam die Bundesrepublik Deutschland. Die zwei erstgenannten Nationen gibt es heute auf der politischen Landkarte nicht mehr. 

Wie war das eigentlich damals mit dem Doping? Ich erinnere mich an einen Vorfall in der Mannschaft der damaligen CSSR. Der Eishockeyspieler Frantisek Pospisil hatte  ein unerlaubtes Mittel genommen. Codein. Das Thema Doping nimmt heute einen viel größeren Rahmen in der Wahrnehmung und wohl auch in der Anwendung ein. Aus meinem Bauchgefühl heraus würde ich sagen: Die Spiele haben ihre Unschuld verloren.

Nun also Vancouver 2010. Es geht los.

Weiterführender Artikel

Einstimmung auf Vancouver

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Nachdenkenswert #20

,,Natürlich will das Publikum auch seine Helden sehen. Der Sport ist hierfür ideal, insbesondere durch die mediale Verwertung. Allerdings sollten die Medien nicht nur dem hinterher hecheln, von dem sie glauben, dass es das Publikum sehen will. Meiner Meinung nach müssen die Medien auch aufklären. Doch gerade wenn es um Goldmedaillen und Weltmeistertitel geht, wird zu oft lieber verklärt.“

         Marc Hankmann, Journalist, im sportinsider Interview

Achtung: Werbepause mit Magdalena Neuner

Magdalena Neuner ist Biathletin. Sie macht auch Werbung für Unternehmen. Einst lächelte sie mir mit einem Wollknäul von der Plakatwand an einer Kreuzung in der Nähe des Nürnberger Hauptbahnhofs entgegen .

In der Financial Times Deutschland vom 29.01.10 macht die Wintersportlerin Werbung für eine Bank. Société Générale.

Magdalena Neuner wirbt für Capped Bonus-Zertifikate der französischen Bank. Lassen wir doch einfach den Werbetext auf uns ein wenig wirken:

,,Mit Capped Bonus-Zertifikaten der Société Générale haben Anleger die Möglichkeit sowohl von einer Seitwärtbewegung als auch eingeschränkt von einer positiven Entwicklung weltweiter Aktienindizes zu profitieren und eine Bonuszahlung am Laufzeitende zu erhalten. Dies ist der Fall, wenn der jeweilige Basiswert an keinem Tag während der Laufzeit auf oder unter der jeweiligen Barriere notiert.“

Es wird auch auf das Risiko des Totalverlusts hingewiesen. Der charmante Werbetext lässt keine Unklarheit aufkommen.

„Sollte dagegen die Barriere während der Laufzeit verletzt werden, kann es zu einem Verlust bis hin zum Totalverlust des eingesetzten Kapitals kommen und im Fall der Insolvenz der Emittentin und Garantin zum Totalverlust der Forderung.“

Irgendwie fand ich die Werbung mit dem Wollknäul sympathischer.

Nachdenkenswert #19

,,Ich bin Ostwestfale, an uns sind schon die Römer neun nach Christi nicht vorbeigekommen. Wenn man mir aggressiv kommt, kann ich sehr beständig werden. Ich nehme für mich in Anspruch und zwar auch gegen alle Juristen: Ich bin Wissenschaftler. Ich schaffe Wissen und publiziere es. Danach braucht man gute Nerven, und man muss auch einstecken können.“

        Prof. Werner Franke, Molekularbiologe und Dopingjäger,

        in den Nürnberger Nachrichten

Presseschau zur Handball EM 2010

Frankreich ist Europameister im Handball 2010. Nach dem Olympiasieg in Peking und dem Weltmeistertitel von Zagreb holte sich die zur Zeit beste Handballsieben der Welt das Triple. Eine kleine Presseschau zum Erfolg der Franzosen.

RP Online titelt Handball-Großmacht Frankreich und verweist auf die Extraklasse des französischen Torhüters:

,,Thierry Omeyer machte wieder einmal den Unterschied. Der Torhüter, der beim THW Kiel unter Vertrag steht, zeigte in der zweiten Halbzeit des EM-Finales seine Klasse und stellte auch seinen Rivalen im kroatischen Tor in den Schatten. Dabei hatte Mirko Alilovic in den ersten 30 Minuten die Franzosen mit seinen Reflexen schier verzweifeln lassen.“

Zeit Online lässt Thierry Omeyer zu Wort kommen. Er realisiert langsam die historische Einmaligkeit des Gewinns aller 3 internationalen Titel auf der Ebene von Nationalmannschaften.

