Sommerlektüre SHOE DOG von Nike Gründer Phil Knight

Selbstverständlich mangelt es nicht an Kampfansagen von Kevin Plank, dem CEO vom amerikanischen Shooting Star Under Armour in der Sportartikelhersteller Branche in Richtung Adidas und Nike. Angriffslustig, so die Legende, hat der selbstbewusste Kevin Plank regelmäßig eine Weihnachtskarte an den Nike Gründer Phil Knight mit einem smarten Gruß versandt.

,,Eines Tages wirst Du von uns hören.“

Roland Lindner, Wirtschaftskorrespondent der FAZ in New York hatte einst in seinem Artikel über den offensiv agierenden Sportartikelaufsteiger Under Armour und dessen Frontman Kevin Plank diesen Weihnachtsgruß festgehalten.

Nun, zur Zeit bin ich ja an der Biografie von Nike Gründer Phil Knight und dessen Buch SHOE DOG dran. Es macht Freude sich durch das Werk von Knight zu lesen. Ob die Sache mit der Weihnachtskarte von Konkurrent Under Armour und dessen Marketinggenie Kevin Plank ebenfalls festgehalten ist, mag ich noch nicht zu sagen. Ich bin mit meiner Sommerlektüre noch nicht durch.

Foto: © Michael Wiemer

Das Buch SHOE DOG ist die offizielle Biografie des Nike Pioniers Phil Knight. Es dreht sich viel um Sportmarketing, Athleten, Schuhentwürfe, Namen, Markenrechte. Auch um Rückschläge, die Knight speziell in den Anfangsjahren hinnehmen musste. Es geht um starke Visionen. Seine Mannschaft der ersten Stunde waren keine normalen Mitarbeiter. Es waren besessene Power Leute die für Knight durch das Feuer gingen. Schuhe atmeten, lebten und leidenschaftlich verkauften. 24 Stunden a 7 Tage. Amerikanischer Unternehmergeist, Aufbruchsstimmung weht aus dem Buch. Mir ist klar, das Knight sich und die Geschichte selbstverständlich in den hellen Klangfarben aufgeschrieben hat. Ob es auch eine Stelle mit dem Treffen von  Phil Knight und Filmemacher Michael Moore im Buch SHOE DOG gibt, kann ich noch nicht sagen. Bin wie gesagt mit der Sommerlektüre noch nicht durch.

Michael Moore hatte in seinem Dokumentarfilm  Der große Macher (Originaltitel: The Big One) auch sein Scheinwerferlicht auf Nike gedreht. In Wikipedia zum Film heißt es:

,,Höhepunkt ist das sehr an Moores früheren Film ,,Roger & Me“ erinnernde Gespräch zwischen Michael Moore und dem Nike-Vorstandsvorsitzenden Phil Knight in Portland, Oregon über die Verlagerung von Arbeitsplätzen ins Ausland. Phil Knight sagt, dass er die Nike-Fabriken in Indonesien noch nie besucht habe, dass der Handel, aber auch einen positiven Einfluss auf das Land habe. Knight behauptet, dass in den USA keiner mehr Schuhe nähen wolle, er aber über die Errichtung neuer Werke in den USA nachdenken würde, fänden sich genug Arbeitswillige. Daraufhin präsentiert Moore ihm hunderte Leute in Moores Heimatstadt Flint (Michigan), die sofort bei Nike genau diesen Job übernehmen würden. Flint ist durch den Niedergang der US-amerikanischen Automobilindustrie eine stark verarmte Stadt geworden. Trotzdem lenkt Knight nicht ein und am Ende einigen sich Moore und Knight auf eine Spende für einen guten Zweck. Nike hatte zuvor einen Großteil seiner Schuhproduktion nach Indonesien ausgelagert, die dort teilweise von Kindern (ab 14 Jahren) für 19 US-Cents pro Stunde Arbeitslohn gefertigt werden.“

Tief durchatmen.

Auf YouTube gibt es eine 8-minütige Sequenz vom Treffen von Michael Moore mit Phil Knight. Hier geht es entlang. Inklusive flankierendem Bildmaterial.

Die Aufladung einer Aura von Nike, Adidas und Co.

Nein, Sportschuhe verkaufen sich in der Regel nicht von alleine wie geschnitten Brot von einem  Bäcker, der den Namen noch verdient und auf treue Kunden mit sensitiven Geschmacksnerven verlässlich bauen kann. Die Sportartikelhersteller müssen intensiv für ihre Produkte in puncto Marketing das große Rad drehen. Der Adidas Frontmann Herbert Hainer, frischgebackener Nachfolger von Uli Hoeneß als Aufsichtsratchef der FC Bayern AG (der 59-Jährige wurde kürzlich vom Aufsichtsrat einstimmig gewählt) brachte diese Binsenweisheit einst sehr schön im Interview mit der Wirtschaftswoche am 26.07.2008 unter dem Titel „Schlechtes Gewissen? Wieso?“, unmittelbar vor den Olympischen Spielen in Peking zu den gigantischen Marketing- und Werbeausgaben auf den Punkt:

,,Wie sollen wir den Schuh dann verkaufen? Wenn Sie nicht werben, können Sie bald die Schuhe im Büro stapeln. Das wäre der erste Schritt in den sicheren Ruin.”

