Klartext von Oliver Fritsch in Sachen Adidas auf Zeit Online

Es gibt in Deutschland schon noch Fußballjournalisten mit Rückgrat. Die unbeirrt recherchieren, Tabuthemen angehen und auch vor großen Namen nicht einknicken. Es kann den Adidas Marketingverantwortlichen nicht gefallen haben, was der unerschrockene Oliver Fritsch bei Zeit Online heute schrieb. Er blickt hinter die Fassade, hat sich in Bücher vertieft die kritisches zum Sportartikelhersteller festgehalten haben. Bemerkenswert auch die Kommentare zum über 3 Seiten gehenden Artikel von Oliver Fritsch. Horst Dassler, Geldkoffer, der Deal mit dem DFB, die Beziehung vom ehemaligen Adidas Mann Robert Louis-Dreyfus zu  Uli Hoeneß und der Grundstock für die Börsenspekulationen, selbst Erich Honecker erscheint in einer Randnotiz, der Gegenwind für Herbert Hainer bei der kürzlichen Aktionärsversammlung in Fürth, die kritische Stimme von Markus Dufner vom Dachverband der Kritischen Aktionäre, Bodenverlust im Konkurrenzkampf mit Nike, Arbeits- und Menschenrechte kommen im Text vom Fußballinternetpionier Fritsch vor. Auch Maik Pflaum von Romero kommt zu Wort.Traveler Digital Camera

Stammleser werden sich an meine Beiträge zur Christlichen Initiative Romero erinnern. So gab es unter anderen die E-Mail an Adidas Chef Herbert Hainer: NäherInnen verdienen einen Lohn zum Leben zu lesen. Jene Protestmail ist immer noch im aktiven Status bei Romero. In einer Zeit der Reizüberflutung ist es ja nicht immer einfach das eigene Phlegma zu überwinden. Oliver Fritsch zeigt beim Zeit Online Artikel am Ende übrigens ein prägnantes Flashmob Video. Nicht gerade imagefördernd für Adidas.

Maik Pflaum hatte auch jenes erschütternde Interview mit der ehemaligen Adidas-Näherin Estela Ramirez geführt. Jeder sollte sich die Zeit nehmen zum kompletten Interview von Estela Ramirez im PDF Format. Unbedingt noch konzentriert vor Beginn der Fußball WM lesen. Eine sehr wichtige Pflichtlektüre. Hier geht es zum  Interview_mit_Estela_Ramirez unter dem Titel “Wir müssen unsere Kräfte globalisieren”.

Wer weiter in die Thematik einsteigen will, dem sei ein ausführlicher Besuch des Online-Auftrittes von Romero empfohlen. Hier geht es zur Website von Christliche Initiative Romero.

Der Peter Neururer von Argentinien

Erstmalig so richtig ins Bewusstsein kam mir der argentinische Fußball bei der WM 1974. In der Zwischenrunde kam es zum Duell zwischen der DDR und Argentinien. Die Partie endete 1:1. Für die Elf von Georg Buschner traf der damals noch für Hansa Rostock spielende Torjäger Joachim Streich. Für Argentinien glich René  Houseman aus. In der Statistik las sich an jenem 3. Juli 1974 in Gelsenkirchen das Spiel so:

Argentinien – DDR 1:1 (1:1)

Argentinien: Filliol, Wolff, Bargas, Heredia, Carrascosa, Brindis, Telch, Babington, Houseman, Kempes, Ayala

Trainer: Vladislao Cap

DDR: Croy, Kische, Weise, Bransch, Kurbjuweit, Pommerenke, Sparwasser, Schnuphase, Löwe (66. Vogel), Streich (81. Ducke), Hoffmann,

Trainer: Georg Buschner

Tore: 0:1 Streich (14. Minute), 1:1 Houseman (22. Minute)

Zuschauer: 54.200 (offiziell)

Schiedsrichter: Taylor (England)

Bemerkenswert an der argentinischen Aufstellung: Torwart Ubaldo Filliol stand beim WM-Turnier vier Jahre später in allen 7 Spielen zwischen den Pfosten bis zum Weltmeistertitel 1978, René Houseman war in 6 Partien bei der einheimischen WM dabei und Mario Kempes wurde  mit 6 Treffern in 7 Begegnungen vier Jahre nach jenem Spiel in Gelsenkirchen WM-Torschützenkönig und erzielte im Finale gegen die Niederlande zwei Tore.

Noch ein paar geschichtsträchtige Besonderheiten hatte die Gelsenkirchener Partie zwischen Argentinien und der DDR zu bieten. Schiedsrichter Taylor sollte später das WM-Finale 1974 zwischen der BRD und den Niederlande pfeifen. Das Spiel der DDR war gleichzeitig das letzte WM-Match in der Geschichte des DDR Fußballs. Mit dem jungen 19-Jährigen Flügelstürmer Martin Hoffmann vom 1. FC Magdeburg lief der jüngste WM-Teilnehmer 1974 auf. Er war einige Monate vor Turnierbeginn am 22. März 19 geworden. Am 8. Mai 1974 gewann er mit dem 1. FC Magdeburg sensationell den Europapokal der Pokalsieger. Einmalig in der Geschichte des DDR-Fußballs. Später sollten es Carl Zeiss Jena 1981 und der 1. FC Lokomotive Leipzig 1987 noch in die Endspiele jenes europäischen Pokalsiegerwettbewerbs schaffen.

