Die Sache mit den Fehlprognosen

Die Süddeutsche Zeitung brachte in Ihrer Printausgabe zu Silvester am 31.12.2011 die elf schönsten Irrtümer im Sport vom vergangenen Jahr. Meine drei persönlichen Favoriten aus jener Auswahl sind:

Auf Platz 3

,,Ich denke, ich werde mit Leichtigkeit gewinnen.“

Usain Bolt vor dem Start zum 100 Meter Lauf. Nach zwei Fehlstarts einem Fehlstart blieb ihm nur die Leichtigkeit des Kopfschüttelns.

Auf Platz 2

,,Wir alle möchten, dass Michael Ballack einen würdigen Abschied von der Nationalmannschaft im Klassiker gegen Brasilien feiern und dort ein letztes Mal unser Team als Kapitän aufs Feld führen kann.“

Wolfgang Niersbach, DFB-Generalsekretär, am 16.Juni 2011 mit seinem Statement zur Personalie von Vizeweltmeister Michael Ballack.

Auf Platz 1

,,Die Erfolgsaussichten von München sind dank der Unterstützung von Bundespräsident Wulff weiter gestiegen.“

Thomas Bach, DOSB-Präsident, vor der Vergabe der Olympischen Winterspiele 2018.

Basketballfan Wulff, Schachweltmeister Anand und Präsident Hoeneß

Ist unser aller Bundestrainer Bundespräsident und Basketballfan Wulff eigentlich noch im Amt? Es ist so ruhig um das Schloß geworden. Eigentlich war das Thema doch scheinbar im alten Jahr schon durch. Diese Medien aber auch immer. Nein, so eine lange und ausdauernde Berichterstattung ist auch anstrengend. Doch wollen wir uns nicht mit den alltäglichen Nachrichten aus Berlin aufhalten.

Es gibt für alle Schachfreunde noch ein bemerkenswertes Interview von Weltmeister Viswanathan Anand auf whychess.org mit dem Fragesteller Vlad Tkachiev nachzutragen. Dabei sind auch die Fotos vom amtierenden Schachweltmeister, aufgenommen von Irina Stepaniuk, sehr interessant. Anand sieht sehr entspannt aus. So relaxt möchte manch Politiker mit CDU-Parteibuch momentan in Berlin dreinschauen. Doch der Medienbetrieb scheint unbarmherzig zu sein. Augen auf bei der Berufswahl und bei der Aufnahme von Krediten sowie dem eigenen Telefonverhalten mit der Presse.

Eigentlich kann die Fußball-Bundesliga auch bald wieder beginnen. Diese Woche feiert einer Ihrer Leistungsträger seinen 60. Geburtstag. Einst schrieb ich am 28. Novemer 2009 eine Hommage an Uli Hoeneß.  Jetzt ist er Präsident und wird die Meisterschaft mit Bayern München am Ende der Saison 2011/2012 feiern können. Darauf könnte man einen 500.000 Euro Kredit wetten oder das Bruttosozialprodukt der EU hinlegen. Da brennt nichts an. Ich meine mit der Meisterschaft. Derweil wird noch ein wenig der Vierschanzentournee gefrönt.

Was macht eigentlich Basketballfan Wulff?

Harald Schmidt nannte ihn gestern Abend in seiner Sendung bereits „Interimspräsident“. Die 500.000 EURO Kredit Frage steht weiter im Raum. Urlaubslisten werden diskutiert. Doch das Tagesgeschäft muss weitergehen. Der Basketballfan hat jetzt wohl auch die Fernsehaufzeichnung für die Weihnachtsansprache hinter sich gebracht. So ist aus gewöhnlich gut informierten Kreisen zu hören. CDU-Parteimitglied Christian Wulff ist weiter in den Schlagzeilen.

