Nachdenkenswert #335

,,Basel hat zwei Mannschaften, die sie einsetzen können. Egal, wer da fit ist oder nicht, für mich haben sie zwei Kader, die sie stellen könnten. Das ist ähnlich wie bei Bayern München, wenn ein einer verletzt ist, dann spielt halt ein Nächster, bei dem von der Qualität her nicht viel Unterschied ist. Ich glaube, dass wir gegen Basel nur eine Chance haben, wenn wir kompakt stehen, clever unseren Plan umsetzen und vor allem keinen Prozentsatz nachlassen, sondern wirklich 100 Prozent geben. Dann haben wir vielleicht eine Chance etwas zu holen. Ansonsten ist Basel der haushohe Favorit.“

Joe Zinnbauer, Ex-Trainer vom Hamburger SV und aktueller Coach vom FC St. Gallen vor dem Spiel gegen den Meister FC Basel auf der Pressekonferenz.

Anstoß

Heute erfolgt also wieder der Anstoß. Der Kampf um die Fernbedienung in den deutschen Haushalten nimmt wieder an Intensität zu. Gelegenheit das Musikvideo der Berliner Band COSMA zur Einstimmung auf die Ballsaison zu nehmen.

Vor 40 Tagen erzielte der noch sehr junge Mario Götze in Rio de Janeiro das Siegtor gegen Argentinien im WM-Endspiel. Nach langen 24 Jahren ist die Fußballnationalmannschaft Deutschlands wieder Weltmeister in der Königsdisziplin.

Nun also wieder der Beginn des Ligaalltags. Erleben wir wieder die Langeweile in der Bundesliga und die Geschichte mit dem Frosch und dem Mann mit Hund?

Es ist in den letzten Tagem des öfteren in diversen Medien darüber sinniert worden, dass Bayern München nach einer WM-Saison so seine Schwierigkeiten hätte. Nun, ein Blick auf die Meister in der Saison nach der Weltmeisterschaft sei darum erlaubt:

Saison 2010/2011: Borussia Dortmund

Saison 2006/2007: VfB Stuttgart

Saison 2002/2003: Bayern München

Saison 1998/1999: Bayern München

Saison 1994/1995: Borussia Dortmund

Saison 1990/1991: 1. FC Kaiserslautern

Saison 1986/1987: Bayern München

Saison 1982/1983: Hamburger SV

Saison 1978/1979: Hamburger SV

Saison 1974/1975: Borussia Mönchengladbach

Saison 1970/1971: Borussia Mönchengladbach

Saison 1966/1967: Eintracht Braunschweig

Aber grau ist alle Statistik. Also fangt an zu spielen.

Wer fliegt als erster Bundesligatrainer in der neuen Saison?

Es sind gut dotierte Arbeitsverträge. Bei Entlassungen rutscht keiner in das soziale Armutsfeld. Regelkonforme Kündigungen möchte trotzdem kein Trainer in der Bundesliga gerne hinnehmen. Bereits nach dem 3. Spieltag wackeln einige Kandidaten sehr. Ich würde Oenning vom Hamburger SV oder den Kölner Coach Solbakken als heiße Kandidaten für den ersten Rauswurf in der neuen Saison sehen. Darauf wetten würde ich nicht. Ich bin jetzt kein Moralapostel. Doch auf eine Entlassung eines Trainers zu wetten macht mir keinen Spaß.

Fragen der ersten Juniwoche

Fragen macht klug. Oder so ähnlich.

1. Warum verspätet sich SPD-Parteigenosse Olaf Scholz (derzeit im Hauptjob Bürgermeister) bei der Meisterfeier der Handballer des Hamburger SV? Wäre seinem Parteigenossen Ude in München bei der Meisterfeier der Bayern-Fußballer nie passiert. 

2. Warum konnte Shirov den Weltmeister Anand im Schnellschach-Match nicht stoppen?

3. Warum interessiert mich Frauenfußball auch nach einem Kantersieg gegen Italien nicht mehr wie ein Skatturnier in einem Gartenverein? Wieso finde ich hingegen selbst ältere Interviews von Bernd Schröder wie „Nicht nur das Nationalteam trainiert richtig“  lesenswert?

4. Wieso kann das kleine Bamberg mit den Brose Baskets dem großen Berlin mit Alba immer wieder eine Nase zeigen?

5. Wieso halte ich die deutsche Fußballnationalelf weiterhin nach dem unverdienten Sieg in Wien für überschätzt?

Ranking der 10 sympathischsten Mannschaften

Es ist ja immer so eine Geschichte mit dem persönlichen Ranking der Sympathien bei Mannschaften im Sport. Stammleser wissen von meinem entspannten Faible für Bayern München seit 1973. Eine Saison ohne Titel ist für mich kein Beinbruch. Erfahrungsgemäß hat die Konkurrenz im darauffolgenden Jahr nicht viel zu lachen.

