Nachdenkenswert #304

,,Juventus Turin bringt Fiat werbemäßig auch einen Nutzen. Die spielen mal in Amerika und werden weltweit im Fernsehen übertragen. Nehmen wir Inter Mailand. Der Präsident hat ein Catering-Unternehmen. Der hat den Umsatz, seit er Präsident ist, wie er mir vor kurzem erzählt hat, von 70 000 auf 110 000 Portionen Pasta am Tag gesteigert.“

Karl-Heinz Rummenigge, im Spiegel Interview im September 1989 über die Zukunft des Profifußballs. Rummenigge spielte selbst von 1984 bis 1987 bei Inter Mailand. Im Interview macht er sich auch Gedanken um die Zukunft der Stadien, schlägt ein Einkaufszentrum Karstadt im Stadion vor und skizziert einen Familiennachmittag an einem Bundesligaspieltag, hielt bereits damals die Kapitalgesellschaft für die bessere Organisationsform von Fußballvereinen, schaute sehnsüchtig nach Monte Carlo wo der Prinz ein modernes Stadion mit Aufzügen und Rolltreppe errichten ließ, fand die Senkung von Ticketpreisen nicht gut fürs Geschäft inklusive Seitenhieb an Schalke 04, bilanziert eine ins offene Messer laufende Borussia Dortmund Mannschaft im damaligen Westfalenstadion ob des Zuschauerdrucks im Ruhrgebiet und plaudert über eine Anekdote mit Uli Hoeneß, dem er attestiert „ein kleiner Tiriac“ zu sein, als dieser eine Offerte von Juventus Turin für Rummenigge abwehrte mit der Kompensation neuer Werbeverträge.  

Der Hat-Tip für das Fundstück geht an Trainer Baade.  

Nachdenkenswert #248

Traveler Digital Camera

,,Nimmt man den Hauptsponsor der Bayern, die Telekom, die handgeschätzt 30 Millionen Euro pro Jahr in den Münchener und damit in ihren eigenen Firmen-Erfolg investieren, dann darf man sich fragen, was wohl für einen Geldgeber wie Red Bull mit relativ exklusiver Werbewirkung bei RB Leipzig, eine angemessene Summe wäre, die er im Einklang mit der UEFA in einen deutschen Erstligisten stecken dürfte. Wesentlich mehr zumindest als die 45 Millionen Euro in drei Jahren, davon kann man ausgehen. Und vermutlich ließen sich auch mehr als die 30 jährlichen Telekom-Millionen aus Firmensicht relativ gut verargumentieren.“

Rotebrauseblogger Matthias Kießling, geht einer polemischen Äußerung von Karl-Heinz Rummenigge in Sport Bild nach und fragt: Financial Fairplay als Instrument gegen Red Bull?

Sportinsider gibt Karl-Heinz Rummenigge die Bestnote

Es muss das Jahr 1978 gewesen sein. Meine hübsche Klassenkameradin und bezaubernde Banknachbarin fragte mich Löcher in den Bauch. Sie wollte alles wissen über einen gut aussehenden jungen Mann. Ihr Schwarm war ein blonder Fußballer. Er war Nationalspieler der deutschen Nationalmannschaft. Sein Name: Karl-Heinz Rummenigge. Bereitwillig gab ich Auskunft. Sie zapfte mein Wissen hemmungslos an. Dann kam irgendwann die Frage aller Fragen:

„Können wir Weltmeister werden? Er ist ja mit dabei.“

Nun, wir gingen damals in die 35. Polytechnische Oberschule. Standort Leipzig. Die deutsche Einheit war bereits in unseren Herzen irgendwie vorweggenommen. Natürlich drückten wir der deutschen Fußballnationalmannschaft des Westens, der BRD, der Bundesrepublik oder wie auch immer wir uns im Dschungel der Länderbezeichnung in unserer kleinen Welt  zurechtfanden, beide Daumen.  Die Hoffnung ruhten selbstverständlich auch auf dem Stürmer Karl-Heinz Rummenigge bei der bevorstehenden Fußball-WM 1978 in Argentinien. Der Verlauf und speziell das Ende der WM 1978 mit dem Aus und der ruhmlosen Niederlage gegen Österreich in Cordoba ist ja allseits bekannt.

Später holte er 1980 mit der deutschen Fußballnationalelf den Europameistertitel und wurde Europas Fußballer des Jahres. Rummenigge holte sich diese Auszeichnung auch gleich noch ein Jahr später. Bei der Weltmeisterschaft 1982 und 1986 stand der Stürmer jeweils im Endspiel ohne jedoch den Weltmeistertitel in den Händen halten zu dürfen. Italien war 1982 einfach zu stark. Ja und 1986 gab es da auf der gegnerischen Seite einen Spieler namens Maradona und selbst Rummenigges Anschlußtreffer zum zwischenzeitlichen 1:2 sowie der spätere Ausgleich durch Rudi Völler hielten Argentinien in dem Finale nicht auf.

Karl-Heinz Rummenigge ist in diesen Tagen ein vielbeschäftigter Mann. Erst die Unterschrift auf den Scheck mit den 7 Nullen und dann muss er sich das Gerede vom WM-Titel 2014 anhören. Rummenigge musste auf Sport BILD Plus mit einem Statement einschreiten sowie Kapitän Lahm widersprechen. Dabei ist die Südamerika These von Karl-Heinz Rummenigge nicht neu. Bereits nach dem Scheitern von Übungsleiter Löw mit seiner Elf im Sommer während des europäischen Turniers in der Ukraine und Polen, sprach der dreifache Torschützenkönig der Bundesliga und zweifache Vizeweltmeister Karl-Heinz Rummenigge Klartext am 15. Juli in Bild am Sonntag:

„Wenn ich hingehe und als Ziel vorgebe, Europameister zu werden, aber im Halbfinale rausfliege, dann ist Kritik nachvollziehbar. Philipp Lahm hat es richtig gesagt: Zu jeder großen Mannschaft gehören große Titel. Und diesen großen Titel hat unsere Nationalmannschaft nun schon zum dritten Mal hintereinander nicht geholt“

Er zog den Kreis dann gleich weiter bis 2014. Fußball-WM in Brasilien. In puncto WM-Hoffnung auf den Titel der deutschen Mannschaft bremste Rummenigge die Euphorie ein und wies auf seine Favoriten hin:

„Ich wünsche ihnen, dass sie 2014 in Brasilien besser abschneiden. Aber ich sage voraus: In Südamerika wird eine südamerikanische Mannschaft Weltmeister“.

Während Karl-Heinz Rummenigge die Dinge realistisch einschätzt und wohl auch seine Erfahrung mit der Stärke südamerikanischer Mannschaften aus seiner eigenen WM-Laufbahn einfließen lässt, spricht der neue DFB-Sportdirketor  Robin Dutt von:

,,Diese Generation hat langsam einen Titel verdient. Sie hat eine Entwicklung gemacht in einem rasenden Tempo, und jeder möchte nun auf dieser Endstufe den Titel haben“

Nun, die goldene Generation der exzellenten Fußballer aus Portugal um Figo hatte auch irgendwann eigentlich langsam den Titel verdient. Die Ballkünstler mit der exzellenten Technik mussten auch ohne internationalen Titel bei einer EM oder WM abtreten. Das Leben ging auch in Portugal weiter.

Die gegensätzlichen Welten von Borussia Dortmund und Hansa Dortmund

Natürlich ziert sich der eine oder andere noch mit den Glückwünschen für die Meisterschaft von Borussia Dortmund. Der ehemalige Torschützenkönig der Fußballbundesliga, der blonde Stürmerstar Karl-Heinz Rummenigge, war in der Schwäbischen Zeitung mit der defensivesten Variante aller Noch-Nicht-Glückwünsche zu vernehmen:

,,Dortmund wird zu 99 Prozent Meister. Aber wir gratulieren trotzdem erst, wenn es auch mathematisch feststeht. Die paar Wochen werden die Borussen jetzt auch noch warten können.“

Rummenigge und Mathematik ist ein Kapitel für sich.