,,Das ist für die Ewigkeit. Das habe ich noch gar nicht richtig realisiert. Drei große Titel bei drei großen Turnieren ist einfach Wahnsinn.“

Natürlich kommt bei der Betrachtung des Finales auch der ehemalige Welthandballer Karabatic nicht zu kurz. Welt Online weist auf seine Qualitäten hin und sieht ihn als entscheidenden Garant für den Sieg:

,,In der Neuauflage des Endspiels der letztjährigen WM behielten die Franzosen vor allem dank einer starken zweiten Halbzeit erneut die Oberhand. In der Partie war der Ex-Kieler Nikola Karabatic der Matchwinner. Der frühere Welthandballer in Diensten von Montpellier HB war mit sechs Treffern wieder einmal bester Werfer seines Teams.“

Die NZZ Online flechtet Didier Dinart, Thierry Omeyer und Nikola Karabatic Lorbeerkränze. 

,,Wie bereits im WM-Final 2009, als sich Frankreich mit 24:19 gegen Kroatien durchgesetzt hatte, bildete die Defensive um den als weltbesten Verteidiger geltenden Didier Dinart die Basis zum Titel. Fanden die Osteuropäer doch einmal eine Lücke, hexte Mal für Mal der französische Torhüter Thierry Omeyer. Der Welthandballer von 2008 erreichte mit zwölf Paraden, wobei er drei Penaltys hielt, eine Abwehrquote von 38 Prozent. Vorne konnten sich die Franzosen auf Nikola Karabatic verlassen. Der im serbischen Nis geborene Aufbauer war mit sechs Toren der beste Werfer seines Teams.“

Frankreichs Team wird von Claude Onesta trainiert. Spiegel Online skizziert die Reaktion des Coachs nach dem Ende des EM Finales:

,,Beim Schlusspfiff reckte Frankreichs Trainer Claude Onesta ganz genüsslich den rechten Arm in die Luft, ließ die linke Hand lässig in der Hosentasche. Mit einem am Ende ungefährdeten 25:21-Sieg gegen Kroatien hat sich Frankreich endgültig zur alles beherrschenden Handballnation aufgeschwungen.“

Die Handballwoche erinnert daran, dass zu einem guten Finale immer zwei Mannschaften gehören und würdigt auch Kroatien.

,,Die beiden bis zum Finale ungeschlagenen Mannschaften boten ein Endspiel mit allen Attraktionen des Handballs: Die Torhüter Omeyer (Frankreich) und Mirko Alilovic (Kroatien) glänzten mit tollen Paraden, die Spielmacher Karabatic (Frankreich) und Ivano Balic (Kroatien) zauberten mit raffinierten Anspielen, und auch die Abwehrreihen blieben sich nichts schuldig.“

Sportinsider Interview mit Marc Hankmann

Für meine sehr geschätzten Leser habe ich ein Interview mit dem Journalisten Marc Hankmann geführt. Er äußert sich über die Sportberichterstattung, sagt warum er es richtig findet, dass die Fußball WM in Südafrika stattfindet. Marc Hankmann ist sehr sportinteressiert und verrät welches Bild von welchem Weltmeister er im Büro hängen hat und schildert seinen idealen Sporttag. Er betreibt auch einen eigenen Hankmann  Blog.

sportinsider: Marc, Du bist seit Kindesbeinen sehr sportinteressiert. Wie siehst Du die momentane Entwicklung des Leistungssports zwischen Mediendruck und den wirtschaftlichen Erwartungen der Wirtschaft?

Marc Hankmann: Ich glaube, der eigentliche Grund, warum Sport getrieben wird, ganz gleich ob Breiten- oder Hochleistungssport, bleibt mehr und mehr auf der Strecke. Er wird quasi zwischen Mediendruck und wirtschaftlich-politischen Interessen zermalmt. Sport verkommt zur Show.
Warum läuft jemand gegen andere die 100-m-Strecke? Weil er wissen will, wer der Schnellste ist. Er will sich mit anderen Läufern messen. Welchen Sinn macht es da zu betrügen? So erfahre ich ja nicht, ob ich wirklich der Schnellste bin. Externe Einflüsse zerstören den Sport. Sportler dopen, um Reichtum und Ansehen zu erlangen, Funktionäre verwandeln Sportarten in telegene Events. Das Beste an einer Fußball-WM ist immer noch das Fußballspiel und nicht die Eröffnungsfeier, die Interviews oder die TV-Stammtische.

sportinsider:  Wie beurteilst Du die Monokultur der Sportberichterstattung in der Sportschau der ARD? Unter dem Druck der Quote und anderen monetären Erwägungen (Werbung) kommen die Öffentlich-Rechtlichen Ihrem Auftrag einer vielfältigen und in die Breite gehenden Berichterstattung ja nicht richtig nach. Viele Sportarten finden gar nicht statt. Unterklassiger Fußball der 3. Liga wird jedoch gezeigt.

