Hinz und Kunz über den Sportmonat Juli

Hinz: Hallo Kunz, wir sind spät dran mit dem Rückblick auf den Sportmonat Juli, wie ich Dich kenne hast Du die Ruhe weg.

Kunz: Gemach, gemach mein Hinz. Erzähle mir erst von Deinen echten Sorgen.

Hinz: Ach, Kunz. Heute wieder sehr angriffslustig. Wollen wir in den Rückblick auf den Sportmonat Juli einsteigen?

Kunz: Herr Ober, bitte den gedeckten Schweizer Apfelkuchen aus der Vitrine. Schaut gut aus. Danke. Hinz was steht auf dem Programm?

Hinz: Ich hätte Viertelfinale, Halbfinale und Endspiel der Fußball WM im Juli anzubieten, die belanglose Makulatur-Platzierung der Truppe von Übungsleiter Löw und der eigenartige Abgang auf dem Flughafen in Frankfurt. Dann wäre da noch die Tour de France, die Dortmunder Schachtage und die Eishockey Personalie Ilya Kovalchuk mit dem Batzen Geld zu besprechen. 

Kunz: Brasilien und Argentinien nahmen sich in den Viertelfinalspielen ihre Melancholie-Auszeit. Spanien kämpft Paraguay nieder. Unser Kuchen und der Kaffee kommt. Danke, Herr Ober.   Der Kulminationspunkt war der gehaltene Elfmeter von Casillas. Doch der Krimi schlechthin war Uruguay gegen Ghana. 120. Minute mit der Hitchcock Komponente. Handspiel von Suarez auf der Linie. Rot. Elfmeter für Ghana. Die Südamerikaner fast 5 Meter unter dem Rasen bereits mausetot. Doch dann die Auferstehung.

Hinz: Im Halbfinale dann die Entzauberung der Löw Truppe durch clevere, technisch starke  und selbstbewußte Spanier. An dem Tag wirkte die Mannschaft ängstlich. Angst vor der eigenen Courage. Eine Meisterleistung in Sachen Coaching war es auch nicht. Holland schlägt Uruguay. Die letzten Minuten wurde es nochmals eng, da waren van Bommel und Co. mental fast schon in der Kabine. Ging nochmal gut. Im überharten Finale dann ein Sieg von Spanien. Deutschland spielte um die Makulatur-Platzierung. Anschließend der seltsame Abgang über den Nebenausgang auf dem Frankfurter Flughafen.

Kunz: Ich hab den Laptop bei. Ich fahr ihn kurz hoch. Der Kuchen schmeckt aber auch. Er ist jedesmal eine Versuchung. Zurück zur deutschen Nationalmannschaft. Es gab Zeiten da wurde der Empfang auf dem Frankfurter Flughafen zelebriert. Ich such noch kurz bei youtube. So lieber Hinz. Schau dir die Sequenz von 1990 einmal an.

Kunz: Das ist jetzt 20 Jahre her. Beckenbauer hatte Männer um sich herum. Da passte alles.  Was für ein Empfang auf dem Frankfurter Flughafen. Keine enttäuschten Fans. Alle in bester Laune. Kein stiller Abgang über den Nebenausgang.  Solche mentalen Bilder hätte der Übungsleiter Löw der Mannschaft vor dem Spiel gegen Spanien zeigen sollen. Die Stimmung in Frankfurt damals war euphorisch.  Hinz, traust Du Löw eigentlich den Titel bei den nächsten Wettkämpfen zu?

Hinz: Er hat ja nach den ganzen Turbulenzen um die geplatzte Vertragsverlängerung im Februar nur eine halbherzige Verlängerung getätigt. Der Vertrag ist nur bis zur EM 2012 in der Ukraine und Polen datiert. Ein Weltmeister-Masterplan für 2014 sieht anders aus. Nein, ich glaube nicht an einen WM-Titel und wie eine Europameisterschaft zu holen ist  hat letztmalig Berti Voigts 1996 gezeigt.

Kunz: Lass uns über die Tour de France sprechen und den einstigen Tourgott Armstrong.

