Sie haben alle eines gemeinsam: Die HSG Konstanz mit Coach Daniel Eblen, der VfB Friedrichshafen mit dem belgischen Startrainer Vital Heynen, die Ravensburg Towerstars mit Neo-Coach Jiri Ehrenberger oder die EV Lindau Islanders mit dem Trainer, dessen Namen auch in jeden Hollywoodfilm passen würden. Der Kanadier Dustin Whitecotton. Die Gemeinsamkeit der genannten Teams hier am Bodensee ist die noch nicht begonnene Punktspielsaison. Gelegenheit ins Archiv zu steigen und einen Artikel aus der letzten Saison hervorzuholen.
Wen nehmen wir? Die Handballer der HSG Konstanz mit dem gelungenen Klassenerhalt in der 2. Handball-Bundesliga. Oder die Volleyballer aus der Zeppelinstadt mit dem Sieg im Supercup, dem Pokalsieg und dem Showdown in der Meisterschaft in der ZF Arena gegen den polarisierenden Erzrivalen Berlin Recycling Volleys am 7. Mai 2017. Oder die schwere Saison der Ravensburg Towerstars mit der Trainerentlassung von Daniel Naud im Oktober 2016, dem Tod von Nachfolger Toni Krinner und dem verpassen der Playoffs. Inklusive der Neuverpflichtung von Trainer Jiri Ehrenberger. In der Verlosung hätte ich auch noch die Playoffs der EV Lindau Islanders in der Saison 2016/2017.
Die Wahl fiel dann auf die Inselstädter. Legen wir los.
Reblog: [vom 12. April 2017]
5 Gründe, warum der EV Lindau Islanders dem EHC Waldkraiburg gratulieren musste
Die Playoff-Spiele um die Bayrische Meisterschaft im Eishockey sind bereits ein paar Tage Geschichte. Mein Bekannter, bekennender Fan der EV Lindau Islanders, hat sich immer noch nicht beruhigen können. Er ist der Meinung, die Meisterschaft 2017 ist leichtfertig verspielt worden. Schauen wir uns die Sache genauer an. Es gibt für mich 5 Gründe, warum die Inselstädter nach der Meisterschaft 2015 diesmal ohne Titel aus den Playoff-Finalspielen in die Sommerpause gehen.
Grund 1: Die Sache mit der Gerüchteküche und der Fokussierung
Es gab ja eine schnelle 2:0 Führung in der Serie für die Inselstädter. Ein weiterer Sieg hätte für Lindau gereicht. Die Eishockey-Cracks wären die Helden hier am Bodensee gewesen. Doch irgendwie drang dann eigenartiges an mein Ohr. Das 3. Spiel war beim EHC Waldkraiburg am 31. März 2017 terminiert. Matchball für Lindau. Aus der Gerüchteküche waren Sachen zu hören … die Meisterschaftsfeier vor eigenem Publikum wäre doch besonders schön, das wäre dann das Spiel am 2. April 2017. Stop. Hatte ich mich da verhört? Die Fokussierung hätte doch komplett auf dem Freitagsspiel am 31. März liegen müssen. Eine Entscheidung in der Meisterschaft kommt doch nie zu früh.
Auf der Webseite vom EV Lindau Islanders las sich der Einleitungstext zur Vorschau so:
,,Wird es das Wochenende der Entscheidung für die EV Lindau Islanders oder geht die Finalserie um die Bayrische Meisterschaft in die Verlängerung? Am Freitag (19:45 Uhr) in Waldkraiburg und am Sonntag (17:30) in der Eissportarena Lindau haben die Islanders zwei Chancen den dritten und entscheidenden Sieg einzufahren. Gelingt dies nicht, muss noch eine weitere Woche auf die Entscheidung gewartet werden.
„Soweit soll es aber nicht kommen. Wir denken erst einmal nur an Freitag. Auf diesem Spiel liegt unsere volle Konzentration“, sagt EVL- Trainer Dustin Whitecotton und lässt keinen Zweifel daran, dass seine Mannschaft kein Problem damit hätte, den möglichen Titel auswärts zu feiern. Zwar wäre für die Vereinskasse ein weiteres Heimspiel am Sonntag in der Eissportarena sicher ein Segen, „aber so denken wir nicht. Wir wollen Meister werden und nicht dem Gegner Hoffnung und die Chance auf eine Wende geben.“
Nun, in Waldkraiburg wurde knapp mit 1:2 verloren. Die Mannschaft von Coach Rainer Zerwesz verkürzte den Rückstand in der Serie gegenüber dem EV Lindau Islanders auf 1:2. Damit gab es zwar einen weiteren Geldsegen in der Lindauer Vereinskasse mit dem zusätzlichen Heimspiel. Doch die Meisterschaft war nicht eingetütet.
