Nachdenkenswert #368

,,Pauschale Empfehlungen zu geben ist nicht angebracht, dazu muss man sich schon die Situation vor Ort anschauen. Ich gehe davon aus, dass sich die Entwicklung der letzten Winterorder, extreme Zurückhaltung bei reinen Winterprodukten, fortsetzen wird. Wobei die Problematik im Umgang mit diesem Bereich ein grundlegendes Problem im Orderprozess unseres Marktes zeigt: Insbesondere für kleinere Händler ist es ein gefährliches Ratespiel, sich mit einem gewaltigen zeitlichen Vorlauf mit Ware einzudecken, diese dann für drei, vier Monate im Laden hängen zu haben, um sie mit einer hohen Wahrscheinlichkeit zu reduzierten Preisen abverkaufen zu müssen. Die Risikoverteilung im Markt stimmt überhaupt nicht.“

Tim Wahnel, aktives Mitglied der Geschäftsleitung der Outdoor-Profis-GmbH in Limburg, einer Einkaufsgemeinschaft für den spezialisierten Outdoor-Fachhandel, die der  Sport-Einkaufs-und Marketingkooperation SPORT 2000 angeschlossenen ist, im bemerkenswerten Interview mit der Sportartikelzeitung outdoor.markt Ausgabe 01/2016 auf Seite 62.  

Sportinsider Interview mit Sabine Messner und Kai Schmid von OUTSIDEstories

Die Faszination Outdoor ist ungebrochen, eine willkommene Gelegenheit zum Jahresanfang die beiden erfahrenen  Outdoor Spezialisten Sabine Messner und Kai Schmid von OUTSIDEstories zu interviewen. Herrausgekommen ist ein spannender Einblick in Ihre Erfolgsgeschichte, das persönliche Lieblingsequipment, die ambitionierten Pläne für 2015 und darüber hinaus.

Frau Messner. Herr Schmid, in einer Gesellschaft in der viele Arbeitsplätze unter Neonlicht an Bildschirmen in den letzten Jahrzehnten in klimatisierten Büros geschaffen worden, scheint die Sehnsucht nach Abenteuer zuzunehmen. Die Outdoor Helden wie der Grenzgänger Reinhold Messner, die Huber Brüder Alexander und Thomas, der in München geborene Motorrad Abenteurer Michael Martin, Extremsportler Hubert Schwarz oder Stefan Glowacz füllen Hallen mit Ihren Multivisionsvorträgen und den erlebten Outdoor Geschichten. Power Outdoor Frauen wie Freya Hoffmeister mit ihrem Fieberglaskajak und der Australienumrundung, K2 Bezwingerin Gerlinde Kaltenbrunner oder die norwegische Extremabenteuerin Cecilie Skog kann ich mir nicht in einem 8-Stunden Büro Job an der Tastatur vorstellen. Die Outdoor Branche profitierte jahrelang im Sog dieser Prominenten Extremsportler auch mit den entsprechenden Umsätzen bei Otto Normalkonsument. Was macht für Sie persönlich die Faszination Outdoor aus?Sabine_Messner_QF

Sabine Messner: Ich bin ein Stadtkind und habe über 40 Jahre meines Lebens dort verbracht. Im Laufe vieler Wochenenden am Fuße der Oberbayerischen Berge habe ich die Nähe zur Natur, die Ruhe, die gute Luft und die kurzen Wege um draußen aktiv zu sein schätzen gelernt. Vor ca. eineinhalb Jahren bin ich mit meiner Familie dorthin gezogen, wo die Berge zum greifen nahe sind. Der Begriff Outdoor ist für mich nicht ausschließlich mit extremen Leistungen am Berg verbunden, sondern steht deshalb für alles was man draußen in der Natur unternehmen kann, um Ruhe und Ausgleich zum Büroalltag zu finden und um die Natur zu spüren. Das ist für mich die Faszination Outdoor.Kai_SchmidKai Schmid: Das Leben ist ein Abenteuer – keine geführte Tour. So steht „Outdoor“ für mich für eine Lebenseinstellung. Es drückt für mich aus, dass man die Dinge auf sich zukommen lassen muss. Nicht alles folgt einem Masterplan.

Zuletzt gab es in der Outdoorbranche durchaus auch kritische Stimmen. Andre Tauber titelte im Sommer auf der Online Website der Welt Die Outdoor-Branche vergisst den Normalo. Ein technologisches Hochrüsten der Hersteller bringt Produkte auf den Markt, die bei genauerer Betrachtung oft nur für die Profisportler nötig sind. Redakteur Tauber ließ auch einen Branchenkenner zu Wort kommen:

„Nehmen Sie einen Menschen, der einen Sportgeländewagen kauft“, sagte Rolf Schmid, Chef des Schweizer Outdoor-Herstellers Mammut “Das größte Hindernis, das die meisten Fahrzeuge überwinden müssen, ist die Einfahrt in die Garage. Trotzdem werden sie gekauft, weil die Käufer damit ein Abenteuer verbinden.“

Wie sehen Sie beide die Entwicklung?

Kai Schmid: Mein Namensvetter hat mit dem SUV-Gedanken sicherlich recht. Genau das ist es meines Erachtens auch: das Gefühl, das ultimative Abenteuer erleben zu können, wenn man nur wollte. Und das will man mit Markenkleidung zeigen und ausdrücken. An dieser Stelle möchte ich aber auch betonen, dass das nur ein Aspekt ist, der Leute dazu treibt viel Geld für Ausrüstung auszugeben. Der andere ist eben der, dass man für entsprechendes Geld auch Top-Qualität bekommt. Und wenn es regnet und stürmt hat die Jacke eben nicht ein bisschen dicht zu sein, sondern komplett dicht. Egal ob auf dem Trail oder in der Stadt auf dem Fahrrad mit Kinderanhänger. Aber betrachtet man neben der Outdoor-Bekleidung technischere Produkte, so wird schnell klar, dass hochwertige Ausrüstung auch Lebenswichtig sein kann: vom sicher sitzenden, eng anliegenden Rucksack, über wasserdichte Bekleidung bis hin zu Klettersteigsets, Kochern oder Wasserreinigern. Und hierbei möchte sich jeder auf innovative und zuverlässige Technik verlassen.

Sabine Messner: Jeder Mensch sucht sein persönliches Abenteuer – auch der „Normalo“, um mit Herrn Taubers Worten zu sprechen. Genau hier setzt das Konzept der OUTSIDEstories an: Wir wollen jeden outdoor-affinen Menschen ansprechen, eben eine Plattform „von und für Outdoor-Begeisterte“. Hier werden die Produkte von Usern aus der Community beurteilt und bewertet, und der Leser hat die Chance sich, idealerweise aus mehreren Bewertungen, eine eigene Meinung über ein Produkt zu bilden: ausprobiert und getestet von erfahrenen Outdoor-Enthusiasten, die auch aus der Community selbst rekrutiert werden. Hier werden Innovationen um des reinen Marketings Willen schnell identifiziert.

Erzählen Sie ein wenig von der Gründungsgeschichte von OUTSIDEstories. Was sind die Ziele der nächsten 12 Monate? Welche Erfolgsstory möchten Sie in 3 Jahren über sich und das Unternehmen lesen und hören?

Sabine Messner: Unser Konzept für die OUTSIDEstories baut auf mehr als 17 Jahre Erfahrung mit der Kommunikation rund um Produkte für Outdoor-Aktivitäten und ebensolanger Zusammenarbeit mit der Outdoor-Branche, kombiniert mit den neueren Möglichkeiten der Kommunikation im Internet und der Tatsache, dass immer mehr Menschen ihr Informationsbedürfnis im Internet stillen – eben bis hin zur Kaufentscheidung für Outdoor-Ausrüstung.

Kai Schmid: Outside-Stories ist viel mehr als nur ein Blog. Die Idee: Outside-Stories wird eine user-basierte Bewertungsplattform speziell für Outdoor-Produkte und -Ausrüstung, die hilft beste Kaufentscheidungen zu fällen und Preisvergleiche bei Online-Stores durchzuführen. Oder mit anderen Worten: die Community stellt ihre Erfahrungen mit Produkten für weitere Kaufentscheidungen der Community zur Verfügung. Ein authentischer und zugleich demokratischer Ansatz – und das fasziniert uns an unserer Idee. Dieser Teil der Plattform von OUTSIDEstories ist zur Zeit im Aufbau und wird Anfang Februar 2015 live gehen.

Im Herbst 2014 haben wir den Blog Outside-Stories und eine dazugehörige Facebook-Seite bereits ins Leben gerufen, die umfassend aus der Outdoor-Branche informieren. Quasi ein „Drehkreuz“ für alle Aspekte des Draußen seins. Wir und unser Team produzieren ständig neue Inhalte zum Thema. Der redaktionelle Anspruch dabei ist hoch. So wird man auf dem Blog eher keine singulären Produktvorstellungen finden, sondern lediglich Kaufberatungen in Verbindung mit einem Link zu Tests in klassischen Medien. Wir haben also immer den maximalen Usernutzen im Visier. Zudem arbeiten wir neben unserem Team auch mit Gastautoren, die uns spannende Stories von draußen liefern. Etwa den Extremkletterer Robert Jasper oder den erfolgreichen deutschen Skilangläufer Peter Schlickenrieder. Mit weiteren sind wir im Gespräch.

Sabine Messner und Kais Schmid: Unsere wichtigsten Ziele für Ende 2015:

1. Die wichtigen Hersteller der Branche versorgen OUTSIDEstories und damit unsere Produkt-Tester (ProduktScouts) regelmäßig – jeweils vor Saisonbeginn – mit ihren Produkt-Innovationen und Kollektions-Highlights, um so ihre Produkte über gute Bewertungen den suchenden Konsumenten auf OUTSIDEstories entsprechend zu präsentieren und mit dem Handel zu verlinken.

2. Wir – bzw. die Community – haben ein schlagkräftiges Team von ProduktScouts rekrutiert. Hierfür läuft die erste Bewerbungsrunde bereits seit 13. November 2014. Über 50 Bewerbungen liegen uns bereits vor: Mehr Infos findet man hier:

Zum ProduktScout:
Zum Gewinnspiel:
Alle Bewertungen im Überblick:

Die Erfolgsstory in drei Jahren: OUTSIDEstories ist in der Outdoor-Community einserseits als Informationplattform über Produkte und die Szene als fixe Größe verankert. Und andererseits ist OUTSIDEstories vor Kaufentscheidungen für ein Outdoor-Ausrüstungs-Produkt von der Outdoor-Community als Beratungsplattform zu einer festen Größe geworden. Dann haben die Community und wir ganze Arbeit geleistet.

Auf Ihrer Website outside-stories.de ist zu lesen: Ein Social-Mag für alle Wilden, die gerne rausgehen. Jede Online-Strategie in puncto Marketing benötigt auch eine genaue Vorstellung der Zielgruppe, die angesprochen werden soll. Wie konkret ist dies bei Ihnen umrissen?

Kai Schmid: Unsere Zielgruppen lassen sich in einer Typologie sehr konkret beschreiben. Sie generieren sich aus „Core-Outdoorern“ – etwa Profis, wie Extrembergsteiger u.ä., „Advanced Outdoorer“ – die fortgeschrittenen Outdoorer – das sind ambitionierte Trekker, Biker etc., aber keine Profis, „Light Outdoorer“, etwa Wanderer oder Angler sowie die „Lifestyle Outdoorer“, die zwar Outdoorausrüstung besitzen, aber nicht ernsthaft einsetzen. Zudem gibt es selbstverständlich verschiedene Alterscluster für Outdoorer, die wir im Prinzip alle bedienen. Am aktivsten sind derzeit die 25- bis 39-jährigen.

Sabine Messner: Hier möchte ich ergänzend gerne die sogenannten ProduktScouts nennen: das sind erfahrene Outdoor-Enthusiasten, die von unserer Community aufgrund von außergewöhnlich hilfreichen Produkt-Bewertungen viele Stimmen gesammelt haben und so von der Community in das Team der ProduktScouts gewählt werden. Um unserer Community möglichst früh eine Basis an Bewertungen von innovativen Produkten zur Verfügung zu stellen, bekommen sie von uns regelmäßig innovative Outdoor-Produkte zum Testen zur Verfügung gestellt. Diese Bewertungen gehen dann auf OUTSIDEstories rechtzeitig zum Verkaufsstart im Handel online.

Jedes Jahr trifft sich hier unten am Bodensee in Friedrichshafen die Branche zur Fachmesse OutDoor. Zahlreiche Unternehmen investieren nicht nur in einen markanten Messeauftritt, sondern auch ganzjährig wird intensives Marketing betrieben. Gelebte Online-Power auf facebook, Twitter, Mehrautorenblogs etc., großflächige Plakataktionen in den großen Städten Deutschlands, Kataloge mit akribisch aufgenommenen Fotos, Einsatz von Testimonials. Welche Ausrüster in der Outdoor Branche haben für Sie persönlich die überzeugendsten Marketingstories zu erzählen?

Sabine Messner: Im heutigen Internet-Zeitalter werden authentische Testimonial immer wichtiger. Gerade im Bereich der technischen Features von Produkten sind glaubwürdige Meinungen von Experten oft kaufentscheidend. Genau hierauf zielt das Konzept der OUTSIDEstories.

Kai Schmid: Die erzählten Marken-Stories im Marketing sind das eine. Meist ähneln sie sich sogar auf frappierende Art und Weise. Entscheidender für mich ist, ob eine Firmenphilosophie auch von den Mitarbeitern oder Testimonials wirklich gelebt wird, wenn sie brennen für ihre Marke. Das ist der große Unterschied. Ich habe schon Leute gesehen, die sich das Logo sogar tätowiert haben. Doch je größer die Marken werden (wollen), desto mehr geht häufig der ursprüngliche Geist verloren.

Wie sieht Ihr individuelles, privates Outdoor Equipment aus. Was und warum sind die Lieblinge?

Sabine Messner: Für mich steht wohlfühlen ganz oben auf der Liste. Mein absolutes Lieblingsteil ist eine weiße Tedddy-Fleece-Jacke mit Gore Windstopper … sie wärmt mich auf jeder Reise: am Berggipfel nach dem Aufstieg, im Sommer, wenn es am Abend kühler wird, aber auch im Flugzeug, um mich vor der zugigen Klimaanlage zu schützen.

Kai Schmid: Mein persönliches Equipment ist durchaus zusammengewürfelt und beileibe nicht immer nur von unseren Kunden. Bei Schuhen etwa entscheidet die Passform, nicht der Markenname. Eines meiner Lieblingsteile ist eine Softshell-Testjacke von Gore Windstopper, die ich mal geschenkt bekommen habe. Die ist so spitze gemacht und funktional, dass ich nichts anderes anziehen möchte, wenn ich unterwegs bin.

Sie beide schreiben selber auch Artikel im Mehrautorenblog auf outside-stories.de. Herr Schmid, Sie berichteten dabei auch über ein Motorraderlebnis in Wales und leiteten Ihren Beitrag so ein:

,,Das Schöne an unserem Job ist, dass wir hin und wieder auch mal an außergewöhnliche Orte kommen. So auch Ende Juli/Anfang August diesen Jahres, als wir der Präsentation eines neuen Reifens von Continental beiwohnen konnten. Zwei Tage On- und Offroadtest auf großen Reise-Enduros. Das klingt schon verführerisch. Der Ort: Wales. Hier wechseln Wolken, Wind und Sonne schneller als man von einer Kurve zur anderen kommt.“

Da ich eingangs auch Michael Martin erwähnte, jenen Abenteurer der 1997 sein Motorrad ausgraben musste. Abenteuertatort: Die libysche Sahara. Was wäre für Sie, Herr Schmid, eine noch in Angriff zu nehmende ultimative Motorradreise?

Kai Schmid: Das ist ein gutes Thema, schön dass Sie das ansprechen: Ein kleiner Traum von mir war schon immer eine Sahara-Durchquerung auf der klassischen Tanezrouft-Piste mit einem Abstecher ins Hoggar-Gebirge von Algerien bis runter in den Niger, mit dem Motorrad – übrigens sehr stark inspiriert von den Dia-Vorträgen Michael Martins, die ich mir schon während meines Studiums mit Herzklopfen angeschaut habe. Verwirklicht habe ich diesen Traum Anfang der 90er Jahre mit einer 7-monatigen Motorrad-Reise von München nach Südindien, zusammen mit zwei Studienkollegen – eine davon ist Sabine, meine heutige Geschäftspartnerin. Die ultimative Motorradreise durch die Sahara-Durchquerung ist heute leider wegen der Extremisten quasi nicht mehr durchführbar.

Frau Messner, wer und warum sind Ihre persönlichen Heldinnen oder Helden in der Geschichte der extremen Sportleistungen im Outdoor?

Sabine Messner: Ja, da waren zum Beispiel Luis Trenker, Arved Fuchs oder vielleicht mein Namensvetter Reinhold Messner. Aber um ehrlich zu sein – ich habe für mich selbst noch nie nach den Taten dieser Helden oder Heldinnen geschielt. Vor deren Leistung habe ich einen Höllenrepsekt. Ein Held ist für mich auch, wer im Alltag an seine Grenzen geht, auch und vor allem, ohne sein Leben aufs Spiel zu setzen. Das kann die Frau sein, die die Höhenangst im Hochseilgarten überwindet, oder der Familienvater, der seinen kleinen Sohn in der Kraxe auf den Heimgarten trägt. Oder jemand, der nach einem schweren Unfall mit viel Energie und Ausdauer wieder ins normale Leben zurückfindet. Hierfür habe ich größte Bewunderung. Das sind meine Helden.

Was wünschen Sie sich für OUTSIDEstories im Jahr 2015?

Sabine Messner: Erst einmal noch jede Menge Schnee für alle Snowsport-Liebhaber. Tolle Themen für unseren Blog aus der Branche, die unsere Redaktion mit viel Herzblut unter die Leute bringen wird. Viele neue Produktinnovationen auf der Ispo für die unsere Community. Jede Menge Outdoor-Enthusiasten, die unser Konzept gut finden, gerne ihre Erfahrungen mit Outdoor-Ausrüstung an die Community weitergeben und unsere Plattform für ihre Kaufentscheidungen nutzen. Und natürlich viele Hersteller, die unser Konzept überzeugt und es bewußt für sich nutzen.

Kai Schmid: Einen reibungslosen Launch der Bewertungsseite und viele,viele User.

Frau Messner, Herr Schmid, vielen Dank für das Interview und weiterhin viel Erfolg.

ISPO 2013 Nachlese: Outdoor-Magazin mit dem obligatorischen Messerundgang

Die große Freiheit, unbegrenzte Natur, pures Adrealin – der Begrifflichkeiten und Assoziationen zu Outdoor sind keine Grenzen gesetzt. Der Outdoor-Branche geht es, dem einen oder anderen gejammere zum Trotz, immer noch sehr gut. Gerade in Deutschland. Selbst Städter die bei Bergen mit 1000 Meter Höhenunterschied Konditionsschwächen aufweisen oder so eine Geschichte gar nicht erst hinkriegen oder versuchen, tragen oft die Outdoor-Jacke, entsprechendes robustes Schuhwerk und anderes Equipment. In sein. Schaulaufen in den Fußgängerzonen der Citys.

Das Outdoor-Magazin fasste dann auch die Stimmung auf der ISPO 2013 in München optimistisch zusammen:

,,Laut Veranstalter war die Stimmung während der vier Messetage sehr positiv. Rund 74 Prozent der Fachbesucher beurteilten die ISPO MUNICH 2013 als ausgezeichnet bis sehr gut, weitere 24 Prozent als gut.“

Das Branchenmagazin zeigt denn auch Trends, Neuheiten, Weiterentwicklungen und Impressionen von der ISPO 2013 in München in aussagekräftigen Bildstrecken.

Dabei hat speziell auch die umsatzstarke Outdoor-Branche nach wie vor zu kämpfen mit dem Unterschied zwischen eigenen Anspruch und der Wirklichkeit.

ISPO 2013 und die Outdoor-Branche zwischen Anspruch und Wirklichkeit

Outdoor. Alleine dieses Wort bringt Männeraugen und die Augen der Frauen mit einem Faible für sportive Aufenthalte im Freien zum glänzen. In München steht demnächst die ISPO 2013 auf dem Plan. Die offizielle Website der Branchenmesse kommt selbstbewusst daher und verkündet mit stolzer Brust:

,,Wir begrüßen Sie auf der internationalen Leitmesse für das Sport-Business. Auf der ISPO MUNICH präsentieren über 2.300 internationale Aussteller mehr als 80.000 Besuchern aus über 100 Ländern das gesamte Angebot an Sportartikeln, Sportschuhen und Sportmode. Seien Sie dabei und entdecken Sie die neuesten Trends aus den Segmenten Outdoor, Ski, Action und Performance Sports!“

Vom 3. bis 6. Februar wird um Aufmerksamkeit, Umsatzanteile, Geschäftsbeziehungen, Image, PR, das verankern von Trends in den Köpfen der Besucher und mehr gekämpft. Im Vorfeld haben zahlreiche kleinere, mittlere und größere PR-Agenturen Pressemitteilungen versandt, Bildmaterial gestreut, versucht ein positives Image für die geweilige Klientel aufzubauen. Die Hersteller selber legen sich auch ins Zeug. Jack Wolfskin hat einen Outdoor-Blog aufgelegt. Heute mit dem Artikel Auf Wiedersehen, Südafrika.

Davor gab es Artikel im Januar auf dem Jack-Wolfskin Outdoor Blog an folgenden Tagen:

28. Januar 2013

25. Januar 2013

22. Januar 2013

14. Januar 2013

02. Janaur 2013

Da ist im Hinblick auf die Frequenz sicherlich noch Luft nach oben.

Die Branche gibt sich seit Jahren betont ökologisch. Artikel wie auf Spiegel Online im Oktober 2012 unter dem Titel Belastete Outdoor-Kleidung: Zurück zur Chemie lassen den aufgeklärten Verbraucher durchaus aufhorchen. Nicolai Kwasniewski leitete seinen Text dann auch mit den wenig schmeichelnden Worten ein:

,,Die Hersteller von Outdoor-Kleidung werben gerne mit unberührter Natur. Die wetterfesten High-Tech-Klamotten enthalten allerdings eine ganze Reihe von Chemikalien, die Umwelt und Gesundheit belasten können, wie eine Greenpeace-Untersuchung zeigt.“

Apropos Spiegel Online. Gut zwei Jahre vor dem Artikel über die Green-Peace Untersuchung gab es im Juli 2010 einen aufsehenerregenden Artikel von Susanne Amann unter dem Titel: Studie: Outdoor-Hersteller fallen bei sozialer Verantwortung durch. In der Branche wird viel Geld verdient. Susanne Amann leitete ihren kritischen Text mit den folgenden Worten ein:

,,Die Outdoor-Branche steht für Freiheit und Naturverbundenheit, doch mit ihrer Verantwortung nehmen es die Hersteller nicht so ernst. Nun geraten sie massiv in die Kritik – denn obwohl eine Jacke gerne mal 600 Euro kostet, werden die Arbeiter in den Produktionsländern abgespeist.“

Es scheint es liegt noch viel Arbeit vor der Outdoor-Branche um Selbstverständnis, theoretisch formulierte ökologische und soziale Standards mit der Realität in Übereinstimmung zu bringen.

Richard Stihler bereitet Gipfelangriff auf den Mount Everest vor

Nach der Drängelei im Mount Everest Basislager erlebte Richard Stihler jetzt Russisch Roulette im Khumbu-Eisfall, wie der Bergsteiger in seinem Tagebuch in der Badische Zeitung mitteilt. Das Glück ist auf seiner Seite:

,,Während wir unseren zweiten Tag im Hochlager verbringen rauscht eine riesige Lawine über den Eisbruch, den wir durchstiegen haben. Wie durch ein Wunder wurde nur eine Person verletzt. Erst im Abstieg sehen wir, dass es genau an der Stelle passiert war, an der wir tags zuvor mit viel Gottvertrauen durchgerast waren. Glück gehabt…“

Richard Stihler will den Gipfelangriff auf den Mount Everest in ca. 14 Tagen in Angriff nehmen. Lob bekommt auch sein Partner Pasang. Der Buddhist ist bereit für Gespräche. Stihler teilt mit ihm auch die Handgriffe sowie das Expeditionsgepäck.

