Reblog: Marketinggenie Kevin Plank von Under Armour freut sich auf den Konkurrenzkampf mit Adidas, Nike, Puma und Co.

Die Chefs von Adidas, Nike und Puma wirken im Vergleich zu Kevin Plank von Under Armour fast wie schüchterne Klosterschüler. Sind sie natürlich nicht. Doch dieses Marketinggenie Kevin Plank ist besonders laut. Am Tag, an dem die Adidas Aktie wie eine Silvesterrakete nach oben ging, wegen der offiziellen Verkündigung des Stuhltauschs an der Spitze beim deutschen Sportartikelhersteller aus Herzogenaurach, ist vielleicht ein smarter Blick ins Blogarchiv zum Emporkömmling Under Armour und seinem charismatischen Chef Kevin Plank angebracht. Der ab 1. August 2016 zu Adidas wechselnde und zwei Monate später das Amt von Vorgänger Herbert Hainer übernehmende bisherige Henkel Mann Kasper Rorsted wird sich auch mit dem ehrgeizigen Amerikanern auseinandersetzen müssen. Rorsted bekommt reichlich Lobeshymnen in der FAZ. Siehe auch: Die große Aufgabe des neuen Adidas-Chefs und Kasper Rorsted Superstar. Superstarstatus hat auch Kevin Plank. Doch genug der Vorrede. Vorhang auf für das Reblog.

Reblog [vom 23. Februar 2015]: Marketinggenie Kevin Plank von Under Armour freut sich auf den Konkurrenzkampf mit Adidas, Nike, Puma und Co.

Nein, Kevin Plank ist kein Leisetreter. Für gewöhnlich hält er sich nicht an die vorgegebenen Rahmenbedingungen. Da wo Plank ist, ist Umsatz. Inklusive Wachstum. Dass andere Player im Sportartikelmarkt wie Nike oder Adidas die größere Tradition aufweisen, hindert den Chef von Under Armour nicht am lustvollen Angriff auf die Konkurrenten. Der charismatische Plank erinnert an große Marketinggenies wie Red Bull Chef Dietrich Mateschitz, Apple Gesicht Steve Jobs oder Formel-1 Boss Bernie Ecclestone. Verkaufen wird energisch zelebriert, die Marke intensiv aufpoliert und kraftvoll in Szene gesetzt. Spektakulär. Graue Maus Auftritte sind nicht das Ding von Kevin Plank.

Rockstar in Sachen Sportmarketing und ein Raunen in der Branche

Auf der Bühne des Sportmarketings bewegt er sich kraftvoll wie ein Rockstar. Wort und Tat von Plank bilden eine dynamische Flügelzange, die mit Power auf Ergebnisse ausgerichtet ist. Kürzlich wechselte der Tennisstar und Olympiasieger Andy Murray vom fränkischen Sportartikelhersteller Adidas zu Under Amour. Ein Coup, der ein Raunen in der Szene verursachte. Der umworbene Wimbledon Gewinner ist jetzt in Diensten des amerikanischen Emporkömmlings Under Armour. Ein Big Point. Es ist nicht überliefert ob Kevin Plank die Becker Faust nach Abschluss des Deals gemacht hat, es würde jedoch nicht überraschen.

Under Armour hat in den USA im Umsatzranking Adidas überholt. Nur noch Nike ist im geografisch und marketingtechnisch wichtigen Absatzgebiet vor dem Unternehmen von Kevin Plank. Das ist durchaus beachtlich. Under Armour und Kevin Plank versprühen Sex-Appeal. Ein Ende der bemerkenswerten Erfolgsstory ist nicht in Sicht. Die Überholspur ist die Lieblingsspur des offensiv agierenden ehemaligen Sportlers. Seine Disziplin war eine amerikanische Lieblingssportart, die traditionell viel Durchsetzungsvermögen von den Protagonisten verlangt: American Football.

Die polarisierenden Sprüche von Kevin Plank

Der vor Selbstbewusstsein strotzende Unternehmenslenker von Under Armour ist im Medienzeitalter nicht der erste, der mit großartig getimten Sprüchen auf sich aufmerksam macht. Doch schon jetzt könnten die Vielzahl der rhetorischen Fausthiebe ein komplettes Büchlein füllen mit dem Titel Die Sprüche von Kevin Plank. Er polarisiert – gar keine Frage. Doch wenn Sprüche mit Leistung unterlegt sind, schadet dies in der Regel den Protagonisten nicht. Wer erinnert sich nicht an die zahllosen Sprüche von Schwergewichtsboxweltmeister Muhammad Ali. Seine Fans liebten ihn wegen des großen Mundwerks und seiner Boxkunst. Doch bleiben wir bei Kevin Plank. Ein paar Sprüche sollen stellvertretend für das permanente Sendungsbewusstsein vom Under Armour Chef stehen:

„Ich mag Adidas nicht. Allerdings mag ich die anderen auch nicht, aber das ist mein Job.“

im Bloomberg TV Interview.

