Outdoor Industrie und Sportartikelhersteller und der Status quo in puncto fairer Produktionsbedingungen

Am morgigen Freitag, den 30. September 2016, gibt es den sogenannten ,,Fashion Fairday“. Autorin Regina Henkel hat sich auf ispo.com in einem Artikel unter dem Titel Löhne in der Supply Chain: Bekleidungsindustrie sucht nach fairen Lösungen mit der Thematik auseinandergesetzt.

Foto: © Michael Wiemer

Mit den Produktionsbedingungen, den Lohnverhältnissen, den Rahmenbedingungen in den Fabriken vor Ort in der Bekleidungsindustrie beschäftigt sich seit Jahren auch die Christliche Initiative Romero (CIR), benannt nach dem 1980 ermordeten salvadorianischen Erzbischof Oscar Arnulfo Romero, und setzt sich intensiv mit dem Thema auseinander. Seit Jahren ist Maik Pflaum ein intimer Kenner der Produktionsbedingungen der Sportartikelindustrie und der Outdoorhersteller, für CIR tätig. Stammleser meines Blogs kennen auch das Interview von Maik Pflaum mit Estela Ramirez von der Gewerkschaft SITRASACOSI aus El Salvador. Hier geht es zur PDF-Datei. Estela Ramirez gab Maik Pflaum Einblicke in die Arbeitsbedingungen der Näherinnen, die für die großen Zweieinhalb der Sportartikelbranche in den Fabriken El Salvadors arbeiten.

Diese Woche bat ich Maik Pflaum um ein Statement zum aktuellen Status der Outdoor Industrie und der Sportartikelhersteller in puncto Fairness in der Produktion.

Wie schätzen Sie denn die aktuellen Bemühungen der Outdoor Industrie und der Sportartikelhersteller im Hinblick auf faire Produktionsbedingungen ein? Wie ist der Status Quo? Inwieweit klafft eine Lücke zwischen Ankündigungen und Umsetzungen?

 Maik Pflaum: ,,Hier gibt es viel Licht und Schatten. Sehr ärgerlich sind die Zustände in der Sportbekleidungsindustrie: Hier hat sich seit 10 oder 15 Jahren nichts Substantielles bewegt. Ärgerlich deswegen, weil hier drei Konzerne den Weltmarktmarkt dominieren: Nike, Adidas-Reebok und Puma. Es wäre ein leichtes, sich gemeinsam für bessere Arbeitsbedingungen einzusetzen. Sie lassen ja sowieso in den gleichen Fabriken fertigen und hätten die Nachfragemacht, Dinge zu bewegen. Aber das Gegenteil ist der Fall: es wird immer weiter versucht, noch billiger produzieren zu lassen. Damit den Aktionär*innen neue Rekordgewinne in Aussicht gestellt werden können. Wer für Adidas oder Nike oder Puma fertigt und sich krank schuftet, verdient in aller Regel nicht genügend, um den Grundbedarf einer Durchschnittsfamilie abdecken zu können. „Fair Play“ sieht anders aus!

Bei den Outdoor-Herstellern hat sich viel getan. Viele wurden seit unserer Kampagne ab 2009 Mitglied in der Fair Wear Foundation(FWF). Das ist m.E. nach die fortschrittlichste und anspruchsvollste Kontrolleinrichtung im Bereich der Arbeitsrechte. Jack Wolfskin, Vaude, Deuter, Schöffel,… Die Liste der Mitglieder ist zum Glück lang. Alle arbeiten engagiert mit, lernen voneinander. Wie sich die einzelnen Unternehmen bewähren, kann transparent auf der Seite der FWF im jeweiligen Brand Performance Check (www3.fairwear.org/36/brands/) nachgelesen werden. Einziger Schwachpunkt: auch hier liegen die Löhne oftmals noch nicht auf Grundbedürfnis-Niveau, und das Engagement, dies zu erreichen, müsste bei den meisten höher sein.“

Sport am Bodensee: OutDoor 2015 und die Sache mit der sozialen Verantwortung

Mit großer Resonanz brachte Spiegel Online vor 5 Jahren am 13.07.2010 das Thema Studie: Outdoor-Hersteller fallen bei sozialer Verantwortung durch. Der Artikel von Susanne Amann sorgte damals für kontroverse Diskussionen.

