Fußball-WM 2014: Meine Tage mit Übungsleiter Löw (31)

Fußball-WM 2014: Meine Tage mit Übungsleiter Löw (31)

Vor 40 Jahren sah ich erstmalig ein Spiel um Platz 3 im Fernsehen. Die Paarung lautete Brasilien gegen Polen. Die spielerisch und technisch sehr starke polnische Mannschaft mit dem exzellenten Torwart Tomaszewski, Weltklassespielern wie Deyna, Szarmach, Gadocha und Lato hatte ein eindrucksvolles Turnier in der Bundesrepublik hingelegt. Nur in der Wasserschlacht von Frankfurt, jenem intensiven Regenspiel gegen Deutschland, mussten sie sich knapp geschlagen geben. Der polnische Trainer Kazimier Gorski hatte ein feines Händchen im Umgang mit seinen Spielern. Der Olympiasieger von 1972 bezwang dann im kleinen Finale den entthronten Weltmeister Brasilien damals 1974 mit 1:0 durch einen Treffer vom damaligen Torschützenkönig Lato. Er vollendete nach einem Sprint über das halbe Feld. Sein siebenter Torerfolg im Turnier. Grezegorz Lato sollte auch noch 1982 für Polen stürmen und wurde bei der WM in Spanien ebenfalls Dritter.Traveler Digital Camera

Brasilien musste sich 1974 in der Zwischenrunde mit Argentinien, der DDR und der Niederlande der großen Mannschaft um Johan Cruyff geschlagen geben. Große Lust auf das Spiel um die Goldene Ananas an jenem 6. Juli in München hatten sie nicht. Dies ist heute, nach dem historischen 1:7 im Halbfinale gegen das Team von Übungsleiter Löw, nicht anders. Auch aus holländischen Kreisen (Louis van Gaal, Arjen Robben) hielt sich die Lust auf ein Trostpflasterspiel am heutigen Samstag arg in Grenzen.

Brasilien – Niederlande

Samstag, 12. Juli, 22.00 Uhr, Brasilia, im ZDF

Dann bringt es halt über die Runden.

Fußball-WM 2014: Meine Tage mit Übungsleiter Löw (24)

Fußball-WM 2014: Meine Tage mit Übungsleiter Löw (24)Traveler Digital Camera

Heute stehen die letzten beiden Viertelfinalspiele bei den monetären Festspielen der FIFA an. Argentinien gegen Belgien gab es 1986 im Halbfinale in Mexiko. Diego Maradona überlistete den belgischen Keeper Pfaff zweimal vor offiziell 114.500 Zuschauern. Die eigentlich spektakulären Spiele lieferten beide Teams davor im Halbfinale ab. Maradona erzielte gegen England das Jahrhunderttor und das Handballtor Gottes. Die starken Belgier siegten gegen Spanien mit 6:5 n. Elfmeterschießen (1:1, 1:1). Ceulemanns hatte für Belgien das Führungstor in der 35. Minute erzielt. Spanien glich durch Senor in der 85. Minute aus. Schiedsrichter der damaligen Partie übrigens Sportfreund Kirschen aus der DDR.  Doch schwenken wir in das Jahr 2014. Belgien bisher in der Vorrunde sehr effektiv, jedoch nie so richtig von der Kette gelassen. Das war gegen die USA ganz anders. Jedoch war die Chancenverwertung katastrophal. In der Verlängerung dann das verdiente 2.0. Den Anschlußtreffer ließ man schnell zu und musste sich dann der physischen und mentalen Power der  Amerikaner entgegenstemmen.

Nochmal gut gegangen. Gegen Argentinien wird es weniger Chancen geben. Viel weniger. Die Gauchos bisher auch noch nicht richtig mit voller PS unterwegs, jedoch war auf Messi bisher Verlass. Will Lionel Messi nicht in der Ahnengalerie von Michel Platini, Johan Cruyff etc. landen, die grandiose Spieler zu ihrer Zeit waren, jedoch ohne Weltmeistertitel blieben, muss dieses Spiel gegen das vor dem Turnier als Geheimfavorit gehandelte Belgien gelingen.