Deutschlands intellektuell führende Köpfe, Jakob Augstein und Frank Schirrmacher, haben sich mit messerscharfen Analysen der Personalie vom ,,Interimspräsident“ in den vergangenen Tagen auch angenommen. Jakob Augstein, Macher, Spiritus Rector und Herausgeber von der Freitag schreibt unter anderen:

,,Der in Hannnover offenbar übliche politische Alltag des allzu engen Miteinanders reicher Leute und ihrer Freunde aus der Politik erhält auch nicht dadurch mehr Rechtfertigung, dass es um so wenig geht: 6.600 Euro, liest man, habe Wulff durch den Freundes-Kredit im Jahr an Zinsen gespart. Die Summe ist erschreckend klein: Man wünscht sich, dass die politische Glaubwürdigkeit selbst eines niedersächsischen Ministerpräsidenten mehr wert ist. Aber ver­mutlich liegt der wahre Schrecken darin, dass Wulff bis zur Anfrage der Grünen gar nicht auf die Idee gekommen war, hier könne seine politische Glaubwürdigkeit auf dem Spiel stehen. Es ist eine provinzielle Affäre, in provinziellen Maßstäben mit provinziellen Beteiligten. Nur dass einer von ihnen heute Bundespräsident ist.“

Dabei war sein Vorgänger im Amt ( sein Name war Köhler) auch keine Lichtgestalt. Er warf damals den Stab hin wie ein lustloser Harald Schmidt einst seine Sendung. Der Entertainer kam wieder. Ist eigentlich in diesen Tagen ein Rücktritt zu erwarten? Aus eigenen Stücken? Oder medial unter Druck mit Hilfe der Bild? Im Frühjahr konnte sich Schachspieler Karl-Theodor zu Guttenberg nicht mehr im Amt halten. Trotz Hilfe vom auflagenstarken Boulevardblatt. Jetzt hat sich die Zeitung nicht auf die Seite von Christian Wulff geschlagen. Warum eigentlich? Diese Frage wirft Jakob Augstein in seinem obig verlinkten Artikel ebenfalls auf.

Die jetzige Salamitaktik vom Basketballfan zeigt unabhängig der unterschiedlichen medialen Begleitung durch Bild einige Parallelen zum spektakulären Abgang des Verteidigungsministers auf. Zum Beispiel das ausgesprochene Vertrauen der protestantischen Pfarrerstochter Merkel in beide Personen. Das Scheibchenweise zu Tage kommende Gesamtbild. Kommunikation, die jedem Trainer in der Branche die Schweisstropfen auf die Stirn zaubern würde.

Auch Frank Schirrmacher hat sich mit Herrn Wulff beschäftigt. Der Herausgeber der Frankfurter Allgemeinen Zeitung schreibt in seinem Artikel Der Kredit des Präsidenten unter anderen:

 ,,Dass Christian Wulff nicht verstanden hat, dass es ausschließlich darauf ankommt, wie er mit der Affäre umgeht, also: wie er redet, ist bizarr. Die Frage, ob ihn der Freundesdienst abhängig machte, ist durch das Verschweigen im Landtag bereits beantwortet. Die Frage, ob sich daran etwas geändert hat, durch die rabulistische Erklärung des Präsidialamts auch: Wir können nicht beantworten, so die Botschaft, was nicht gefragt wurde. Man hätte auch „Hamlet“ zitieren können: „Die Dinge so betrachten, hieße, sie zu genau zu betrachten.“

Aber das muss man: genau betrachten. Das Staatsoberhaupt muss in der größten Kredit- und Finanzkrise der Jetztzeit in der Lage sein zu reden, ohne dass die Leute anfangen zu lachen.“

Da lobe ich mir doch Margot Käßmann. Ihr Rücktritt hatte Stil. Kompromisslos, klar und zur rechten Zeit zog sie die persönlichen Konsequenzen.

Basketballfan Wulff in Bedrängnis

Herr Wulff spielt mit seiner Frau und Sicherheitsbeamten voller Freude Basketball in einer Halle. Bettina Wulff gab dies kürzlich im Interview mit Zeit Online zum Besten. Eventuell bleibt momentan etwas weniger Zeit für das Spiel übrig. Andere Themen dürften auf der Tagesordnung stehen.