 Ottmar Hitzfeld kann ein Lied davon singen. Verlieren wir jedoch nicht den Blick auf die Großstadt in Nordrhein-Westfalen. In den Kneipen floss das Bier inflationär in die Kehlen der siegestrunkenen BVB Fans. Doch in Dortmund gibt es auch Abstiegssorgen. Der Schachclub Hansa Dortmund e.v. ist davon geplagt.

Chesstigers konstatiert trotzdem keine Weltuntergangsstimmung:

,,In Dortmund ist die Laune trotz des vermeintlichen Abstiegs ungebrochen bestens. Das Team um Mannschaftsführer Andreas Warsitz tut alles, um den Schachfans in Revier einen schönen Saisonabschluss zu präsentieren. Mit dem Festsaal des Westfälischen Industrieklubs wurde ein toller Spielort organisiert und sportlich hat man sich auch noch nicht aufgegeben.“

Momentan hängt der Schachclub Hansa Dortmund in der Schachbundesliga  auf dem vorletzten Tabellenplatz, eingerahmt von USV TU Dresden und dem Schlusslicht SC 1950 Remagen. Die Schachspieler berühren natürlich die Emotionen nicht so wie die Fußballer. Wikipedia ist da auch ziemlich hart in der Ausgrenzung:

,,Wahrzeichen der Stadt sind die Reinoldkirche, die Westfalenhalle, das Dortmunder U und der Florianturm.

Sportliches Aushängeschild der Stadt ist der Fußballverein Borussia Dortmund.“

Derweil tragen die Bayern Trauer. Zwei Jahre ohne Meisterschaft ist gar nicht prickelnd. Gute Stimmung geht anders.  Oder geht da etwa doch noch was? Der recht meinungsstarke Schalke-Boss Clemens Tönnies tönt bei bild.de von einem 3:2 Sieg gegen Borussia Dortmund. Nun dann.

Benchmarking der UEFA

Freund und Helfer Wikipedia klärt uns auch über Benchmarking auf:

,,Benchmarking (= Maßstäbe vergleichen) bezeichnet die vergleichende Analyse von Ergebnissen oder Prozessen mit einem festgelegten Bezugswert oder Vergleichsprozess (von engl. Benchmark).“

Nun, die UEFA hat sich auch mit Benchmarking beschäftigt. In Ihrem Report sind Zahlenkolonnen, viele Statistiken etc. von über 50 Fußballligen Europas ausgewertet worden.

Auslastung der Fußballarenen, Zuschauerzahlen pro Durchschnitt oder der prozentuale Anteil von den aktuellen Einsatzminuten in der Königsklasse Champions-League mit eigenen ausgebildeten Fußballern.

Das Schweizer Fachblatt Sponsoring extra online mit Sitz in Bern, hat  ein paar Zahlen und Hintergründe vom Benchmarking der UEFA interessant aufbereitet. Bei den durschnittlichen Zuschauerzahlen der Saison 2010/2011 liegt die Bundesrepublik Deutschland sehr klar auf dem Platz 1 vor England, Spanien, Italien und Frankreich. Im illustren Top Ten Kreis befinden sich auch die Niederlande, Schottland, Russland, die Schweiz sowie die Türkei.

Zur erfreulichen Zuschauerzahl Deutschlands beim allseits sehr beliebten und frequentierten  Spektakel Bundesliga tragen  natürlich auch die sehr intensiv besuchten Arenen in Dortmund, bei Schalke 04 oder in München bei.

Gestern Abend sahen die Zuschauer ja ein spektakuläres Torspektakel. Das Hamburger Abendblatt titelt „Mörderspiel“ in Dortmund – alle Tore im Video! und Uli Hoeneß sowie Matheversteher Rummenigge dürften sich über die unerwartete Schützenhilfe des ehemaligen Bayern Spielers Bruno Labbadia mit seiner VfB-Elf gefreut haben.

Vor ein paar Tagen schrieb ich hier im Blog unter Wie ist das eigentlich mit den 5 Punkten Vorsprung von Borussia Dortmund auf Bayern München?:

,,Klopp ist noch lange nicht durch.“

Ein (erwarteter) Sieg von Rekordmeister Bayern München bei den fränkischen „Freunden“ vom Club würde ein abschmelzen des einstigen 7-Punktevorsprungs von Dortmund auf magere 3 Pünktchen bedeuten.