Ich erwarte ein Weiterkommen von Argentinien.

Taktikfuchs Louis van Gaal widerlegt die Prognose von Erik Meijer

Apropos Johan Cruyff. Da  wären wir elegant übergeleitet zum Spiel der Holländer. Der aktuelle Star in der sympathischen Mannschaft von Taktikfuchs Louis van Gaal ist Arjen Robben. Nach dem überragenden Auftaktsieg am 13. Juni gegen Spanien erwähnte der sympathische und smarte Bayern München Spieler bereits auch die starke Physis seines Teams.

“Es war ein Superspiel. Das muss man genießen, genießen, genießen! Ich hatte immer sehr viel Vertrauen in diese Mannschaft. Physisch sind wir sehr gut, das hat sich ausgezahlt. Und wir können Fußball spielen.”

Diese Physis bekam Mexiko im Gluthitzespiel im Achtelfinale zu spüren. Davor musste auch Chile dran glauben sowie die unbequemen Australier. Mit diesen vier Siegen in Folge dürfte das Selbstbewusstsein noch ein paar Prozente im Team gestiegen sein. Der Turnierbaum würde ein etwaiges Halbfinale gegen Argentinien bereithalten. Oder Belgien. Beides wäre reizvoll. Doch ein Schritt nach dem anderen. Louis van Gaal hat mich als Coach, der wirklich einen Matchplan hat, taktische Feinjustierungen während des Spiels situativ vornimmt und eine Gewinnermentalität vorlebt, mehr wie überzeugt. Ich war bereits bei seiner Zeit bei Bayern München Louis van Gaal Fan. Würde ihn heute nur ungern frühzeitig aus dem Turnier entlassen wollen. Übrigens hatte Erik Meijer, einstiger Bundesligaspieler bei Bayer Leverkusen und dem HSV vor der WM im Sonderheft der WM von Sport Bild auf Seite 120 folgende Einschätzung vor dem Turnierstart gegeben:

,,In der Defensive ist der Kader sehr dünn, es mangelt an Spielern von Weltklasseformat. Somit wäre das Erreichen des Achtelfinals bereits ein Erfolg. Womöglich auch das Maximum.“

Aber so ist das ja generell mit den sogenannten Expertenmeinungen. In der Woche vor dem Beginn der WM plauderte Paul Breitner, Weltmeister von 1974, bei einer Veranstaltung in der Erlebniswelt der Allianz Arena davon, Spanien sei sein absoluter Turnierfavorit.

Costa Rica nahm die gute Form der Qualifikation mit ins Turnier

Ich muss an dieser Stelle Abbitte beim Team von Costa Rica leisten. Trotz der guten Qualifikation traute ich ihnen nicht das Überstehen der Gruppenphase zu. Sorry. Klar in der entscheidenden Gruppenphase der Nord-und Zentralamerika-Zone hatten sie ein großes Achtungszeichen gesetzt. Zweiter hinter der USA und sieben Punkte vor Mexiko. Dazu die beste Defensive. Doch da war auch die Heimstärke von 5 Siegen in fünf Spielen, die ich nicht übertragbar für das Turnier in Brasilien hielt. Trainer Jorge Luis Pinto ist in Sachen Motivation einer der besonders emotionalen Vertreter seiner Berufszunft. Garant für das Weiterkommen im Achtelfinale gegen Griechenland war Keeper Keylor Navas. Der 27-Jährige Torwart von UD Levante hielt seine Mannschaft auch in Unterzahl im Spiel und setzte das I-Tüpfelchen beim Elfmeterschießen mit seiner entscheidenden Parade gegen Gekas. Doch die Niederlande sind, bitte nicht böse sein in Athen, Piräus etc., doch nochmal eine ganz andere Liga.