,,Ich kann schlafen, wenn ich tot bin. Wenn du erfolgreich sein willst, musst du arbeiten.“

bei manager-magazin online vom 06.01.2015.

,,Wir wollen die Nummer eins unter den globalen Sportmarken werden.“

bei manager-Magazin online vom 06.01.2015.

Standort München im Visier von Under Armour

Im Februar ist die große bayrische Landeshauptstadt fest vorgesehen für den geplanten Markenauftritt von Under Armour. München ist eigentlich in fester Hand von Adidas. Deutschlands Rekordmeister im Fußball, der kürzlich von Hannovers Präsident Kind im ARD als „einzige Weltmarke des deutschen Fußballs“ bezeichnete Vorzeigeclub Bayern München wird seit Jahrzehnten von Adidas ausgestattet. Dazu hält Adidas Anteile an der Bayern München AG.

Bonuspunkte erarbeitete sich der fränkische Sportartikelhersteller auch in der Halle. Dort trumpft seit der von Uli Hoeneß mit angeschobenen Projekttaufe der deutsche Basketballmeister Bayern München auf. In Adidas Kleidung. Selbstredend. Im vergangenen Jahr beendeten die Korbjäger von Coach Pesic die Siegesserie der Domstädter von Brose Baskets Bamberg, die den Titel in Deutschland im Stile eines Abonnenten vorher gebucht und erspielt hatten. Fernab der Welt des Leistungssports gibt es unweit des Marienplatzes in guter Citylage einen Adidas Store. Einer von vielen Anbietern von Adidas Produkten in der prosperierenden Metropole München.

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  Foto: © Michael Wiemer

Dies ist beileibe nicht der einzige Laden in dem der geneigte Kunde Adidas Schuhe oder Trikots kaufen kann. Ganz in der Nähe gibt es zum Beispiel am Marienplatz das Sportgeschäft Sport Münzinger, der selbstverständlich auch einen Service in Sachen Beflockung für die Trikots anbietet, wenn etwa wohlbetuchte arabische Kundschaft für die eigenen fußballbegeisterten Kinder in größerer Stückzahl Trikots der Bayern München Stars ordert. Dazu ist ein ständiges Grundrauschen an Umsatz durch deutsche Fußballfans zu vernehmen. Auch zahlungskräftige russische Kundschaft kauft gerne die Markenartikel mit den prägnanten drei Streifen. Das passt schon. Es gibt dazu unzählige Möglichkeiten für den Konsumenten sich in München mit Adidas Kleidung zu versorgen. Der Bedarf an Sportkleidung scheint mit den zahlreichen Angeboten bis in die Randlagen der an der Isar gelegenen City gut gedeckt zu sein.

Der Markt in München wartet nicht mit offenen Armen auf Under Armour

Der Markt für Sportartikel wartet in der bayrischen Landeshauptstadt also keineswegs mit offenen Armen auf neue Player. Kevin Plank hat für Under Armour jedoch bewusst den Standort München gewählt. Er soll Auftakt für die Markteroberung in Deutschland sein. Eine beispiellose Umsatz- und Marketingstory soll geschrieben werden. Die deutschen Sportartikelhersteller Adidas und Puma sowie der seit Jahren in Deutschland eingeführte amerikanische Konkurrent Nike sind da eher gern angenommene Herausforderung. Berührungsängste kennt Kevin Plank nicht. Dabei ist sich der Unternehmenslenker schon bewusst, dass Deutschland ein Fußballland ist. Umsatz immer auch über die Königsdisziplin geht. Die Anzahl an ausgestatteten Profivereinen ein Indiz für Marktstärke und Imagetransport vom Label ist. Da liegt noch viel Akquise vor Under Armour. Das zwischenzeitliche Engagement beim Bundesligisten Hannover 96 war nicht nachhaltig. Der jetzt vom Branchenmagazin SPONSORs kolportierte Vertragsabschluss mit St. Pauli soll ab Juli 2016 umsetzbar sein, in Form medialer Bilder die sich dem Kunden und Fan durch die getragenen Trikots der Fußballprofis ins Gedächtnis einbrennen sollen. Vermarktungsspezialist Kevin Plank wird mit der ihm eigenen Marketing-Power weitere Abschlüsse realisieren wollen.

