Schach schafft es auf die Titelseite der Financial Times Deutschland

Da sage noch einer das deutsche Schach bekommt zu wenig Medienpräsenz in den gedruckten Zeitungen. Es geht heute ausdrücklich nicht um Schachspieler Peer Steinbrück. Über den Honorarkönig sprechen wir ein andermal. Gestern war der 7. November. Das königliche Spiel schaffte es in Form der Causa Bindrich auf die Titelseite der Financial Times Deutschland. Für regelmäßige Nutzer des Internets und aufmerksame Schachfreunde vielleicht etwas verspätet. Es kam mir spontan der Satz von Jeff Jarvis, Buchautor von Was würde Google tun?  und Professor für interaktiven Journalismus an der City University of New York in den Sinn. Im Interview mit der Frankfurter Rundschau am 11.05.2010 sagte er:

,,Das ist doch das Problem an Zeitungen! Die Hälfte der Nachrichten darin kenne ich immer schon aus dem Radio, Fernsehen oder Internet.”

Zur Erinnerung. Der Handyvorfall ereignete sich am 21. Oktober 2012. In der Zwischenzeit ist der Fall ausführlich im Netz behandelt worden. Der Schachgroßmeister Falko Bindrich hat selber eine Stellungnahme am 25. Oktober auf Schachwelt abgegeben. Ausführlich stellt er seine Sicht der Dinge dar und äußert sich auch zur Sonnabendpartie (am 20.10.12) über der bis vor kurzen auch das Damoklesschwert des Protestes schwebte. Doch der Protest der SV Mülheim ist abgewiesen worden. Bleibt also die strittige Sonntagspartie von Schachfreund Bindrich. Alle bedeutenden Schachwebsiten Deutschlands wie chessbase, chesstigers, Jörg Hickels Schachwelt, Schach-Ticker oder die offizielle Schachbundesliga haben sich mit dem Thema der frühzeitig nach 10 Zügen durch den Schiedsrichter beendeten Partie und den Handy-Rahmenbedingungen sowie Begleiterscheinungen inclusive pro und kontra des Regelwerks und des Verhaltens von Falko Bindrich ausführlich beschäftigt.

Schachgroßmeister Jörg Hickel, Spiritus Rector, Organisator und Macher von Schachwelt fragte am 23.10.12:

Betrug nun auch in der Schachbundesliga?!

Nun also die Financial Times Deutschland am 7. November 2012  mit der Titelzeile – Läufer auf WC und dem kuschligen …

,,Die deutsche Schachbundesliga hat einen Dopingskandal: Per Smartphone soll sich ein Großmeister unerlaubte Hilfe geholt haben. Doch der Betrug ist schwer nachzuweisen – Tatort ist eine Toilette“

Einspruch Euer Ehren.  Das war kein Doping. Es ist nicht gespritzt worden. Ein Imageverlust für die Schachbundesliga bleibt der Vorfall dennoch. Gerade auch in Zeiten schwierig werdender Sponsorenakquise für die Schachvereine keine gute Gesprächsgrundlage.

Die Schachbundesliga geht derweil in Runde 3 und  4 am kommenden Wochenende. Auf Schachbundesliga gibt es eine lesenswerte Vorschau von Georgios Souleidis und vielleicht schafft es  Schach auch demnächst mit erfreulicheren Nachrichten auf die Titelseite der Financial Times Deutschland. Der fleißige und umtriebige Georgios Souleidis hat nebenbei auch noch Zeit in seinem Schachblog Entwicklungsvorsprung sich im Nachklapp mit dem European Club Cup zu beschäftigen und ist auf eine ungewöhnliche Stellung gestoßen.

Der Computer bleibt aus

Weihnachten 2011 naht.  Ich habe keinen 500.000 EURO Kredit bei der Frau eines Freundes aufgenommen. Damit es keine Rückfragen gibt: Es wird auch von mir keine öffentlichen Urlaubslisten geben. Soviel Privatsphäre muss sein. Wo kämen wir denn dahin in Deutschland?

