Fußball-WM 2014: Meine Tage mit Übungsleiter Löw (15)
Kommen wir heute ohne den Verweis auf Gijón 1982 aus? Jenen unsäglichen und Algerien benachteiligenden Nichtangriffspakt zwischen den Fußballmannschaften von Deutschland und Österreich? Oskar Beck auf Welt Online erinnert daran mit WM-Schande: Nur „Schoko“ brach den Nichtangriffspakt von Gijón.
In aller Deutlichkeit meine Grußadresse an US-Coach Klinsmann und Übungsleiter Löw: Ich will bei einer WM kein Freundschaftsspiel mit Standfußball wie vor 32 Jahren sehen.
Auch andere Medien nehmen sich der Sache von 1982 im Vorfeld der Partie Deutschland gegen USA an. Sportspool.tv (inklusive Bildmaterial vom Ballgeschiebe) merkt an:
,,Beim Rumgeschiebe von Gijón blieb Algeriens WM-Team auf der Strecke. Die deutschen Spieler damals: ‚Toni‘ Schumacher, Manfred Kaltz, Uli Stielike, Karl-Heinz Förster, Hans-Peter Briegel, Karl-Heinz Rummenigge (Lothar Matthäus), Wolfgang Dremmler, Paul Breitner, Felix Magath, Horst Hrubesch (Klaus Fischer) und Pierre Littbarski. Fußballprofis, von denen einige heute Ämter im deutschen Fußball haben.
Das Thema hat man heute nicht mehr so gern. Geschichte wiederholt sich nicht, heißt es. Manchmal vielleicht doch?“
Der heutige Teammanager der DFB-Elf, Oliver Bierhoff, war damals 14 Jahre alt und spielte bei Schwarz-Weiss Essen in der Jugend. Der Tagesspiegel nahm sich in diesen Tagen eines speziellen Wunsches vom ehemaligen Stürmer an:
,,Der Teammanager hatte noch vor dem beeindruckenden Auftritt der US-Auswahl gegen Portugal in der Nacht zum Montag deutscher Zeit ein ideales Drehbuch für die 90 Minuten in Brasilien parat gehabt: „Ich würde liebend gerne unterschreiben, dass wir als Erste durchgehen und die Amerikaner als Gruppenzweiter.“ Ein schiedlich-friedliches Unentschieden der punktgleichen Teams (4 Zähler, Ghana und Portugal jeweils 1) würde Bierhoffs Wunsch Realität werden lassen.“
Unglückliche Formulierung. Aus PR-Sicht klar optimierbar. Bereits im Trainingslager war Funktionär Bierhoff nicht immer gut beraten, etwa bei der Verniedlichung der Abgabe des Führerscheins von Übungsleiter Löw. Manch Berufskraftfahrer muss doch arg die Stirn gerunzelt haben, beim Verweis auf die vielen gefahrenen Kilometer auf der Straße von Joachim Löw. Überhaupt das Vorbereitungslager in Südtirol. Da gab es diesen unsäglichen Unfall mit Personenschaden von Sponsor Mercedes-Benz. Der Tagesspiegel damals:
,,Dass der Werbedreh für den Sponsor der Nationalmannschaft als PR-Desaster endete, war noch das geringste Übel.“
Der Hype um Ronaldo verdeckte die Durschnittlichkeit der Mannschaft
Portugal enttäusche im Auftaktspiel gegen Deutschland. Im zweiten Duell gegen die Amerikaner gingen sie früh in Führung. Mussten den Ausgleich und Rückstand hinnehmen. Das eigene Tor zum 2:2 fiel sehr, sehr spät in der Nachspielzeit. Überkreuzvergleiche sind ja immer so eine Sache. Doch ich wage ihn nochmals. In der WM-Qualifikation kamen sie nicht an Russland vorbei. Die russischen Fußballer sind solide, jedoch keine Übertruppe unter Fabio Capello. Der Hype um Ronaldo im Vorfeld verdeckte die Durchschnittlichkeit der portugiesischen Mannschaft. Der Superstar scheint überspielt zu sein, geniale Blitze kann er dennoch bei Unaufmerksamkeit der Abwehr von Ghana durchaus setzen. Aber bei dem aktuellen Blick auf das Torverhältnis wäre ein knapper Sieg nur Makulatur. Spielen heute Deutschland gegen die USA Unentschieden, können Portugal oder auch Kontrahent Ghana so hoch gewinnen wie sie wollen, es wird als nächstes Zwischenziel dann nur die Heimreise bleiben.
