Pressespiegel zur Entscheidung Olympia 2018

Das geplante Wintermärchen in München 2018 fällt aus. Die Südkoreanische Stadt Pyeongchang vereint in Durban im ersten Wahlgang geschmeidige 63 Stimmen. Die bayrische Landeshauptstadt kommt auf zarte 25 Wahlstimmen und Frankreichs Bewerber Annecy landet mit notierten 7 Stimmen auf Platz 3.

München weint. Die Südkoreaner jubeln nach den vorangegangenen Niederlagen gegen Vancouver (2010) und Sotschi (2014).

Ein kleiner Blick in den Pressespiegel zur Entscheidung über Olympia 2018:

Das Deutsche Dilemma mit den Bewerbungen um die monetären Spiele unter der Schirmherrschaft der Ringe. Kurz und schmerzlos fasst es der Tagesspiegel im Einleitungstext seines Artikels Olympia in Korea: Fern der Wurzeln zusammen:

,,Die Auswahl der Olympischen Spiele ist ein Wettbewerb zwischen mehreren Kandidaten, und am Ende verlieren immer die Deutschen. Wie Berlin um die Sommerspiele 2000, Leipzig um die Sommerspiele 2012 und jetzt München um die Winterspiele 2018. Man hat sich schon daran gewöhnt, dass bei Abstimmungen um sportliche Großereignisse prinzipiell nicht der Beste gewinnt.“

Welt Online erinnert im Artikel Olympia 2018 in Südkorea, München chancenlos an die letzten Versuche am Tag der Entscheidung das Ruder doch noch herumzureissen: 

,,Bei den Münchnern herrschte Enttäuschung. Dabei hatte der Tag so gut begonnen. Alle drei Bewerberstädte konnten sich noch einmal vorstellen. „Schenken Sie uns Ihr Vertrauen für die Olympischen Winterspiele 2018“, sagte Bundespräsident Christian Wulff und versprach „fröhliche, emotionale und enthusiastische“ Winterspiele. Von der ersten Sekunde der 45-Minuten-Vorstellung an appellierten die Münchner an die Gefühle und die Vernunft der 95 abstimmenden IOC-Mitglieder.“

Auf sueddeutsche.de wird ein Kommentar von Ulrich Schäfer unter dem Titel Gold für den Kommerz vielleicht für ein Stirnrunzeln bei den Südkoreanern und dem einen oder anderen Bundesbürger sorgen. Er bescheinigt Pyeongchang den Charme einer Nicht-Wintersport-Stadt:

,,Und dort ein asiatischer Skiort aus der Retorte, dessen Straßen so heimelig sind wie ein mittelprächtiges Einkaufszentrum; ein Ort, dessen Pisten für Olympia aus dem Boden gestampft wurden, weil im Umkreis von zwei Flugstunden angeblich eine Milliarde Menschen darauf warten, das tun zu können, was die Europäer seit Jahrzehnten machen: Ski fahren.“

Thomas Kistner berichtet aus Durban auf sueddeutsche.de und titelt Mit Hammer und Charme und meint damit die Auftritte von SPD-Parteigenosse Ude, derzeit Oberbürgermeister von München, und der einstigen Eiskunstlaufqueen Katarina Witt am Wahltag:

,,Dann sprach Katarina Witt, im engen schwarzen Kleid, die Haare hochgesteckt, ihren Vortrag beschloss Willy Rehm, ein Garmischer Olympiafreund, der sich im Saal erhob und zu jodeln begann. Filmisch führte Witt durchs verschneite München, ein hochgelaunter Oberbürgermeister Christian Ude zeigte allen, wo der Hammer hängt: Er zog den Schlegel hervor, mit dem er „alljährlich ein kleines Fest, das wir Oktoberfest nennen“, anzapft – und lud zur Siegfeier am Abend ein. Diese fiel aus, gefeiert wurde nur bei den Koreanern.“