Themawechsel. Sport wird es auch 2012 geben. Es sind jedoch von mir noch keine Wetten auf den Europameistertitel der Elf von Übungsleiter Löw beim Buchmacher meines Vertrauens gesetzt worden. Nächstes Jahr steigt das 40. Jahr des Schachmatch des Jahrhunderts. Mal sehen ob eine deutsche Schachzeitung oder eine Schachwebsite den Mut und die Ausdauer hat das Ereignis über 365 Tage zu zelebrieren. Genug Stoff hat Bobby Fischer ja hinterlassen. Doch ich will mich jetzt nicht weiter in einen akribischen aufbereiteten Jahresvorblick für 2012 verlieren. Heute steht noch Kieser Training in Friedrichshafen an. Der Baum lächelt mich auch schon an. Er muss noch aus dem Netz befreit werden. Briefpost möchte ich auch noch einwerfen. Ich weiss, etwas spät. Doch immerhin.

Genug der Vorrede. Hiermit verkünde ich eine offizielle weihnachtliche Power-Blogpause. Es ist Zeit für eigene Rückblicke und einen Ausblick. Dies fernab vom Computer. Internet-Evangelist Jeff Jarvis wird darob vielleicht die Stirn runzeln. Mir egal.

Jede Leserin und jeder Leser möge für sich die Tage im Kreise lieber Menschen richtig gut und friedlich bestreiten. Das Jahr neigt sich gemächlich dem Ende zu und ein kleiner Neuanfang erwartet uns. Täglich grüsst das Murmeltier.

Vielen Dank allen Leserinnen und Lesern sowie weiblichen + männlichen Kommentatoren für die Teilnahme an diesem Blog hier. Ich wünsche gesegnete und erholsame Weihnachten, außerdem einen guten Rutsch ins neue Jahr. Bleibt mir gewogen. Ich hoffe wir lesen uns hier in alter Frische wieder. 

Das Google-Elixier während der Schach-WM Anand-Topalov

Über die letzten Weihnachten habe ich das Buch von Jeff JarvisWas würde Google tun? – gelesen. Das gedruckte Werk gilt vielen Zeitgenossen als die Internetbibel schlechthin. Der amerikanische Vordenker in Sachen Medien ist Dozent an der City University of New York Graduate Scholl of Journalism und einer der bekanntesten Blogger der USA. Jeff Jarvis verweist immer wieder gerne auf die Verlinkungen im Netz und spricht dabei gerne vom Google-Elixier. Ich bin ja pragmatisch veranlagt. Machen wir den Praxistest. Wie oft wurden denn in den letzten 30 Tagen meine angebotenen Links zum Schach-WM-Kampf zwischen Viswanathan Anand und Veselin Topalov auf sportinsider angenommen? Die WordPress Statistik sagt:

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schach-welt.de/blog/wmchat.html 626
live.chessdom.com/anand-topalov-2010-… 315
live.chessdom.com/anand-topalov-2010-… 235
anand-topalov.com/en/live.html 235
susanpolgar.blogspot.com/2010/05/anan… 184
susanpolgar.blogspot.com/2010/05/worl… 163
live.chessdom.com/anand-topalov-2010-… 105
live.chessdom.com/anand-topalov-2010-… 103
live.chessdom.com/anand-topalov-2010-…   85
susanpolgar.blogspot.com   83
zeit.de/sport/2010-04/schach-sofia-da…   80
neues-deutschland.de/artikel/170503.w…   76
susanpolgar.blogspot.com/2010/04/topa…   75
live.chessdom.com/anand-topalov-2010-…   66
susanpolgar.blogspot.com/2010/05/anan…   66

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Da möchte ich fast Großmeister und Verleger Jörg Hickl von der Schachwelt zurufen: Ich nehme auch eine zweijährige gratis Zusendung seiner Schachzeitung in Empfang. Meine Adresse ist im Impressum hinterlegt. Danke. 

Wie sah denn eigentlich der Traffic meiner einzelnen Artikel während der Schach-WM aus?