Flauschcontent für alle Freunde und Gegner von Adidas

Ich würde schlecht schlafen, wenn ich Marketingdirektor von Adidas wäre. Es wird am Image gekratzt. Respektlos im öffentlich-rechtlichen Fernsehen. Jan Böhmermann nimmt auf ZDFneo  im Neo Magazin Royale sich den Sportartikelhersteller aus Herzogenaurach vor. Bevor das Video wieder aus dem Netz verschwindet: 10 Minuten … Vorhang auf! Beteiligte Personen: Herbert Hainer, Waldemar Hartmann, Bernard Tapie,  Robert Louis-Dreyfus, Sepp Blatter, Michel Platini und Co.

 

Nachdenkenswert #279

,,Wir haben an Begehrlichkeit verloren, weil wir uns nicht genug auf die Bedürfnisse unserer Kunden konzentriert haben.“

Herbert Hainer, (60),  Adidas-Chef und Unternehmer des Jahres 2005, auf einer Präsentation der neuen Strategie des Sportartikelkonzerns in Herzogenaurach. Um den Rückstand auf Nike nicht größer werden zu lassen, plant Adidas in den Metropolen Los Angeles, New York, London, Paris, Schanghai und Tokio verstärkt Präsenz zu zeigen und intensiv in Werbung zu investieren. Apropos Bedürfnisse der Kunden. Der Kundenwunsch soll stärker in den Fokus gerückt werden. Zukünftig will Adidas schneller agieren und in den nächsten 60 Monaten ca. 50% seiner Produkte in kürzeren Zeiträumen herstellen.

Adidas und das Sportsponsoring

Nach der WM ist der Aktienkurs von Adidas unter die Marke von 60 Euro gerutscht. Dazu vielleicht in den nächsten Wochen etwas mehr davon. Heute möchte ich einfach einen Blogbeitrag aus dem Archiv holen, der sich mit dem Thema Adidas und das Sportsponsoring befasst.

Reblog [vom 3. September 2012]

Es hätte ein großer Tag werden können …

Seoul, 24. Setember 1988. Im 100-Meter Lauf der Männer bei den olympischen Spielen gewann Ben Johnson. Das Adidas Logo auf dem Lauf-Shirt, die markanten drei Streifen an der Seite der Hosen. Sportfotografen aus aller Welt hatten das Motiv des spektakulären Zieleinlaufs eingefangen. Die Zeit blieb bei 9,79 Sekunden stehen. Der muskelbepackte Sprinter verwies den vierfachen Goldmedaillengewinnter von Atlanta, Carl Lewis, auf Rang zwei. Doch die Freude in Herzogenaurach wurde jäh unterbrochen. Der Star-Läufer Ben Johnson wurde des Dopings überführt. Weltrekordzeit und olympisches Gold schmolzen wie die Butter in der glühenden Mittagshitze eines gelungenen Sommers dahin.

Adidas stattete Leichtathleten erstmalig bei den olympischen Spielen 1928 in Amsterdam aus. Der Sportartikelhersteller sollte eine lange Erfolgsgeschichte hinlegen. Adi Dassler betreute in der niederländischen Metropole die Sportler vor Ort höchst persönlich. In der Geschichte der olympischen Spiele unvergessen die Laufleistung von Emil Zátopek. 1952 in Helsinki erläuft er sich Gold über 5.000, 10.000 m und im Marathon. Zeitfenster: Eine Woche. Faszinierend und bis heute unerreicht. 1997 wurde Emil Zátopek in Tschechien zum Sportler des Jahrhunderts gewählt. Hier eine Videosequenz vom Marathonsieg in Helsinki 1952.

Adidas legte in den 90er Jahren auch einen Werbespot mit Zapotek auf. Der Trainingsschuh aus dem Jahr 1950 ist die Härte. Die Werbestrategen haben dabei auch den Prager Frühling 1968 in die Sequenz mit eingebaut.

Reinhold Messner, Grenzgänger, Extrembergsteiger, faszinierende Sportlerpersönlichkeit, einer meiner persönlichen Sporthelden bestieg am 8. Mai 1978 zusammen mit seinem Partner Peter Haberle ohne Sauerstoffgerät den Mount Everest. Den Königsberg. Mythos Mount Everest. Bis zum Basecamp trug Reinhold Messner Adidas Bergstiefel. Die Leicht-Trekking-Schuhe hatten die Franken speziell für den charismatischen 8000er Spezialisten entwickelt. In Kürze kommt ein neuer Messner Film in die Kinos. Ich freu mich drauf.