Heute habe ich ein persönliches Ranking meiner aktuell sympathischsten Mannschaften erstellt. Über die Grenzen der Sportarten hinweg.

1. Borussia Dortmund (Fußball)

Der Faktor Klopp und die teilweise begeisternde Art und Weise Fußball zu spielen sind nicht zu toppen. Der Borussen Coach kommt dermaßen locker in Interviews rüber, ist authentisch, begeisterungsfähig, ein Vulkan an Emotionen, einfach der Trainer der Siason 2010/2011 in der Fußball-Bundesliga. Die atemberaubende 1. Halbserie mit Tempofußball, Power und einem Forchecking wie es Klinsmann bei der WM 2006 phasenweise gegen Schweden in den ersten fulminanten 25 Minuten praktizierte oder auch Hans Meyer einst mit Carl Zeiss Jena gegen den AS Rom beim 4:0 (ältere Fußballfans werden sich erinnern) im Europacup über die gesamte Spielzeit. Klopp verliert nun zwar sein erstes Mosaiksteinchen mit dem Sahin, aber laut Pressekonferenz wohl nicht des Geldes wegen. 

2. Eishockey-Nationalmannschaft Deutschland

Egal wie die aktuelle WM ausgeht für die Eishockey-Cracks von Uwe Krupp, seine Truppe hat mit den Siegen gegen Russland und gegen die Slowakei viel Freude bereitet. Dazu kommen die Bonuspunkte von der Heim-WM im vergangenen Jahr (ich habe sie nicht vergessen). Endras ist auf dem Weg ein Weltklassetorhüter zu werden. Wer spricht da eigentlich beim Eishockey immer von Randsportart?

3. VfB Friedrichshafen (Volleyball)

Ich wohne nah dran nach meinem Umzug. Das Mekka des deutschen Volleyballs hat seine Heimstätte am Bodensee in Friedrichshafen. Sieben Jahre hintereinander Meister. Aktuell sind die hiesigen regionalen Zeitungen voll der Bilder von der Meisterfeier nach dem Triumph gegen die Berliner.  Da ich selber Volleyball in grauen Vorzeiten gespielt habe, und es unglaublich ist mit welcher Konstanz die Mannschaft die Titel erspielt, und ích die Bodenseeregion liebe, gibt es zusätzliche Bonuspunkte und den 3. Platz im Ranking.

4. Bayern München (Basketball)

Es gibt zwei spannende Projekte im Sport in Deutschland, Das erste ist die Geschichte mit RB Leipzig und die zweite das Basketball-Projekt von Bayern München. Bauermann ist dazu ein sehr charismatischer Typ und der souveräne Aufstieg in das Oberhaus der BBL läßt vielerorts die Schatzmeister frohlocken. Bayern München wird die Hallen füllen, mit dem klangvollen Namen Zuschauer ziehen. Keine Frage.  Okay, die Abwerbeversuche von Wolfgang Heyder, jener Manager-Institution in Bamberg, ist Bayern München Ende des letzten Jahres nicht gelungen. Doch ich drück den Jungs von Bauermann für ihre weitere geplante Erfolgsstory die Daumen. Oh je, mir fallen gerade meine bescheidenen Basketball Schritte im Schulsport ein. Ich bewunderte immer die langen Kerls mit der Treffsicherheit in den Korb. War mir selber leider nicht gegeben.

 5. Bayern München (Fußball)

Okay, unter ganz sachlichen Gesichtspunkten müsste ich sie weiter hinten eingruppieren. Das Desaster in der Kommunikation zwischen den Alpha-Tieren Hoeneß und van Gaal fand ich nicht gut. Auch das verpatzte Heimspiel gegen Inter. Ich fasse es bis heute noch nicht ganz. Auch die fehlende Vision einer Trainerbesetzung. Nichts gegen Heynckes, doch das gab es bereits zweimal in der Geschichte der Bayern. Kreative Trainerlösungen sehen anders aus. Doch unter den ganzen Umständen dann doch noch unter die ersten 3 zu kommen war mir noch einen Zusatzbonus wert. Ich habe auch Spaß gehabt am Auswärtssieg in Mailand, am aktuellen 8:1 bei St. Pauli, den hohen Heimsiegen gegen Leverkusen und gegen Schalke.

