Richard Stihler bereitet Gipfelangriff auf den Mount Everest vor

Nach der Drängelei im Mount Everest Basislager erlebte Richard Stihler jetzt Russisch Roulette im Khumbu-Eisfall, wie der Bergsteiger in seinem Tagebuch in der Badische Zeitung mitteilt. Das Glück ist auf seiner Seite:

,,Während wir unseren zweiten Tag im Hochlager verbringen rauscht eine riesige Lawine über den Eisbruch, den wir durchstiegen haben. Wie durch ein Wunder wurde nur eine Person verletzt. Erst im Abstieg sehen wir, dass es genau an der Stelle passiert war, an der wir tags zuvor mit viel Gottvertrauen durchgerast waren. Glück gehabt…“

Richard Stihler will den Gipfelangriff auf den Mount Everest in ca. 14 Tagen in Angriff nehmen. Lob bekommt auch sein Partner Pasang. Der Buddhist ist bereit für Gespräche. Stihler teilt mit ihm auch die Handgriffe sowie das Expeditionsgepäck.

Hier am Bodensee kletterte das Thermometer ja die letzten Tage bereits bis zu angenehmen vorsommerlichen 28 Grad. Bergsteiger Stihler hat Nachts 48 Grad Celsius weniger zur Verfügung. Tief durchatmen. Minus 20 Grad sind heftig. Einen warmen Schlafsack hin oder her. Es fröstelt mich bei dem Gedanken hier an der Tastatur. Nein, ich bin froh ein verweichlichter Zivilist zu sein.

Andererseits die Umsätze der Outdoor- Branche belegen es, die vollen Hallen bei den Vorträgen von Reinhold Messner oder die gut gehenden Buchhandlungen mit den Büchern über Bergexpeditionen, wie in Oberstdorf von mir selber gesehen und erlebt, lassen auf eine in uns schlummernde Sehnsucht nach Abenteuer schließen.

Zahlen, Daten, Fakten gibt es über die Outdoor-Branche viele. Hans Sedlmaier schrieb vor rund einem Jahr auf focus online:

,,Ein Milliardenmarkt ist die Branche in jedem Fall, auch wenn „nur“ Funktionsbekleidung, Sport- und Bergschuhe sowie Rucksäcke, Zelte und Zubehör betrachtet werden: Seit 2005 haben die Hersteller ihren Umsatz europaweit nach Angaben des Branchenverbands European Outdoor Group jährlich um drei Prozent auf zuletzt über sechs Milliarden Euro gesteigert. Weltweit soll Outdoor etwa 50 Milliarden Euro umsetzen.“

Reinhold Messner hat seine Expeditionen immer wieder erfolgreich vermarktet. Buchform, Vorträge oder seine einzigartige Zusammenstellung der Museen. Sein Talent der Vermarktung hat die Outdoor-Branche ebenfalls. Mittlerweile tragen viele Städter Funktionskleidung von Jack Wolfskin, Salewa, Vaude oder Mammut in den innerstädtischen City-Lagen bei ganz und gar unspektakulären Tätigkeiten wie Einkaufen, bummeln oder mit der Liebsten einen Kaffee trinken gehen.
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Richard Stihler wird dies momentan alles weniger tangieren. Für ihn steht die Priorität Gipfelanstieg auf den Mount Everest an.  Dafür viel Kraft, das nötige Glück und stabiles Wetter.

Drängelei im Mount Everest Basislager

Nein, Stille und Abgeschiedenheit meint sicherlich etwas anderes. Im Mount Everest Basislager gibt es eine Drängelei wie einst auf überfüllten Campingplätzen an der Ostsee. Der Bergsteiger Richard Stihler aus Lahr ist auf dem Weg zum sagenumwobenen Gipfel des Mount Everest. Von seiner Expedition berichtet er kontinuierlich in der Badische Zeitung:

,,Was ich am nächsten Morgen sehe, beeindruckt und schaudert mich zugleich: Vor mir liegt eine riesige Zeltstadt inmitten einer Gerölllandschaft mit geschätzt 1500(!) Zelten. Um vom ersten bis zum letzten Lager zu kommen, benötigt man fast eine Stunde. Sprachengewirr wechselt sich mit einer Vielzahl von Gerüchen zwischen leckerem Essen und Fäkaliengestank ab.“

1500 Zelte. Wahnsinn. In den Zentralen der Outdoor Branche mit dem Produktionssortiment Zelt müssten eigentlich die Sektkorken knallen. Der Bedarf scheint keine Wachstumsgrenzen zu kennen. Naturschützer müssen an der Stelle aber sicherlich mehr wie eine Sorgenfalte auf der Stirn haben. Wikipedia verweist auf die Problematik vom Massentourismus am Mount Everest:

,,Ein weiteres Problem dieser Art von „Tourismus“ ist, dass die Umweltverschmutzung der Lager durch Müll (Zelte, Sauerstoffflaschen, Speisereste, Dosen und Medikamente) rapide zugenommen hat. Der Südsattel wurde schon als „höchste Müllkippe der Erde“ tituliert. Mittlerweile wird von administrativer Seite verstärkt versucht, diese Begleiterscheinungen zu reduzieren. Jede Expedition muss ein Müllpfand hinterlegen, das nur zurückbezahlt wird, wenn die gesamte Ausrüstung und sogar die Fäkalien aus dem Basislager wieder abtransportiert werden. Zudem werden in regelmäßigen Abständen Expeditionen ausgerichtet, die Müll aus den Hochlagern vom Berg herunterholen.“

Gut klingt dies alles nicht. Trotzdem ist der Mythos Mount Everest offenbar ungebrochen. Der mit 8848 Metern über dem Meeresspiegel höchste Gipfel der Welt zieht weiter Jahr für Jahr magisch die Massen an. Expeditionen werden wie am Fließband zusammengestellt, es werden keine monetären Kosten gescheut von ehrgeizigen Erstbesteigern mit nötigem Kleingeld. Dabei greift das Klischee – Millionär lässt sich zum Gipfel tragen – sicherlich zu kurz.

Es gibt unendliche leidvolle Geschichten. Der Berg kennt keine Gnade. Auch im Basislager gibt es Tragödien. Richard Stihler berichtet so im obig verlinkten Beitrag in der Badische Zeitung von einem aktuellen Todesfall eines Sherpas durch Alkoholexzess. Andererseits kann auch Stihler sich der Faszination der Bergkulisse nicht entziehen. Die Karawane zieht weiter.

PS: Der Hat Tip geht an Stefan Nestler vom Blog Abenteuer Sport.