Red Bull powert VW weg oder RB Leipzig zeigt eine emotionale Höchstleistung

Gestern Abend habe ich auf den Sieg von RB Leipzig gegen die Wölfchen einen Prosecco getrunken. War der VW Konzern zu geizig? Hat man dem einstigen Meistercoach Magath zu wenig Geld zur Verfügung gestellt?  Oder greift das Red Bull Fußballprojekt in Leipzig langsam unter dem neuen Coach Pacult? 31.212 Zuschauer wurden offiziell in der einstigen Leipziger Kultstätte gezählt. Auch das dürfte den Verantwortlichen bei Red Bull ein Lächeln auf das Gesicht gezaubert haben. An RB Leipzig scheiden sich ja oft die Geister. Oft kommen die Wörter Kommerz oder Kunstprodukt sowie gerne auch die fehlende Tradition zur Sprache. Retortenfußball ist auch noch so ein Schlagwort. Rotebrauseblogger fasst in seinem lesenswerten Bericht vom Spiel (er war live vor Ort in der Red Bull Arena dabei) die Thematik so zusammen:

,,Ich habe jedenfalls jede Minute des Spiels genossen und wenn das, was da gestern Abend los war, Retorten- oder Kommerzfußball gewesen ist, dann kann ich Retorten- und Kommerzfußball ziemlich gut leiden. Wie sich Mannschaft und Publikum über 90 Minuten gegenseitig hochgeputscht und zu emotionalen Höchstleistungen getrieben haben, war sehr schick.“

Da dürften die Kritiker von RB Leipzig momentan nicht viel zu lachen haben. Ich halte die Diskussion über Kommerzfußball eh für scheinheilig. Profifußball funktioniert ohne Geld nicht. Wie war das mit der Meisterschaft vom VfL Wolfsburg im Jahr 2009? Kann sich noch jemand an die Unsummen an Geld bei Einkäufen für die Werkself von Bayer Leverkusen in der Ära Calmund erinnern? Was ist mit der an die Börse gegangenen Marke Borussia Dortmund? Zum Glück habe ich zum damaligen Ausgabekurs keine Aktien gekauft. War ja wohl kein ehrenamtlicher Gang. Also ich sehe die Dinge entspannt.

Roman Abramowitsch, Uli Hoeneß, St. Pauli und der Kommerz

Geld und Fußball bilden ein Geschwisterpaar. Das ist keine spektakuläre Aussage. Ob Chelsea London, Bayern München oder St. Pauli. Keiner ist als romantisches Einzelkind ohne Geld unterwegs.

2003 ging ein Raunen durch die Fußballwelt. Ein bis dato in Deutschland fast unbekannter Mann mit dem Namen Roman Abramowitsch kaufte Chelsea London für 60 Millionen Pfund.  Der Vollwaise übernahm außerdem die Schulden des Fußballvereins in Höhe von 80 Millionen Pfund. Jener Selfmade Milliardär sollte Uli Hoeneß später im Jahr 2006 ablösefrei den Mittelfeldstar Michael Ballack abluchsen. Den Werdegang von Roman Abramowitsch haben die beiden Journalisten Dominic Midgley und Chris Hutchins im Buch Der Milliardär aus dem Nichts – Roman Abramowitsch auf 316 Seiten beschrieben. Meine Liebste schenkte mir das Buch auf meinen Wunsch hin zu Weihnachten 2005. 

Eine grandiose Geschichte über den Chelsea Eigner Roman Abramowitsch. Midgley und Hutchins haben intensiv und brilliant Recherche betrieben. Die Autoren zeichnen den Weg vom Vollwaise zum Chelsea Besitzer spannend nach. Roman Abramowitschs taktische Raffinesse im Umgang mit Boris Jelzin und Wladimir Putin wird ebenso aufgezeigt wie seine weitverzweigten Geschäftstätigkeiten nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion im Jahr 1991. Während einige Oligarchen ins Exil mußten oder wie der einst reichste Mann Russlands, Michail Chodorkowski, ins Gefängnis kamen, übernahm Abramowitsch auch gleich noch das Sponsoring des Moskauer Club ZSKA mit 54 Millionen Dollar in 3 Jahren. Roman Abramowitsch hatte realisiert, das Wladimir Putin Herr der Gefängnisse ist.

Bei der Kaufpreissumme von Chelsea handelte es sich, an Abramowitschs Maßstäben gemessen, um Kleingeld. Nach der Besiegelung des Deals wurde mit Evian angestoßen. Das Buch zeigt deutlich das Geld Tore schießt. Chelsea war ja vor dem Kauf von Abramowitsch ein angeschlagener Fußballclub der Arsenal London hoffnungslos hinterhertrabte. Für die Chelsea Fans ist er ein Glücksfall und ein finanziell sehr großzügiger Wohltäter. Das Buch fesselt von Anfang bis Ende wie ein dramatisches Fußballspiel. 

Szenenwechsel. Uli Hoeneß war kürzlich beim Sparkassenforum in Neustadt/Aisch. Die Markgrafenhalle war bis auf den letzten Platz besucht. Der frühere Bayern München Manager und jetzige Präsident sprach Klartext.   Bratwurstfabrikant Hoeneß referierte zum ThemaDer Weg des FC Bayern München von einem Fußballverein zu einem Wirtschaftsunternehmen. Das mag Nostalgiker schmerzen. Dabei ging es in meiner Erinnerung (seit 1973 verfolge ich intensiv das Fußballgeschehen) schon immer auch um Geld. Die Summen waren nur kleiner. Erinnert sei an das erste Jahresgehalt von Günter Netzer bei Real Madrid. Oder die kolportierte Summe vom Werbevertrag von Franz Beckenbauer mit dem Tütensuppenhersteller Knorr. Uli Hoeneß seine Rede wurde übrigens mehrfach von stürmischen Beifall unterbrochen.

Die verstärkte Entwicklung und Durchdringung des Fußball vom Kommerz ist jedoch augenscheinlich und nicht vom Tisch zu wischen. Da macht übrigens auch das kultige St. Pauli keine Ausnahme. Im Merchandising rollt zum Beispiel so richtig der Rubel. Mitglied in der Top Ten der Umsätze im Fanartikelverkauf in Deutschland. Auch bei der Vermarktung der Zuschauerplätze hat der Kommerz längst Einzug gehalten. Das Tages-Séparée kostet stolze 4.500 Euro zzgl. der gesetzlichen Mehrwertsteuer und inkl. 12 Sitzplätzen. Weitere Sitzplätze können a 350 Euro geordert werden. Bei den Spielen gegen Borussia Dortmund, Schalke 04, Werder Bremen und den FC Bayern München gibt es den geschmeidigen Top-Spiel Aufschlag. Das Tages-Séparée ist dann für 6.000 EURO zzgl. Mehrwertsteuer inkl. 12 Sitzplätzen zu bekommen. Weitere Sitzplätze werden dann für 500 Euro angeboten. Das Geschwisterpaar Fußball und Geld geht auch bei St. Pauli Hand in Hand.