Ich erwarte ein Weiterkommen der Niederlande.

Argentinien – Belgien  

Sonnabend, 05. Juli, 18.00 Uhr, Brasilia, im ZDF

Niederlande – Costa Rica

Sonnabend, 05. Juli, 22.00 Uhr, Salvador, im ZDF

Kicker, Sport Bild, 11 Freunde, Transfermarkt, Bravo Sport und Co. WM-Sonderhefte bei Meedia im Vergleichstest

Das sportliche Hauptereignis des Jahres 2014 rückt näher. Gar keine Frage. Fußball ist für viele die schönste Nebensache der Welt. Sehr zum Leidwesen derjenigen, die dem runden Leder und der medialen Überhöhung nicht viel abgewinnen können. Ich bin fußballbegeistert. Dabei hat sich in den Jahrzehnten auch eine illustre Sammlung an Büchern einen Platz bei mir gesucht. Auch das eine oder andere Sonderheft hat sich dabei charmant Zugang verschafft.Traveler Digital CameraTraveler Digital Camera

Die Zeit der WM-Sonderhefte ist wieder angebrochen. Wer hat das informativste und schönste Publikationsteil auf den Markt gebracht? MEEDIA hat sich der Sache angenommen und 11 Hefte einem intensiven Vergleichstest unterzogen in den sieben Kategorien Aktualität, Infos & Analyse, Teams, Gimmicks, Experten, Land & Leute sowie Preis/Leistung. Sie haben den Test heute veröffentlicht und gehen auf die einzelnen WM-Sonderhefte ein. Hier geht es zu Teil 1 und hier zu dem abschließenden Teil 2 des Meedia Vergleichstests. Ihr Fazit:

,,Der kicker ist erneut das Muss für jeden Fußballfan, ergänzend kann als Lesestoff das 11-Freunde-Heft empfohlen werden. Einzelne gute Ideen finden sich in Sport Bild, FourFourTwo und dem Countdown. Statistik-Fans greifen ohnehin zum Transfermarkt, hoffen beim nächsten Mal aber auf mehr Aktualität. Dem Nachwuchs kann ruhig das Bravo-Sport-Magazin gekauft werden, der Rest sollte am Kiosk liegen gelassen werden.“

Kicker hat ja von den 11 Sonderheften auch ein Alleinstellungsmerkmal. Sie haben als einzige ein Interview mit Übungsleiter Löw drin. Er dimmt dort die Erwartungshaltung in puntco etwaiger vierter Weltmeistertitel für die DFB-Elf. Siehe auch Übungsleiter Löw dämpft die Erwartungen im Kicker Sonderheft zur Fußball-WM 2014. Traveler Digital Camera

Das Ergebnis von Meedia ihrem Sonderheft Vergleichstest wird nicht jeden gefallen. Das liegt in der Natur der Sache. Kicker, Mega Sport, FourFourTwo, Transfermarkt, Sport Bild, 11 Freunde, Bravo Sport, Countdown, Offizieller Turnierleitfaden, Total Sport und Fußball Live waren die 11 untersuchten Publikationen von Meedia. Es wird erfreute Gesichter gegeben haben, es wird aber auch bei dem einen oder anderen Herausgeber vielleicht eher etwas desillusionierte Gesichtszüge gegeben haben.Traveler Digital Camera

