Nein, Stille und Abgeschiedenheit meint sicherlich etwas anderes. Im Mount Everest Basislager gibt es eine Drängelei wie einst auf überfüllten Campingplätzen an der Ostsee. Der Bergsteiger Richard Stihler aus Lahr ist auf dem Weg zum sagenumwobenen Gipfel des Mount Everest. Von seiner Expedition berichtet er kontinuierlich in der Badische Zeitung:
,,Was ich am nächsten Morgen sehe, beeindruckt und schaudert mich zugleich: Vor mir liegt eine riesige Zeltstadt inmitten einer Gerölllandschaft mit geschätzt 1500(!) Zelten. Um vom ersten bis zum letzten Lager zu kommen, benötigt man fast eine Stunde. Sprachengewirr wechselt sich mit einer Vielzahl von Gerüchen zwischen leckerem Essen und Fäkaliengestank ab.“
1500 Zelte. Wahnsinn. In den Zentralen der Outdoor Branche mit dem Produktionssortiment Zelt müssten eigentlich die Sektkorken knallen. Der Bedarf scheint keine Wachstumsgrenzen zu kennen. Naturschützer müssen an der Stelle aber sicherlich mehr wie eine Sorgenfalte auf der Stirn haben. Wikipedia verweist auf die Problematik vom Massentourismus am Mount Everest:
,,Ein weiteres Problem dieser Art von „Tourismus“ ist, dass die Umweltverschmutzung der Lager durch Müll (Zelte, Sauerstoffflaschen, Speisereste, Dosen und Medikamente) rapide zugenommen hat. Der Südsattel wurde schon als „höchste Müllkippe der Erde“ tituliert. Mittlerweile wird von administrativer Seite verstärkt versucht, diese Begleiterscheinungen zu reduzieren. Jede Expedition muss ein Müllpfand hinterlegen, das nur zurückbezahlt wird, wenn die gesamte Ausrüstung und sogar die Fäkalien aus dem Basislager wieder abtransportiert werden. Zudem werden in regelmäßigen Abständen Expeditionen ausgerichtet, die Müll aus den Hochlagern vom Berg herunterholen.“
Gut klingt dies alles nicht. Trotzdem ist der Mythos Mount Everest offenbar ungebrochen. Der mit 8848 Metern über dem Meeresspiegel höchste Gipfel der Welt zieht weiter Jahr für Jahr magisch die Massen an. Expeditionen werden wie am Fließband zusammengestellt, es werden keine monetären Kosten gescheut von ehrgeizigen Erstbesteigern mit nötigem Kleingeld. Dabei greift das Klischee – Millionär lässt sich zum Gipfel tragen – sicherlich zu kurz.
Es gibt unendliche leidvolle Geschichten. Der Berg kennt keine Gnade. Auch im Basislager gibt es Tragödien. Richard Stihler berichtet so im obig verlinkten Beitrag in der Badische Zeitung von einem aktuellen Todesfall eines Sherpas durch Alkoholexzess. Andererseits kann auch Stihler sich der Faszination der Bergkulisse nicht entziehen. Die Karawane zieht weiter.
PS: Der Hat Tip geht an Stefan Nestler vom Blog Abenteuer Sport.