6. RB Leipzig (Fußball)

Natürlich polarisiert RB Leipzig. Ich habe in meiner Jugend ja bereits die deutsche Einheit vorweggenommen. Im Oberliga-Alltag hielt ich dem 1. FC Lokomotive Leipzig die Daumen. Im Bundesliga-Alltag und im Europapokal der Landesmeister Bayern München. Lok hat dann irgendwann meine Geduld aufgebraucht in den Querelen, dem Absturz aus der Bundesliga, den Personalkarussell, der gesamten Entwicklung etc.  Es war ein schleichender Prozess. Bei RB Leipzig finde ich den Ansatz von Dietrich Mateschitz gut. Aus der 5. Liga mit dem Ausgangsstandort Markranstädt die Bundesliga anzuvisieren hat Charme. Dazu finde ich Mateschitz als Marketing-Genie cool. Sein verkauftes Produkt in den Weissblechdosen ist an sich simpel. Er hat es über Jahre gepusht und die Red Bull Geschichte ist in vielen Ansätzen für mich spannender wie die Coca-Cola Story.

7. OSG Baden-Baden (Schach)

Mäzene sind selten im deutschen Schach zu finden. Fast wie die berühmte Nadel im Heuhaufen. Doch es gibt sie. Grenke Leasing sei Dank. Deutschland hat eine intakte Schachmannschaft die kontinuierlich Meistertitel einfährt. Herr Grenke hat als Mäzen die Mannschaft über Jahre gefördert und verleiht ihr einen soliden Geldrahmen. Die Nationalmannschaft kann da eigentlich nur neidisch nach Baden-Baden schauen.

8. Brose Baskets Bamberg (Basketball)

Der Erfolg der Domstädter ist mit einem Namen verbunden: Wolfgang Heyder. Der fleißige, charakterstarke und intelligente Manager wurde einst vom Kicker – Der Hoeneß des Basketballs genannt -. Er hat ein Händchen für Spielerverpflichtungen, für Sponsoren und hat eine beispielhafte Jugendarbeit über viele Jahre gefördert und aufgebaut. Brose Baskets Bamberg hat nie die Möglichkeiten im Umfeld wie ALBA Berlin gehabt. Dennoch gelang es Heyder permanent den Etat zu erhöhen. Wir reden hier bei Bamberg von einer 70.000 Einwohner Stadt. Ich kenne Wolfgang Heyder persönlich und habe ihn immer integer erlebt.

9. Leopard Trek (Radsport)

Jetzt werden sich einige Leser die Augen reiben oder vielleicht leise die Faust in der Tasche ballen. Gemach,Gemach. Nun, dieses Ranking ist meine persönliche Auflistung der aktuell 10 sympathischsten Mannschaften. Ich bin heiß auf das Auftreten der Schleck Brüder und der deutschen Voigt, Gerdemann, Wegmann und des Schweizer Zeitfahrspezialisten Cancellara sowie des Australiers Stuart O´Grady. Das ein Luxemburger Immobilienunternehmer ca. 15 Millionen Euro investiert und das vielleicht stärkste Radsportteam der Welt auf die Beine stellt und den Toursieg bei der Höllentour in Frankreich anpeilt ist bemerkenswert. Zwischenruf meines Superhirns: Was machen eigentlich die Sponsoraktivitäten der Telekom im deutschen Radsport?

10. Hamburger SV (Handball)

Deutscher Männerhandball war fast zur Kieler Titelservice GmbH mutiert. Dauersieger. Konstanz. Dominanz. Hamburg hat generell einen Bonus bei mir. Meine Schwester hat einige Jahre in dieser großen, spannenden und nördlichen Stadt gewohnt. Da St. Pauli als Absteiger mit einem scheidenden Trainer ( mir gehen die Tränenreichen Abschiede langsam auf die Nerven – Stanislawski, Neuer, Sahin) ausscheidet für mein Top 10 Ranking, der Hamburger SV im Fußball zu sehr an einem meiner Lieblingstorhüter gekratzt hat (Frank Rost – einer der letzten Typen mit eigener Meinung in der Bundesliga) blieben fast nur die Handballer übrig. Und die haben es sich redlich verdient. Zu Kiel habe ich irgendwie immer keinen emotionalen Zugang gefunden. Trotz aller Erfolge. Die Bundesligatabelle (oder heißt die eigentlich Toyota-Tabelle?) habe ich immer  mit Freude diese Saison angeschaut. Hamburger SV. Es las sich etwas ungewohnt und hatte irgendwie Charme.