Manchmal provozieren aktuelle Umstände einen Rückblick auf vergangene Texte. Am 5. Oktober 2010 titelte ich hier im Blog Die Ernte der WM: Bundesverdienstkreuz für Übungsleiter Löw oder die Nähe von Wulff zum Fußball. Den Text leite ich mit folgenden Worten ein:

,,Nein, seine Wahl knallte nicht durch die Decke wie der DAX im Bullenmarkt. Im Gegenteil. Die Präsidentenkür dauerte länger wie erwartet. Das CDU-Mitglied Christian Wulff benötigte sagenhafte 3 Wahlgänge.“

Vielleicht steht ja in Kürze eine erneute Wahl an. Fußballfreundin Angela Merkel sprach ja einst Schachspieler Karl-Theodor zu Guttenberg ihr vollstes Vertrauen aus. Selbiges intensive ausgesprochene Urvertrauen erlebte jetzt auch Basketballfan Christian Wulff. Don Alphonso schreibt auf seinem Blog Stützen der Gesellschaft in der FAZ Wie man Wulffe zähmt und ist wie immer brillant in seiner Analyse.

Scheibchenweise scheint sich die Sache mit dem Kredit zum Störfall ersten Grades zu entwickeln. Salamitaktik hin oder her. Die Geschichte nimmt seinen Lauf.

Die Ernte der WM: Bundesverdienstkreuz für Übungsleiter Löw oder die Nähe von Wulff zum Fußball

Nein, seine Wahl knallte nicht durch die Decke wie der DAX im Bullenmarkt. Im Gegenteil. Die Präsidentenkür dauerte länger wie erwartet. Das CDU-Mitglied Christian Wulff benötigte sagenhafte 3 Wahlgänge. Nach dem zweiten Wahlgang schrieb Spiegel-Online:

,,Debakel für Schwarz-Gelb: Auch im zweiten Wahlgang hat Christian Wulff keine Mehrheit in der Bundesversammlung – jetzt wird ein dritter angesetzt. Das Ergebnis ist ein Schlag für Kanzlerin Angela Merkel, die ihren Kandidaten in den eigenen Reihen trotz eigentlich klarer Mehrheit nicht durchbekommt.“

Den Tag hatte sich Wulff wohl auch entspannter vorgestellt. Spiegel-Online schob im obig verlinkten Beitrag auch die desillusionierenden Zahlen für den Kandidaten der Nachfolge von Horst Köhler nach:

,,Berlin – Und noch mal durchgefallen: Christian Wulff hat auch im zweiten Durchgang die Mehrheit bei der Bundespräsidentenwahl verfehlt. Er kam nur auf 615 der 1239 abgegebenen gültigen Stimmen – weniger als 50 Prozent.“

Zum Glück gab es die monetären Festspiele der FIFA in Südafrika und eine deutsche Mannschaft mit einem Momentum. Okay, an Spanien blieb die Löw-Elf wie bei der EM 2008 wieder hängen. Das Spiel um Platz 3, jene Makulatur-Partie gegen die Fußballer aus dem kleinen südamerikanischen Land Uruguay, war gespielt, und am Sonntag stand dann eine Pressekonferenz an. Übungsleiter Joachim Löw und Funktionär Dr. Theo Zwanziger flankierten den mühsam in sein Amt gewählten Christian Wulff. 

Fred Kowasch von Interpool.tv hat, beginnend mit jenem 11. Juli 2010 im Hotel Velmore Grande, eine erste Bilanz von Wulffs kurzer Amtszeit unter dem Titel Der Pannen-Präsident gezogen. Lesepflicht für alle mündigen Bürger. Text und bewegte Bilder sprechen Klartext.

Nun, heute übergab Bundespräsident Wulff im Schloss Bellevue das Verdienstkreuz an Übungsleiter Löw. Die protestantische Pfarrerstochter aus der Uckermark, Angela Merkel, war auch mit von der Partie. Für die Berufsfußballer gab es das Silberne Lorbeerblatt. 2006 nahm noch Horst Köhler die Ehrung vor. Er stand diesmal aus bekannten Gründen nicht mehr zur Verfügung.

Ich mag Fußball sehr. Ich liebe ihn zu großen Teilen. Ich habe ein Faible für aufsehnerregende Spiele. Doch bei dem Zusammentreffen von Sport und Politik habe ich immer ein eigenartiges Gefühl. Politiker aller farblicher Schattierungen haben stets die Nähe zu ihren Sportstars gesucht. Wer erinnert sich nicht an die Bilder von Erich Honecker und Kati Witt auf der Ehrentribüne.  Bei mir konnte Christian Wulff noch nicht punkten.