Das Hamburger Abendblatt hat unter dem Titel Pyeongchang jubelt, München weint: Reaktionen auf die Entscheidung Stimmen von Dr. Thomas Bach, Martin Zeil, Horst Seehofer, Felix Neureuther und Axel Doering zusammengefasst. Letzterer war ob der klaren Niederlage der deutschen Bewerbung nicht traurig:

,,Axel Doering (Mitinitiator des Garmischer Bürgerbegehrens gegen Olympia): „Der Kelch ist an uns vorübergegangen. Ich bin froh, dass die Entscheidung so gefallen ist. Garmisch-Partenkirchen hat in Wirklichkeit gewonnen. Ich gratuliere Pyeongchang. Dieser Sieg ist allerdings ein zweischneidiges Schwert. Nun ist Pyeongchang in den Fängen des IOC.“

Die FAZ mit Evi Simeoni (in Durban vor Ort) titelt Das IOC sagt nein zu Deutschland und verweist im Einleitungstext auf die humorvolle südkoreanische Ader:

,,Sogar den größten Lacher hat Pyeongchang geerntet. Das war, als Yong Sung-park, der Präsident des koreanischen Olympischen Komitees, sich vom Rednerpult aus an den Flitterwöchner Fürst Albert von Monaco wandte. „Tut mir leid, dass Sie sich ausgerechnet in ihrem Honeymoon zum dritten Mal eine Präsentation von Pyeongchang ansehen müssen“, sagte er.“

Das Handelsblatt titelt Keine Atempause für das Geschäft mit Olympia und sieht Südkorea auch als Nutznießer der Jagd nach neuen Absatzmärkten beim Geschäft mit den Spielen unter den Ringen. Es wird aber auch ein Blick auf die Bewerbergesellschaft München geworfen:

,,Der Bewerbergesellschaft Münchens ist kaum ein Vorwurf zu machen, dass es jetzt nicht geklappt hat. Der Start verlief zwar holprig. Die Sponsorensuche verlief mühsam, der Protest der Grundstückseigentümer wurde unterschätzt. Doch das Team um Bewerbungs-Chefin Kati Witt und IOC-Vize Thomas Bach steigerte sich. Am Ende war es eine professionelle Bewerbung mit Charme, keine Pleite wie frühere Olympiabewerbungen von Berlin und Leipzig.“

Zum Ende der kleinen Rundschau in den Pressespiegel kommt noch eine Protagonistin der deutschen Bewerbung zu Wort. Bild.de titelt Kati Witt weint bittere Tränen und lässt die Einskunstläuferin und einsatzstarke Frontfrau der Bewerbung von München zu Wort kommen:

„Klar, dass man jetzt sehr enttäuscht ist, vor allem nach unserer Präsentation, zu der uns viele IOC-Mitglieder gratuliert haben. Aber wahrscheinlich ist die Entscheidung ja wirklich schon vorher gefallen und wir haben es einfach nicht mehr rumreißen können. Im Moment fehlen mir einfach ein bisschen die Worte.”

Pressespiegel zur Fußball-WM 2018 und 2022: FIFA vergibt WM erstmals nach Russland und Katar

Meine ersten Erinnerungen an den russischen Fußball rühren von Erzählungen meines Vaters, meines Onkels und Opas bei Geburtstagsfeiern. Es fiel dabei immer ein Name. Lew Jaschin. Ein Weltklassetorwart. Der schwarze Panther.

Einst sagte Bayern München Torwart Sepp Maier, Weltmeister von 1974, über sein Vorbild Lew Jaschin: 

„Ich klebte damals, als Kind, oft an der Schwarzweißmattscheibe und beobachtete ihn wie gebannt. Sein Verhalten war einzigartig im Fußball und der Grund dafür, dass ich Torwart geworden bin.“

Die Niederländer um Johan Cruyff werden sich noch nachträglich bedanken. In der 2. Halbzeit in München brachte Maier die Mannschaft unseres Nachbarlandes förmlich zur Verzweiflung. Jaschin selber blieb ein Weltmeistertitel verwehrt. Ein paar Sequenzen von Lew Jaschin gibt es hier:

Doch zurück zur Neuzeit. Der 2. Dezember 2010 wird in die russischen Geschichtsbücher des Fußballs eingehen. Den Zuschlag für die WM 2018 erhielt Russland. In der Süddeutschen Zeitung befinden die Sportjournalisten Kistner und Kneer in Ihrem Artikel FIFA: WM-Vergabe Sepp Blatters doppeltes Spiel:

,,Für Blatter war die Veranstaltung eine Flucht nach vorne: Mal wieder von diversen Affären belastet, ist ihm nach innen ein bemerkenswerter Befreiungsschlag gelungen. Mit der Kür Russlands sicherte er sich ein üppiges Stimmenpaket, das er dringend braucht, wenn er sich im Mai 2011 zur Wiederwahl stellt. Knapp zwei Dutzend Voten aus Osteuropa und den ehemaligen Sowjetrepubliken könnte ihm Putins legendärer Einfluss auf die Sportwelt bescheren.“

Putin hatte bereits die Olympischen Winterspiele 2014 an Land gezogen. Neben Russland für 2018 erhielt Katar den Zuschlag für 2022. Beim Thema Fußball und Katar kann ich mit keiner kleinen Episode aus den Erinnerungen an die Familienfeiern dienen. C.Sydow schreibt auf dem Blog Naher und Mittlerer Osten:

,,Schon in den Tagen vor der FIFA-Entscheidung hatte sich angedeutet, dass die Bewerbung vom Golf das Rennen machen würde. Bei den englischen Buchmachern avancierte Katar in der letzten Woche zum klaren Favoriten und ließ die hochgehandelten Amerikaner weit hinter sich. Auch die einheimische Presse zeigte sich vorsichtig optimistisch. »Tag der Entscheidung und des Sieges für Katar, so Gott will!«, titelte das Blatt al-Rayah am Donnerstag. Die Konkurrenz von al-Watan verwies auf Pressestimmen aus aller Welt, die Katar die beste aller Bewerbungspräsentationen bescheinigten.“
Zur Vergabe gibt es eine Reihe von kritischen Stimmen. Die Deutsche Welle schreibt unter dem Titel Farce um FIFA-WM-Vergabe:
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,,Die Freude ist riesig in Russland und Katar. Beide Länder haben von der FIFA den Zuschlag für die Weltmeisterschaften 2018 bzw. 2022 erhalten und dürfen nun am Milliarden-Geschäft Fußball-WM partizipieren. Großer Verlierer ist hingegen der Fußball-Weltverband. Er hat in den vergangenen Tagen einen enormen Imageverlust erlitten. Transparenz und Glaubwürdigkeit blieben rund um die skandalträchtige Wahl der FIFA-Exekutive, der Fußball-Weltregierung sozusagen, auf der Strecke.“

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Roland Zorn nimmt sich in der FAZ des Themas Kühlbox im Wüstensand an und widmet sich dem uralten Thema der Beziehungspflege:
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,,Neun Arenen werden bis 2022 aus dem Wüstensand gestampft sein; dazu möchten die Organisatoren die WM-Arenen, die WM-Trainingsplätze und die Fanzonen klimatisieren. Am Geld dazu fehlt es nicht, wohl aber am Glauben, dass ein kleines Land wie Qatar sich in eine einzige Kühlbox verwandeln und ein Riesensportereignis wie eine WM stemmen kann. Da Fifa-Vizepräsident Mohamed Bin Hammam zu den einflussreichsten Fußballfunktionären der Welt zählt und als jemand gilt, der auch auf Blatter mächtig einwirkt, haftet dieser Wahl nach einer Woche der Korruptionsaffären auch noch ein Hautgout der besonderen Art an.“