Übrigens ein Gerd Müller täte der deutschen Nationalmannschaft 2014 auch gut. Sein Tor unmittelbar vor der Halbzeit 1974 im Endspiel in München gegen die Niederlande sicherte jenen 2:1 Vorsprung in die Pause, den Maier, Schwarzenbeck, Vogts und Co. in der 2. Hälfte gegen die spielerisch beste 74er Mannschaft von König Johan Cruyff aufopferungsvoll verteidigte. Der Legende nach soll Beckenbauer in jener Abwehrschlacht einen Großteil seiner Haare verloren haben. Der elegante Libero köpfte aufopferungsvoll unzählige Bälle aus dem Strafraum. Nicht zu vergessen Sepp Maier. Der Weltklassetorwart brachte die Niederländer zum Verzweifeln. Johan Cruyff resignierte ob der Hartnäckigkeit des Gladbacher Verteidigers Berti Vogts. Jene Manndeckung, über den ganzen Platz behagte König Johan sichtlich nicht. Im Training soll Vogts damit bereits Günter Netzer genervt haben, so eine weitere kolportierte Legende.

Meedia mit einem Geheimtipp

Jetzt bin ich fast ein wenig abgeschweift. Zurück zu den Heften. Es gibt noch einen Bonus. Denn Meedia in Person von Jens Schröder belässt es im Finale des großen Vergleichstest der Fußball-WM-Sonderhefte nicht nur bei der Aufstellung der 11 untersuchten Publikationen. Es gibt auch noch für den geneigten Leser einen Geheimtipp an die Hand:

,,Bonus-Tipp für Fußball-Taktik-Nerds: Allen, die sich noch intensiver auf die WM vorbereiten wollen, sei eine Publikation empfohlen, die zwar nicht auf Papier erscheint, dafür aber digital. Das hervorragende Fußball-Taktik-Blog Spielverlagerung hat in dieser Woche seine “WM-Vorschau” veröffentlicht – als 363-Seiten-PDF für 6,95 Euro. Geboten werden dem Hardcore-Fan Taktik-Analysen aller 32 Teams in ungeahnter Detail-Tiefe.“

Entscheidend ist es dann auf dem Platz. Lothar Matthäus meldete sich dieser Woche auch zu Wort und gab seinen Weltmeistertipp kund. Wenn ich es recht vernommen habe, ist sein Tipp Argentinien. Ja, diese Finalniederlage Deutschlands 1986 gegen Maradonas Mannschaft hat sich tief eingebrannt. Auch Karl-Heinz Rummenigge, ebenfalls damals im verlorenen Endspiel dabei, bescheinigte den Gauchos bereits vor 2 Jahren eine Mitfavoritenrolle neben Brasilien.

Günter Netzer: „Wir lebten in verschiedenen Welten. Helmut Schön hat das respektiert. Das war seine Größe.“

Platzfrage hin oder her. Für gute Fußballwerke wird sich immer noch ein Platz finden lassen. Die Zeit der WM-Bücher ist auch eine Frage der Selektion. Dieser Tage nahm ich aus meinem Regal das Buch Argentinien 1978 aus der Reihe Süddeutsche Zeitung WM-Bibliothek in die Hand. Traveler Digital Camera

Es war das letzte Weltmeisterschaftsturnier von Bundestrainer Helmut Schön, dem erfolgreichsten Nationaltrainer in der Geschichte des DFB. Vizeweltmeister 1966, WM-Dritter 1970, Weltmeister 1974. Dazu kam der EM-Titel 1972 und die Vizeeuropameisterschaft 1976. An dieser Bilanz müssen sich alle seine Nachfolger messen lassen. Am nächsten kam ihr Franz Beckenbauer mit dem Finaleinzug 1986 und dem Weltmeistertitel 1990. Danach erreichte nur Rudi Völler einen WM-Finaleinzug. Weder den oft in den Medien überschwenglich gehypten Jürgen Klinsmann oder Joachim Löw gelang dieses deutsche Klassenziel. Berti Vogts konnte immerhin 1996 die Europameisterschaft gewinnen. Seither auch keine Domäne der DFB-Elf mehr. Das Kapitel Ribbeck lasse ich hier an der Stelle bewusst außen vor.

