Ein paar Worte zum Rücktritt von Schachweltmeister Magnus Carlsen

Es kam überraschend. Der Rücktritt von Schachweltmeister Magnus Carlsen. Die abrupte Beendigung seiner Laufbahn erinnerte alle Schachfreunde daran, wie wenig planbar das Leben ist. Es keine Sicherheiten oder Garantien gibt. Okay, ein Motivationsloch hat jeden von uns bereits schon mal getroffen. Zuletzt war Magnus Carlsen in den Niederungen der zweitklassigen Schachliga seines Heimatlandes anzutreffen. Ja, er spielte zuletzt um den Aufstieg in der 2. Liga in Norwegen. Ein Freundschaftsdienst für Stavangers Mannschaftskapitän Petter Fossand. Beziehungen schaden nur dem, der sie nicht hat. Der Elo-König verhalf Stavanger mit dem Sieg in einer Spanischen Partie nach 40 Zügen gegen Vladimir Georgiev zum Aufstieg in die Erstklassigkeit. Doch es waren keine konkreten Pläne von Magnus Carlsen für den WM-Kampf gegen den frischen Herausforderer Vishy Anand zu vernehmen. Das war bereits für viele gut vernetzte und informierte Schachexperten bedenklich.

Gerüchte über eine Veränderung im Privatleben, es soll eine bezaubernde Frau im Leben vom 23 Jährigen Schachgenie seit dem Besuch bei Real Madrid an seiner Seite sein, verdichteten sich.

Dabei war Magnus Carlsen immer für überraschende Wendungen gut. Bild am Sonntag stellte den Norweger kurz in 13 Punkten nach dem WM-Sieg gegen Anand unter dem Titel Schach-Genie hat Angst vor dem Intelligenztest vor und verwies auf eine andere Leidenschaft:

,,Nachdem er gewonnen hatte, sprang er in den Hotelpool und spielte danach die ganze Nacht Poker im Internet.​ Um Geld, Herr Carlsen? „Um was denn sonst?“​

Schach war dem Norweger nach dem Titelgewinn nicht mehr so wichtig wie vor dem Match in Chennai. Es war wie eine Erstbesteigung des Mount Everest. Was sollte jetzt noch kommen? Auch die dominante Schwester von Magnus Carlsen, machte kürzlich bei ihrem Besuch in Berlin erste Andeutungen. Während des Länderkampfes Deutschland gegen Norwegen  war Ellen Øen Carlsen eine vielgesuchte Interviewpartnerin. Es könnte Veränderungen im Leben ihres Bruders geben. Freilich vage. Nichts konkretes. Eher beiläufig in einem Nebensatz dahingeworfen. Small Talk. Wir werden zukünftig auf Fotos von Magnus Carlsen aus dem Turniersaal verzichten müssen. Schade. Sehr schade.

Fotos: Ray Morris-Hill rmhphotos.eu

Die Schachwelt ist überrascht und traurig zugleich gewesen. Mein E-Mail Fach sprach da eine deutliche Sprache. Auch der eine oder andere Anruf erreichte mich. Doch Halt. Hier an dieser Stelle darf auch darauf hingewiesen werden, dass es sich bei der Nachricht Schachweltmeister Magnus Carlsen beendet überraschend seine Laufbahn um einen … Nun, schauen wir vielleicht erst rüber zum ehemaligen Handelsblatt Journalisten Thomas Knüwer auf das Kultblog Indiskretion Ehrensache. Er merkt diese Woche an:

,,Ich mag Traditionen. Und ich finde, wir sollten sie erhalten. Dazu gehört dann eben auch der Aprilscherz, bei dem es so unendlich viel schwerer geworden ist, einen guten zu landen. Denn während es früher ganz einfach war, in der Zeitung zu schreiben, dass ein Stadionbauprojekt in eine Nachbargemeinde wandert, wachsen beim Leser des Jahres 2014 sofort Zweifel, wenn er die Meldung nicht an 300 anderen Orten findet.“

Nun, es darf aufgeatmet werden. Magnus Carlsen tritt nicht zurück. Er hat mitnichten seine Schachlaufbahn beendet. Es wird auch keine Pressekonferenz am avisierten Donnerstag um 13.00 Uhr in Norwegen vom Management des Schachweltmeisters geben. Der Aprilscherz ist hiermit ad acta gelegt.

