Ist die Tour de France pervers?

Die Lohnarbeiter der Asphaltstraßen sind in Kürze wieder im Einsatz. Die Brot und Wasser Tour durch Frankreich steht auf dem Programm.

Es wird wieder jenes von den Organisatoren gewünschte Spektakel werden. Die Tour de France feiert Geburtstag. Die 100. Rundfahrt hält wieder ein fast unmenschlich anmutendes Streckenprofil bereit. Nur die harten kommen in den Garten. Für die einen ist es nach wie vor das faszinierendste Radrennen des Planeten und für andere die größte rollende Apotheke der Welt. Die Liste der grandiosen Pedalritter und ihrer anschließenden Entzauberung durch aufgeflogenes Doping ist ellenlang. Wie wird dies eigentlich bei den Anbietern von professionellen Sportwetten gehändelt? Ich meine, da gewinnt einer die Tour um sie Monate oder Jahre später wieder annulliert zu bekommen. Gib mir mein täglich Landis oder Contador. Oft haben auch die Zweitplazierten bei genauerer Betrachtungsweise Dreck am Stecken gehabt.  Der Wettschein ist zu dem Zeitpunkt oft bereits zerknüllt und nicht wieder auffindbar. Wettdrama der arteigenen Art. Verrückte Sportart. Verlogenheit inbegriffen. Aber auch die Stunde der Moralapostel. Erinnert sei an die Heuchelei um Lance Armstrong. Andererseits sind da diese faszinierenden Duelle in der Vergangenheit gewesen, diese Kämpfe Mann gegen Mann, diese kraftvollen Antritte am Berg, das sich schinden, die auch für den Fernsehzuschauer sichtbare Quälerei der Rennradfahrer. Nein, ich bring jetzt kein Udo Bölts Gedächtnis-Zitat. Dann diese Landschaftsaufnahmen. Die grandiose Naturkulisse. Die Wohnmobile an der Strecke. Die Faszination einer ganz großen Zirkusveranstaltung. Die Menschen lieben Spektakel.  Auch bei den Sprintankünften oder beim Zeitfahren, dem gnadenlosen Kampf gegen die Uhr. Was waren das für Duelle Lance Armstrong kontra Jan Ullrich. Hitchcock-Thriller der Extraklasse. Fast ganz Deutschland fieberte einst mit, hielt den Atem an und drückte die Daumen.

Auch der Tod ist mit eingepreist. Tommy Simpson starb 1967. Sein surrealer Tod am Mount Ventoux war sinnlos. Die Show ging weiter.

Tour de France: Alberto Contador verliert Toursieg 2010

Fleischesser Alberto Contador war immer sehr umstritten. Der spanische Radprofi hatte zwar den heimatlichen Persilschein u.a. durch den einheimischen Sportminister Jaime Lissavetzky erhalten, doch die Zweifel waren so groß wie die spektakulären Bergmassive der Tour de France. Die Nürnberger Nachrichten zitierten am 24. Juli 2010 (unmittelbar nach dem Toursieg von Contador) den Minister mit folgenden Worten:

,,Ich akzeptiere keine Kritik, die unseren Sport beschmutzt.“

Der Schutzwall vom spanischen Sportminister ist zerbröselt. Peter Ahrens und Tom Mustroph erlauben sich Kritik und schreiben über Contadors Schuldspruch im Jahr 2012 auf Spiegel Online:

 Der Spanier, Superstar der vergangenen Jahre, gilt jetzt höchstrichterlich und offiziell als Dopingsünder und bleibt nach dem Urteil des Internationalen Sportgerichtshofes Cas mit sofortiger Wirkung bis zum August dieses Jahres gesperrt: Seine Titel als Tour-de-France-Sieger 2010 und als Gewinner des Giro d’Italia 2011 ist der 29-Jährige auch los. Der Cas hat Recht gesprochen und dem Kampf gegen Doping im Radsport ein Stück Glaubwürdigkeit zurückgegeben. Auch wenn das Stück nur klein ist.“

Knallen derweil die Champagnerkorken in Luxemburg? Denn 2010 gab es hinter Alberto Contador ja einen Zweitplazierten. Der rückt jetzt automatisch vor und damit in die Siegerliste der Frankreichrundfahrt. Die Wiener Zeitung schreibt unter anderen dazu:

,,Am 6. Februar 2012 hat Andy Schleck die Tour de France 2010 gewonnen. Er wird wohl gerade trainiert haben, als ihn die Kunde über den wohl größten Triumph in der Sportgeschichte Luxemburgs erreicht hat, denn Schleck befindet sich gerade auf Trainingslager im verschneiten Palma de Mallorca.“

Erinnert alles auch ein wenig an die unsägliche Geschichte mit Floyd Landis. Auch er musste seinen Platz in den Geschichtsbüchern der Tour de France räumen. Sein Toursieg war ebenfalls im Nachgang zur Makulatur verkommen. Eigentlich könnte ich … nein, das wäre nicht druckreif.

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Höllentour 2010 zu Ende. Die Zweifel bleiben.

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Floyd Landis – Das Schwert der Wahrheit

Hat sich schon jemand die Filmrechte am Streit zwischen Landis und Armstrong gesichert? Das Leben schreibt abseits der Höllentour gerade wieder ein Radsport-Drehbuch. Es wird kein Heimatfilm, eher ein Thriller.

Doping

 © H.P. Reichartz: Pixelio 

Freunde werden Floyd Landis und Lance Armstrong wohl nicht mehr. In der Schule gab es das Schimpfwort Petze. In selbiger Kategorie wird Lance Armstrong wohl Floyd Landis stecken. Plaudertasche Landis will Testosteronpflaster von Armstrong bekommen und Bluttransfusionen beim 7-fachen Höllentoursieger live beobachtet haben. Tief durchatmen.

Mensch, Floyd, warum hast Du damals das Pflaster nicht abgelehnt und bist aus dem Team freiwillig ausgestiegen?

Ach, Floyd, komm mir jetzt bitte nicht mit Geld verdienen, es haben alle so gemacht, Vertrag und Verpflichtungen etc.

Diese Pseudoausreden lasse ich nicht gelten. Jetzt wirkt die ganze Beichte wie ein Offenbarungseid eines gestrandeten Radprofis.