Alleine beim intensiven und nachdenklichen Lesen der 106 Kommentare um die thematisierten Produktionsbedingungen, Lohnkosten, Image der Outdoor-Branche, Hungerlöhne, die Produktion in einer Militärdiktatur und kritischen Arbeitsbedingungen sah man die Sprengkraft des Themas. Die Marketingverantwortlichen von Vaude, Jack Wolfskin, Columbia, The North Face, Patagonia, Marmot Mountain oder Schöffel werden mitgelesen haben. Die Spiegel Online Autorin Susanne Amann:

,,Was die meisten Kunden nicht wissen: Obwohl die Marken mit ihrem Image vom „Draußen zuhause“ (Jack Wolfskin), dem „Spirit of mountain sports“ (Vaude) und Bildern von waghalsigen Kletterern oder todesmutigen Tiefschneefahrern werben, unterscheiden sie sich in einem kaum von anderen Textilherstellern – bei der Art und Weise, wie die teuren Lifestyle-Klamotten hergestellt werden.“

Jack Wolfskin und Vaude stellen auch bei der OutDoor 2015 in Friedrichshafen aus. Sie sind Stammgäste bei der Branchenmesse am Bodensee.

Foto:  © Michael Wiemer

Inwieweit hat sich die Branche in den letzten 5 Jahren gebessert? Nun, ein Blick auf die Website von CI – Romero, der Christlichen Initiative Romero, sei da empfohlen. Dort wird auf die Unternehmen Adidas, Puma, Jack Wolfskin, Mammut, The North Face, Tatonka, Trigema und Vaude geschaut. CI-Romero hat Transparenz, Verhaltenskodex, Kodexumsetzung, Monitoring und Verifizierung sowie einen entsprechenden Kommentar von CCC (Clean Clothes Campaign) zur jeweiligen Firma katalogisiert und hinterlegt.

Clean Clothes Campaign – Kampagne für Saubere Kleidung – setzt sich seit Jahren für die Verbesserung der Arbeitsbedingungen in der globalen Bekleidungsindustrie ein. Hier die Firmenprofile Outdoor aus den Jahren 2009, 2010, 2011 und 2012.

Ein Blick in die Firmenprofile gibt aufschlussreiche Erkenntnisse.

Hier geht es zum Sportkalender am Bodensee

ISPO 2015 geht in München zu Ende

Sie ist eine gut eingeführte Sportartikelmesse. Die ISPO 2015. Heute der letzte Tag. Immer wieder sind 3 Trends durch die Messeluft geschwirrt: Leichtigkeit, Sicherheit und Nachhaltigkeit.

Okay, die Daunenjacke geht Richtung Gewicht einer Briefmarke. Sicherheit – auch klar. Bei aller Abenteuerlust, aller tiefen Sehnsucht aus dem deutschen Neonlichtgefluteten Büroalltag zu entfliehen, lebendig will jeder wieder nach Hause. Nachhaltigkeit wird seit Jahren speziell von der Outdourbranche immer wieder marketingtechnisch in Imagebroschüren und wortstarken Meldungen hochgehoben. Wie weit die Branche wirklich ist in Sachen fairer Bezahlung, soliden Arbeitsbedingungen mit bezahlten Überstunden, Sicherheit am Arbeitsplatz, sozialen Standards etc., da würde ich sehr skeptisch gegenüber jeder noch so wohlfeilen PR-Meldung sein. Die Prüfung auf das Exempel ist immer noch das Gespräch mit den Näherinnen der Klamotten.

Aufschlussreich ist da auch bei CIR die Maquila Delegationsreise 2015 und das mitgeführte Online-Tagebuch.

,,Vom 26. Januar bis zum 6. Februar 2015 unternimmt die CIR eine Delegationsreise zum Thema „Maquila“ (spanisch für Bekleidungsfabrik) ins mittelamerikanische Land El Salvador.
Gemeinsam mit JournalistInnen und entwicklungspolitischen MultiplikatorInnen aus Deutschland sowie Mitarbeiterinnen von Nichtregierungsorganisationen aus Rumänien, der Slowakei und Bulgarien treffen wir Partnerorganisationen der CIR aus der Menschen- und Arbeitsrechtsarbeit. Auf dem Reiseplan stehen u.a. Treffen mit FabrikarbeiterInnen, Betriebsgewerkschaften sowie ArbeitsrechtlerInnen.

