,,Eigentlich durch Zufall, der Besuch eines Eishockeyspiels in der Schweiz, das ich vorher nur vom Lesen – also so ganz ohne bewegte Bilder kannte. Hier und da ein grober Check, niemand pfeift (weder Fans noch Schiedsrichter) – oder ein leichter Stockschlag wird mit Drücken des Handschuhs ins gegnerische Gesicht direkt gerächt, und weiter geht’s. Der Gegenspieler war eingenordet, es gab nicht mal eine Unterbrechung – und der Schiedsrichter verfolgte das Tun der beiden Akteure sehr genau, es wurde also nicht einfach übersehen. Das macht Spaß, hält das Spiel dynamischer und gibt den Spielern die Möglichkeit körperliche Präsenz zu zeigen.
Wenn man lange Zeit schleichend eingelullt wird von Warmwasser-Eishockey, vergisst man wie es war, zumindest blendest du es aus und siehst die Veränderungen in der DEL als unumgehbare, der fortschreitenden Zeit geschuldeten Veränderungen. Du findest dich damit ab – doch dann fährst du 300 Kilometer in den Süden, und hast es wieder. So wird es vielen mit dem nächtlichen Einschalten von ARD und ZDF bei Olympia gegangen sein. Übrigens: Auch die Schweiz spielt nach IIHF-Regeln, die oft in der Argumentation der DEL als Buhmann für viele Strafzeiten herhalten.“
Chantalle Alberstadt, Mitorganisatorin der Aktion Spieltag58,
Hinz: Das war nix. Vorfreude auf die Fußball WM sieht anders aus. Löw hat aber auch Baustellen in einer inflationären Anzahl.
Kunz: Trotzdem darfst Du gegen Argentinien nicht so einen lustlosen Kick abliefern. Die Truppe von Diego Maradona ist ja nicht mit der 86er Mannschaft der Gauchos zu vergleichen. Die jetzige Elf hat sich mit Müh und Not durch die Südamerikagruppe gekämpft. Ich erinnere an die 1:6 Niederlage in Bolivien. Deutschland hat also nicht gegen eine überirdische Mannschaft in München verloren. Mir fehlt bei der Löw Mannschaft einfach auch das Feuer. Das zieht sich ja wie ein roter Faden durch. Voriges Jahr in Düsseldorf die 0:1 Niederlage gegen Norwegen. Die Skandinavier waren irgendwo in der Region 60 der FIFA Weltrangliste. Nenn mir bitte 3 überzeugende Spiele in den letzten 12 Monaten? Lass es sein. Du wirst selbst bei guten Willen nicht drei Finger nach oben bewegen können.
Hinz: Bist Du nicht etwas zu streng?
Kunz: Hinz, was soll denn die Frage? Kämpfen, Laufbereitschaft, Zweikämpfe suchen und annehmen sind handwerkliche Basistugenden. Da muss ich nicht drüber diskutieren. Darauf aufsetzend könnten sich spielerische Momente entwickeln. Löw war ja bereits an seinem Ziel Europameister vorbeigeschrammt. Dafür gab es dann jene eigenartige „Siegesfeier“ am Brandenburger Tor. Herr Ober, zwei Kaffee bitte und zwei gedeckte Schweizer Apfelkuchen. Danke.
Hinz: Der Sportfunktionär Zwanziger hat einen Abstimmungserfolg zu verzeichnen gehabt. 47:0 war das Ergebnis. Er bleibt im Amt.
Kunz: Klingt nach Harmonie oder einem Ergebnis beim Damen-Eishockey. Da fällt mir doch glatt das Torverhälnis der Kanadischen Frauen bei den Olympischen Spielen ein. 43:2 . Die gewinnen schon mal ihre Spiele wie beim Auftakt in Vancouver gegen die Slowakei mit 18:0.
Hinz: Stichwort Eishockey. Deutschland richtet dieses Jahr die Eishockey WM aus. Es gab die bemerkenswerte Aktion Spieltag58.
Kunz: Ja, die Initiatoren Robert Schäfer, Dominik Kaiser, Stefan Schäfer und Chantalle Alberstadt sind Eishockeyfans mit Herzblut. Im Interview mit der Stadionwelt oder mit sportinsider legten sie die Beweggründe ausführlich dar. Quo vadis Deutsches Eishockey?
