Deutschland gegen England oder der Vorteil einer Partie am Sonntag

Die Banken werden in Deutschland aufatmen. Die Kundschaft kann am Montag mit voller Konzentration bedient werden. Das Spiel der Löw Truppe gegen die Fußballer aus England ist am Sonntag optimal terminiert. Bei dem Spiel gegen Serbien in der Vorrunde war dies anders. An einem Freitag mit der unsäglichen Anstoßzeit von 13.30 Uhr. Was haben damals Bankinstitute wie die Sparkasse eigentlich gemacht? Die Nürnberger Nachrichten brachte am Samstag, den 19. Juni 2010,  mit dem Titel – Schreck vor der WM-Leinwand – folgenden kurzweiligen Bericht von der Sparkasse Nürnberg:

,,Ortswechsel: Im dritten Stock der Sparkasse am Lorenzer Platz haben sich etwa 100 Fußball-Begeisterte versammelt. Im Konferenzraum, in dem sonst geschäftliche Sitzungen stattfinden, rollt nun die Lederkugel über die Leinwand.“

Einen Hinweis in Sachen Kleiderordnung bekamen die Mitarbeiter der Sparkasse ebenfalls. In Sachen Arbeitszeit wurde ordnungsgemäß ausgestempelt.

,,Das Kreditinstitut hat seine 2000 Beschäftigten in der Zentrale und in allen Niederlassungen aufgerufen, an diesem Tag statt mit Anzug, Krawatte oder feinem Kostüm im Fußball-Outfit zur Arbeit erscheinen. Allerdings: Ordnung muss sein – das gemeinsame Fernsehen gilt nicht als Arbeitszeit, die Mitarbeiter müssen sich zuvor ausstempeln. Während die Banker im Konferenzraum bis zum Ausgleich hoffen, stehen einige Kollegen im fast menschenleeren Schalterraum, um die Kundschaft zu bedienen – falls denn jemand auftaucht.“

Da ist doch so ein Spiel am Sonntag um 16 Uhr ein wirklich passender Termin. Wetter soll auch passen. Bis dahin hat sich Übungsleiter Löw sicher auch den einen oder anderen Gedanken gemacht und die Schwachstellen aus dem Spiel gegen Ghana analysiert. Die Vorrunde war durchwachsen. Trotz Australien. Ich fand den Sieg gegen zahme und erschreckend schwache Australier nie den Hype wert, die Niederlage gegen Serbien war selbst verschuldet. Ausreden ob des Schiedsrichters lasse ich nicht gelten. Gegen Ghana wackelte die Abwehr mit Mertesacker in einigen Szenen beträchtlich. Im Mittelfeld fehlte kontinuierliche Kreativität. Im Angriffsspiel konnte mich keiner überzeugen. Ghanas Schwäche im Abschluss kam der deutschen Mannschaft ganz Recht. Sie verhinderte das Ärgste.

Doch nun ist das Geplänkel in der Vorrunde für die Truppe um Kapitän Lahm zu Ende. Für mich beginnt jetzt eigentlich die Fußball-WM erst richtig. K.o. Spiele mag ich. Duelle auf Biegen und Brechen. Etwaige Verlängerungen oder Elfmeterschießen inbegriffen. Insofern bin ich auch froh das mit England gleich eine richtige Hausnummer erscheint. Nichts gegen die USA. Doch Deutschland gegen England ist halt ein anderes Kaliber. Tief durchatmen.

Pressespiegel WM zum Spiel Deutschland – Ghana

Ein schmuckloser Arbeitssieg von Übungsleiter Löw und seiner Truppe gegen die Fußballer aus Ghana verhindern das Ärgste. Spox bringt die Einzelkritik der Spieler und titelt Friedrich stark, Mertesacker ganz schwach.

Zeit Online im WM-Blog schreibt über einen etwaigen deutschen Weg für Ghana und freut sich auf das eventuelle Duell vom Elfmeterpunkt der Löw-Elf mit der Mannschaft von Capello.

,,Endlich: Eine afrikanische Mannschaft qualifiziert sich fürs Achtelfinale, trifft dort als Gruppenzweiter auf die USA, im möglichen Viertelfinale auf den Sieger aus Uruguay und Südkorea. Nennen wir es „The German way“. Serbien nach dem 1:2 gegen Australien raus, hat Punkte nur gegen Deutschland geholt.“

Der deutsche Weg sieht diesmal für die DFB-Elf im Achtelfinale England vor. Vorfreude ist die schönste Freude.

,,Wir Deutsche freuen uns auf ein Elfmeterschießen. Und hoffen auf eine Relöwisierung des deutschen Spielstils.“

Spiegel Online schaut auf die personelle Änderung von Löw in der Startformation und befindet:

,,Löw hatte vor dem Anpfiff gegen Ghana eine Überraschung parat: Jérôme Boateng lief links in der Viererkette für den gegen Serbien schwachen Holger Badstuber auf – und traf damit auf seinen Halbbruder Kevin-Prince, der in Ghanas Startaufstellung stand. (Um es gleich zu sagen: Der DFB-Boateng spielte gegen Ghana noch schlechter als Badstuber bei der 0:1-Niederlage gegen Serbien.)“

Kai Pahl auf allesaussersport fasst nach seinem Live-Blogging die Situation in seinem unnachahmlichen Stil zusammen und vermisst Plan B bei der deutschen Mannschaft.

,,Beängstigend: eine Eindimensionalität im Spiel. Die Jungs sind nicht in der Lage sich einen Plan B zu erarbeiten – wie auch, wenn auch vom Trainingsstab kein Plan B kommt. Das war heute eigentlich der gleiche Stiefel wie gegen Australien und gegen Serbien gespielt, trotz anderem Gegner und anderem Personal. Nach 60 Minuten kam mit der Auswechslung von Müller gegen Trochowski eine leichte Variante rein. Aber Sorgen mache ich mir um den Sturm. Die Stürmer, egal ob Klose oder Cacau, weichen mir zu sehr zu sehr auf die Flügel aus, ohne das jemand im Zentrum nachstößt – am ehesten Khedira.“

Jens Weinreich ist live vor Ort in Johannesburg dabei gewesen und gesteht in seinem Blog einen Irrtum ein:

,,Und ich Trottel habe immer gedacht, ich müsste solche deutschen WM-Spiele nicht mehr erleben. Das ist im Stadion noch viel schlimmer.“

Roland Zorn schreibt auf der Online Seite der FAZ über eine austrudelnde Partie und gesteht ihr keinen Platz in der Ruhmeshalle zu:

,,Da die Ghanaer wenig später auch mitbekommen hatten, dass im zweiten Spiel der Gruppe D Australien gegen Serbien führte und gewann, ließen sie es nun auch langsamer angehen. Und so trudelte eine Partie aus, die auch im Rückblick sicher nicht zu den denkwürdigen Begegnungen dieser WM gehören wird. Immerhin: Beide hatten ihr Ziel erreicht, und nur das zählte an diesem Mittwoch im Soccer City Stadium.“

Christian Zaschke titelt in der Süddeutschen Zeitung Özil entscheidet Zitterpartie und meint:

,,Es entwickelte sich allerdings keineswegs eine durchweg hitzige Partie, sondern eine phasenweise so erstaunlich langsam geführte, dass die Zuschauer im Stadion von dem Verdacht beschlichen wurden, die Super-Zeitlupe habe sich der Realität bemächtigt. Dieser Eindruck verstärkte sich, weil manche Szenen sehr wohl in normalem Tempo gespielt wurden.“