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Schach-WM-Kampf Anand-Topalov live 1,618
Nachdenkenswert #44 1,446
9. Partie Anand-Topalov Live 1,083
12. Partie Anand-Topalov Live    754
5. Partie Anand-Topalov live      612
8. Partie Anand-Topalov Live    483
7. Partie Anand-Topalov Live    424
4. Partie Anand-Topalov Live    359
Schach-WM-Kampf Anand-Topalov oder die R    318
Schach: Anand gewinnt 12. Partie gegen T    311
Noch 1 Tag bis zum Schach-WM-Kampf Anand    209
11. Partie Anand-Topalov Live    200
10. Partie Anand-Topalov Live    193
Anand powert Topalov in der 4. Partie we    173

Jeff Jarvis würde vermutlich schmunzeln, da bewegt sich was. Das Google-Elixier wird mit Leben erfüllt. Kürzlich sprach er auch auf der re:publica in Berlin. Diese Woche druckte die Frankfurter Rundschau ein 2-seitiges Interview mit dem Medienexperten Jarvis ab.

,,Hier ist die ganze Geschichte, hieß es früher. Bullshit, es war nie die ganze Geschichte, konnte es auch gar nicht sein, schließlich entwickelt sich die Geschichte weiter, während die Zeitung gedruckt wird. Muss ich deswegen meinen Artikel hundertmal umschreiben? Nein. Im Blog kann man den Prozess verfolgen, in den Links stecken die Fußnoten und die Quellen.“ 

Jarvis führt selber mit Buzzmachine einen erfolgreichen Blog. Schwerpunkte sind Technologie und neue Medien. Natürlich sind seine Thesen auch oft provokant. Das veröffentlichen seiner Herzerkrankung oder die Schilderung der Inkontinenz und Impotenz nach der Prostata-Krebs Operation sind durchaus auch umstritten. Er wählt diese absolute Offenheit selbst und ist sich der sensiblen Problematik auch bewusst:

,,Meine Antwort ist: Ich muss vorsichtig sein, andere nicht in mein Glashaus zu bringen. Ich spreche also nicht über die Beziehungen zu meiner Frau oder meinen Kindern, das ist ihre Angelegenheit.“ 

Um nochmal kurz auf die Einleitung zu kommen, das Buch liest sich kurzweilig. Die 404 Seiten habe ich recht zügig über die Weihnachtsfeiertage gelesen. Okay, konsequent wäre es von Jarvis gewesen das Buch im Netz zu publizieren. Er konnte und wollte sich dem Geld des Verlages und all den Annehmlichkeiten nicht entziehen. Auch dies bekennt der Anhänger des Google-Elixier freimütig. 

Hinz und Kunz über den Sportmonat Dezember

Hinz: Hallo Kunz, hast Du es Dir gut gehen lassen?

Kunz: Grüß Dich Hinz. Ja mir ist es sehr gut ergangen. Meine Zunge tanzt heute noch Tango in der Erinnerung an die Putenbrust, den Rotkohl mit Äpfeln und die handgemachten Klöße. Ein wenig gelesen habe ich auch. Die Internetbibel von Jeff Jarvis – Was würde Google tun? -.

Hinz: Gab es interessante Erkenntnisse ?

Kunz: Die 404 Seiten lesen sich kurzweilig. Jarvis provoziert auch gern. Er hat solch Sätze geschrieben wie: „Eine Zeitung kann auf einen eigenen Sportreporter verzichten, wenn es einfacher und kostengünstiger ist, auf die ausführlichere Berichterstattung einer Sport-Website zu verweisen – so werden Mittel eingespart, die man sinnvoller zum Beispiel für den Lokalteil verwenden könnte.“ Da ist man als Leser fast froh kein Sportreporter zu sein. Jarvis hat natürlich all die amerikanischen Attitüden drauf. Selbstmarketing und Selbstlob haben keinen zweifelnden Beigeschmack.  

Hinz: Wollen wir noch schnell den Sportmonat Dezember Revue passieren lassen?