Auf argentinischer Seite war Mario Kempes der jüngste Spieler im Kader. Er feierte 12 Tage nach dem Spiel gegen die DDR-Nationalmannschaft seinen 20. Geburtstag.

Argentinien und die DDR hatten zusammen mit Haiti übrigens mit 19 Spielern die meisten Akteure beim WM-Turnier 1974 eingesetzt.

Offiziell 54.2000 notierte Zuschauer. Geschätzte 15.000 Zuschauer bei Dauerregen.

Das Spiel fand bei unangenehmen Dauerregen statt. Dies hatte auch Auswirkungen auf die Zuschauerzahl. Offiziell notiert die WM-Partie bei 54.200 nach Kartenverkauf. Da das letzte Vorrundenspiel in der Gruppe A für den weiteren Turnierverlauf bedeutungslos geworden war, sollen es nur geschätzt 15.000 Zuschauer im Gelsenkirchener Parkstadion gewesen sein. Den Gruppensieg erspielten sich die grandios durch die Zwischenrunde marschierte Mannschaft der Niederlande, geführt von Ballkünstler Johan Cruyff. Als zweiter zog der entthronte und enttäuschende Titelverteidiger Brasilien in das Spiel um Platz 3 gegen Polen ein. Jene polnische Mannschaft sollte zwei Jahre später in Montreal im Finale um den Olympiasieg eine deutliche 1:3 Niederlage gegen die DDR hinnehmen. In der olympischen Startaufstellung schickte Georg Buschner mit Croy, Kische, Weise, Kurbjuweit, Löwe und Hoffmann sechs Spieler aus der Partie von Gelsenkirchen aufs Feld. Fünf Minuten vor dem Abpfiff des olympischen Endspiels wurde der langjährige Kapitän Bransch eingewechselt. So standen am Ende in Montreal sieben Spieler auf dem Rasen, die beim Spiel gegen Argentinien ebenfalls die Fußballschuhe schnürten und aufliefen.

Quilmes Atlético Club rettet sich mit dem Peter Neururer Argentiniens

Der damalige argentinische Coach Vladislao Cap spielte übrigens als junger Spieler beim Quilmes Atlético Club. Und dieser Verein kam mir kürzlich … in den interessanten Weiten des Internets wieder sympathisch unter. Was für ein Fund im Netz. Möchte ich meinen Lesern nicht vorenthalten. Dieser Tage bin ich über ein kurzweiliges Argentinisches Tagebuch von Christoph Wesemann gestolpert. Er ist Journalist und Vortragskünstler. Seit Juli 2012 ist Fußballfreund Wesemann in dem fußballverrückten Buenos Aires zu Hause. Den Typus Trainer Marke Neururer gibt es übrigens auch in Argentinien.

,,Außerdem war es eine herrliche Saison des Quilmes Atlético Club. Erstens: nie mehr zweite Liga, nie mehr, niemehrniemehr. Wir bleiben auch zwei Jahre nach dem Aufstieg erstklassig. Zwischendurch waren wir natürlich schon fast abgestiegen. Der erste Trainer hatte sich Mitte Oktober nach einem Heimspiel mit einem maulenden Zuschauer geprügelt und war daraufhin zurückgetreten. Sein Nachfolger verlor Spiel um Spiel. Erst unter Ricardo Caruso Lombardo, dem Peter Neururer Argentiniens, einem Sprücheklopfer und Feuerwehrmann, ging es aufwärts.“

Nach der Ligasaison ist vor der WM. Argentinien gehört für Günter Netzer zum erweiterten Favoritenkreis nach Brasilien.  So die einstige Mittelfeldikone kürzlich hier unten am Bodensee.Traveler Digital Camera

Doch zwischen den Brasilianern und Argentiniern sieht er noch die Europäer wie Spanien und Italien. Ich sehe die Gauchos gar hinter dem gastgebenden Hauptfavoriten Brasilen in der konkretesten Verfolgerrolle. Karl-Heinz Rummenigge legte sich vor zwei Jahren am 15. Juli 2012 in Bild am Sonntag nach dem EM-Aus der Mannschaft von Übungsleiter Löw fest:

„Ich wünsche ihnen, dass sie 2014 in Brasilien besser abschneiden. Aber ich sage voraus: In Südamerika wird eine südamerikanische Mannschaft Weltmeister“.

Mit Prognosen ist es ja aber immer so eine Sache. Christoph Wesemann wirft auch einen Blick voraus und kündigt ein argentinisches WM-Tagebuch an. Die Vorbereitungen sind in vollem Gange, wenngleich es auch noch Holprigkeiten gib:

,,Danü, der Große Meister, soll mir Leo Messi und Sepp Blatter zwischen Copacabanabrüsten zeichnen und ist untergetaucht.“

Ansonsten steht der Plan für das Projekt WM-Tagebuch Argentinien im Großen und Ganzen.

,,Es wird nämlich ein Tagebuch geben, aus argentinischer Perspektive, versteht sich. Analysen, Anekdoten, Kolumnen, Wackelvideos von Autokorsos und Feldforschung (abergläubische Argentinier beim Fußballgucken). Schon morgen gehe ich ins Trainingslager, um an den Grundlagen zu arbeiten. Welche Schuhgröße hat unser Stürmer Kun Agüero? Und wie viele Finger unser Fliegenfänger Sergio Romero? Wie viel Mate trinken die Spieler pro Trainingseinheit? Und wohin fährt unser Liebling Carlos Tevez in den Urlaub?“

Urlaub ist ein gutes Stichwort. Wohin fahren eigentlich Mario Gomez und Rene Adler?