Nachdenkenswert #72

,,Das ist ganz einfach: Man hat als deutscher Nationalspieler eine ganz andere Wertschätzung. Ich weiß nicht, ob ein Mesut Özil als türkischer Nationalspieler so schnell zu Real Madrid gewechselt wäre. Das Potenzial hat er, keine Frage, aber es liegt auch am deutschen Fußball, der viele Erfolge vorzuweisen hat. Bevorzugt werden eher Deutsche oder Brasilianer, als Spieler aus Fußball-Ländern, die noch nicht so viele Erfolge hatten.“

         Halil Altintop, türkischer Nationalspieler, im Spox Interview

Nachdenkenswert #62

„Deutschland hat gegen Spanien so gespielt wie gegen England und Argentinien. Das hätte im Halbfinale gegen jede andere Mannschaft gereicht. Nur halt nicht gegen Spanien. Ich persönlich finde es zum Kotzen, dass wir Holländer im Finale nicht gegen Deutschland spielen.“

           Johan Cruyff, Fußballvizeweltmeister 1974, auf spox

Pressespiegel WM zum Spiel Deutschland-Spanien

Die Normalität ist eingetreten. Die spanischen Fußballer  und ihr Trainerfuchs del Bosque haben der Elf von Übungsleiter Löw die Grenzen aufgezeigt. Ein kleiner Blick in den Pressespiegel nach dem Scheitern der Mannschaft im Halbfinale gegen Spanien:

Puyol sein Kopfballtreffer in der 73. Minute brachte die Entscheidung. Die taz titelt Eine große Symphonie des Fußballs und sah nach dem 0:1 folgendes:

,,Die deutsche Maschine war abgestorben. Die Musik wurde ganz leise. Aus einer fußballerischen Symphonie wurde ein Krampfspiel und die Deutschen mussten einsehen, dass gegen eine Mannschaft wie Spanien nichts zu erzwingen ist. Die hohen Bälle in den Strafraum, die am Ende auch Mario Gomez spielte, der für Sami Khedira ins Spiel gekommen war, bedeuteten keine Gefahr.“

Der Tagesspiegel sieht Übungsleiter Löw Nicht am Ende des Wegs, vergleicht Klinsmann mit dem Assistent von 2006 und befindet:

,,Seit vier Jahren trainiert Löw nun das deutsche Team, er weiß um die Erwartungen an das Amt und die Zumutungen, die mit ihm verbunden sind. Während der Halbfinal-Niederlage gegen Spanien konnte man ihm den Druck vom Gesicht ablesen. Ein Bundestrainer von heute ist eine öffentliche Person, bei der selbst die Frage wichtig ist, ob er sich die Haare färbt. Löw, der Fußballfachmann, ist den weichen Themen lange Zeit ausgewichen, vor dem Halbfinale aber hat er vergleichsweise ausführlich über seinen blauen Glückspulli referiert. Löw ist hier längst nicht so verbohrt wie sein Vorgänger Jürgen Klinsmann; er bedient mit einem kleinen Scherz auch mal die Bedürfnisse der Öffentlichkeit nach Unterhaltung.“

Lange hielt Deutschland das 0:0. Die Zeit Online attestiert Spanien Auf der Suche nach den Löchern und dem Torschützen eine bemerkenswerte Hartnäckigkeit:

,,Carles Puyol ist ein hartnäckiger Typ. Das war er schon immer. Es gibt die Geschichte, dass er damals, als er als Nachwuchsfußballer um Aufnahme in die Talentschmiede des großen FC Barcelona bat, immer wieder abgewiesen wurde, und dennoch stets wieder kam. Zu schlecht gehst du mit dem Ball um, sagten die Jugendcoaches, ich will aber doch, sagte Puyol. Irgendwann durfte er dann bleiben, es hat sich gelohnt.“

Die Süddeutsche Zeitung bemerkt die Wucht der Wahrheit und bringt die Personalie Müller ins Spiel:

,,Vielleicht hätte aber auch Müller die Wucht des Ereignisses ergriffen, der Respekt vor dem großen Gegner. Die elf DFB-Spieler auf dem Platz in Durban erinnerten jedenfalls kaum an die breitbrüstigen Energiefußballer aus den erhebenden Siegen gegen England und Argentinien. Die Spanier, die mit sechs Akteuren vom FC Barcelona begannen, zogen ihr dominantes Passspiel auf, sie attackierten die Deutschen im Aufbauspiel und erreichten damit fast während der gesamten 90 Minuten ein Übergewicht.“

Zum Schluß der kleinen Rundreise durch den Pressespiegel kommt die FAZ zu Wort und titelt Vor der Abwehr gefesselt und wirft ein Auge auf Bastian Schweinsteiger: 

,,Es war die Saison, es war bisher auch die Weltmeisterschaft des Bastian Schweinsteiger. Aber es war nicht sein Halbfinale. Im großen Duell der Regisseure ist der Münchner in der zweiten Halbzeit gegen Spanien zum Statisten gemacht worden, während Xavi das Zepter schwang. Als der Chef der Spanier seinem Abwehrchef Carles Puyol den 1:0-Siegtreffer per Ecke auf den Kopf legte, konnte Schweinsteiger nur noch einen deftigen bayrischen Fluch loswerden, für den man keinen Lippenleser benötigte.“

Pressespiegel WM zum Spiel Deutschland – Ghana

Ein schmuckloser Arbeitssieg von Übungsleiter Löw und seiner Truppe gegen die Fußballer aus Ghana verhindern das Ärgste. Spox bringt die Einzelkritik der Spieler und titelt Friedrich stark, Mertesacker ganz schwach.