Traveler Digital Camera

Die Marke wird inszeniert. Adidas überlässt da nichts dem Zufall. In bester Innenstadtlage wird intensiv um den Verkauf der Produkte gefightet. Auch der amerikanische Konkurrent Nike beherrscht das Spiel der emotionalen Aufladung seiner Marke und steht den Herzogaurachern da in nichts nach. Im besten Falle umweht beide eine Aura.

Einen der besten nachdenkenswerten Texte zur Aufladung der Produkte der beiden Sportartikelhersteller lieferte einst Friedrich von Borries, Architekt und Design-Theorektiker, im vierseitigen Interview beim Wirtschaftsmagazin brand eins in der Ausgabe 10/09:

„Irgendwann ist Nike und Adidas klar geworden, dass es nicht besonders sexy ist, wenn ihre Turnschuhe bei Karstadt-Sport gestapelt werden. Nike hat 1990 als erstes Mode-Unternehmen angefangen, Flagship Stores zu entwickeln. Es ging darum, die Produkte mit Aura zu versehen und zum Beispiel Original-Schuhe oder -Tennisschläger berühmter Sportler wie Kunstwerke auszustellen. Was wir aus dem Völkerkundemuseum kennen, passiert nun mit unserer eigenen Konsumkultur: Alltagsgegenstände werden als Reliquien präsentiert, eine Ethnologie der Konsumgesellschaft – allerdings mit spezifischen kommerziellen Interessen. Was in der alten, fordistischen Industriegesellschaft zählte, also Funktion, technische Innovation, Gebrauchswert, Preis, wird abgelöst durch Aura und kulturellen Mehrwert. Lifestyle-Accessoires wie Nike-Sneakers brauchen diese Aufladung.“

Die Aufladung der amerikanischen Marke Nike wird auch nicht dem Gevatter Zufall überlassen. Generalstabsmäßig wird bei dem Sportartikelhersteller alles geplant. Ein Blick auf den Nike Campus fördert dann auch solche Bereiche wie den Run-way Biomechanics, die Motion Capture Lab oder  Physiology-Environmental Chambers hervor. Im letztgenannten Sektor liest sich das bei der Stippvisite dann auf lesmads so:

,,Hier werden in zwei verschiedenen Räumen einmal an Athleten oder am Roboter „Hal“ die Ausmaße von Temperaturunterschieden beim Work-Out analysiert. Bei unserer Führung wurde zum Beispiel der eine Raum, in dem eine Frau trainierte, auf Temperatur von Rio de Janeiro hochgestuft. Aber nicht nur das: Auch Luftfeuchtigkeit und Luftdruck können exakt eingestellt und somit die Wetterbedingungen eines beliebigen Ortes auf der Welt – egal ob heiß oder kalt – nachempfunden werden.“

Doch es gibt auch immer wieder die kritischen Stimmen. Stichwort Arbeitsbedingungen. Entlohnung. Erinnert sei an den Film aus dem Jahr 1997 von Michael Moore Der große Macher (im Originaltitel: The Big One). Hier der sehr nachdenklich stimmende Wikipedia Eintrag und hier die Sequenz mit dem Interview von  Filmemacher Michael Moore mit dem damaligen Nike-Vorstandsvorsitzenden Phil Knight auf youtube. (8 Minuten und 23 Sekunden).

Entlohnung ist selbstverständlich auch bei Adidas immer wieder ein Thema. Die Arbeitskosten sind auch in Ländern wie China nicht in Stein gemeißelt. Am 20. November 2011 bemerkte Adidas-Chef Herbert Hainer im Interview auf Welt Online dazu an:

,,Die Preise beschäftigen uns natürlich. Sie sind im Vergleich zur Situation vor zwei Jahren immer noch hoch. Allerdings gibt es inzwischen auch positive Signale. Etwa bei den Baumwollpreisen. Die waren innerhalb von zwölf Monaten um 200 Prozent gestiegen, dann fielen sie wieder um die Hälfte. Gummi- oder Polyesterpreise stagnieren oder gehen leicht zurück. Allerdings bemerken wir den starken Anstieg der Arbeitskosten in China. Die Regierung verordnet Lohnsteigerungen um 15 bis 25 Prozent – und es ist noch keine Entspannung zu sehen.”

Übrigens bei dem anstehenden Fußball-Jahreshöhepunkt im Land des Rekordweltmeisters sieht es bei der Ausstattung der Teams für die WM Brasilien 2014 in der Reihenfolge so aus: Nike (10), Puma (8), Adidas (8). Die Aufladung der Aura geht weiter.

Nike Campus

Über Nike gäbe es viel zu erzählen. Alleine die historische Filmsequenz mit Michael Moore und dem Nike-Vorstandsvorsitzenden Phil Knight im Dokumentarstreifen Der große Macher. Da sieht Knight nicht wirklich gut aus bei seiner Argumentation. Bruder Wikipedia hält dies unter dem Abschnitt Kritik wasserdicht fest. Nike wirkt in diesen Momenten nicht wirklich cool oder ein positives Image erzeugend. Doch den Moore Film und den Dialog mit dem Nike Macher nehme ich mir explizit ein andermal vor. In aller gebotenen Ausführlichkeit.

Doch es gibt da auch die Bilder einer Imageschmiede. Lifestyle. Immer den richtigen Trend setzend. Coole Arbeitsbedingungen. Kreativität im Überfluss. Entspannung für die Nike Mitarbeiter. So wirken auf den ersten Blick die Fotos und der Text über den Nike Campus auf lesmads.de. Schöne Arbeitswelt. Oder?