Kunz: Gerne. Für die DFB Truppe kam bei der WM Auslosung für Südafrika Weihnachten und Ostern zusammen. Mit Australien, Ghana und Serbien gab es das fast traditionelle Losglück. Bayern München erlebte seine Traumwoche und zerlegte in der magischen Nacht von Turin die alte Dame Juve.  Das Losglück war auch dem deutschen Rekordmeister hold. AC Florenz klingt ja wirklich machbar. Ich hatte die Italiener ja als Wunschlos prognostiziert. Dann war da noch die Wahl von Messi zum Weltfußballer. Verdient. Erinnerungen kamen hoch an sein Kopfballtor im Championsleague Finale gegen Manchester. Lionel Messi ist ein würdiger Preisträger.

Hinz: Außerhalb der Fußballwelt gab es auch weitere Höhepunkte. Stichwort Schumacher Verpflichtung von Mercedes.

Kunz: Ein Coup in Sachen Markenimage. Mercedes und Schumacher sollte passen. Natürlich gab es Bedenken und Einwände vom Betriebsrat. Ich bin da eher der Meinung von Norbert Haug. Das Thema Schumacher wird weltweit Autos verkaufen.

Hinz: Dann gab es in Baden Baden die Wahl zum Sportler des Jahres in Deutschland. Die Wahl fiel auf Paul Biedermann, Steffi Nerius und die Frauen Fußballnationalelf.

Kunz: Biedermann schwamm ja in Rom allen davon. Er verwies Sebastian Vettel und Robert Harting auf die Plätze. Bei den Frauen bewies Steffi Nerius perfektes Timing. Zum Abschluß ihrer Karriere den WM Titel im Speerwerfen vor eigenem Publikum. Perfekt. Britta Steffen und Martina Riesch auf den Plätzen ist auch eine gute Wahl. Die Frauen Fußballnationalelf zerlegte im EM Endspiel die Engländerinnen mit 6:2. Vfl Wolfsburg auf Platz zwei und der dritte Rang an den Ruder Achter. Kann man so stehen lassen.

Hinz: Kritik gab es an der Nichtteilnahme von Sebastian Vettel und der Abwesenheit der Fußballer von Wolfsburg.

Kunz: Sebastian Vettel grüßte per Videobotschaft. Gut es war jetzt nicht die Power-Emotion Rede. Michael Schumacher hatte auch oft per Videobotschaft gegrüßt. Baden Baden ist offenbar bei den Formel 1 Fahrern zu diesem Zeitpunkt im Dezember nicht auf Platz eins in der Prioritätenliste. Die Fußballer von Wolfsburg waren bei der Hochzeit bei ihrem Torwart Benaglio. Das gar kein Vertreter von Wolfsburg da war gefiel auch Bundestrainerin Sylvia Neid nicht.

Hinz: Claudia Pechstein durfte in Salt Lake City starten. Überrascht ?

Kunz: Nein. Alles ist möglich. Ich habe ja immer von einer unendlichen Geschichte gesprochen.

Hinz: Zum Abschluss noch ein Blick auf das Königliche Spiel Schach. Stichwort Magnus Carlsen.

Kunz: Ich bin ja ein Symphatisant von Carlsen. Die Schachwelt braucht ihn. Er ist 19 und spielt bereits sehr gutes Schach. Magnus Carlsen hat das London Chess Classic gewonnen. Damit hat sich der Norweger Platz 1 in der Weltrangliste gesichert. Respekt. Norwegen bewirbt sich für die Schacholympiade 2014 in Tromsö und macht bei erfolgreicher Bewerbung entsprechendes Geld locker. Sicher auch ein Verdienst von Magnus Carlsen. Ist er ein zweiter Bobby Fischer werde ich öfters gefragt. Tief durchatmen. Fischer war ein Genie. Sein Schachmatch des Jahrhunderts mit Boris Spasskij 1972 in Reykjavik ist bisher unübertroffen. Der einstige russische Schachweltmeister Michail Tal gab einst folgendes Statement ab: „Fischer ist das größte Genie, das aus dem Schachhimmel auf die Erde herabgestiegen ist.“ Der Trainer von Magnus Carlsen, Gari Kasparow, sagte: „Ich betrachte Fischer als den größten Weltmeister.“  Der Tod des Glücks ist der Vergleich. Magnus Carlsen ist Magnus Carlsen. Die Schachwelt darf sich auf seine weitere Schachlaufbahn freuen.