Zeit Online im WM-Blog schreibt über einen etwaigen deutschen Weg für Ghana und freut sich auf das eventuelle Duell vom Elfmeterpunkt der Löw-Elf mit der Mannschaft von Capello.

,,Endlich: Eine afrikanische Mannschaft qualifiziert sich fürs Achtelfinale, trifft dort als Gruppenzweiter auf die USA, im möglichen Viertelfinale auf den Sieger aus Uruguay und Südkorea. Nennen wir es „The German way“. Serbien nach dem 1:2 gegen Australien raus, hat Punkte nur gegen Deutschland geholt.“

Der deutsche Weg sieht diesmal für die DFB-Elf im Achtelfinale England vor. Vorfreude ist die schönste Freude.

,,Wir Deutsche freuen uns auf ein Elfmeterschießen. Und hoffen auf eine Relöwisierung des deutschen Spielstils.“

Spiegel Online schaut auf die personelle Änderung von Löw in der Startformation und befindet:

,,Löw hatte vor dem Anpfiff gegen Ghana eine Überraschung parat: Jérôme Boateng lief links in der Viererkette für den gegen Serbien schwachen Holger Badstuber auf – und traf damit auf seinen Halbbruder Kevin-Prince, der in Ghanas Startaufstellung stand. (Um es gleich zu sagen: Der DFB-Boateng spielte gegen Ghana noch schlechter als Badstuber bei der 0:1-Niederlage gegen Serbien.)“

Kai Pahl auf allesaussersport fasst nach seinem Live-Blogging die Situation in seinem unnachahmlichen Stil zusammen und vermisst Plan B bei der deutschen Mannschaft.

,,Beängstigend: eine Eindimensionalität im Spiel. Die Jungs sind nicht in der Lage sich einen Plan B zu erarbeiten – wie auch, wenn auch vom Trainingsstab kein Plan B kommt. Das war heute eigentlich der gleiche Stiefel wie gegen Australien und gegen Serbien gespielt, trotz anderem Gegner und anderem Personal. Nach 60 Minuten kam mit der Auswechslung von Müller gegen Trochowski eine leichte Variante rein. Aber Sorgen mache ich mir um den Sturm. Die Stürmer, egal ob Klose oder Cacau, weichen mir zu sehr zu sehr auf die Flügel aus, ohne das jemand im Zentrum nachstößt – am ehesten Khedira.“

Jens Weinreich ist live vor Ort in Johannesburg dabei gewesen und gesteht in seinem Blog einen Irrtum ein:

,,Und ich Trottel habe immer gedacht, ich müsste solche deutschen WM-Spiele nicht mehr erleben. Das ist im Stadion noch viel schlimmer.“

Roland Zorn schreibt auf der Online Seite der FAZ über eine austrudelnde Partie und gesteht ihr keinen Platz in der Ruhmeshalle zu:

,,Da die Ghanaer wenig später auch mitbekommen hatten, dass im zweiten Spiel der Gruppe D Australien gegen Serbien führte und gewann, ließen sie es nun auch langsamer angehen. Und so trudelte eine Partie aus, die auch im Rückblick sicher nicht zu den denkwürdigen Begegnungen dieser WM gehören wird. Immerhin: Beide hatten ihr Ziel erreicht, und nur das zählte an diesem Mittwoch im Soccer City Stadium.“

Christian Zaschke titelt in der Süddeutschen Zeitung Özil entscheidet Zitterpartie und meint:

,,Es entwickelte sich allerdings keineswegs eine durchweg hitzige Partie, sondern eine phasenweise so erstaunlich langsam geführte, dass die Zuschauer im Stadion von dem Verdacht beschlichen wurden, die Super-Zeitlupe habe sich der Realität bemächtigt. Dieser Eindruck verstärkte sich, weil manche Szenen sehr wohl in normalem Tempo gespielt wurden.“

Nachdenkenswert #48

,,Wer sich nicht von der Emotionalität dieser Meldung des Tages überwältigen ließ und nicht in die teilweise wüsten Beschimpfungen gegenüber Kevin-Prince Boateng am Montag einstimmte, fragt sich am Ende des Tages schon: Wenn wir trotz Euro-Krise, Griechenland oder der zum Bürgerkrieg ausufernden Lage in Thailand keine größere Sorgen haben als ein verletzter Fußballer-Knöchel, dann kann es uns in Deutschland ja so schlecht nicht gehen.“

  Thomas Lückerath, DWDL-Chefredakteur, in einem Kommentar

  auf DWDL.de 

König Johan

Bei der Diskussion auf breitnigge um die Personalie Ruud van Nistelroy landeten wir schnell beim Verhältnis zwischen Deutschland und  Holland im Fußball. Ich schrieb in einem Kommentar:

,,Die Duelle Holland-Deutschland haben ja eine lange Tradition. So richtig überwunden haben sie das Münchner Trauma von 1974 immer noch nicht, unsere lieben Nachbarn. Damals spielten sie freilich den besten Fußball. Zermalmten Uruguay oder auch Brasilien auf dem Weg ins Finale. Johan Cruyff war der überragende Mann des Turniers. Und dann kommen die pragmatischen Deutschen mit ihren vielen Bayern Spielern und diesem Wadenbeißer Voigts (erlauben sich Manndeckung gegen König Johan) und schicken die spielerisch überragende Mannschaft des Turniers mit den Silbermedaillen nach Hause.“

Die Jüngeren unter uns können mit dem Namen Johan Cruyff vielleicht nicht so viel anfangen. Hier einige spektakuläre Sequenzen von König Johan aus seiner Laufbahn: