Schweizer Olympia Kandidatur

Deutschland sah bei der Bewerbung um die Olympischen Winterspiele 2018 die Rücklichter der südkoreanischen Konkurrenz. In anderen europäischen Ländern könnte darob ja ein wenig Resignation einziehen. Nicht so in der Schweiz. Das Branchenblatt Sponsoring Extra titelt über die angestrebte Olympia-Kandidatur – Gian Gilli übernimmt Leitung – und schreibt:

,,Gian Gilli, Sportdirektor von Swiss Olympic, übernimmt per sofort die operative Leitung des Vereins „Olympische Winterspiele Graubünden“. Der Verein prüft in den kommenden Monaten die Machbarkeit einer Schweizer Olympia-Kandidatur, wie Swiss Olympic heute bekanntgab.“

Der charismatische Gian Gilli zeichnete als Organisator für die Ski-WM 2003 in St. Moritz und die Eishockey-WM 2009 in der Schweiz verantwortlich. Er wird auch genau auf die erfolglose Bewerbung München 2018 geschaut haben. Zur Auffrischung mag auch der Pressespiegel zur Entscheidung Olympia 2018 dienen. In Deutschland war nicht jeder böse über die mageren 25 Stimmen und die Niederlage gegen Pyeongchang mit geschmeidigen 63 Wahlstimmen.

Gilli wird Ausdauer zeigen müssen. Einst hatte bei der Ski-WM 2003 die Gemeinde St. Moritz den sehr steilen Starthang 3 mal abgelehnt. Bei seinem Debüt als Cheforganisator biss er sich durch. Beim vierten Versuch erfolgte die Genehmigung. Garmisch-Partenkirchen lässt grüssen. Gian Gilli sagte einst über sich:

«Wer Erfolg haben will, muss ein sturer Bock und ein Wadenbeisser sein.»

Im neuen Jahr gibt es von mir auch wieder Bonusmaterial. Hier geht es zur Fotogalerie von Gian Gilli. Wir wollen ja den Service nicht vernachlässigen. Nicht dass ich noch erboste Anrufe auf meiner Mobilbox finde.

Lesestoff für den mündigen Bürger

So ein wenig Lesestoff zu aktuellen Problemen des Sports, seiner Begleiterscheinungen sowie Hintergründe der Protagonisten.

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Chinesischer Fußball: Knietief im Sumpf  

Paralympics: Die elitäre Gruppe der Paralympics-Helden 

Homophobie im Fußball: Die Frau, die stört

Gewichtheben: Starker Mann, was nun?

und zu guter Letzt die Thematik Olympia München 2018:

Nolympia2018:Umweltkonzept gescheitert/ Bogners Märchenstunde

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Was kostet Olympia München 2018 den Steuerzahler?

Bei der jetzigen Olympiabewerbung für München 2018 sprach Oberbürgermeister Ude (SPD) unlängst im Interview mit der taz von Widerstände sind ein Medienprodukt.

Das Mitglied des bayerischen Landtags, Ludwig Hartmann (Bündnis 90/Die Grünen), hat sich der Frage nach den Kosten angenommen.

Auf seiner Homepage teilt er seine Anfrage an die Staatsregierung mit. Hier seine 8 Fragen zur Finanzierung des  Olympiaevents in München, Garmisch-Partenkirchen, Oberammergau und Schönau am Königssee.

Vor diesem Hintergrund frage ich die Staatsregierung:

  1. Wann kann mit den entsprechenden Zahlen für die Olympiabewerbung 2018 gerechnet werden? Werden diese Beträge veröffentlicht? Falls ja, wann?
  2. Ist der Staatsregierung bekannt, dass neben der candidature acceptance fee in der Höhe von US $ 150.000,–, eine weitere nicht rückzahlbare Leistung von US $ 500.000,– zu erbringen ist, falls München in den Rang einer Candidate City aufrückt, auch wenn München den Zuschlag nicht erhält? Wird dieser Betrag durch die Bewerbungsgesellschaft beglichen? (laut 2018 CANDIDATURE ACCEPTANCE PROCEDURE; 1.3.5 Payment of candidature acceptance fee; Herausgeber: IOC)
  3. Welcher international anerkannte und unabhängige Wirtschaftsprüfer wurde entsprechend den IOC-Vorschriften (laut 2018 CANDIDATURE ACCEPTANCE PROCEDURE; Rules of conduct applicable to all cities wishing to organise the Olympic Games; Article 3 „Audit“, Herausgeber: IOC) unmittelbar nach Bekanntgabe der Bewerbung ernannt, um dem IOC bis zur Beendigung der Bewerbung genau beschriebene Informationen zu liefern? Wird die Staatsregierung bereit sein diese der Bewerbungsgesellschaft und damit dem Aufsichtsrat zugehenden Berichte, auch jeweils dem Landtag und der Öffentlichkeit zur Verfügung zu stellen?
  4. Wird die Staatsregierung eine unabhängige, begleitende Kontrollinstanz für die Einhaltung des Bewerbungsbudgets einrichten? Hat die Staatsregierung nach einer etwaigen erfolgreichen Bewerbung Münchens vor, eine begleitende Kontrollinstanz für die Investitionsvorhaben einzurichten?
  5. Ist der Staatsregierung bekannt, dass Investitionen in alle Sportstätten, sowie Investitionen in die Medienzentren, die Olympischen Dörfer, u.a., nicht aus dem Budget des OCOG, bezahlt werden dürfen? (laut 2018 CANDIDATURE ACCEPTANCE PROCEDURE; Part 2, III-Finance, Punkte 8+9; Herausgeber: IOC) Plant die Staatsregierung diese Ausgaben komplett aus Mitteln der öffentlichen Hand zu begleichen? Falls nein, steht die öffentliche Hand für nicht eingeplante Mehrkosten bei privat oder teilweise privat finanzierten Investitionen gerade? 
  6. Gibt es bereits Vereinbarungen über die Aufteilung der unter Frage 5 benannten, durch Steuergelder zu finanzierenden Kosten der Öffentlichen Hand, zwischen den beteiligten Kommunen, dem Freistaat und dem Bund? Falls nein, bis wann werden solche Vereinbarungen angestrebt?
  7. Wie hoch sind die Kosten für die Aufbringung des Gesellschafterkapitals der Bewerbungsgesellschaft München 2018, die Errichtung der Sportstätten, der Olympischen Dörfer, der Medienzentren, aller sonstigen Investitionen in die Sportinfrastruktur, der Investitionen in die Verkehrsstruktur, der Investitionen in den Umweltschutz, der Investitionen in alle sonstigen olympiabedingten Maßnahmen, sowie die Kosten für den Zinsendienst? In welcher Höhe sind diese benannten Kosten vom Freistaat Bayern zu tragen?
  8. In welcher Höhe werden die vom IOC für Fernsehrechte und TOP-Sponsoren vereinbarten Beiträge an die Veranstalter geleistet, falls die Spiele 2018 wegen Krieg, Aufruhr, Terror, Epidemien, Wetterkatastrophen etc. nicht abgehalten werden können? Welcher Schaden kann im schlimmsten Fall maximal für die Veranstalter und damit für den Freistaat entstehen?

Um Beantwortung gemäß Geschäftsordnung und Drucklegung wird gebeten.

Bisher liegen noch keine Antworten der Staatsregierung vor.

Nicht nur Ludwig Hartmann ist an einer Antwort interessiert. Olympische Spiele werden nicht im luftleeren Raum finanziert. Die eine oder andere Stadt hat sich in der Vergangenheit bereits bei der Bewerbung bzw. der Ausrichtung der olympischen Spiele verhoben. Städte wie Montreal (Ausrichter der Sommerspiele 1976) zahlten den Schuldendienst über 30 Jahre ab. Mit „Städte wie Montreal zahlten“ ist jedoch immer der Bürger mit seinem Steuergeld gemeint. Der Griff in die Taschen geht da zuweilen sehr tief. 

Geldboerse

 © Ernst Rose: Pixelio

Was kostet Olympia München 2018 den Steuerzahler?

Diese Frage hat noch keiner befriedigend, transparent und im Klartext beantwortet.

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Olympia München 2018

In der Olympia Lektüre für mündige Bürger habe ich ein wenig auf die Kosten des Leistungssports und der Goldmedaillen geschaut.

Ronny Blaschke äußert sich auf Zeit Online zur Olympia-Bewerbung von  München für 2018 und wirft dabei auch einen Blick auf die Kosten. 

,,Sind Deutschlands Entscheidungsträger nicht fähig zu einer ausgewogenen Debatte über die öffentliche Rolle des Sports? In einem Land, dessen Regierung in diesem Jahr mehr als 200 Millionen Euro in Sport investiert. In einem Staat, in dem rund 1000 Athleten von Bundeswehr, Polizei, Zoll und Feuerwehr alimentiert werden. Die Münchner werden nie genau beziffern können, wie viel Steuergeld Olympia an direkten und indirekten Leistungen kosten würde. Wahrscheinlich würden es wie in Vancouver etwa vier Milliarden Euro sein,  mindestens.“

Auch mir fehlt eine ausgewogene Debatte. Erinnert sei an das Interview Widerstände sind ein Medienprodukt von Münchens Bürgermeister Christian Ude (SPD) mit der taz.

,,Ja, selbstverständlich suchen wir den Dialog, dennoch muss ich darauf hinweisen, dass so manche Organisation, die hier im Namen der Menschheit auftritt, nur sehr wenige Mitglieder hat. Den Bund Naturschutz nehme ich freilich als kompetenten Partner sehr ernst. Ich weiß auch, wie umstritten bei Bund-Mitgliedern ein plakatives „Nein“ ist. Viele wünschen sich eine ökologische Ausgestaltung der Spiele, nicht deren Boykott.“

Warum gefällt mir die Tonart vom SPD Politiker Ude nicht? Wieso nennt er die Organisationen nicht mit Namen und Adresse? Wer bitte tritt da im Namen der Menscheit auf? Ist es nicht eher so, dass Christian Ude ein Selbstverständnis von der Olympiabewerbung hat, wo andere Meinungen nur schwer toleriert oder gar offen, ehrlich und transparent miteinander diskutiert werden?

Im oben erwähnten Blaschke Beitrag kommt auch eine Idee von Charles Banks-Altekruse zur Sprache. Der Amerikaner empfahl in einem Gastbeitrag der New York Times Olympia eine kontinuierliche Heimstätte zu geben. Er empfiehlt die Schweiz und bringt auch die Argumente gegen eine weitere Rotation der Spiele. Da wären Umweltschädigung, Geldverbrennung, Kommerz und Korruption.

Axel Doering vom Bund Naturschutz Kreisgruppe Garmisch-Partenkirchen schreibt auf der Webseite Nolympia:

,,Das Zauberwort „Olympische Spiele“ veranlasst Staaten und potentielle Ausrichterorte dazu, bereits im Vorfeld auf alle Bedingungen des IOC einzugehen, obwohl die Geschäftsgebaren des IOC als sehr umstritten gelten. So erhielt das IOC im Jahr 2008 von der Organisation „One World Trust“ den zweifelhaften Ehrentitel „intransparentestes Gremium der Welt“. Das IOC nutzt die Willigkeit der Bewerber um die Ausrichtung der Spiele, um Bedingungen zu diktieren, die Geschäftspartner im normalen Geschäftsleben weder fordern noch akzeptieren würden.“

Das Thema Sportpolitik in Deutschland hat Qualitätsjournalist Jens Weinreich seit Jahren erfolgreich besetzt. Er ist nah dran am Geschehen und schaut den Beteiligten mit journalistischer Sorgfaltspflicht auf die Finger. In Vancouver konnte er die Bemühungen des DOSB um die Bewerbung für 2018 hautnah erleben.

,,So eine Olympiabewerbung ist eine anstrengende Sache. Jeden Morgen um 7.30 Uhr lässt Thomas Bach, IOC-Vizepräsident und Chef des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB), seine Pappenheimer aufmarschieren. Dann werden im Deutschen Haus die großen Themen und winzige Details besprochen. Die Deutschen sind gründlich.“

Deutschland hat bei den letzten zwei Bewerbungen für Olympia mit Leipzig und Berlin keine so glückliche Figur gemacht. Wie wird es München ergehen?