Hier am Bodensee kletterte das Thermometer ja die letzten Tage bereits bis zu angenehmen vorsommerlichen 28 Grad. Bergsteiger Stihler hat Nachts 48 Grad Celsius weniger zur Verfügung. Tief durchatmen. Minus 20 Grad sind heftig. Einen warmen Schlafsack hin oder her. Es fröstelt mich bei dem Gedanken hier an der Tastatur. Nein, ich bin froh ein verweichlichter Zivilist zu sein.

Andererseits die Umsätze der Outdoor- Branche belegen es, die vollen Hallen bei den Vorträgen von Reinhold Messner oder die gut gehenden Buchhandlungen mit den Büchern über Bergexpeditionen, wie in Oberstdorf von mir selber gesehen und erlebt, lassen auf eine in uns schlummernde Sehnsucht nach Abenteuer schließen.

Zahlen, Daten, Fakten gibt es über die Outdoor-Branche viele. Hans Sedlmaier schrieb vor rund einem Jahr auf focus online:

,,Ein Milliardenmarkt ist die Branche in jedem Fall, auch wenn „nur“ Funktionsbekleidung, Sport- und Bergschuhe sowie Rucksäcke, Zelte und Zubehör betrachtet werden: Seit 2005 haben die Hersteller ihren Umsatz europaweit nach Angaben des Branchenverbands European Outdoor Group jährlich um drei Prozent auf zuletzt über sechs Milliarden Euro gesteigert. Weltweit soll Outdoor etwa 50 Milliarden Euro umsetzen.“

Reinhold Messner hat seine Expeditionen immer wieder erfolgreich vermarktet. Buchform, Vorträge oder seine einzigartige Zusammenstellung der Museen. Sein Talent der Vermarktung hat die Outdoor-Branche ebenfalls. Mittlerweile tragen viele Städter Funktionskleidung von Jack Wolfskin, Salewa, Vaude oder Mammut in den innerstädtischen City-Lagen bei ganz und gar unspektakulären Tätigkeiten wie Einkaufen, bummeln oder mit der Liebsten einen Kaffee trinken gehen.
…..
Richard Stihler wird dies momentan alles weniger tangieren. Für ihn steht die Priorität Gipfelanstieg auf den Mount Everest an.  Dafür viel Kraft, das nötige Glück und stabiles Wetter.

Drängelei im Mount Everest Basislager

Nein, Stille und Abgeschiedenheit meint sicherlich etwas anderes. Im Mount Everest Basislager gibt es eine Drängelei wie einst auf überfüllten Campingplätzen an der Ostsee. Der Bergsteiger Richard Stihler aus Lahr ist auf dem Weg zum sagenumwobenen Gipfel des Mount Everest. Von seiner Expedition berichtet er kontinuierlich in der Badische Zeitung:

,,Was ich am nächsten Morgen sehe, beeindruckt und schaudert mich zugleich: Vor mir liegt eine riesige Zeltstadt inmitten einer Gerölllandschaft mit geschätzt 1500(!) Zelten. Um vom ersten bis zum letzten Lager zu kommen, benötigt man fast eine Stunde. Sprachengewirr wechselt sich mit einer Vielzahl von Gerüchen zwischen leckerem Essen und Fäkaliengestank ab.“

1500 Zelte. Wahnsinn. In den Zentralen der Outdoor Branche mit dem Produktionssortiment Zelt müssten eigentlich die Sektkorken knallen. Der Bedarf scheint keine Wachstumsgrenzen zu kennen. Naturschützer müssen an der Stelle aber sicherlich mehr wie eine Sorgenfalte auf der Stirn haben. Wikipedia verweist auf die Problematik vom Massentourismus am Mount Everest:

,,Ein weiteres Problem dieser Art von „Tourismus“ ist, dass die Umweltverschmutzung der Lager durch Müll (Zelte, Sauerstoffflaschen, Speisereste, Dosen und Medikamente) rapide zugenommen hat. Der Südsattel wurde schon als „höchste Müllkippe der Erde“ tituliert. Mittlerweile wird von administrativer Seite verstärkt versucht, diese Begleiterscheinungen zu reduzieren. Jede Expedition muss ein Müllpfand hinterlegen, das nur zurückbezahlt wird, wenn die gesamte Ausrüstung und sogar die Fäkalien aus dem Basislager wieder abtransportiert werden. Zudem werden in regelmäßigen Abständen Expeditionen ausgerichtet, die Müll aus den Hochlagern vom Berg herunterholen.“

Gut klingt dies alles nicht. Trotzdem ist der Mythos Mount Everest offenbar ungebrochen. Der mit 8848 Metern über dem Meeresspiegel höchste Gipfel der Welt zieht weiter Jahr für Jahr magisch die Massen an. Expeditionen werden wie am Fließband zusammengestellt, es werden keine monetären Kosten gescheut von ehrgeizigen Erstbesteigern mit nötigem Kleingeld. Dabei greift das Klischee – Millionär lässt sich zum Gipfel tragen – sicherlich zu kurz.

Es gibt unendliche leidvolle Geschichten. Der Berg kennt keine Gnade. Auch im Basislager gibt es Tragödien. Richard Stihler berichtet so im obig verlinkten Beitrag in der Badische Zeitung von einem aktuellen Todesfall eines Sherpas durch Alkoholexzess. Andererseits kann auch Stihler sich der Faszination der Bergkulisse nicht entziehen. Die Karawane zieht weiter.

PS: Der Hat Tip geht an Stefan Nestler vom Blog Abenteuer Sport.

Die Outdoor Branche und die Sache mit der sozialen Verantwortung

Mit großen Speed ging Spiegel Online am 13.07.2010 in das Thema Outdoor-Hersteller fallen bei sozialer Verantwortung durch hinein. Der Artikel sorgte damals für viel Aufsehen. 106 Kommentare liefen auf und die Diskussion um Produktionsbedingungen, Lohnkosten, Image, Hungerlöhne, Produktion in einer Militärdiktatur wie Birma und kritischen Arbeitsbedingungen in den Fabriken wogte hin und her. Sektkorken dürften damals in den Führungsetagen von Vaude, Jack Wolfskin, Columbia, The North Face, Patagonia, Marmot Mountain oder Schöffel nicht geknallt haben.

Ich renne an solchen Tagen jedoch auch nicht zum Kleiderschrank und fange mit dem aussortieren an. Die Frage der Produktionsbedingungen stellt sich ja auch bei den Turnschuhen von Nike, Puma und Co. oder beim iPhone von Apple. Die unkonventionelle und kritische taz nahm sich im Artikel Blut am Apfel die Produktionsbedingungen in den chinesischen iPhone-Fabriken vor. Danach möchte man nicht mehr telefonieren. Es tröstet dann auch nicht, dass ich kein iPhone besitze (noch nie besessen habe) und meine Kommunikationswerkzeuge aus anderen Herstellerquellen stammen.

Doch zurück zur Outdoor Branche. Der Hersteller Vaude reagierte damals im Jahr 2010 auf den eingangs erwähnten Artikel bei Spiegel Online und gab eine Erklärung raus, in der Stellungnahme war unter anderen zu lesen:

,,Zu unserer Produktionsstätte in Burma, die sehr hohen Ansprüchen in Bezug auf Arbeitsbedingungen gerecht wird und sich gerade zertifizieren lässt nach SA 8000 Standard, möchten wir Ihnen aktuell Folgendes mitteilen: Als mittelständisches deutsches Familienunternehmen können wir nicht abschließend einschätzen, ob und inwieweit die positiven Aspekte unseres Engagements für den einzelnen Menschen vor Ort (Arbeitsplätze etc.) den potentiell negativen Auswirkungen (Stabilisierung eines Unrechtsregimes) überwiegen. Aus diesem Grund haben wir uns vor einigen Monaten dazu entschlossen, uns im Rahmen einer Exit-Strategie Schritt für Schritt aus Burma zurückzuziehen. „

Tief durchatmen. Exit-Strategie für einen Produktionsstandort eines Outdoor Anbieters. Besser wie wegducken, das Thema ignorieren oder auf dem Standort in einer Militärdiktatur beharren.