An dieser Stelle entsteht ein digitales Reise-Tagebuch, in dem wir Interessierten regelmäßig von unseren Reise-Erlebnissen berichten.“

Beim lesen der Berichte …

CIR: Ein Adidas-ArbeiterInnen Blog

Adidas schaffte es heute in die Schlagzeilen. Der Kurs rutschte ab. Zweistelliger prozentualer Kursverlust an der Börse. Aber das nehme ich mir vielleicht ein andermal vor. Der DAX-Wert bedarf einer Analyse. Standen nicht erst kürzlich zwei Mannschaften in Adidas Trikots im Endspiel der Fußball-WM 2014? Doch die Dinge sind komplexer. Einbrechendes Russland Geschäft. Die Golf Sparte schwächelt. Doch wie gesagt: Vielleicht ein andermal.

Heute möchte ich auf ein Adidas-ArbeiterInnen Blog verweisen. Die Christliche Initiative Romero (CIR) hat  seit vielen Jahren immer wieder Mut bewiesen. Rückgrat und Beharrlichkeit in der Berichterstattung über die Zustände in der Sportbekleidungsindustrie gezeigt. Im Adidas-ArbeiterInnen Blog der CIR heißt es:

,,Dieser Blog gibt Einblick in die Leben von drei Adidas-ArbeiterInnen aus Kambodscha.   Sarin, Van und Chroeng wurden im April und Mai 2014 interviewt. Die Blogs wurden aus den Transkriptionen der Interviews ins Englische und Deutsche übersetzt. Und auch wenn es Übersetzungen sind, so sind es doch ihre eigenen Worte und Meinungen. Um ihre Identität zu schützen, wurden ihre Namen geändert.“

Es sind sehr nachdenklich stimmende Einblicke in die Lebens- und Arbeitswelt von drei Adidas-NäherInnen aus Kambodscha.

Nachdenkenswert #243

,,Nachdem das Nachrichtenmagazin Der Spiegel Puma mit den Vorwürfen konfrontierte, antwortete der Konzern mit dem Abbruch der Produktionsbeziehungen zu Florenzi. (DER SPIEGEL, Nr. 27, S. 65 und Spiegel Online Artikel) Dies ist absolut inakzeptabel: Zuerst lässt Puma die NäherInnen unter miserablen Bedingung schuften und wenn die Öffentlichkeit dahinter kommt, versucht man sich aus dem Staub zu machen und überlässt die ArbeiterInnen ihrem Schicksal.

Bitte unterstützen Sie unsere Forderungen an Puma nach Verantwortung! Schicken Sie Protestmails an Puma, in denen Sie den Konzern auffordern, sich nicht vor der Verantwortung zu drücken und weiterhin in Florenzi fertigen zu lassen UND dafür zu sorgen, dass die Arbeitsrechtsverletzungen sofort abgestellt werden.

Sie haben zwei Möglichkeiten, eine Protestmail an Puma zu schicken:

1. Über das Protestmail-Tool der CIR

2. Über unsere Petition auf der erfolgreichen Protestplattform change.org

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Die Christliche Initiative Romero bleibt an der kritischen Geschichte von Spiegel Online Textilfabrik in El Salvador: Dumpinglöhne für Puma-Shirts sehr beharrlich dran und bietet aktive Protestmöglichkeiten.

Über die Christliche Initiative Romero (CIR):

,,Die Christliche Initiative Romero (CIR) setzt sich seit 1981 für Arbeits- und Menschenrechte in Ländern Mittelamerikas ein. Schwerpunkt ihrer Arbeit ist die Unterstützung von Basisbewegungen und Organisationen in Nicaragua, El Salvador und Guatemala sowie die Kampagnen- und Bildungsarbeit in Deutschland. Ziel ist, durch solidarisches Handeln eine Brücke zwischen den Ländern des Südens und Deutschland zu schlagen. Im Sinne ihres Namensgebers, des 1980 ermordeten salvadorianischen Erzbischofs Oscar Arnulfo Romero, setzt sich die Christliche Initiative Romero gegen Ungerechtigkeitsverhältnisse ein und ergreift Partei für die Armen.“