Der eine oder andere Leser wird vielleicht schon etwas unruhig und sich fragen: Wo bleibt denn der Fußball? Gemach, gemach.

Adidas und Fußball im Jahr 1954 … Da war doch was? Ja, die deutsche Fußballnationalelf gewinnt in Bern die Weltmeisterschaft. Mit dabei Adi Dassler. Der Legende nach werden im Endspiel bei Regenwetter in der Halbzeitpause die Schraubstollen der Adidas-Schuhe den Platzverhältnissen auf dem aufgeweichten und von der 1. Halbzeit durchwühlten Geläuf angepasst. Die hochfavorisierte Nationalmannschaft von Ungarn muss sich am Ende mit 2:3 geschlagen geben. Deutschland ist erstmalig Fußballweltmeister.

20 Jahre später. Fast eine Selbstverständlichkeit, dass die deutsche Elf beim Finalsieg 1974 gegen die Niederlande ebenfalls Adidas Schuhe trug. Franz Beckenbauer führte als Kapitän die Mannschaft durchs Turnier, und selbst nach dem 0:1 gegen die Georg Buschner Elf aus dem damaligen Nachbarland DDR, hielt der Weltklasse-Libero Kurs auf die Mission Weltmeistertitel. Im eigenen Wohnzimmer gab es einen 2:1 Sieg gegen die Mannschaft von König Johan Cruyff.

Bereits 1972 holte sich die erfolgshungrige Mannschaft den EM-Titel. Die Schuhe mit den drei Streifen waren wieder mit von der Partie. Vom damaligen Fußball aus der Kategorie Feinkost schwärmen heute noch viele Fußballfreunde. Schönen Gruß an Netzer, Breitner, Müller, Beckenbbauer, Maier, Hoeneß und Co.

Es bedarf keiner Fähigkeiten eines Hellsehers um auch die Spielkleidung und Besohlung der erfolgreichen deutschen Fußballweltmeister von 1990 sowie der Europameister von 1980 und 1996 bei Adidas zu vermuten.

Doch Adidas kann nicht nur Leichtathletik und Fußball. 3 Jahre vor dem Finalsieg der Helmut Schön Elf gegen die niederländischen Fußballer gab es am 8. März 1971 den Boxkampf des Jahrhunderts. Weltweit beachtet und gesehen. Muhammad Ali und Joe Frazier standen sich in einem unbarmherzigen Duell gegenüber. Beide Boxer trugen Boxstiefel von Adidas.

Doch zurück in das Jahr 2012. Kürzlich wurde während der olympischen Spiele von London die Partnerschaft zwischen dem DOSB und Adidas verlängert. Die Herzogenauracher statten die deutschen Sportler auch in Sotschi 2014 und in Rio de Janeiro 2016 aus. Bei den olympischen Spielen in diesem Sommer sind über 60.000 Produkte für die deutschen Sportler geliefert worden. Herbert Hainer, Vorstandsvorsitzender von Adidas, auf der DOSB Website dazu erfreut:

“Die Olympischen Spiele haben gezeigt, wie der Sport eine junge Generation inspirieren kann. Die Spiele sind die perfekte Bühne für unsere Marke und unsere Innovationen. Die Partnerschaft mit starken Verbänden wie dem DOSB ist ein wichtiger Bestandteil unserer Strategie.“

Herbert Hainer ist Medienprofi. In zahlreichen Interviews hat er in den letzten Jahren immer wieder seine Sicht der Dinge dargelegt. Strategische Entscheidungen im Sponsoring versucht zu begründen, die Performance von Adidas herausgestrichen und Fragen nach dem Marketing offensiv beantwortet. Hier eine kleine Auswahl seiner Interviews:

Der Adidas-Chef erläutert die Gewichtung zwischen Europameisterschaft und Weltmeisterschaft im Fußball sowie den olympischen Spielen, monetäre Zusammenhänge, erklärt wie er mit Spielern wie Franck Ribery und der Neigung Nike Schuhe zu tragen, umgeht. Seit 1970 stellt Adidas den WM-Ball. Die Flugfähigkeit des Balls, immer wieder sehr gerne von Torhütern diskutiert, erläutert Hainer medial unterhaltsam aufbereitet.

Die FAZ titelte einst im Jahre 2002 Sponsoring: Sieger trinken Coca-Cola in Adidas Hosen.