Foto: Aktion Spieltag58
Hinz: Die monetären Schwierigkeiten in Kassel, Krefeld oder Köln sind nicht zu übersehen gewesen. Bei den angelaufenen Playoffs gab es dann auch noch eine Marketingpanne bei den Wölfen.
Kunz: Manchmal passt alles zusammen. Die Wolfsburger Autopanne. Meine Lieblingsworte sprach VW-Marketing-Chef Stefan Moser: ,,Die Manöver waren genauso abgesprochen. Vielleicht war ja das Eis dieses Mal weicher als sonst.“ Ich hab ja den Laptop bei. Ich glaube auf dem Eishockey Blog war auch ein Sky Video zu sehen. Hier hab ichs. Hinz, ich spiel es für Dich nochmals ab.
Hinz: Ohne Worte. Dann können die weiteren Playoffs ja ohne Pannen über die Bühne gehen. Ich freu mich übrigens trotzdem auch auf die Eishockey WM. Der Countdown läuft.
Kunz: Bundestrainer Uwe Krupp sagte einst: ,,Schulterklopfen ist nur 50 Zentimeter von einem Tritt in den Hintern entfernt, du bist immer nur so gut wie dein letztes Turnier.“ Nach Vancouver war der Kreis der Schulterklopfer sicherlich überschaubar. Interessant in dem Zusammenhang ist auch nochmals ein Blick auf die Interviews von Uwe Krupp und Torwart Thomas Greiss vor den Olympischen Spielen.
Hinz: Themawechsel. Die Rückkehr des Königs verlief nicht wie geplant.
Kunz: Michael Schumacher war sicher selbst enttäuscht über den Auftakt. Es ist aber kein Grund jetzt den Klug-Scheißer Modus einzuschalten. Jedes Comeback birgt Risiken. Lance Armstrong hat im vergangenen Jahr auch nicht die Tour gewonnen. Ali holte sich gesundheitliche Blessuren. Maske sein Kampf war mehr Entertainment und persönliche Genugtuung. Lass uns einfach nach Ende der Saison nochmals über Schumacher sein Comeback sprechen. Mercedes wird trotzdem das eine oder andere Auto verkaufen. Herr Ober, Danke. Der gedeckte Apfelkuchen sieht ja wieder unwiderstehlich frisch aus. Hinz lass es Dir schmecken.
Kunz: Verdient. Er ist ein hoffnungsvolles Talent. Neue Gesichter werden dem Deutschen Schach gut tun. Einen Magnus Carlsen haben auch andere Länder nicht so ohne weiteres zu bieten. Huschenbeth legte einen bemerkenswerten Endspurt bei der Meisterschaft hin. In den letzten 6 Spielen holte er starke 5,5 Punkte. Der eigentliche Favorit Igor Khenkin trug jedoch auch seinen Teil dazu bei. Er remisierte die letzten 5 Partien durch und bekam dafür die Quittung.
Hinz: Der Kuchen ist köstlich. Der Kaffee ist hier auch so aromatisch. Die Plaudereien mit Dir machen mir immer sehr viel Spaß.
Kunz: Hinz, Du brauchst Dich nicht einschleimen. Ich übernehme ja die Rechnung.
Der 58. Spieltag ist Geschichte. Ein kleiner medialer Rückblick auf die Aktion Spieltag58. Das Kölner Haie Fan-Magazin Haimspiel.de schreibt:
,,Die Fans haben jetzt einen öffentlichen Weg gewählt. Sie haben in großer Zahl ihre Wünsche und Kritik vorgebracht. Kritik an einem Produkt, das unter anderem von den Fans lebt – nicht nur an der Kasse, sondern eben auch in der Halle. Die Clubs sollten nicht übersehen und übergehen, dass sie von den Fans weit abhängiger sind als die Fans von den Clubs.
Die oft gehörte Sache mit dem Lokalpatriotismus wird ebenfalls hinterfragt.
