Die unendliche Geschichte der Schachblogs in Deutschland

Der See zeigt sich von seiner besten Seite. Auch für die königliche Sportart Schach ist hier am Bodensee gesorgt. Auf der österreichischen Seite des Sees in der Festspielstadt Bregenz findet das 3. Internationale Bodensee Open vom 20. bis 28. Mai 2017 im Hotel Mercure statt. Der Schachklub Bregenz 1920 vermeldet einen Teilnehmerrekord. Bereits über 200 Anmeldungen aus 29 (kein Schreibfehler) Nationen. Lasst die Sektkorken durch die Decke knallen.

Schachblogs haben bei den großen etablierten Zeitungen durchaus keinen leichten Stand. Ruhig ist es um das Schachblog der Zeit geworden. Dabei hatte Zeit Online durchaus mit dem Blog Von Hängepartien und Bauernopfern einen respektablen Start. Inklusive einer interessanten Autorenmannschaft. Schachpublizist Johannes Fischer. Schachspieler Ilja Schneider, der eine aktuelle Elo-Zahl von 2522 aufweist. Warum hat man den Schachblog auf Zeit Online einschlafen lassen? Die Süddeutsche Zeitung ist bei dem Thema Schachblog so jungfräulich wie eine Geburtstagstorte, die unangeschnitten daliegt. Die FAZ hat spät einen Schachblog aufgelegt. Sehr spät. Im Juli 2016. Doch die Art des Mehrautoren-Blogs Berührt, geführt gefällt mir ganz gut. Einer der Autoren ist Jan Sprenger, Internationaler Schachmeister und Professor der Philosophie an der Universität in Tilburg, Niederlande. Sein aktueller Text unter dem Titel Und Anand an Brett vier.

Auch sprachliche Puzzlesteine flechtet Jan Sprenger geschmeidig mit ein.

,,Feiernde Berliner mit Bierflasche in der Hand und rot-weiß-gestreiften Schals gesellen sich zu den kofferbewehrten Geschäftsreisenden und Touristen. Passt ein auf Verinnerlichung und Reflexion gerichtetes Spiel wie Schach in diese hektische, lebenslustige Stadt? Am Alex mache ich bei einer Backstube halt; neben dem üblichen Kuchenbrötchensüßkram wird hier auch Couscous verkauft. Das nennt man wohl Innovation. Auch kein Begriff, den die meisten Menschen mit unserem Spiel verbinden, dessen Regeln sich die letzten 250 Jahre nicht geändert haben.“
Neben Jan Sprenger sind auch Stefan Löffler, Alexander Armbruster und Jörg Kaube im Team des Mehrautoren-Schachblogs der FAZ. Eine interessante Mischung. Die illustre Blogcrew setzt sich aus dem bereits erwähnten niederländischen Internationalen Schachmeister und Professor der Philosophie Jan Sprenger zusammen, dem FAZ Herausgeber Jürgen Kaube, Wirtschaftsredakteur Alexander Armbruster sowie dem Schachjournalisten Stefan Löffler.
Stefan Löffler hat einst selber einen Schachblog gegründet und geführt. Dann leider geschlossen. Auch der oben beim jetzt ruhenden Schachblog von Zeit Online erwähnte Ilja Schneider schloss seinen gut lesbaren Schachblog Schachzoo. Manchmal hätte ich mir da auch mehr Stehvermögen von den Protagonisten Schneider und Löffler gewünscht.
Blogger Georgios Souleidis nimmt Tempo aus dem Entwicklungsvorsprung raus
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Auch Georgios Souleidis hat auf seinem Schachblog Entwicklungsvosprung das Tempo rausgenommen.  Dabei hat auch Georgios Souleidis gute Anfänge gehabt. Sein Fleiß und die Texte gehörten eine Weile zum Grundrauschen der deutschen Schachblogszene. Auch in puncto Überschriften war Georgios Souleidis einst kreativ . Erinnert sei an den Artikel unter dem Titel  Warum soll man zu Plus, wenn die Milch bei Aldi nur 50 Cent kostet aus dem Jahr 2006. Schachfreund Souleidis setzte sich damals mit dem Thema der Ausländerquote in der Schachbundesliga auseinander. Ausgangspunkt war ein kritischer Beitrag vom engagierten Chefredakteur Raj Tischbierek im Magazin Schach in der Ausgabe 9/2006. Schachgroßmeister Raj Tischbierek, in der deutschen Heldenstadt Leipzig geboren und mit 9 Jahren bei Chemie Leipzig in den Schachverein eingetreten, übernahm die Zeitschrift Schach 1991 als Chefredakteur, für die der charismatische Sachse 1999 den Exzelsior Verlag gründete.
Übrigens Schachzeitungen würden Schachblogs auch gut zu Gesicht stehen.
Derweil geht es bei mir voran in Sachen Ausbau der Schach Memorabilia Sammlung.
Ein ganzer Schwung an hochkarätigen Schachweltmeistern. Historisches Material. Alexander Aljechin, Bobby Fischer, Michail Botwinnik zwischen den Buchdeckeln. Mit ihren großen Partien, ihren Biografien, ihren Statements. Ganz große Post. Die Paketmarke bis 31,5 Kilo. Ich leiste hiermit beim Postboten Abbitte. Dann auch das eine oder andere Kleinod. XIX. Studenten – Schach – Mannschaftsweltmeisterschaft Graz 1972. Herausgegeben von Milciades Lachaga, Argentinien 1973. Alles strahlt eine mystische Patina aus. Faszinierend. Doch gemach, gemach. Ich packe jetzt weiter in Ruhe aus. Der Vorgang dauert. Er wird bloggenderweise inklusive Fotomaterial von mir aufbereitet. Versprochen.
Fotos:  © Michael Wiemer