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Spiegel Online hat unter anderen Reaktionen von Regierungschef Putin, Katars Staatsoberhaupt  Mohammad bin Hamad al-Thani, Australiens Premierministerin Julia Gillard, Prinz William, David Beckham, Barack Obama, Oliver Bierhoff, Theo Zwanziger gesammelt. Hier geht es zu den Stimmen.
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Was bei der Stimmensammlung von Spiegel Online auffällt: Amerikas Präsident ist kein guter Verlierer. Obama musste nach der Niederlage voriges Jahr in Kopenhagen in Sachen Olympische Spiele eine weitere sportpolitische Verlustaktion bei der Bewerbung um ein Großereignis hinnehmen. Ein wenig mehr Gelassenheit und Fair Play wäre wünschenswert.
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Pressespiegel WM zum Spiel Deutschland – Argentinien

Hat Übungsleiter Löw bereits ein Glückwunschtelegramm des Dankes an Louis van Gaal und Hermann Gerland gesandt? Aber was war bitte mit den Argentiniern los? Nach dem 0:1 in der 3. Minute verfallen sie in eine Melancholie und kommen aus der Nummer nicht wieder raus. Die deutschen Fußballer spielen Fußball für die kleinen Geschichtsbücher. Das erreichen der letzten Vier ist nicht spektakulär in der deutschen Fußballhistorie. Das Halbfinale erreichten auch die Löw Vorgänger Klinsmann und Völler. Letzteren gelang mit einer fußballerisch limitierten Elf sowie den zwei Recken Kahn und Ballack der Einzug ins Finale. Die Art und Weise des Fußballspiels und der auch in dieser Höhe verdiente 4:0 Sieg gegen Argentinien sind jedoch spektakulär zu nennen. Joachim Löw kann also Geschichte schreiben. 

Ein kleiner Blick in den Pressespiegel. 

Die Süddeutsche Zeitung titelt Von Kätzchen zu Löwen und verweist auf die Lahm Aussage vor dem Turnier:

,,Viele belächelten den Kapitän Philipp Lahm, als er im Vorfeld der Südafrika-Reise die Mannschaft als beste gepriesen hatte, in der er je gespielt habe. Wer will ihm jetzt noch widersprechen? Hat er geahnt, dass Arne Friedrich sich in die Reihe der zähsten deutschen Verteidiger spielt? Dass Bastian Schweinsteiger sich zum König des Mittelfelds krönt, Sami Khedira endlose Lauferei mit gescheiten Pässen verbindet, Mesut Özil das feinste Füßchen der WM hat, Thomas Müller den neuen Spielertypen des freigeistigen Räumesuchers erfindet? Dass Lukas Podolski und Miroslav Klose sich abermals von Bundesliga-Kätzchen in Nationalmannschafts-Löwen verwandeln?“

Michael Horeni in der FAZ verweist auf die nicht vorhersehbare Entwicklung der Mannschaft, die schwere Kunst der Prognose und titelt Ein Team zum Träumen:

,,Fußball-Deuschland steht kopf: Wer vor drei Wochen behauptet hätte, Deutschland erreicht das Halbfinale der Fußball-Weltmeisterschaft und nimmt dabei erst die Engländer 4:1 im Achtelfinale auseinander und dann im Viertelfinale die Argentinier mit 4:0 – und der überragende Innenverteidiger Arne Friedrich erzielt dabei den dritten und den Argentiniern den letzten Nerv raubenden Treffer, der wäre in Deutschland als blutiger Fußball-Laie verlacht worden. Oder er hätte im Wettbüro ein Vermögen verdient.“

Die Welt Online erinnert an die junge Mannschaft und die Teilnahme einiger Spieler an der Junioren Europameisterschaft im vergangenen Jahr und titelt Der Titel ist für Deutschland zum Greifen nah:

,,Es fällt schwer daran zu glauben, dass diese Mannschaft zu großen Teilen noch vor einem Jahr bei der Junioren-Europameisterschaft kickte. Sie hat sich im Laufe des Turniers gefunden, sie lebt nicht mehr von ihrer jugendlichen Leichtigkeit. Wer vier Tore gegen England schießt und vier gegen Argentinien nachlegt, der besitzt mehr als nur Euphorie, der besitzt eine außergewöhnliche Klasse und damit die Möglichkeit, einen großen Titel zu gewinnen.“ 