Marc Hankmann: Die Argumentation der ARD ist, dass in den Dritten immer noch jede Menge Sport abseits vom Fußball gezeigt wird. Selbst im Programm des Ersten läuft ja nahezu jeden Samstag eine Live-Sportberichterstattung über mehrere Stunden. Zum Auftrag der Öffentlich-Rechtlichen gehört auch, über das zu berichten, was die Massen interessiert. Ganz allgemein meine ich aber, dass die Öffentlich-Rechtlichen dem Quotendruck zu sehr nachgeben und mutiger in ihrer Programmauswahl sein sollten.
Die Sportschau trägt ihren Namen zu unrecht. Es ist eine Fußballschau, vielleicht sogar eine Fußball-Show. Im Ersten fehlt eine Sportsendung, die wirklich umfassend über Sport berichtet. Das ZDF hat so etwas mit der Sport Reportage. Dabei stellt sich allerdings auch die Frage, ob wirwirklich zwei solcher öffentlich-rechtlicher Formate benötigen.

sportinsider: Wo und wie intensiv informierst Du Dich über die sportlichen Ereignisse und seine Hintergründe und Begleiterscheinungen?

Marc Hankmann: Ich muss zugeben, dass ich mich morgens bei der Zeitungslektüre am längsten mit dem Sportteil auseinandersetze. Da ich als Journalist viel unterwegs bin, kaufe ich mir gerne die Süddeutsche oder die FAZ und informiere mich so über Hintergründe aus der Welt des Sports. Seitdem ich unter hankmann.wordpress.com blogge, durchstöbere ich natürlich auch die Blogs der Kollegen. Absolut klasse finde ich die TV-Sendung „Sport inside“. Die kann ich wirklich nur empfehlen.

sportinsider: Du hast in Deinem Blog über das geplante Comeback von Michael Schumacher geschrieben. Ist die Sehnsucht der Medien nach deutschen Sporthelden nicht auch ein Ausdruck der Erwartungen und Träume des Sportpublikums?

Marc Hankmann: Ich glaube eher, dass die Rückkehr Schumachers die Sehnsüchte der Formel-1-Granden und die der übertragenden Sender wie Sky und RTL erfüllt. Die nächste Generation an deutschen Sporthelden hat sich ja in der Formel 1 bereits mit Vettel und Rosberg angekündigt. Anscheinend brauchen die jungen Fahrer aber zu lange, um die knirschende Maschinerie der Formel 1 wieder in Gang zu bringen.
Natürlich will das Publikum auch seine Helden sehen. Der Sport ist hierfür ideal, insbesondere durch die mediale Verwertung. Allerdings sollten die Medien nicht nur dem hinterher hecheln, von dem sie glauben, dass es das Publikum sehen will. Meiner Meinung nach müssen die Medien auch aufklären. Doch gerade wenn es um Goldmedaillen und Weltmeistertitel geht, wird zu oft lieber verklärt.

sportinsider: Dieses Jahr steht die Fußball WM an. Nach den Ereignissen um den Afrika Cup steht die Veranstaltung in Südafrika stärker im Fokus der Zweifelnden und Bedenkenträger. Der Vorverkauf der Tickets läuft schleppend. Thomas Kistner schrieb in der Süddeutschen Zeitung vom Festival der Freikarten. War es richtig die WM nach Südafrika zu geben?

Marc Hankmann: Ja, auf jeden Fall. Es bestehen zu viele Vorurteile gegenüber dem Kontinent Afrika. Es ist eben ein Kontinent und kein einheitliches Land. 
1992 tobte auf dem Balkan der Krieg, im 2.000 km entfernten Schweden fand aber dennoch gleichzeitig die Fußball-EM statt. Es machte sich keiner Sorgen um die Sicherheit. Im Januar wird in Angola ein Anschlag auf die togolesische Nationalmannschaft verübt und die 2.000 km entfernte WM wird in Frage gestellt.
Die Stadien sind bereits jetzt fertig, übrigens eher als die Arenen zur WM 1990 in Italien fertig gestellt waren, die Infrastruktur steht, Südafrika wird während der WM in einen Überwachungsstaat verwandelt.
Meine Gründe nicht zur WM zu fahren sind die hohen Hotelpreise, nicht aber Sicherheitsbedenken.
Zugegeben, der Vorverkauf der Karten läuft schleppend. Aber man darf das nicht mit der Euphorie von 2006 vergleichen. Auch für die WM in Japan und Südkorea wurden nur wenige tausend Tickets verkauft. Ich hoffe, dass Südafrika die Chance nutzt und mit einigen Vorurteilen gegenüber dem Kontinent aufräumen kann.

sportinsider: Marc, wie sieht Deine ideale mediale Sportlandschaft aus?