,,Ausschließlich auf Lokalpatriotismus und bis dato gezeigte Treue zu diesem Sport zu zählen, wäre in hohem Maße fahrlässig. Der Sport ist für weniger Geld in besserer Qualität verfügbar, den Lokalpatriotismus kann man auch an anderer Stelle ausleben. Es gibt derzeit kaum ein Pfund, mit dem die DEL wirklich wuchern kann. Sie ist für die Fans ersetzbar geworden. Sicher nicht ohne Schmerzen, aber dennoch ersetzbar. Die Fans hingegen sind nicht zu ersetzen. Für keinen noch so gesunden Standort der Liga.“
Der Kölner Stadtanzeiger spricht die Unzufriedenheit der Fans mit der Regelauslegung an und titelt Protest gegen die Weichei-Liga. Auch die weiteren Themenpunkte wie Abstieg, Spieleflut, fehlende TV-Präsenz und die Reaktion von Sky werden angesprochen.
,,In „Deutsches Eishockey langweilt“ wurde die DEL auf einem Plakat in der SAP-Arena verballhornt. Der Protest richtet sich auch gegen andere Umstände: Fehlender Auf-und Abstieg, zu viele Spiele, unklarer Modus, zu viele schwache ausländische Spieler, zu wenig TV-Präsenz. Die Partie Mannheim gegen Köln war Live-Spiel beim Pay-TV-Sender Sky. Bilder von den Protesten zeigte der DEL-Haussender jedoch nicht, sondern beschränkte sich auf das Spiel, dass die Kölner 0:1 verloren.“
,,Dennoch war der Anfang dieses Spiel anders als sonst. Stand man vor dem Stadion, stellte man fest, dass die sonst farbenfrohe Vielfalt der diversen Eishockey Trikots einem schwarzen Outfit gewichen war, der überwiegende Teil der Zuschauer, ob Sitz – oder Stehplatz unterstützten die friedliche Aktion Spieltag 58.“
Es wird weiterhin auch auf einen Kameraschwenk von Sky verwiesen und Überlegungen über die Beweggründe der vorgenommenen Berichterstattung des Pay-TV Senders angestellt.
,,Bleibt zu berichten, dass die Schiedsrichter heute eine gute Partie ablieferten, dass der Pay TV Anbieter Sky, der das Spiel übertrug, die Fanaktion bis auf einen kurzen Kameraschwenk ignorierte. Seltsam, sind sie doch sonst bemüht, Skandälchen, Situationen oder Krisen rund ums Eishockey aufzubereiten. Mache sich jeder seine eigenen Gedanken drüber, was der Grund ist. Maulkorberlass, Desinteresse oder anderes bleiben bis zur Aufklärung, wenn sie denn kommt, reine Spekulation.“
Fotos und Videos von der Aktion Spieltag58 gibt es auf der Homepage der Initiatorin Chantalle Alberstadt.
Deutschland ist keine Eishockeynation. Heute beginnt in der DEL der 58. Spieltag. Der Meister wird immer noch nicht gekürt. Es wird kein gewöhnlicher Spieltag werden. In Deutschland nimmt Abschied vom Eishockey habe ich vorige Woche einige Worte über die Aktion Spieltag58 geschrieben.
Chantalle Alberstadt hat auf der Homepage Spieltag58 alle weiteren Informationen. Sie wünscht sich Eishockey für die Fans.
,,Die Olympischen Spiele haben uns allen nach langer Zeit mal wieder vor Augen geführt, was Eishockey in seiner reinsten Form wirklich ausmacht. Es ist ein Sport, der wie kein anderer Dynamik, Schnelligkeit und Teamgeist fördert und fordert. Leider ist man in den letzten Jahren immer mehr vom Weg abgewichen und hat sich stetig von den Bedürfnissen der Fans ab- und denen der Funktionäre zugewandt. Eishockey sollte für die Fans „gemacht“ werden – nicht die Fans fürs Eishockey.“
Die Traueranzeige ist Teil der Aktion Spieltag58. Das deutsche Eishockey liegt den Fans am Herzen, um so größer sind die Sorgenfalten ob der Entwicklung der DEL. In Vancouver gab es für die Nationalmannschaft ernüchternde Ergebnisse. In der Liga haben momentan die Kölner Haie größte finanzielle Schwierigkeiten.
Im vergangenen Jahr sprang den Ice Tigers Nürnberg in letzter Minute der sportbegeisterte Unternehmer Thomas Sabo zu Hilfe. Die Nachwuchsarbeit hat Defizite und die Funktionäre beschönigen die Dinge oder verweisen an die Kommunen, wie unlängst von Gernot Tripcke, Geschäftsführer der DEL, praktiziert.