Verstecken ist nicht. Joachim Löw steht immer im Blickpunkt der medialen Öffentlichkeit. Da wird jeder Auftritt mit Argusaugen von der Presse verfolgt und genüßlich dem Publikum serviert. Der Focus Ausgabe 34/10 schrieb im Artikel Die neuen Hippies über den wieder auferstandenen Flower-Power-Look der 60er Jahre.
,,Und auf Sylt lud gerade Investor Clemens Vedder rund 300 bunt Verkleidete zu einer Hippie-Sommersause ein, die sich auch Fußball-Bundestrainer Jogi Löw nicht entgehen ließ. Der kam freilich im zivilen Karohemd ohne Blümchenkette.“
Apropos Kleiderordnung. Was macht eigentlich der blaue Pulli von Übungsleiter Löw? Hat das Bekleidungsteil schon den Weg ins Sportmuseum in Köln gefunden?
Nach dem Arbeitssieg gegen Belgien sind jetzt die Motivationskünste von Löw gefragt. Ein Spiel gegen Aserbaidschan ist so pricklend wie eine 2 Tage alte offengelassene Sektflasche ohne Kohlensäure. Berti Voigts war der letzte deutsche Trainer der einen Titel mit der Nationalmannschaft holte. 1996 die Europameisterschaft. Jetzt trainiert er Aserbaidschan und offenbart mit liebenswürdiger Offenheit im Spiegel-Interview.
,,Fußball ist nach wie vor eine Randsportart. Die Sportart Nummer eins in Aserbaidschan ist Schach. Garri Kasparow (Weltmeister von 1985 bis 2000, Anm. d. R.) ist schließlich Aserbaidschaner. Danach kommen Ringen und Gewichtheben.“
Berti Voigts hat Joachim Löw einen Titel mit der deutschen Nationalelf voraus. Nach der Übernahme des Trainerstabs von Klinsmann im Sommer 2006 gab Löw auf der Pressekonferenz am 12.07.06 folgendes Ziel aus:
,,Wir wollen junge Spieler heranführen, eine erfolgreiche Qualifikation spielen und 2008 Europameister werden.“
Der Ausgang der Geschichte ist bekannt. Übungsleiter Löw hat es nicht einfach. Ein Trainer wird an Titeln gemessen. Kleidungsordnung hin oder her.
Maradona war ein 100-Megawatt-Kraftwerk mit Sicherungen für zwei bis drei Hof-Laternen. Verrückt ist er nicht – aber die Tassen in seinem Schrank werden weniger. Zuerst zu einem magischen Moment in der Laufbahn von Diego Maradona.
Rückblick. Ich sehe es sofort wieder vor mir. Sommer. Fußball-WM in Mexiko. Wir schreiben den 22. Juni 1986. Mexiko-City. Das ausverkaufte Aztekenstadion. Im WM Viertelfinale trifft Argentinien auf England. Durch ein unglaubliches Tor mit der Hand Gottes bringt Diego Armando Maradona seine Mannschaft mit 1:0 in Führung. Dann erlebt die Fußballwelt im Hexenkessel die spektakuläre 54. Minute. Hector Enrique spielt einen präzisen Pass auf Maradona. Er nimmt den Ball in der eigenen Spielhälfte an. Mit Ball am Fuß und einer bewunderswerten Leichtigkeit und Zielstrebigkeit läuft Diego in Richtung Shilton Tor. Auf einer Distanz von 60 Metern umkurvt Maradona englische Spieler reihenweise, wie Maria Riesch die Slalomstangen in Vancouver. Die ersten die auf englischer Seite dran glauben müssen sind Glen Hoddle, Peter Reid, Kevin Sansom. Später folgen Terry Butcher sowie Terry Fenwick. Die englischen Fußballer sind Statisten in einem der historisch schillerndsten Augenblicke der Fußballgeschichte. Diego Maradona hat noch einen vor sich. Den englischen Keeper Peter Shilton. Er läßt den Torwart aussteigen und schießt den Ball zum entscheidenden 2:0 für die argentinische Mannschaft ins Tor. Ein Jahrhunderttor.
Diego Maradona hat als Spieler auf dem Feld alles an Fertigkeiten gehabt. Ein genialer Zauberer. Diego Maradona ist jedoch auch der unberechenbare Mann außerhalb des Platzes. Im richtigen Leben gab es sehr oft entsetzliche Fehltritte und intensive Zweifel an seiner Persönlichkeit. Da sind die Schüsse auf Journalisten mit einer Schrotflinte oder der Dopingskandal bei der WM 94, die Magenverkleinerung und die unsäglichen Bilder mit Fidel Castro , Entziehungskuren, Beschimpfung der Medienvertreter in derber Sprache unterhalb der Gürtellinie. Alleine seine Zeit außerhalb des Platzes in Neapel gibt Stoff für mehrere Verfilmungen.