Die verlorene Ehre von Louis van Gaal

Seit 1973 habe ich ein Faible für Bayern München. Eine lange Zeit. Ich habe Trainer kommen und gehen sehen. Am Tag der Demission von Vereinstrainer-Novize Klinsmann sendete die ARD gar einen Brennpunkt oder so etwas in der Art. 

Danach übernahm Trainer Jupp Heynckes, eigentlich bereits im Ruhestand, für 5 Spiele den ruhmreichen Fußballverein Bayern München. Eine Interimslösung. Es sei jetzt wieder ein Fußball-Lehrer am Werk, war aus der Münchner Chefetage zu vernehmen. Am Tag der Entlassung von Klinsmann gab Manager Uli Hoeneß auf der Pressekonferenz sein Statement zur langfristigen Trainerplanung ab und stellte klar:

,,Das beste Konzept auf dem Papier nutzt nichts, wenn die Ergebnisse nicht stimmen. Unser Wunsch ist es, einen Trainer  zu finden, der es schafft, über drei, vier Jahre eine Mannschaft zu formen.“ 

Es wurden damals viele Namen von der Presse gehandelt. In meinen Notitzen im schwarz-roten Büchlein finden sich der damals vereinslose Luiz Felipe Scolari, Gerard Houllier, der St. Petersburg Coach Advocaat, Göran-Eriksson (hatte gerade einen Rauswurf in Mexiko zu verkraften), Oliver Kahn, Stefan Effenberg oder Paul Breitner. Ich muss im Notitzbuch umblättern…

Es finden sich weitere Namen. Der Roberto Mancini (arbeitslos), Carlo Ancelotti (Milan) oder Inter Coach Jose Mourinho wurden in den verschiedensten Gazetten aufgezählt und als mögliche Nachfolger in die Lostrommel geworfen. Doch es waren auch die vereinslosen Michael Laudrup oder Didier Dechamps in der Gerüchteküche gesichtet worden. Arsene Wenger, der 59-Jährige Grandseigneur des FC Arsenal, oder der damalige Real Madrid Coach Bernd Schuster standen ebenfalls für Momente im Raum. Auch Mathias Sammer wurde aufgezählt. Für Martin Jol sprachen die neun Spiele des Niederländer für Bayern München in der Saison 1978/79. Stallgeruch etc.

Am Ende wurde Louis van Gaal der neue Trainer von Bayern München. Tiefes durchatmen in München. Karl-Heinz Rummenigge hatte auf der legendären Pressekonferenz anlässlich der Demission von Jürgen Klinsmann gesagt:

,,Es muss jemand sein, der von der Mannschaft und der Öffentlichkeit respektiert wird.“ 

Spätestens seit Sky, Uli Hoeneß und die Raubtierfütterung war der Respekt nicht mehr im notwendigen Maß für Louis van Gaal zu spüren. Die Polterei von Uli Hoeneß musste an der Ehre von Louis van Gaal kratzen. Der Niederländer hat Fehler gemacht. Gar keine Frage. Einige Versäumnisse vom Feierbiest listet Reality Check beim sportmedienblog unter dem Titel Die Ära van Gaal, eine (Re)Kapitulation auf. Gezieltes Einkaufen um die Mannschaft punktuell zu stärken und sie auf ein breiteres Fundament zu stellen gehörte nicht zur Kernstärke von Louis van Gaal. Das Thema Kommunikation mit Hoeneß und Co. könnte sicherlich ganze Lehrbücher füllen.

Die jetzige Lösung, den Meistercoach bis zum Saisonende zu behalten, ist eher auf den fehlenden Plan B der Bayern-Führung zurückzuführen. Im Moment war einfach kein geeigneter Coach sofort zur Stelle. Louis van Gaal wird die letzten Spiele wie unter dem Vergrößerungsglas absolvieren. Musste er sich eigentlich nicht mehr antun.

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