Nachdenkenswert #320

,,Mit den Titelkämpfen präsentieren wir in Deutschlands Hauptstadt das wichtigste Turnier im Schnell- und Blitzschach der letzten 20 Jahre. Besonders unter den erschwerten Bedingungen einer kurzen Bedenkzeit sind spektakuläre Partieverläufe zu erwarten. Wir wünschen allen Teilnehmerinnen und Teilnehmern, besonders unseren Nationalspielern, viel Erfolg.“

Herbert Bastian, Präsident des Deutschen Schachbundes, mit großer Vorfreude auf die mit Spannung erwartete Weltmeisterschaft im Schnell- und Blitzschach in Berlin, die am kommenden Samstag beginnt. Hochinteressante Details gibt es bei chessbase und auf der offiziellen Website vom Deutschen Schachbund inklusive Spielplan und Ticketbestellung beim DSB. Medienstar und Schachgenie Magnus Carlsen gewann im vergangenen Jahr beide Titel in Dubai und tritt in Berlin die Mission Titelverteidigung an. Auch der Schachästhet Viswanathan Anand ist dabei.

Schach: Ein paar Anmerkungen zur Mittelstreichung durch das BMI

Nein, der deutsche Schachsport ist nicht auf Rosen gebettet. Die Männer holten 2011 die Europameisterschaft. Einen Titel, der so schnell in der Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit unterging wie an manchen Dezembertagen die Sonne hier unten am Bodensee in den späten Nachmittagsstunden.Traveler Digital CameraJetzt also die Mittelstreichung durch das BMI. Ein schwerer Königsangriff. Norbert Wallet nimmt sich auf Stuttgarter Nachrichten der Thematik an und leitet seinen Artikel mit folgenden Worten ein:

,,Das deutsche Schach ist in heller Aufregung. Das Bundesinnenministerium (BMI) hat dem Deutschen Schachbund mitgeteilt, dass es dem Verband die Fördermittel streicht. Es geht um jährlich 130 000 Euro. Ein kleiner Betrag – dessen Wegfall aber eine große Wirkung erzeugt. Mit dem Geld finanziert der Schachbund die Stellen des Bundestrainers und des Sportdirektors. Betroffen von der Entscheidung ist ein Verband mit mehr als 90 000 Mitgliedern, der größer ist als der Eishockey- und Hockeyverband, größer auch als der Ruderverband.“

Schach ist Hochleistungssport. Deutschland hat einen Weltmeister wie Emanuel Lasker in seinen historischen Annalen. Wer gesehen hat wie intensiv sich ein Magnus Carlsen im vergangenen Jahr körperlich auf sein Duell gegen Vishy Anand vorbereitete, kann keine Zweifel daran haben. Schach ist psychische und physische Schwerstarbeit im Segment Leistungssport. Ich empfehle jedem der Schach jetzt in die Kulturecke abtun will, ihm jegliche „eigenmotorische Aktivität“ abspricht, sich auch die Hochleistungssportliche Vorbereitung von Bobby Fischer auf das Schachmatch des Jahrhunderts 1972 anzusehen. Zu sehen im Dokufilm Zug um Zug in den Wahnsinn von Liz Garbus. Danach kann es keinen Zweifel geben: Schach ist Leistungssport. Am 7. Dezember 2011 schrieb ich nach der Ausstrahlung auf Arte hier im Blog unter dem Titel: Bobby Fischer: Zug um Zug in den Wahnsinn oder der vergebliche Versuch einer objektiven Rezension:

,,Für Bobby Fischer Freunde, Fans, Nostalgiker, Schachspieler  wie mich gab es reichlich bekanntes Bildmaterial und auch einiges neues. Die Sequenzen zum Beispiel von Fischers gnadenlosen Fitnessprogramm vor dem Schachmatch des Jahrhunderts waren spektakulär. Die Aufnahmen im Wasser beim Schwimmen, seine Situps, sein Ehrgeiz bei diesen körperlichen Trainingseinheiten waren intensiv. Leibesübungen unter professioneller Anleitung. Atemtechnik. Mentalpower wie sie auch Boxlegende Ali zeigte.  Dabei sah ich erstmals auch einen nackten Bobby Fischer. Normalität beim Duschen.“

Der Deutsche Schachbund erfährt zur Zeit sehr viel Sympathie aus den verschiedensten Richtungen. Akribisch haben sie auch eine Themenseite zur Mittelstreichung durch das BMI eingerichtet und füllen es permanent mit den neuesten Entwicklungen, Kommentaren und Äußerungen vom Bundestrainer bis zur Schachspielerin. Ein Blick zur Vertiefung der Ereignisse lohnt. Hier geht es zur BMI-Spezialseite.

Das finanzielle Aus für Deutschlands Schach …

Der Letzte macht das Licht aus.Traveler Digital CameraAuch der sensationelle Europameistertitel 2011 durch die Männer hat an den fragilen monetären Zuständen im deutschen Schach in den vergangenen zwei Jahren nichts geändert. Doch jetzt drohte gar das finanzielle Aus einer faszinierenden Sportart. Die Details hat der Deutsche Schachbund auf seiner Website unter dem Titel 9. Mitgliederversammlung des DOSB veröffentlicht. Präsident Herbert Bastian spricht ausdrücklich Dank an eine Frau in leitender Funktionärsposition vom DOSB aus:

,,Dank gemeinsamer Anstrengungen ist es uns gelungen, die erste Hürde beim Kampf um den Erhalt der Förderung durch das BMI zu nehmen. In der Mitgliederversammlung hat die Vizepräsidentin Leistungssport des DOSB und Vorsitzende des Präsidialausschusses Leistungssport Frau Dr. Christa Thiel unmissverständlich vor den über 400 Delegierten erklärt, dass der DOSB den Deutschen Schachbund ungeachtet der geänderten Förderkriterien auch weiterhin als förderungswürdig ansieht.“

Wer den kompletten Text beim DSB liest, kann unschwer erkennen wie hart hinter den Kulissen in Wiesbaden gerungen wurde. Eine Streichung der Fördermittel wäre ein nicht wieder gut zu machender Sparschaden am deutschen Schach gewesen.

Schach und seine Facetten wieder im Blickpunkt in Deutschland

Der Deutsche Schachbund hat diese Woche die Stellungnahme von DSB-Präsident Herbert Bastian zur Presseerklärung von Arkadij Naiditsch veröffentlicht. Am heutigen Abend um 22.05 Uhr, 2 Tage nach Veröffentlichung, ist der Text bereits 1904 mal aufgerufen worden. Da sage noch einer das Geschehen um Schach und seine Facetten interessiert in Deutschland niemanden.

Was würde der geniale und meinungsstarke Schachweltmeister Bobby Fischer in seiner besten Phase dazu gesagt haben? Dieses Jahr jährt sich der 40. Jahrestag des Schachmatch des Jahrhunderts. Irgendwann hätte er vielleicht zu Bastian und Naiditsch gesagt – Konzentriert Euch auf´s Schach -.