,,Sport-Sponsoring ist ein riskantes Unterfangen, kann sich aber für die Konzerne lohnen: Wenn das Image des Siegers zum Image des Sponsors wird.“

Der im Eingang angesprochene Fauxpas mit Ben Johnson ist Geschichte. Tennisqueen Steffi Graf nutzte das Schuhwerk aus Herzogenaurach mit den drei Streifen. Aktuell grüßt Bayern München mit symphatischen Spielern wie Thomas Müller oder dem preisintensiven Neuzugang  Javier Martínez in Adidas Trikots spielend von der Tabellenspitze der Bundesliga. Souverän mit einer breiten Brust. Der Respekt der Konkurrenz ist wieder da. Der amtierende Europameister und Weltmeister Spanien spielt in den Hemden mit den drei Streifen. Champions-League Sieger Chelsea London kleidet sich vor dem Gang auf den Rasen ebenfalls konzentriert und mit Vorfreude auf  Siege mit der Adidas Sportkleidung ein. Okay, des Sieges im Mai in München hätte es jetzt nicht unbedingt bedurft. Schwamm drüber.

Klartext von Oliver Fritsch in Sachen Adidas auf Zeit Online

Es gibt in Deutschland schon noch Fußballjournalisten mit Rückgrat. Die unbeirrt recherchieren, Tabuthemen angehen und auch vor großen Namen nicht einknicken. Es kann den Adidas Marketingverantwortlichen nicht gefallen haben, was der unerschrockene Oliver Fritsch bei Zeit Online heute schrieb. Er blickt hinter die Fassade, hat sich in Bücher vertieft die kritisches zum Sportartikelhersteller festgehalten haben. Bemerkenswert auch die Kommentare zum über 3 Seiten gehenden Artikel von Oliver Fritsch. Horst Dassler, Geldkoffer, der Deal mit dem DFB, die Beziehung vom ehemaligen Adidas Mann Robert Louis-Dreyfus zu  Uli Hoeneß und der Grundstock für die Börsenspekulationen, selbst Erich Honecker erscheint in einer Randnotiz, der Gegenwind für Herbert Hainer bei der kürzlichen Aktionärsversammlung in Fürth, die kritische Stimme von Markus Dufner vom Dachverband der Kritischen Aktionäre, Bodenverlust im Konkurrenzkampf mit Nike, Arbeits- und Menschenrechte kommen im Text vom Fußballinternetpionier Fritsch vor. Auch Maik Pflaum von Romero kommt zu Wort.Traveler Digital Camera

Stammleser werden sich an meine Beiträge zur Christlichen Initiative Romero erinnern. So gab es unter anderen die E-Mail an Adidas Chef Herbert Hainer: NäherInnen verdienen einen Lohn zum Leben zu lesen. Jene Protestmail ist immer noch im aktiven Status bei Romero. In einer Zeit der Reizüberflutung ist es ja nicht immer einfach das eigene Phlegma zu überwinden. Oliver Fritsch zeigt beim Zeit Online Artikel am Ende übrigens ein prägnantes Flashmob Video. Nicht gerade imagefördernd für Adidas.

Maik Pflaum hatte auch jenes erschütternde Interview mit der ehemaligen Adidas-Näherin Estela Ramirez geführt. Jeder sollte sich die Zeit nehmen zum kompletten Interview von Estela Ramirez im PDF Format. Unbedingt noch konzentriert vor Beginn der Fußball WM lesen. Eine sehr wichtige Pflichtlektüre. Hier geht es zum  Interview_mit_Estela_Ramirez unter dem Titel “Wir müssen unsere Kräfte globalisieren”.

Wer weiter in die Thematik einsteigen will, dem sei ein ausführlicher Besuch des Online-Auftrittes von Romero empfohlen. Hier geht es zur Website von Christliche Initiative Romero.

E-Mail an Adidas Chef Herbert Hainer: NäherInnen verdienen einen Lohn zum Leben

Heute ist in Fürth die Adidas-Hauptversammlung. Die Christliche Initiative Romero erwartet eine turbulente Hauptversammlung und merkt an:

,,Am 8. Mai spricht Ex-Adidas Näherin Estela Ramirez, die auf Einladung der CIR auf Vortragsreise in Deutschland ist, als kritische Aktionärin auf der HV des Sportgiganten in Fürth. Ihre Forderung: Play Fair – pay fair! Da die NäherInnen in Adidas weltweiten Zulieferfabriken noch immer keine würdigen Löhne erhalten, wird Estela gegen die Entlastung des Vorstandes stimmen.“

Diese Woche hatte ich ja bereits auf das Interview von Estela Ramirez mit Maik Pflaum, verantwortlich für Arbeitsrechte und die Kampagne für saubere Kleidung bei Christliche Initiative Romero, hingewiesen.

Hier geht es zum kompletten Interview von Estela Ramirez als PDF Dokument. Unbedingt lesen. Eine Pflichtlektüre. Interview_mit_Estela_Ramirez unter dem Titel “Wir müssen unsere Kräfte globalisieren”.

Was kann man selber tun? Jetzt. Da gibt es auf der Website von Christliche Initiative Romero die Protestmail Näherinnen verdienen einen Lohn zum Leben mit folgenden Inhalt.

Sehr geehrter Herr Hainer,

ich will, dass die Frauen und Männer, die meine Kleidung nähen, genug verdienen, um ihre Familien zu ernähren, ihre Miete zu bezahlen und ein menschenwürdiges Leben zu führen.

Die Wirklichkeit sieht für viele von ihnen anders aus. NäherInnen überall auf der Welt müssen jeden Tag hart arbeiten, um überhaupt über die Runden zu kommen. Sie können trotzdem kaum die grundlegendsten Dinge des Lebens kaufen.

Ich will, dass sich das ändert. Ein existenzsichernder Lohn ist ein Menschenrecht, für alle Menschen überall.

Ich finde es ist an der Zeit, allen ArbeiterInnen in der Bekleidungsindustrie einen Lohn zum Leben zu zahlen. Ich unterstütze den Aktionsaufruf und fordere die Marken und Modehändler und politischen Entscheidungsträger auf:

– den existenzsichernden Lohn als Grundrecht aller ArbeiterInnen öffentlich anzuerkennen;
– ihre Verantwortung für die Einführung eines existenzsichernden Lohns für ArbeiterInnen in der Bekleidungsindustrie zu akzeptieren;
– konkrete und messbare Schritte festzulegen, die dazu führen, dass NäherInnen einen Lohn zum Leben verdienen.

Bitte halten Sie mich über Ihre weiteren Schritte auf dem Laufenden.

Mit freundlichen Grüßen

Vor der Adidas-Hauptversammlung: Unzufriedene Aktionäre

Herbert Hainer hat diese Woche einen Termin, der keinerlei Gemütlichkeit verspricht. Dabei stellt seine Firma die Trikots des aktuellen Weltmeisters Spaniens und vom Triple-Gewinner Bayern München. Zur Erinnerung: Weltmeister Italien 2006 trug Puma Trikots und Brasilien gewann 2002 den Weltmeistertitel gegen das Völler Team in Nike Kleidung. Doch der Markt der Sportartikelhersteller ist komplexer. Dem kann sich auch Adidas nicht entziehen.

Es steht am 8. Mai die Hauptversammlung an. Einige Anteilseigner sind unzufrieden. Die faz titelt: Die Adidas-Aktionäre mucken auf.

,,Die Fondgesellschaft Union Investment startet eine Revolte gegen Adidas-Boss Herbert Hainer. Der Vorwurf: Adidas verliere den Anschluss zu Weltmarktführer Nike.“

Traveler Digital CameraAlso ich bade meine Hände in Unschuld. Da ziehe ich meine Philosophie durch. Erst kürzlich habe ich Schienbeinschoner und die passenden Fußballstrümpfe für den dribbelstarken Bub meiner Schwester zum Geburtstag gekauft. Marke Adidas.

Auch meine Badehose hat das Label von Adidas. Die Regenjacken meiner Jahrhundertliebe und mir sind auf dem Rücken mit den 6 Buchstaben a d i d a s und den markanten drei Streifen am Arm ausgestattet.

Dabei bin ich jetzt kein 110% Markenfetischist. Es gibt auch No-Name Produkte in meinem Equipment, genau wie Nike und Puma Schuhe auch bereits an meinen Füßen ihren guten Dienst taten. So lasse ich nix auf die jahrelang zum Hallenfußball genommenen Nike Schuhe kommen. Die waren richtig gut. Unverwüstlich. Später habe ich sie auch noch zum Kieser Training angezogen. Doch ich habe keinem Hersteller lebenslange Treue geschworen. Ich entscheide da oft intuitiv.

Die Aufladung einer Aura von Nike, Adidas und Co.