Im besagten Fußballbuch über die Weltmeisterschaft 1978 in Argentinien aus der WM-Bibliothek der Süddeutschen Zeitung kommt auf Seite 82 und 83 auch Günter Netzer, den ich kürzlich beim SWR UniTalk in Konstanz smart und entspannt auf der Bühne plaudernd erlebte, zu Wort und schreibt über seinen Bundestrainer unter dem Titel „Wir lebten in verschiedenen Welten. Helmut Schön hat das respektiert. Das war seine Größe.“, in höchster Anerkennung:

,,Und das ist es, was mich Frieden schließen ließ mit Helmut Schön: Er hat es erkannt. Er wusste, dass er uns, diese Mannschaft der ersten siebziger Jahre, einfach laufen lassen musste. Und er hatte es nicht nötig, sich auf unsere Kosten zu profilieren. Er wollte gewinnen, wir wollten gewinnen, wir wussten, dass wir dazu unsere Freiräume brauchten und uns taktische Zuordnungen langweilten, er wusste es auch. Er ließ uns gewähren. Ein großer Trainer. Ein großer Mensch.“

Der gebürtige Dresdner Helmut Schön hatte nicht nur ein Händchen im Umgang mit seinen Spielern, ihm gelang auch die Balance zwischen überragenden sportlichen Erfolg mit der Nationalmannschaft und einer schönen Spielweise. Speziell die Europameisterschaft 1972 lässt Fußballkenner immer noch mit der Zunge schnalzen. Das er hin und wieder doch eine taktische Zuordnung vornahm, wie im WM Finale 1974 mit der Manndeckung von Berti Vogts gegen den niederländischen Regisseur und König Johan Cruyff, war nicht zum Schaden der Mannschaft.

Derweil geht es weiter im WM-Fahrplan von Übungsleiter Löw.

Noch ein abschließendes Wort zum Thema Fußballbuch. Jetzt drängeln ja viele Verlage mit Publikationen in diversen Buchhandlungen und Online-Plattformen. Ich mag dabei auch immer Verlage die eine gewisse Kontinuität und Qualität fernab der reinen Massenware vorweisen können. Dieser Tage werde ich auch nochmal beim Verlag Die Werkstatt vorbeischauen. Deren Fußballbücher haben  oft das besondere, die liebevoll aufbereiteten Werke haben mich da auch noch nie enttäuscht. Auch zwischen den WM-Jahren.

Harald Schmidt erzählt die Franz Beckenbauer Story

Mir fehlt er schon. Deutschlands schärfster Intellektueller. Er brachte die Dinge auf den Punkt. Seine Zunge hatte bisweilen die Schärfe eines mit Chili überwürzten Menüs beim Asiaten. Zeit ein wenig in Nostalgie zu machen.

[Reblog vom 26. Februar 2010]

Harald Schmidt ist Entertainer und ausgewiesener Fußballexperte.

Keiner kann Zusammenhänge so prägnant auf den Punkt bringen wie der Adolf-Grimme-Preisträger. Mit Hilfe der Playmobil Figuren erklärt er allen Fußballfreunden die Geschichte von Franz Beckenbauer. Weggefährten wie Uli Hoeneß, Paul Breitner oder Sepp Maier werden dabei nicht vergessen.

Beckenbauers Geschichte braucht einen 2. Teil. Harald Schmidt knüpft spielerisch an Malente an und bringt auch König Johan ins Spiel. Der Niederländer Cruyff war der große Protagonist während der WM 74. Den Weltmeisterpokal hielt jedoch Kaiser Franz in den Armen.

 

Heute vor 39 Jahren

Es gibt Spiele die vergisst man nicht. Noch Jahrzehnte danach kann sich der Zeitzeuge mit jeder Faser seines Körpers daran erinnern. So auch jenes legendäre Spiel heute vor 39 Jahren auf den Tag genau. Gänsehaut pur.