Grund 2: Die unproduktive Strafbank
Lindaus Coach Dustin Whitecotton, ein Name wie für ein Sportdrama aus Hollywood geschaffen, hatte jetzt einen weiteren Matchball. Am Sonntag dem 2. April kam es jedoch zu unproduktiven Strafzeiten seiner Eishockey-Cracks. Auf der Strafbank gewinnst du keine Spiele. In der Regel. Der EHC Waldkraiburg kam mit der Wucht einer Steinlawine daher, powerte was das Zeug hielt und gewann am Bodensee das 4. Spiel mit 5:2 und glich in der Serie aus. Stand 2:2. Dustin Whitecotton merkte nach der Niederlage an:
„Waldkraiburg hat das Spiel heute in Überzahl gewonnen. Das ist unsere Lehre für Spiel fünf: Wegbleiben von der Strafbank.“
Tief durchatmen. Schmerzhafte vier Gegentore fielen an jenem ersten Sonntag im April 2017 bei gegnerischer Überzahl oder kurz danach.
Es kam nun zum entscheidenden Spiel beim EHC Waldkraiburg. Der Blick auf die Strafbank ergab ein Bild der fehlenden Umsetzung der Lehre aus Spiel 4. Die Statistik in Spiel 5 gab ein deutliches Statement ab.
Strafminuten: Waldkraiburg 14 – Lindau 18 + 10 (Koberger).
Grund 3: Mentale Stärke vom EHC Waldkraiburg
Der Showdown fand dann am 7. April in Waldkraiburg statt. Die Serie stand 2:2. Das Thema der unproduktiven Strafbank war im letzten Spiel also ein sich wiederholendes Puzzleteil. Doch entscheidend im letzten Spiel, dem Power 5:2 Sieg vom EHC Waldkraiburg gegen den EV Lindau Islanders, war die mentale Stärke. Waldkraiburg mobilisierte alle Reserven in puncto Willen. Deutschlands renommierter Verkaufstrainer Dirk Kreuter sagt bei seinen Vorträgen gerne auch diese Worte:
,,Es gibt zwei Arten von Menschen: Die, die rausgehen und sich holen, was sie wollen … und alle anderen.“
Die Eishockey-Cracks von Coach Rainer Zerwesz holten sich nach 2016 erneut die Meisterschaft. Den Titel.
Grund 4: Das Momentum
Seit Jahrzehnten beschäftige ich mich intensiv mit dem Momentum in Playoffs. Dieses Momentum hatte Waldkraiburg nach der Verkürzung des 0:2 Rückstands in der Serie auf 1:2. Ab da arbeitete das Momentum für den Titelverteidiger. Sie wirkten bärenstark und steigerten sich in der Best of Five Serie nach der deutlichen 1:5 Auftaktheimniederlage und dem anschließenden 0:2 in Spiel 2 beim EV Lindau Islanders. Das Momentum steht im englischen für Wucht, Schwung und Impuls. Bei Momentum habe ich auch ein Bild im Kopf. Ein ICE mit 300 Km/h wird von keiner Mauer aufgehalten. Er durchbricht sie einfach. Dieses Momentum ist wie eine magische Kraft.
Grund 5: Nachlassendes Selbstvertrauen der Lindauer
Lindau vergab mit dem Matchball beim Stand der Serie von 2:0 nicht nur einen psychologischen Moment. Nein, ihr bis dahin großes Selbstvertrauen bekam Kratzer. Es wurde schwächer im direkten Vergleich mit Waldkraiburg, die ihrerseits aufdrehten und das Vertrauen in sich selbst deutlich erhöhten. Die Körpersprache der Lindauer gefiel in den beiden Auftaktpartien. Da war das Selbstvertrauen noch da. Später konnte sich der Beobachter nicht des Eindrucks erwehren, dass in puncto Selbstvertrauen eine Abnahme bei den Inselstädtern zu verzeichnen war. Das Ende ist bekannt.