Marc Hankmann: Schwere Frage. Ich wünsche mir mehr Hintergrundberichte. Der Kampf gegen Doping muss in den Medien mehr im Mittelpunkt stehen. In vielen Sportarten wurden die Trainer der DDR, die gedopt haben, mir nichts dir nichts von westdeutschen Sportverbänden übernommen, ohne groß nachzufragen, was der- oder diejenige eigentlich im staatlichen Sportregime der DDR getrieben hat. Funktionäre, die so fahrlässig handeln, müssen über die Medien den öffentlichen Druck spüren, die Missbilligung von uns Breitensportlern. Da ich selbst Fußball spiele und während meines Sportstudiums die Fußballtrainer-B-Lizenz erworben habe, wünsche ich mir mehr Fachkompetenz bei Interviews und Analysen. Es ist mehr als offensichtlich, dass auf die platten Fragen der Sportreporter die Plattitüden der Sportler folgen – dem Medientraining sei dank. Wenn jemand eine Flanke in den 16-m-Raum schlägt, brauche ich keinen Kommentator, der mir sagt, dass jetzt jemand eine Flanke in den 16-m-Raum schlägt.

sportinsider: Mit welchen Prominenten würdest Du gerne einmal sporteln gehen?

Marc Hankmann: Also unterhalten würde ich mich gerne mal mit Marco Materazzi. Jemand, der Zinedine Zidane dermaßen beleidigt, dass dieser mit dem Kopf zustößt, muss eine falsche Auffassung seines Sports haben. Das vermute ich übrigens auch bei Fußballern wie Maik Franz, die mit psychischen Spielchen ihr mangelndes Talent wettmachen wollen. Wie sehr sich Maik Franz in seiner Rolle als Bad Boy gefällt, zeigt schon seine Internetadresse: http://www.iron-maik.de. Über ihn habe ich auch in meinem Blog geschrieben.
Mir gefallen eigentlich Sportler, die natürlich rüberkommen wie zum Beispiel Georg Hackl, Kati Witt oder Paul Biedermann. Allerdings betreiben alle drei Sportarten, mit denen ich nichts am Hut habe.
Eiskunstlauf mit Kati Witt? Das wäre die Krönung aller Peinlichkeiten für mich und ein Grauen für jeden, der sich das angucken muss.

sportinsider: Hast Du ein sportliches Idol?

Marc Hankmann: Ich hatte mal das Glück, Horst Eckel persönlich zu treffen. Ein Bild von mir mit dem Weltmeister von 1954 hängt noch in meinem Büro. Ich fand es bewundernswert, wie er den Rummel um seine Person über sich ergehen ließ. Im Gegensatz zu manch anderen aus der 54er-Mannschaft ist Eckel mit beiden Beinen auf dem Boden geblieben. Das gelang nicht alle während ihres Lebens nach 1954.
Aber eigentlich tue ich mich schwer mit Idolen. Kaum ein Sportler besitzt meines Erachtens die Souveränität, die nötig ist, um über all dem Blitzlichtgewitter, den Interviews, den Schmeicheleien und Kritiken zu stehen. Vielleicht ist das auch nur mein Eindruck. Am Mikrofon sind solche Sportler wahrscheinlich weniger zu sehen und zu hören.

sportinsider: Das für Dich bewegendste Ereignis der jüngeren Geschichte?

Marc Hankmann: Die Fußball-WM im eigenen Land. Das waren einfach vier sensationell tolle Wochen. So eine Euphorie und Freude habe ich selten erlebt. Ich glaube, wir Deutsche haben uns als gute Gastgeber erwiesen. Ich habe gehört, dass in einem amerikanischen Reiseführer zur WM gestanden haben soll, dass die Deutschen nicht gerne lachen. Das sollte nun aber wohl der letzte Reiseführer gewesen sein, in dem so ein Quatsch steht.

sportinsider: Welche Sportart würdest Du gerne besser können?