Hinz:   Alberto Contador oder A.C. ist immer suspekt. Bei den Schleck Brüdern gibt es jedoch auch eine Überweisung an Fuentes. Stichwort Armstrong. Also ich gehe da mit Peter Sloterdijk. Er sagte damals in jenem bemerkenswerten Spiegel-Interview im Juli 2008 auf die Frage: Armstrong war vielleicht gedopt?  

,,Wie alle Übrigen, doch das spielte in dieser Szene keine wesentliche Rolle – der Jump war authentisch. Man versteht übrigens sehr gut, warum Barthes im Doping ein Sakrileg sah: Das war für ihn, als stehle man Gott das Vorrecht des Funkens. Dass Barthes letztlich recht hatte, hat man im vorigen Jahr bei der Tour de France grausam erlebt. Plötzlich ist der Schleier hochgezogen, und man sieht keine Kämpfer mehr, nur noch Radproletarier bei einem dubiosen Job. Die Poesie ist dahin, das Erhabene ist eingeebnet, die Fahrer sind plötzlich hundsgewöhnliche Berufstätige, sie leben nicht mehr in der Sphäre des Glanzes, sie sind nur noch Fachidioten für Sprinten, Rollen, Klettern. Noch ärger ist die Vulgarität, mit der ein früherer Tour-de-France-Sieger wie Bjarne Riis seine Enttarnung als Doper kommentierte: „Das Gelbe Trikot liegt in einem Pappkarton in meiner Garage. Ihr könnt es abholen.““

Das Radsportteam Milram wird es nächstes Jahr nicht mehr geben. Nach Telekom und Gerolsteiner beendet mit Nordmilch ein weiterer deutscher Sponsor sein Engagement im Radsport. Financial Times Deutschland schrieb vor der Tour einen Artikel mit dem Titel Jan-Ullrich Land ist abgebrannt.

,,So geht der Radsport den Bach hinunter – würde man meinen. Und doch sieht man die von ungezählten Skandalen zerzauste Velogemeinschaft frohgemut an den Rotterdamer Quais stehen. In den Niederlanden ist die Begeisterung an der Strecke ungebrochen, ähnlich in Belgien. Da passt es gut, dass das Rennen mit dem Prolog in Rotterdam beginnt und von dort nach Brüssel, Spa und Wanze führt, bevor es in Frankreich weitergeht. Und in ihrem Heimatland steht der Juli unerschütterlich ganz im Zeichen der Tour. Auch für dieses Jahr vermeldet der Veranstalter Amaury Sport Organisation (ASO), dass seine Werbekarawane ausgebucht sei.“
 
Hinz: Eurosport begrüßte aber auch neue Zuschauer.   
                                            
Kunz: Wir beide sind dem Spektakel ja auch seit Jahren verfallen. Diese herrlichen Landschaftsaufnahmen, die Duelle Mann gegen Mann. Die bunte Karawane. Doping wird auch von uns Zuschauern gerne ausgeblendet. Andererseits haben wir auch Jim Morrison, Janis Joplin oder Jimi Hendrix bewundert und ihre Musik gehört. Trotz aller Drogen. Alle 3 starben mit 27 Jahren. Oder Du legst auch gerne noch die Falco CD beim Autofahren ein.                
                                                                                                                                          
Hinz: Ich steh zu meinen Schwächen. Wir haben noch zwei Themen. Kommen wir zuerst zum Schach. Die Dortmunder Schachtage – Wie fällt dein Fazit aus?
 
Kunz: Ruslan Ponomariov gewann das Sparkassen Chess-Meeting von Dortmund 2010 souverän. Ein Teilnehmerfeld von sechs Spielern ist mir jedoch insgesamt etwas dünn. Ich wünsche mir einfach mehr Mut von den Organisatoren. Warum nicht wirklich ein großes Dortmunder Turnier zusammenstellen. Mit Anand, Carlsen, Topalov, Kramnik, Aronian, Grischuk, Nakamura, Naiditsch etc. Durchaus unter Einbindung von Schachmäzenen. Die Weltmeister Anand und Carlsen (Blitz) stehen in der Mannschaft des deutschen Schachmeisters OSG Baden-Baden. Der deutsche Spieler Naiditsch ist ebenfalls Mitglied des Teams des Mannschaftsmeisters der Schachbundesliga. Ein richtiges internationales Top-Turnier. Mit einer Außenwirkung über die Dortmunder Grenzen hinweg.
 