Ist die Tour de France 2013 sauber? Umfrage der FAZ fällt eindeutig aus.

Die FAZ hatte in Ihrem Artikel am heutigen Tag über den Kolumbianischen Radprofi Nairo Quintana, der sich vorhin auf Platz 3 der Gesamtwertung bei der Königsetappe schob, auch eine Umfrage eingebaut. Die Sauberkeit des Sports mit dem hundsmiserablen Image auf dem Prüfstein der Leser. Zahlreiche Dopingfälle ziehen sich durch die Geschichte der Tour de France. Das sie nicht unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattfindet ist wohl dem Geheimnis der Hassliebe geschuldet.

Die Umfrage der FAZ schaute heute am 18.07.2013 um 17.45 Uhr so aus:

Tour de France 2013 – ein Aufbruch zu sauberem Radsport?

20977 Stimmen wurden abgegeben.

4%   Ja, die neue Generation der Radprofis hat sich konsequent von den Altlasten getrennt!
17% Schön wäre es, aber haben die alten Doper nicht auch gesagt, sie seien sauber?
14% Es ist wie immer im Leben, es gibt solche und solche. Nur wer kann sie unterscheiden?
65% Nein, diese Sportart ist seit 100 Jahren mit Doping verseucht und wird es auch bleiben

Nachdenkenswert #141

,,Ich bin kein großer Telefonierer. Ich benutze auch keinen Computer. Das kostet viel zu viel Zeit. Glücklicherweise habe ich gute Mitarbeiter, die mir das abnehmen. Es ist für mich viel besser, mich auf mich selbst zu konzentrieren und mir nicht alle 30 Sekunden Sorgen zu machen, was andere Leute sagen.“ 

Sebastian Coe,

zweifacher Olympiasieger über 1500 Meter und britischer Cheforganisator des Olympia-Organisationskomitees, im Interview mit der FAZ

Podiumsgarantieathletin Claudia Pechstein

Sie ist längst wieder zurück. Es ist vielleicht das bemerkenswerteste Comeback in der Geschichte des Sports. Wir haben die Rückkehr von Boxidol Ali erlebt. Auch der siebenfache Formel 1 König Michael Schumacher kam zurück auf die Sportbühne. Doch  diese Rückkehr ist etwas ganz besonderes.

Die Rede ist vom erfolgreichen Comeback von Claudia Pechstein. Da wird manch Sportfunktionär oder Sportjournalist vielleicht die Faust in der Hosentasche ballen.  Ihre Rückkehr hatten einige nicht mehr auf dem Radar. Dabei kämpft Claudia Pechstein auf Eisbahn sowie juristischen Boden. Michael Reinsch titelt in der FAZ  Die Wut glüht wie ein Atomkern und streift beide Felder.

Viele hätten nicht die Kraft gehabt wieder aufzustehen. Es war eine unglaublich schwierige Situation für Deutschlands Eisschnelllaufqueen. In die Motivationsbücher dieser Welt darf ab sofort gerne auch die Geschichte vom Comeback von Claudia Pechstein ihren Eingang finden. Interessant ist in dem Zusammenhang auch ein Blick zurück auf die kleine Stimmensammlung hier im Blog vom 26. November 2009 zum CAS Urteil vom 25.11.09. Joachim Franke, Fritz Sörgel, Wilhelm Schänzer, Detlef Thieme, Helge Jasch, Udo Sprenger, Clemens Prokop, Thomas de Maziere mit ihrer Sicht der Dinge.