Marc Hankmann: (lachend) Natürlich Fußball. Immerhin versuche ich schon seit meinem achten Lebensjahr in diesem Sport besser zu werden. Aber im Ernst: Eigentlich bewundere ich Schwimmer und Turner, die aus meiner Sicht den am ehesten komplett austrainierten Körper besitzen, sowohl was Ausdauer als auch Kraft anbelangt. Wenn es bedeuten würde, dass ich einen solchen Körper besitzen würde, wenn ich eine Sportart besser könnte, würde ich mich für Schwimmen oder Turnen entscheiden. Unglücklicherweise haben ich zu beiden Sportarten absolut keinen Draht. in der Schule hat mich das 200-m-Warmschwimmen schon immer an die Grenzen meiner Kondition gebracht. Das Dreieck Reck, Schwerkraft und ich, in dem jede Motivation auf Nimmerwiedersehen verloren geht, ist ein Kapitel für sich.

sportinsider: Bei welchem sportlichen Großereignis wärst Du gerne als Zuschauer dabei gewesen?

Marc Hankmann: Ich wäre gerne bei der Handball-WM 2007 als Zuschauer bei den Spielen der deutschen Nationalmannschaft gewesen. Da ich vom Handball nicht viel verstehe und für mich als Fußballer ein 2-Tore-Rückstand schon nahezu uneinholbar ist, bin ich bei den Krimis gegen Spanien und Frankreich vor dem Fernseher tausend Tode gestorben. Bei solchen Herzschlagspielen live dabei zu sein, muss nochmal ein viel größerer Kick sein.

sportinsider: Dein größtes Erfolgserlebnis im Sport?

Marc Hankmann: Wir sind im Jahr 2000 aus der Kreisliga A in die Bezirksliga aufgestiegen. Obwohl wir bis auf drei Unentschieden alle Spiele gewonnen hatten, entschied sich die Meisterschaft erst am drittletzten Spieltag, als wir den eigentlichen Meisterkandidaten 3:2 schlugen. Das eigentlich Tolle daran war aber, dass unser Verein das erste Mal seit 30 Jahren wieder in die Bezirksliga aufstieg und wir den Favoriten, der sich mit viel Geld etliche höherklassige Spieler gekauft hatte, hinter uns ließen. Unsere Truppe bestand aus Spielern, die in der eigenen Jugend groß wurden.

sportinsider: Welche Macke hast Du beim Sport?

Marc Hankmann: Ich habe eigentlich keine besonderen Rituale wie zum Beispiel erst den linken und dann den rechten Schuh anzuziehen oder sich die Sporttasche auf bestimme Art und Weise zu packen. Letzteres wäre bei mir aber sicherlich sinnvoll. Dann würde ich nicht so oft das Handtuch, die Socken oder sonst was vergessen.

sportinsider: Wie sieht der perfekte Sporttag aus?

Marc Hankmann: Morgens ausschlafen, reichhaltig frühstücken, dann in Ruhe die Zeitung lesen, anschließend Sport treiben, danach zu einem Fußballspiel gehen und abends die Zusammenfassung der Bundesliga im Fernsehen schauen. Ich glaube, so könnte ich es im Sommer aushalten. Im Winter würde ich Sport und Fußball durch Skifahren mit anschließendem Aprés Ski ersetzen.

sportinsider: Welche Sportart ist für Dich überflüssig?

Marc Hankmann: Über Eiskunstlauf, Schwimmen und Turnen habe ich mich ja schon ausgelassen, wenngleich ich diese Sportarten nicht für überflüssig halte. Mir erschließt sich allerdings das Gehen nicht so recht. Wenn ich doch eine Strecke möglichst schnell ohne Hilfsmittel überwinden will, dann gehe ich nicht, ich laufe. Genauso gut könnte man beim Schwimmen eine neue Disziplin einführen, bei der man wie ein Hund im Wasser paddeln muss. Also mit der Sportart Gehen habe ich so meine Probleme.

sportinsider: Mit welchem Sportler/in würdest Du gerne einen Tag tauschen?

Marc Hankmann: Mit einem Spieler des FC Bayern München. Mich interessiert, wie hoch die Trainingsbelastung ist, wie sich die Spieler untereinander benehmen, ob es da beim Training genauso zugeht wie in den Kreisligen, wie professionell das ganze Umfeld wirklich ist und welche Termine ein Profifußballer neben dem Training noch wahrnehmen muss. Ich befürchte aber, dass mir als Fan des 1. FC Nürnberg ein Tag bei den Bayern mehr als ausreicht.

Ich bedanke mich recht herzlich für das offene Interview bei Marc Hankmann. Mehr Infos über ihn gibt es bei Xing.