Spiegel Online verweist auf den Anteil von Übungsleiter Joachim Löw am Erfolg gegen Argentinien und titelt Besser geht´s nicht – oder doch?:

,,Der Bundestrainer trägt seinen Anteil am Erfolg. Löw hat wie schon gegen England aus einem Berg Daten, zusammengestellt von Chefscout Urs Siegenthaler, die wichtigsten Erkenntnisse extrahiert und dem Team mitgegeben. Vor allem die, dass Argentinien eine zweigeteilte Mannschaft ist mit fünf Defensiven, die wenig nach vorn machen. Und fünf Offensiven, die ungern nach hinten arbeiten. Entstanden vorne Ballverluste, gab es in der Mitte Lücken – und die wurden laut Löw verblüffend gut genutzt: „Wie wir die Argentinier mit Tempogegenstößen ausgehebelt haben, das war schon beeindruckend.“

Pressespiegel WM zum Spiel Deutschland – Ghana

Ein schmuckloser Arbeitssieg von Übungsleiter Löw und seiner Truppe gegen die Fußballer aus Ghana verhindern das Ärgste. Spox bringt die Einzelkritik der Spieler und titelt Friedrich stark, Mertesacker ganz schwach.

Zeit Online im WM-Blog schreibt über einen etwaigen deutschen Weg für Ghana und freut sich auf das eventuelle Duell vom Elfmeterpunkt der Löw-Elf mit der Mannschaft von Capello.

,,Endlich: Eine afrikanische Mannschaft qualifiziert sich fürs Achtelfinale, trifft dort als Gruppenzweiter auf die USA, im möglichen Viertelfinale auf den Sieger aus Uruguay und Südkorea. Nennen wir es „The German way“. Serbien nach dem 1:2 gegen Australien raus, hat Punkte nur gegen Deutschland geholt.“

Der deutsche Weg sieht diesmal für die DFB-Elf im Achtelfinale England vor. Vorfreude ist die schönste Freude.

,,Wir Deutsche freuen uns auf ein Elfmeterschießen. Und hoffen auf eine Relöwisierung des deutschen Spielstils.“

Spiegel Online schaut auf die personelle Änderung von Löw in der Startformation und befindet:

,,Löw hatte vor dem Anpfiff gegen Ghana eine Überraschung parat: Jérôme Boateng lief links in der Viererkette für den gegen Serbien schwachen Holger Badstuber auf – und traf damit auf seinen Halbbruder Kevin-Prince, der in Ghanas Startaufstellung stand. (Um es gleich zu sagen: Der DFB-Boateng spielte gegen Ghana noch schlechter als Badstuber bei der 0:1-Niederlage gegen Serbien.)“

Kai Pahl auf allesaussersport fasst nach seinem Live-Blogging die Situation in seinem unnachahmlichen Stil zusammen und vermisst Plan B bei der deutschen Mannschaft.

,,Beängstigend: eine Eindimensionalität im Spiel. Die Jungs sind nicht in der Lage sich einen Plan B zu erarbeiten – wie auch, wenn auch vom Trainingsstab kein Plan B kommt. Das war heute eigentlich der gleiche Stiefel wie gegen Australien und gegen Serbien gespielt, trotz anderem Gegner und anderem Personal. Nach 60 Minuten kam mit der Auswechslung von Müller gegen Trochowski eine leichte Variante rein. Aber Sorgen mache ich mir um den Sturm. Die Stürmer, egal ob Klose oder Cacau, weichen mir zu sehr zu sehr auf die Flügel aus, ohne das jemand im Zentrum nachstößt – am ehesten Khedira.“

Jens Weinreich ist live vor Ort in Johannesburg dabei gewesen und gesteht in seinem Blog einen Irrtum ein:

,,Und ich Trottel habe immer gedacht, ich müsste solche deutschen WM-Spiele nicht mehr erleben. Das ist im Stadion noch viel schlimmer.“

Roland Zorn schreibt auf der Online Seite der FAZ über eine austrudelnde Partie und gesteht ihr keinen Platz in der Ruhmeshalle zu:

,,Da die Ghanaer wenig später auch mitbekommen hatten, dass im zweiten Spiel der Gruppe D Australien gegen Serbien führte und gewann, ließen sie es nun auch langsamer angehen. Und so trudelte eine Partie aus, die auch im Rückblick sicher nicht zu den denkwürdigen Begegnungen dieser WM gehören wird. Immerhin: Beide hatten ihr Ziel erreicht, und nur das zählte an diesem Mittwoch im Soccer City Stadium.“

Christian Zaschke titelt in der Süddeutschen Zeitung Özil entscheidet Zitterpartie und meint:

,,Es entwickelte sich allerdings keineswegs eine durchweg hitzige Partie, sondern eine phasenweise so erstaunlich langsam geführte, dass die Zuschauer im Stadion von dem Verdacht beschlichen wurden, die Super-Zeitlupe habe sich der Realität bemächtigt. Dieser Eindruck verstärkte sich, weil manche Szenen sehr wohl in normalem Tempo gespielt wurden.“

Hinz und Kunz über die ersten Tage der WM

Hinz: Hallo Kunz. Ich freu mich auf den Plausch mit Dir.

Kunz: Grüß Dich Hinz. Herr Ober, bitte zwei Kaffee und ein Glas Wasser. Danke.

Hinz: Was war gestern denn mit Katrin Müller-Hohenstein los? Ihr Spruch vom ,,inneren Reichsparteitag“ macht ja die große Runde?

Kunz: Leg nicht jedes Wort auf die Goldwaage. Jetzt hat sie natürlich einen Imageschaden. Gib Katrin Müller-Hohenstein in den Google Sehschlitz ein und Du bekommst Lesestoff bis zum abwinken. Stefan Niggemeier hat es auf seinem Blog unter Ein innerer Reichsparteitag zusammengefasst. Mich selber stört eigentlich mehr die nicht vorhandene tiefe Sportkompetenz. Sie hat mich noch nie überzeugt. Als sportinteressierter Mensch erwarte ich da einfach mehr.

Hinz: Ich möchte aber noch einmal einhaken. Ich habe nämlich auch den Artikel vom Fußballmagazin 11Freunde gelesen. Dort heißt es:

,,Kurze Geschichtsstunde: Als Reichsparteitage wurden in den zwanziger und dreißiger Jahren die Zusammenkünfte der NSDAP bezeichnet. Heute dient die Redewendung allenfalls noch als Standardvokabular an der Thor-Steinar-Ladentheke oder in Kneipen mit Namen wie »Zum goldenen Adler« oder »Das eiserne Kreuz«. Was haben wir gelacht. Vielleicht sogar noch hinter den Kulissen von grenzdebilen Volksmusiksendungen. Mit inneren Magenschmerzen sei also die Frage erlaubt: Keine Lust mehr auf Südafrika, Frau Müller-Hohenstein?“

Kunz: Unser Kaffee kommt. Danke Herr Ober. Katrin Müller-Hohenstein hat da unbewußt eine Lawine losgetreten. Gefundenes Fressen für die Medien. Fast jeder hatte einen Zwischenruf. Manfred Bleskin schreibt in seinem Zwischenruf auf n-tv:

Um es vorweg zu schicken: Natürlich ist die ZDF-Moderatorin Katrin Müller-Hohenstein keine Anhängerin der Nazis. Eine studierte Theaterwissenschaftlerin sollte aber wissen, dass es sich bei „Reichsparteitagen“ um Propagandainszenierungen handelte, welche die Deutschen und das Ausland auf Mord, Totschlag und Raubkrieg vorbereiten halfen.