Hinz: Bleibt noch die Monopoly Nummer im Eishockey. Ilya Kovalchuk sollte in 17 Jahren geschmeidige 102 Millionen  bei den New Jersey Devils verdienen. 95 Millionen Dollar sollte er in den ersten 7 Jahren bekommen. Auf dem Eishockey-Blog sind alle Details zum Kovalchuk Monopoly zu lesen.
 
Kunz: Ich habe alles mit großen Interesse verfolgt. Während hier in Deutschland fast der deutsche Meister ausgestiegen wäre und Ratlosigkeit und Traurigkeit in Hannover hinterlassen hätte, scheint Geld andernorts keine Rolle zu spielen. Diese Summen und Eckdaten des Vertragskonstrukt wirken auf den ersten Blick bizarr. Andererseits wurde Schauspieler Tom Cruise vor Jahren gefragt was er denn zu seinen teilweise 20 Millionen Dollar Filmgagen sage. Der Hollywodstar entgegnete in einer Charmeoffensive: -Ich bin es wert, und sollte ich es eines Tages nicht mehr wert sein wird mir auch keiner mehr 20 Millionen Dollar zahlen-. Augen auf bei der Berufswahl.
Ich darf erinnern das Marlon Brando Anfang der 60er Jahre eine Gage von 1 Million Dollar erhielt. Die Frage ist ja eine andere. Wie lange sind Fans bereit die Ticketpreise zu zahlen, ihren Vereinen die Treue zu halten, im Merchandising die neuesten Trikots und all die anderen Artikel zu kaufen.
 
Hinz: Da ist unsere Rechnung ja heute schlank. Ich übernehm sie gerne.
 
Kunz: Dann sage ich Danke und wünsche noch einen schönen Tag.

Die Schachwelt zieht online im Tempo an

Stammleser wissen von meiner Sympathie für Jörg Hickl seine Schachwelt. Die Printausgabe musste er aus wirtschaftlichen Gründen leider einstellen. 

vater und sohn

© Mario Heinemann: Pixelio 

Online macht der Internationale Großmeister Hickl weiter. Im Blog der Schachwelt zieht das Tempo an. Sehr Lesenswert ist sein Artikel Schachbund auf Abwegen

,,Die jetzt für die Schacholympiade im September in Sibirien gemeldete Mannschaft wirkt wie eine Kapitulation, die Kriterien der Aufstellung sind schwammig. Ich kann mich des Eindrucks nicht erwehren, dass die Nächsten genommen wurden, die die Bedingungen des Schachbundes ohne Widerspruch akzeptierten und es noch als Ehre ansehen, für das Vaterland zu kämpfen. Gerüchteweise wurden die Honorare nun halbiert statt angehoben…
 
Für die mitgliedermäßig drittstärkste Schachföderation und eines der wirtschaftlich stärksten Länder eine höchst unbefriedigende Situation. Möglicherweise ist es an der Zeit, für Verantwortliche Konsequenzen zu ziehen, doch vielleicht kann der Aufstand auch wieder einmal durch konsequentes Aussitzen gemeistert werden.“ 
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Stefan Löffler zieht ein Fazit des Sparkassen Chess-Meetings in Dortmund und kommt zur Erkenntnis Dortmund schlägt Biel.
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Er nimmt sich dann in einem weiteren Blogbeitrag auch noch dem Thema Kasan? Wunderbar! Viel besser als Chanti-Mansisk  an.
,,Au verdammt. Die geplante, aber offiziell unbestätigte Verlegung betrifft gar nicht (wie der gesunde Menschenverstand nahegelegt hätte) die Schacholympiade. Sondern das Kandidatenturnier, bei dem im nächsten Jahr Anands nächster Herausforderer zu ermitteln ist und das vertraglich längst Aserbaidschan zugesagt war. Doch es sind nicht die Aseris, die nun kräftig protestieren (dürfen sie doch dem Vernehmen nach ihren Ausrichterfreiplatz, nämlich für Mamedscharow, behalten), sondern Topalow, der nicht in Russland spielen mag. Als Grund der Verlegung muss übrigens Aronjan herhalten, der als Armenier in Baku nicht hätte antreten können.“

Mich freut die Power von Jörg Hickl und Stefan Löffler. Nach dem Abschied von der gedruckten Zeitung war es sicher auch mental nicht so einfach Online wieder richtig Tempo zu geben.