Jede Einzelheit ist mir noch präsent. Ich kann die Atmosphäre in der Max-Schmeling Villa auch heute noch förmlich aufsaugen. Der Fußballvirus war damals bereits schon in mir. Das er sich nie wieder davon stehlen konnte, dafür sorgte dieser Tag in meiner Kindheit. Die Fußballbegeisterung wurde für ein ganzes Leben manifestiert. Ja, kleiner habe ich es nicht. Mittlerweile brauche ich einfach auch mehr Regalmeter.

Traveler Digital CameraEs gibt ja keine Zufälle. Erst dieser Tage traf ich einen lebenserfahrenen Feyenoord Rotterdam Fan. Stolz trug er das Trikot seiner Lieblingsmannschaft. Wir kamen sofort ins plaudern und landeten erst beim UEFA-Cup Sieg von Feyenoord in der Saison 1973/1974 gegen Tottenham Hotspurs, um dann beim 7. Juli 1974 trefflich zu verweilen. Tatort Münchner Olympiastadion. Niederländer bezeichnen ihn auch oft als schwarzen Tag. Ihre Mannschaft hatte phantastischen Fußball im ganzen Turnier gespielt.

Ein Kader mit der Zunge zum schnalzen. Der charismatische Rinus Michels hatte in sein 22 Mann starkes WM-Aufgebot mit Keeper Treijtel, den Abwehrspielern de Jong, Israel, Rijsbergen sowie den Mittelfeldspielern Jansen und van Hanegem 6 Akteure vom frisch gebackenen UEFA-Cup Sieger Feyenoord Rotterdam berufen.

Im Endspiel gegen Deutschland liefen in der Stammformation Wim Rijsbergen, Wim Jansen und Wim van Hanegem auf. Es wurde ein bitterer Tag für die Rotterdamer mit den Vornamen Wim und ihre Nationalmannschaftskameraden um Johan Cruyff vom FC Barcelona, Arie Haan, Rob Rensenbrink, Jonny Rep, Ruud Krol, Jan Jongbloed und Co. Am Ende gewann Deutschland 2:1 gegen die Niederlande und Franz Beckenbauer, Kapitän der DFB-Elf mit Weltmeistertrainer Helmut Schön, streckte den Pokal in den Münchner Himmel. Der sympathische Feyenoord Rotterdam Fan erinnerte mich voller Freude dann auch noch an einen UEFA-Cup Sieg seiner Mannschaft im Jahr 2002 gegen Endspielgegner Borussia Dortmund.

Vor 35 Jahren bildet sich nach einem Fußballspiel zwischen Deutschland und Österreich der Mythos Córdoba

Die Fußball-WM 1978 hat viele Geschichten. Traurige, fernab des Fußballplatzes. In Argentinien ist die Militärdiktatur an der Macht. Das Turnier soll auch zur Reputation des Regimes dienen.

Wie sauber ist das 6:0 von Argentinien gegen Peru?

Die Brasilianer hinterfragen heute noch jenes ominöse 6:0 von Argentinien gegen Peru. Der damalige Spielmodus versetzte den Gastgeber in die komfortable Situation, zu wissen wie hoch der Sieg ausfallen musste, um in das Endspiel zu kommen. Die Gauchos wussten die Gunst der Stunde gegen eine erschreckend schwach dagegen haltende Mannschaft zu nutzen. Es ranken sich Gerüchte, Vorwürfe und Ungereimtheiten um dieses Peru-Spiel. Europäische Mannschaften haben wieder in dem Vizeweltmeister von München einen würdigen Vertreter. Die Niederländer spielen ohne König Johan Cruyff und kämpfen sich nach 1974 ein weiteres Mal in das Finale, um eine erneute Niederlage gegen den Ausrichter der WM hinzunehmen. Mario Kempes schießt unwiderstehliche Tore und hat einen Lauf. 6 Tore machen ihn zum Torschützenkönig. Trainerstar wird Kettenraucher Menotti.