Ich selber verwende oft die Redewendung – Das ist ein innerer Vorbeimarsch – und will damit Freude ausdrücken und hege in dem Augenblick keinerlei Gedanken an die unsägliche Zeit des Nationalsozialismus zwischen1933 und 1945.

Ich würde also die Empörung über die Halbzeitworte von Katrin Müller-Hohenstein nicht  1:1 teilen wollen. 

Ein Verlängerter in Wien

© Rainer Sturm: Pixelio 

Hinz: Authentische Entschuldigungsworte von KMH bei der nächsten Duo Plauderei mit Oliver Kahn wünsche ich mir trotzdem. Wollen wir auch noch ein wenig über Fußball sprechen?

Kunz:  Ja, bis jetzt sind wir noch nicht mal zum Anpfiff gekommen.

Hinz: Was sagst Du zu den ersten Partien?

Kunz: Viel Geplänkel. Kennen wir beide ja von vielen Turnieren. Kannst Du Dich noch an 1982 und die Vorrunde der Italiener erinnern?

Hinz: Ja. Italien gegen Polen 0:0. Gegen Peru 1:1 und gegen Kamerun 1:1. Sie qualifizierten sich ohne Sieg für die 2. Finalrunde.

Kunz: Richtig. Und dann sind sie förmlich explodiert. Nach den gestrigen Erfahrungen der ZDF Halbzeitworte sage ich jetzt lieber – sie haben sich erheblich gesteigert – und besiegen Argentinien 2:1 und Brasilien mit 3:2. Fabelhafter Paolo Rossi trifft dreimal.   Später werden sie Weltmeister. Das wäre nicht nötig gewesen. Nicht bei dem Finalgegner. Die WM fängt eigentlich erst richtig nach der Vorrunde an.

Hinz: Deutschland schlägt zahme und erschreckend schwache Australier. England hat weiter ein Torwartproblem. Messi kontaktet fast bei jedem argentinischen Angriff den Ball. Ghana schlägt Serbien. Slowenien gewinnt gegen Algerien. Südafrika und Mexico trennen sich Unentschieden. Hatten wir ja bei Eröffnungsspielen öfters. Frankreich enttäuscht gegen Uruguay beim torlosen Remis. Die Niederlande gewinnen gegen Dänemark 2:0. Dein erster Eindruck vom Turnier? 

Kunz: Das Turnier ist noch lang. Spannend werden die ersten Auftritte von Brasilien und Spanien. So richtig heiß wird es bei den K.o. Spielen werden. Bis dahin haben wir viel Zeit. Am Ende werden Argentinien, Brasilien und Spanien den Titel unter sich ausmachen.

Hinz: Gibt es denn von Dir ein paar Tipps im Netz für mich?

Kunz: Unbedingt öfters bei Kai Pahl auf allesaussersport vorbeischauen. Sein WM2010-Grundrauschen ist im deutschsprachigen Raum im Netz vielleicht das Beste was es momentan gibt. Seine Mischung zwischen Sportkompetenz und Entertainment ist einfach genial.

Hinz: Was empfiehlst Du noch?

Kunz: Im Stile eines rasenden Reporters ist Jens Weinreich in Südafrika vor Ort. Er berichtet über die Weltmeisterschaft und die Parallelwelt der FIFA. Er legt auch eine ambitionierte Zeitnorm für sich fest: 24/7 und das fünf Wochen am Stück. Respekt.

Hinz: Ich werde heute die Rechnung für den Kaffee übernehmen. Gibt es noch einen dritten Lesetipp. So eine Art Pressespiegel auf den Instant-Blick.

Kunz: Gemach, gemach. Eine Presseschau für den kritischen Fußballfreund gibt es bei indirekter-freistoss.  So, Hinz ich muss und will weiter. Danke für die Übernahme der Rechnung. Du agierst da in letzter Zeit offensiver. Ich wünsche Dir bis zum nächsten Mal eine gute Zeit.