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Artverwandter Artikel zum Thema Schachwelt

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Sparkassen Chess-Meeting Dortmund

Schachweltmeister Viswanathan Anand relaxt in seiner Heimat im korbgeflochtenen Liegestuhl und in Dortmund geht es derweil in die letzten 2 Runden vom Sparkassen Chess-Meeting. Der Hat-Tip geht an Stefan Löffler von der Schachwelt.

Turm in der Schlacht

 © Michael Alber: Pixelio 

Ein Blick auf die Turniertabelle von Dortmund läßt den vermutlichen Sieger erahnen. Der 26-Jährige Ruslan Ponomariov aus der Ukraine führt nach seinem Sieg gegen Arkadij Naiditsch mit einem Punkt Vorsprung vor Shakhriyar Mamedyarov und Liem Le Quang. Aus meiner eigenen Turnierpraxis in der Jugend kenne ich jedoch auch die Tücken der letzten zwei Runden.

Am heutigen Sonnabend steht für Ponomariov (mit Schwarz) die Schachpartie gegen Mamedyarov aus Aserbaidschan an. Ein möglicher Stolperstein. Hier geht es zur Live-Berichterstattung ab 15.15 Uhr. Der morgige Sonntag sieht dann die Partie Ponomariov (mit Weiß)  gegen Le Quang vor.

Die Dortmunder Sparkasse ist Hauptsponsor des Schachturniers. Dies wird auch so bleiben. Der Sparkassenchef Uwe Samulewicz gab bereits im April 2010 ein klares Statement ab:

„Das Turnier bleibt Bestandteil unserer Geschäftsphilosophie – egal wie sich die Finanzsituation weltweit entwickeln wird.”

Hier gibt es den Überblick über die übrigen Sponsoren. Am Donnerstag machte Exweltmeister Anatoli Karpow dem Turnier seine Aufwartung und eröffnete die 7. Runde. Nebenbei nutzte er die Zeit für Werbung in eigener Sache. Karpow will im Herbst FIDE-Präsident werden.

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Artverwandte Artikel zum Thema

Schachlegende Karpow im Revier – Der Westen

Dortmunder Schachtage   – bei Wikipedia

Schach soll endlich wieder populärer werden – Karpow Interview

                                          mit Dagobert Kohlmeyer auf chessbase

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In Sachen sportspool.tv und die tägliche Presseschau

Es gibt eine gute Nachricht für alle Sportfreunde. Zur Zeit der monetären Festspiele von Joseph S. Blatter und Co. gab es die tägliche WM-Presseschau von sportspool.tv mit feinen Zwischentönen.

             Wien - Cafe Central 4

              © Rainer Sturm: Pixelio

Erfreulicherweise gibt es keine Sommerpause. Der unabhängige Online-Dienst von Fred Kowasch powert weiter.

,,Nachdem unsere WM-Presseschau auf so großes Interesse gestoßen ist, haben wir uns entschlossen, diese Sache fortzusetzen. Jeden Morgen gibt es einen Überblick über die Sportgeschichten aus dem Netz. Bissig und zuweilen unfair kommentiert, aber immer frisch und unabhängig. Wir wollen euch Gerüchte und Originalquellen nicht vorenthalten, einen Einblick in den Dunstkreis des Spitzen- und Breitensportes geben.“

Wenn es die tägliche Presseschau von sportspool.tv nicht schon gäbe, müsste sie erfunden werden.

Nicht ganz so medial im Bühnenlicht der deutschen Presse steht meistens das Königliche Spiel Schach. Zur Zeit läuft ja das Sparkassen-Chess Meeting in Dortmund und am Donnerstag, den 22. Juli, eröffnet Exweltmeister Anatoli Karpow die 7. Runde. Anschließend gibt der Schachchampion aus der Nach-Bobby Fischer Ära eine Pressekonferenz im Rathauscafe.