Nein, Sportschuhe verkaufen sich in der Regel nicht von alleine wie geschnitten Brot von einem  Bäcker, der den Namen noch verdient und auf treue Kunden mit sensitiven Geschmacksnerven verlässlich bauen kann. Die Sportartikelhersteller müssen intensiv für ihre Produkte in puncto Marketing das große Rad drehen. Der Adidas Frontmann Herbert Hainer, frischgebackener Nachfolger von Uli Hoeneß als Aufsichtsratchef der FC Bayern AG (der 59-Jährige wurde kürzlich vom Aufsichtsrat einstimmig gewählt) brachte diese Binsenweisheit einst sehr schön im Interview mit der Wirtschaftswoche am 26.07.2008 unter dem Titel „Schlechtes Gewissen? Wieso?“, unmittelbar vor den Olympischen Spielen in Peking zu den gigantischen Marketing- und Werbeausgaben auf den Punkt:

,,Wie sollen wir den Schuh dann verkaufen? Wenn Sie nicht werben, können Sie bald die Schuhe im Büro stapeln. Das wäre der erste Schritt in den sicheren Ruin.”

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Die Marke wird inszeniert. Adidas überlässt da nichts dem Zufall. In bester Innenstadtlage wird intensiv um den Verkauf der Produkte gefightet. Auch der amerikanische Konkurrent Nike beherrscht das Spiel der emotionalen Aufladung seiner Marke und steht den Herzogaurachern da in nichts nach. Im besten Falle umweht beide eine Aura.

Einen der besten nachdenkenswerten Texte zur Aufladung der Produkte der beiden Sportartikelhersteller lieferte einst Friedrich von Borries, Architekt und Design-Theorektiker, im vierseitigen Interview beim Wirtschaftsmagazin brand eins in der Ausgabe 10/09:

„Irgendwann ist Nike und Adidas klar geworden, dass es nicht besonders sexy ist, wenn ihre Turnschuhe bei Karstadt-Sport gestapelt werden. Nike hat 1990 als erstes Mode-Unternehmen angefangen, Flagship Stores zu entwickeln. Es ging darum, die Produkte mit Aura zu versehen und zum Beispiel Original-Schuhe oder -Tennisschläger berühmter Sportler wie Kunstwerke auszustellen. Was wir aus dem Völkerkundemuseum kennen, passiert nun mit unserer eigenen Konsumkultur: Alltagsgegenstände werden als Reliquien präsentiert, eine Ethnologie der Konsumgesellschaft – allerdings mit spezifischen kommerziellen Interessen. Was in der alten, fordistischen Industriegesellschaft zählte, also Funktion, technische Innovation, Gebrauchswert, Preis, wird abgelöst durch Aura und kulturellen Mehrwert. Lifestyle-Accessoires wie Nike-Sneakers brauchen diese Aufladung.“

Die Aufladung der amerikanischen Marke Nike wird auch nicht dem Gevatter Zufall überlassen. Generalstabsmäßig wird bei dem Sportartikelhersteller alles geplant. Ein Blick auf den Nike Campus fördert dann auch solche Bereiche wie den Run-way Biomechanics, die Motion Capture Lab oder  Physiology-Environmental Chambers hervor. Im letztgenannten Sektor liest sich das bei der Stippvisite dann auf lesmads so:

,,Hier werden in zwei verschiedenen Räumen einmal an Athleten oder am Roboter „Hal“ die Ausmaße von Temperaturunterschieden beim Work-Out analysiert. Bei unserer Führung wurde zum Beispiel der eine Raum, in dem eine Frau trainierte, auf Temperatur von Rio de Janeiro hochgestuft. Aber nicht nur das: Auch Luftfeuchtigkeit und Luftdruck können exakt eingestellt und somit die Wetterbedingungen eines beliebigen Ortes auf der Welt – egal ob heiß oder kalt – nachempfunden werden.“

Doch es gibt auch immer wieder die kritischen Stimmen. Stichwort Arbeitsbedingungen. Entlohnung. Erinnert sei an den Film aus dem Jahr 1997 von Michael Moore Der große Macher (im Originaltitel: The Big One). Hier der sehr nachdenklich stimmende Wikipedia Eintrag und hier die Sequenz mit dem Interview von  Filmemacher Michael Moore mit dem damaligen Nike-Vorstandsvorsitzenden Phil Knight auf youtube. (8 Minuten und 23 Sekunden).

Entlohnung ist selbstverständlich auch bei Adidas immer wieder ein Thema. Die Arbeitskosten sind auch in Ländern wie China nicht in Stein gemeißelt. Am 20. November 2011 bemerkte Adidas-Chef Herbert Hainer im Interview auf Welt Online dazu an:

,,Die Preise beschäftigen uns natürlich. Sie sind im Vergleich zur Situation vor zwei Jahren immer noch hoch. Allerdings gibt es inzwischen auch positive Signale. Etwa bei den Baumwollpreisen. Die waren innerhalb von zwölf Monaten um 200 Prozent gestiegen, dann fielen sie wieder um die Hälfte. Gummi- oder Polyesterpreise stagnieren oder gehen leicht zurück. Allerdings bemerken wir den starken Anstieg der Arbeitskosten in China. Die Regierung verordnet Lohnsteigerungen um 15 bis 25 Prozent – und es ist noch keine Entspannung zu sehen.”

Übrigens bei dem anstehenden Fußball-Jahreshöhepunkt im Land des Rekordweltmeisters sieht es bei der Ausstattung der Teams für die WM Brasilien 2014 in der Reihenfolge so aus: Nike (10), Puma (8), Adidas (8). Die Aufladung der Aura geht weiter.

Adidas in der Währungsfalle

Nein, heute keine Nachlese zum temporeichen Spiel der chilenischen Mannschaft in Puma Trikots gegen die doch farblich gewöhnungsbedürftigen Leibchen vom deutschen Team im nicht ausverkauften Stadion in Stuttgart. Schwächelt das Zuschauerinteresse an der Mannschaft von Übungsleiter Löw? Oder sind die Eintrittspreise zu hoch? Ist die Nationalelf gar mit zu viel Marketingaktionen im Fahrwasser Übersättigung beim Publikum gelandet?

Habe ich das eigentlich richtig mitbekommen: Adidas ist in der Währungsfalle. Dieser verflixte und ungeliebte Euro aber auch. Dabei sehen die Läden vom fränkischen Sportartikelhersteller aus Herzogenaurach in Deutschland, wie hier in der pulsierenden, attraktiven und heimlichen Fußballhauptstadt München, auf den ersten Blick eigentlich kerngesund aus. Traveler Digital CameraAber es sind ja oft die internationalen Märkte, die Bauchweh verursachen. Fußballnationen wie Argentinien und Brasilien werteten ihre Währungen ab. Die Fuballschuhe mit den markanten drei Streifen zum Beispiel kosten im Weltmeisterland von 1978 und 1986 weiterhin den annähernd selben Preis in Pesos in Buenos Aires. Doch am Ende der Verwertungskette kommt für Adidas nach Umrechnung der schwachen argentinischen Währung in den Euro weniger bei rum. Auch Adidas-Chef Herbert Hainer kann nicht mit einem Patentrezept aufwarten. Im heutigen Südkurier auf Seite 6 Wirtschaft in Kooperation mit dem Handelsblatt kommt er im Artikel von Klaus Tscharnke, DPA, unter dem Titel Euro läuft Adidas davon zu Wort in Sachen Währungsprobleme:

,,Da gibt es im Moment nur ganz wenig, was wir tun können.“

Die Sache ist komplex. Stichwort die kräftige Entwicklung des Euros gegenüber dem Dollar 2013. Die Produkte von Adidas verteuerten sich für ausländische Geschäftspartner. Andere Baustelle. Die Entwicklung der Adidas Läden in China. Klaus Tscharnke verweist auf die Schwierigkeit von Herbert Hainer, den aktuellen sowie exakten Stand der Anzahl von Stores im Riesenreich zu beziffern.

,,Alleine in China verkündete Adidas-Chef Herbert Hainer stolz, betreibe der Konzern inzwischen mehr als 7600 in 1000 Städten. ,,Dass ich ihnen heute nicht die genaue Zahl nennen kann, liegt nicht daran, dass ich zu faul war, sie zu zählen, sondern dass wir täglich in China zwei bis drei neue Adidas-Stores eröffnen“, sagte er.“

Okay, dass lasse ich mal so stehen. Wenn dozierende Volkswirte ihren Studenten die Definition von Wachstum erklären wollen, können sie ja auf das Adidas Beispiel der Läden in China verweisen.

Nachdenkenswert #165

„Es ist bemerkenswert, mit welchem Geschick, welcher Gelassenheit und welcher Zielstrebigkeit er diesen Weltkonzern leitet.“

Wolfgang Niersbach, DFB-Präsident, in seiner emotionalen Laudatio auf den charismatischen Herbert Hainer, Vorstandsvorsitzender der adidas AG, auf der SpoBis 2013 in Düsseldorf