USA gegen Deutschland auch ein Duell von Nike kontra Adidas
Medial ist zum Spiel USA gegen Deutschland eigentlich alles im Vorfeld gesagt und durchdekliniert. Es wird auch der marketingtechnische Showdown in der Vorgruppe zwischen den Sportartikelherstellern inklusive Marketinggiganten Nike und Adidas sein. Die Herzogenauracher haben schon bluten müssen mit dem Ausscheiden von Spanien. Da gibt es nichts schönzureden. Ging Puma 2010 mit dem Ausscheiden des damaligen Weltmeister Italien in der Vorrunde ähnlich. Dieses Szenario ist für alle Marketingstrategen der denkbar schlechteste Turnierverlauf ihres Champions. Nike kann auf die grandios aufspielenden Holländer blicken, um den in der Form seines Lebens agierenden Arjen Robben in einer Mannschaft die auch unglaublich sympathisch rüberkommt. Dazu gab es auch schon Bonuspunkte. Griechenland hatte der amerikanische Konzern vielleicht auch nicht auf der ganz sicheren Liste für das Achtelfinale. Allerdings wollen wir beim Blick auf die Branche nicht vergessen, das Adidas bei genaueren Hinsehen durchaus noch ein paar Hausaufgaben zu erledigen hat.
Geheimfavorit Belgien trifft im Abschlussspiel auf Südkorea
Belgien hat aus zwei Spielen 6 Punkte geholt. Haben damit den Vorschusslorbeer bestätigt, ohne jetzt sich ganz zwingend als Titelfavorit aufzudrängen. Sowohl gegen Algerien als auch gegen Russland (der Mannschaft von Capello wurde ein Elfmeter verwehrt) gab es auch schwächere Phasen der Belgier. Aber eine Turniermannschaft muss Ergebnisse bringen. Das hat das Team von Marc Wilmots getan. Nein, ich beteilige mich heute noch nicht an detailierten Spekulationen ob Belgien gegen Deutschland oder die USA im Achtelfinale trifft. Südkorea, WM-Vierter der 2002er Veranstaltung im eigenen Land hat bisher einen mageren Punkt aufzuweisen. Bei der Niederlage gegen Algerien deutete vieles auf einen vorzeitigen Heimflug nach der Vorrunde hin. Aber vielleicht nehmen sie auch eine Anleihe bei Griechenland auf.
Fabio Capello mit Russland bisher unter Wert geschlagen
Ich würde mich nicht wundern, wenn Russland am letzten Spieltag die Tabelle nochmals gehörig durcheinanderwirbelt. Ein Sieg muss her, dazu gibt es keine Alternative. Im Spiel gegen Südkorea gab es einen russischen Torwartpatzer und gegen Belgien wurde ihnen ein Elfmeter verwehrt. Russland ist für mich bisher unter Wert geschlagen. Kontrahent ist Algerien, jene 1982 so ausgetrickste Mannschaft. Haben die damaligen Teams von Deutschland und Österreich für ihr unsägliches Ballgeschiebe eigentlich bereits Entschädigungszahlungen an den algerischen Fußballverband getätigt? Zurück zur Neuzeit. Algerien unterlag Belgien denkbar knapp und trumpfte dann selbstbewusst beim 4:2 gegen Südkorea auf. Ich hatte diese Woche ja bereits stark die Daumen für Didier Drogba und die Elfenbeinküste gedrückt. Doch wie so oft fehlte am Ende jene Abgezocktheit bei einer afrikanischen Mannschaft, die ein besseres Abschneiden bei einer WM verhinderte. Algerien kann ins Viertelfinale ziehen, die tabellarische Situation ist gut. Anders wie als Zaungast bei der Kaffeekranzrunde von Gijón 1982 haben sie es selber in der Hand. Sind sie so nervenstark? Die russische Mannschaft wird unter Umständen alles von Algerien abverlangen in puncto Physis und Psyche.
Portugal – Ghana
Donnerstag,, 26. Juni, 18.00 Uhr, Brasilia, im ZDFinfo
USA – Deutschland
Donnerstag, 26. Juni, 18.00 Uhr, Recife, im ZDF
Südkorea – Belgien
Donnerstag, 26. Juni, 22.00 Uhr, Sao Paulo, im ZDFinfo
Algerien – Russland
Donnerstag, 26. Juni, 22 Uhr, Curitiba, im ZDF