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Artverwandte Artikel zu Claudia Pechstein 

100 Promis für Claudia Pechstein und 100.000 Unterschriften sollen folgen 

Pechstein will Schadenersatz in Millionenhöhe bei Frankfurter Rundschau

Eisschnellauf – Pechstein: Pechstein will CAS anrufen und Schadenersatz  bei sueddeutsche.de

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Nachdenkenswert #117

,,Immer mehr Bildungseinrichtungen in aller Welt suchen nach einem Extra-Element, das den Horizont der Kinder erweitert, nicht nur die Leistungen in einzelnen Fächern. Viele Studien belegen, dass Schach dafür ein sehr gutes Hilfsmittel sein kann. Es zeigt, wie man unter Druck, in einer Situation mit vielen Unbekannten, Entscheidungen trifft, Probleme löst, und das innerhalb eines festen Regelwerks.“

        Garri Kasparow, Schachikone, im Interview mit der FAZ  

Der Kampf des Jahrhunderts

Es gibt Sportereignisse die überdauern den Tag. Über sie wird auch Jahrzehnte danach gesprochen. Heute vor 40 Jahren weckte mein Vater mich. Nein, die Schule musste noch etwas warten. Es war Zeit für etwas besonderes. Kein normaler Boxkampf. Muhammad Ali gegen Joe Frazier. Das kleine TV-Gerät sandte die schwarz-weiß Bilder in die Wohnstube. Faszinierend.

Christian Eichler hat in der FAZ einen sehr lesenswerten Rückblick auf den Fight zwischen Ali und Frazier geschrieben.

,,Der „Kampf des Jahrhunderts“ zwischen Joe Frazier und Muhammad Ali am 8. März 1971 im New Yorker Madison Square Garden bot vor 40 Jahren etwas so Epochales, dass ihm Abermillionen ihren Schlaf vor einem normalen Arbeits- oder Schul-Dienstag opferten.“

Mein Vater redete noch Tage später vom Kampf. Auf dem Schulhof tauschte ich mich mit meinen Schulkumpels aus. Damals haben wir die historische Dimension vielleicht nicht instinktiv fühlen können. Mit Superlativen wird gerade im Sport inflationär gehandelt. Superstar, Mega-Event, Sporthelden, Jahrhundertspiel, Match des Jahrhunderts, Jahrhundertflug, Sensationssieg, Spektaktulärer Weltrekord für die Ewigkeit, Jahrhunderttor etc. Das nutzt sich ab.

 Doch der Boxfight Ali gegen Frazier, jenes Sportereignis mit der Bezeichnung – Kampf des Jahrhunderts – zeigt keinerlei Abnutzungserscheinung. Er berührt mich immer noch emotional sehr tief.

Heiner Brand macht aus seinem Herzen keine Mördergrube

Er ist der Beckenbauer des deutschen Handballs. Heiner Brand gewann als Spieler in Kopenhagen 1978 den Weltmeistertitel. 2007 coachte er seine Sieben in Köln zum Weltmeister im begeisternden Finale gegen Polen. Doch nach dem Heimerfolg stellten sich keine weiteren großen Erfolge ein. Peking ging total daneben. Ein bitteres Vorrunden-Aus. Heiner Brand hat immer wieder den Finger in die Wunde gelegt und auf die Defizite in der heimischen Liga hingewiesen. Seine damalige Erkenntnis :

„Seit nahezu zwölf Jahren haben ich immer wieder angemahnt, dass junge Spieler gefördert werden müssen, sonst wird irgendwann dieser Zustand, den wir jetzt gerade erleben, zum Normalfall, und das darf im Sinne des Handballs nicht sein.“

Der Normalfall trat ein. Negativer Höhepunkt war das Abschneiden bei der EM im vergangenen Jahr in Österreich. Ein weiterer Imageschaden für den deutschen Handball. Das Durchhaltevermögen von Brand ist bewundernswert. Manch anderer Coach hätte bereits da hingeschmissen. Jetzt hat der Macher des deutschen Wintermärchens von 2007 in der FAZ ein lesenswertes Interview unter dem Titel Es gibt zu viele Stinkstiefel im deutschen Handball gegeben und macht aus seinem Herzen keine Mördergrube und beantwortet auch die Frage ob eines etwaigen Ausstiegs aus seinem bis 2013 laufenden Vertrags:

,,Solche Gedanken kommen sicherlich immer mal zwischendurch. Ich setze mich mit meiner Situation schon seit längerem auseinander. Die Arbeit mit der Mannschaft, mit dem Präsidium des Verbandes macht mir zwar sehr viel Spaß. Das läuft alles hundertprozentig, das ist ein Teil meiner Motivation. Dass sich allerdings zum Beispiel bei der Ausländerregelung in der Bundesliga gar nichts tut, dass ein Großteil der Leute nur kurzfristige egoistische Ziele anpeilt und sich nicht strategisch mit der Zukunft des Handballs beschäftigt, ist für mich auf Dauer zermürbend. Das Drumherum im Handball ist nicht das, was ich mir vorstelle. Das bringt die Sportart nicht weiter.“