Österreich setzt in der Qualifikation und in der Vorrunde erste Duftmarken

Österreich hatte sich in der WM-Qualifikation gegen den Olympiasieger von Montreal 76, die Mannschaft der DDR mit Trainerlegende Georg Buschner, durchgesetzt und trumpfte auch in der Vorrunde auf. Spanien und Schweden wurden durch Siegtore von Hans Krankl bezwungen. Selbst die knappe Niederlage in der Abschlusspartie gegen Brasilien konnte den Vorrundengruppensieg nicht verhindern. Österreich hatte eine erste Duftnote in Argentinien gesetzt. Helmut Schön coachte die deutsche Mannschaft ein letztes Mal durch ein Turnier. In der Vorrunde gab es in Buenos Aires ein torloses Remis gegen Polen. Dann folgte in Córdoba ein 6:0 gegen Mexiko. Im abschließenden Vorrundengruppenspiel gab es nochmals ein 0:0. Tunesien war der Kontrahent in Córdoba.

Sportsoziologe Matthias Marschik zu Mythos und Realität von Córdoba

So damit hätten wir bereits die Zutaten für das Mythos-Rezept Córdoba. Deutschland und Österreich trafen nach den Ergebnissen der Vorrunde in der 2. Finalrunde vor 35 Jahren am 21. Juni 1978 aufeinander. Das Spiel ging, damit verrate ich keine Neuigkeit, 3:2 für Österreich aus. Der Radioreporter Edi Finger wurde nachträglich in einen Kultstatus gehoben, den die Fußballer mit dem Sieg ebenfalls erreichten. Im Interview mit der  Wiener Zeitung hat der Sportsoziologe Matthias Marschik auch Stellung zu Mythos und Realität von Córdoba genommen.

,,Córdoba ist inzwischen zu einem Begriff geworden, den verschiedenste Leute in Österreich mit verschiedensten Inhalten füllen. Das heißt, es ist ein leerer Begriff. Ich kann diesen Begriff national auf Österreich anwenden, ich kann ihn aber auch mit Wien verbinden. Es ist ja nicht so, dass die Aversion gegen Deutschland in Tirol oder Salzburg so stark verbreitet wäre wie im Osten Österreichs. Das ist im Grunde eine Wiener Geschichte. Ich kann den Begriff aber auch mit Sport und sogar mit der Politik verbinden, wo die Botschaft lautet, dass der Kleine gegen den Großen, seien es jetzt die Deutschen oder auch die EU, immer noch eine Chance hat. In diesen David-gegen-Goliath-Mythos Córdobas lässt sich alles hineininterpretieren und fast alles auch damit begründen. Daher ist Córdoba auch überall als Begriff so akzeptiert und eigentlich unantastbar geworden.“

In jenem besagten Sommer 78 arbeite ich übrigens erstmalig in den großen Ferien mit meinem Schulkumpel Udo 3 Wochen auf dem Fleischhof. Während einer Fußball-WM. Gutes Timing geht anders. Die Anfahrt zur Ferienarbeit mit der Straßenbahn war immer eine kleine Auswertung des vorrangegangenen Spieltags der WM. Auf dem Werksgelände des riesigen Fleischverarbeiters gab es dann allerdings nichts, was an Fußball erinnerte. Der Fokus lag auf Fleisch, Fleisch und nochmals Fleisch. Wir sahen und erlebten auf dem Fleischhof, dem größten der großen Stadt, auch sehr unappetitliche Dinge. Der Bedarf an Fleisch war auf Wochen gedeckt. Aber dies ist wieder eine andere Geschichte.

König Johan Cruyff

Die Verantwortlichen von Bayern München schauen sicherlich auch nach Amsterdam. Louis van Gaal war doch fast von der Gehaltsliste an der Säbener Straße verschwunden. Da taucht der König Johan auf und führt einen erbitterten Kampf gegen die Personalie van Gaal und dessen neuen Sportdirektor-Engagement bei Ajax Amsterdam.