Jetzt ist Diego Maradona Nationaltrainer von Argentinien. Die faz schreibt im Artikel Patron Diego:
,,Dass Maradona überhaupt in dieses Amt gekommen ist, im Oktober 2008, ist eigentlich eine unglaubliche Geschichte. Noch vor vier Jahren war er als größter Fan der Argentinier durch Deutschland gereist. In den Stadien, die er gemeinsam mit seinen Töchtern besuchte, schwenkte er zu den Toren des Teams sein liebstes Accessoire, das Trikot der „Albiceleste“. Es musste ihm wie ein Sommermärchen in Himmelblau-Weiß vorgekommen sein – bis er vor dem Deutschland-Spiel mit ein paar Ordnern aneinandergeriet und grantelnd das Berliner Olympiastadion verließ. Ohne ihren größten Talisman schieden die Argentinier aus.“
Solche Geschichten wären in Deutschland undenkbar. Ich habe noch ein historisches Dokument aus dem Jahr 1982 bei youtube ausgegraben. Diego Maradona war jung und brauchte das Geld.
Maradona ist der emotionalste Coach beim laufenden WM-Turnier. Wir kennen alle noch die Bilder vom Trainerneuling Jürgen Klinsmann an der Seitenlinie 2006. Der begleitende Film von Sönke Wortmann brachte zudem Einblicke in die Power-Motivationssprüche des polyglotten Individualisten Klinsmann in der Kabine. Was für eine Inszenierung. PR in eigener Sache. Über seine Zeit als Vereinstrainer-Novize bei Bayern München schweige ich jetzt lieber. Maradona ist stolz auf seinen Job. In der Süddeutschen Zeitungkommt er im Interview zu Wort:
«Natürlich fühle ich mich, als würde ich das Trikot anziehen und auf den Platz gehen. Es ist großartig, sich wie ein Puzzleteil dieses Teams zu fühlen. Ich bin sehr stolz, diesen Moment teilen zu können. Man hat vorher gesagt, als Coach hätte ich keine Ahnung und keine Ideen. Plötzlich gewinne ich vier Spiele. Aber ich habe mich nicht verändert und ich werde auch morgen derselbe sein. Gewinnen fühlt sich immer großartig an, als Spieler, als Trainer.»
Nach dem Mexiko Spiel verlängerte der Grenzgänger zwischen Genie und Wahnsinn eigenmächtig die Pressekonferenz. Gutes Stichwort. Pressekonferenzen sind ja inzwischen eine besondere Spezialität von Maradona geworden.
Da gibt es den den Videoausschnitt von der Pressekonferenz vom Länderspiel gegen Deutschland und den Fauxpas Diego Maradonas gegenüber Thomas Müller. Da ist er wieder, der eingangs erwähnte Gedanke an Maradona. Verrückt ist er nicht – aber die Tassen in seinem Schrank werden weniger. Der Hat-Tip geht an den Kaisergrantler.
Dem Auftaktsieg gegen die USA vor der Rekordkulisse auf Schalke folgten respektable Ergebnisse der Krupp Männer. Heute winkt im Spiel gegen die Slowakei das Viertelfinale. Nach dem desaströsen und ernüchternden Auftritt in Vancouver ein Lichtstrahl am Horizont. Die Nachhaltigkeit muss jedoch erst noch Ihren Praxistest ablegen. Heute wird 16.00 Uhr nebenan beim Eishockey-Blog live gebloggt.
Bundestrainer Uwe Krupp bringt es bei sport1 auf den Punkt:
„Historisch gesehen, geht es für die deutsche Mannschaft immer um ein Spiel. Die Jungs kennen das. Das ist der rote Faden, der sich durch alle Nationalmannschaften zieht. Wenn du gewinnst, ist alles gut. Wenn du verlierst, ist alles schlecht.“
Rechenschieber und andere mathematische Hilfsmittel können in der Tasche bleiben. Es hilft nur ein Sieg für das Viertelfinale. Spox titelt Tanz mit dem Teufel und bringt noch einen Powersatz von Krupp aus der Pressekonferenz:
,,Ohne Druck wäre ein Diamant nur ein Stück Kohle.“
Viswanathan Anand bat nach seiner strapaziösen Anreise, die einer Odyssee glich, um eine Verschiebung des Schach-WM-Kampfes gegen Topalov um 3 Tage. 1 Tag Verschiebung ist jetzt beschlossene Sache und damit haben wohl alle Seiten ihren Frieden gemacht.
Die Schachwelt hat nicht nur ein interessantes Cover zu bieten…
sondern auch einen WM Schachblog mit den Internationalen Meistern Stefan Löffler und Ilja Schneider auf ihrem Spielplan eingerichtet. Die Schachwelt gönnt sich auch einen WM-Chat 2010. Ich wünsche gutes Gelingen!
Chessdom hat Live von der heutigen Pressekonferenz berichtet und wartet mit einer ausführlichen Fotostrecke auf. Die offizielle Eröffnung geht heute Abend über die Bühne und am 24. April 2010 findet die erste Schachpartie zwischen Viswanathan Anand und Veselin Topalov statt. Anand kann noch etwas durchatmen. Der eine oder andere Journalist hat ebenfalls eine beschwerliche Anreise gehabt. Topalov wird ob der 24-stündigen Verlegung auch nicht gleich in einen Lagerkoller verfallen. Es müsste jetzt für alle Beteiligten passen.
Anand kann sich ja nochmals eine Videosequenz aus einer Partie gegen Garri Kasparow zu Gemüte ziehen.