Michael Horeni zeichnete präzise in der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung ein Bild vom Kampf von Johan Cruyff.

,,Dabei geht es nur auf den ersten Blick allein darum, ob Cruyff doch noch Louis van Gaal als künftigen Sportdirektor verhindern kann. Der ehemalige Bayern-Trainer war über Cruyffs Kopf hinweg von dessen vier Aufsichtsratskollegen, darunter dem ehemaligen Nationalspieler Edgar Davids, für die kommende Saison engagiert worden. Es war eine plumpe Intrige. Seine Kollegen hatten gewartet, bis Cruyff wieder in Barcelona war, dann schickten sie ihm eine Mail an die Adresse seiner Tochter mit der Einladung für ein Treffen am selben Abend in Amsterdam. Es ist allerdings nicht ganz leicht, mit dem Allgegenwärtigen in Kontakt zu treten. Cruyff besitzt kein Handy, eine eigene Mailadresse hat er auch nicht.“

Johan Cryff konnte zu seiner aktiven Spielzeit mit dem Ball tanzen. Weil es immer wieder schön ist, werfe ich nochmals diese atemberaubenden Szenen vom König ein. 

Er war aber auch außerhalb des Spielfeldes immer ein Mann der bis zur letzten Patrone kämpfte. Machtbewusst. Mit riesigen Ego. Selbst Elfmeter trat Johan Cruyff anders. Er war im Sommer 1974 bei der Fußball-WM in den Spielen der niederländischen Mannschaft überragend. Bis das Endspiel gegen Deutschland und Berti Vogts kam. Die Geschichte vom Terrier machte seine Runde. Wadenbeißer der Extraklasse. Kaiser Franz hielt den Pokal anschließend in den Münchner Himmel. König Johan war traurig. Die Fußball-WM blieb eine Unvollendete für ihn.

Doch zurück zur aktuellen Situation. Johan Cruyff zieht jetzt juristisch und mit Hilfe des von Michael Horeni im obigen verlinkten Artikel gut skizzierten Vertrauensverhältnis zum Sportjournalisten mit Reichweite gegen Louis van Gaal zu Werke. Womöglich muss Bayern München ihren einstigen Trainer noch ein wenig mit auf der Gehaltsliste führen.  

Reminiszenz an den El Clásico Real Madrid- FC Barcelona

El Clásico ist gestern Abend mit einem grandiosen 5:0 von Barca gegen die Königlichen aus Madrid zu Ende gegangen.  Sidan hat auf  El Fútbol von 8.00 Uhr bis 23.55 Uhr den kompletten Tag des Countdown leidenschaftlich gebloggt. Sein Fazit:

,,Barca zeigt der Weltöffentlichkeit mal eben, wie die Kräfteverhältnisse im ewigen Duell wirklich aussehen, Real ohne Chance. So eine Klatsche hat Mourinho wohl noch nicht erlebt. Özil spielte nicht mit, Messi war König, Ramos blamierte sich durch seine Aktion bis auf die Knochen. Fünf Null. Unfassbar. An dieser historischen Ohrfeige wird man in Madrid sehr lange Zeit zu knabbern haben.“

Rückblick. In der Saison 1973/74 traf Real Madrid auf Barcelona. In den Reihen der Königlichen stand mit Trikotnummer 10 Günter Netzer. Auf der Seite der Katalanen spielte mit Nummer 9 der unvergessliche König Johan Cruyff.

Nachdenkenswert #62

„Deutschland hat gegen Spanien so gespielt wie gegen England und Argentinien. Das hätte im Halbfinale gegen jede andere Mannschaft gereicht. Nur halt nicht gegen Spanien. Ich persönlich finde es zum Kotzen, dass wir Holländer im Finale nicht gegen Deutschland spielen.“

           Johan Cruyff, Fußballvizeweltmeister 1974, auf spox