Konstanz: Smarter Auftritt von Günter Netzer beim SWR UniTalk am Bodensee

Der Bodensee ist eine wunderbare Region. Mit sehr schönen Städten. Konstanz gehört ohne Wenn und Aber in die Reihe der Orte mit Flair dazu. Zur Zeit spielt auch wieder der in italienisches blau gefärbte Himmel mit. Ein idyllisches Postkartenwetter. Die Schiffe nehmen verstärkt nach ihrem Winterschlaf den Betrieb wieder auf. Motive für Hobbyfotografen ergeben sich von alleine. Der Touristenstrom ist bereits am fließen. Die Sonne hat eine angenehme Temperatur für den Monatsanfang April zu bieten. Die Naturkulisse der Berge am Bodensee tut ihr übriges. An so einem Tag ist bei vielen Menschen die Grundstimmung positiv. Das der unmittelbare Parkplatz am Haupteingang bei meinem Eintreffen bereits überfüllt ist und ich auf den Nachbarplatz ausweiche, nach einem Hinweis eines mit stoischer Ruhe agierenden Parkplatzeinweiser, trübt die Stimmung und Vorfreude nicht im geringsten. Der sonnige Tag senkt sich langsam. Abends um 19.00 Uhr also dann eine gut vorbereitete Veranstaltung im Audimax der Universität Konstanz mit Günter Netzer.Foto (9)Meine Sicht auf die Bühne ist sehr gut. Der Hörsaal proppenvoll. Im Vorfeld ist fleißig promotet wurden. Einen Tag vor dem SWR UniTalk in Konstanz gibt es das bemerkenswerte Interview von Südkurier-Sportchef Ralf Mittmann mit der Fußballikone Günter Netzer beim südkurier unter dem Titel „Einen wie Guardiola habe ich noch nicht erlebt“.

Die eigenmächtige Einwechslung im DFB-Pokalfinale 1973 gegen den 1. FC Köln

Das Publikum will an diesem Abend im Audimax der Universität Konstanz mehr zum Motto des Abends Taktik, Teamgeist, Traummgeschäfte – was können wir vom Fußball lernen? und über den einstigen Mittelfeldstar hören. Der Moderator Fritz Frey plaudert angenehm unangestrengt mit dem gut gelaunten Günter Netzer. Die Haare immer noch lang, ein Schwenk in eine Kurzhaarfrisur kommt wohl für ihn nicht mehr in Frage. Einst war dies ja eine Empfehlung einer Freundin. Lange Haare würden besser aussehen. Klar, die eigenmächtige und legendäre Einwechslung im DFB-Pokalfinale 1973 in der Verlängerung gegen den 1. FC Köln inklusive Siegtor fehlt auch nicht. Hennes Weisweiler und Günter Netzer sprachen anschließend nie darüber. Auch später in Spanien nicht. Das Verhältnis zu Berti Vogts wird angesprochen. Klinsmann profitierte einst sehr von der Fürsprache Vogts bei der Besetzung des Nationaltrainerpostens im Jahr 2004. Jetzt hat sich der Nationalcoach der USA mit der Verpflichtung von Berti Vogts dankbar revanchiert. Der Tod von Günter Netzer seiner Mutter 1973 und die medialen Giftküchenabfälle seinerzeit ihm gegenüber wird ebenfalls angesprochen. Einige Medien hatten den Wechsel von Netzer zu Real Madrid in den Kontext zum Tod stellen wollen.

Top-Stars sind ihr Geld wert

Es wird an diesem Abend auch über Geld gesprochen. Netzer beziffert sein Einkommen in der Hochphase als Spieler mit 200.000 Mark brutto abzüglich 56%. Den Ferrari und die Diskothek leistete er sich trotzdem. Einst rechnete er den Verdienst aus seiner Laufbahn quer mit dem Einkommen der Galaktischen um Figo, Raul, Zidane etc. 10 Tage hätten die Jungs in der Neuzeit gebraucht um an das damalige Jahreseinkommen von Netzer in den Siebzigern ranzukommen. Er positioniert sich auch deutlich. Die Top-Stars sind ihr Geld wert. Sie bringen Leistung und sorgen für die Attraktivität im Geschäft Fußball. Er findet jedoch die mittelmäßigen Spieler finanziell überbewertet. Dies steht konträr zum Statement von BVB-Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke über die Philosophie in Sachen Spielergehälter beim Vizemeister und Champions-League Finalisten der vergangenen Saison auf sponsors:

„Wir legen unheimlich viel Wert darauf, dass es eine Hygiene gibt, dass der Spread zwischen dem normalen und dem Topspieler nicht so groß ist.“

Günter Netzer plaudert im Laufe des Abends auch über die Sportvermarktung mit Infront. Steht zur Langlebigeit von Verträgen wie zwischen Trikotsponsor Gazprom und Schalke.  Verweist auf eine der Basics bei Geschäften mit Osteuropa. Trinkfestigkeit. Leber und Magen müssen robust sein. Sonst hätte man keine Chance das Vertrauen für eine Geschäftsbeziehung aufzubauen. Äußert sich kritisch über die bedenkliche Situation im Katar. Nicht nur in Sachen klimatischer Bedingungen im Sommer.

Günter Netzer ist sich seines Lebensglücks bewusst, wenn er sagt:

,,Jeder bekommt im Leben seine  Chancen. Er muss sie nur wahrnehmen. Und ich habe immer gewusst, was  ich kann, aber auch, was ich nicht kann. Das zieht sich wie ein roter Faden durch mein Leben.“

Es gibt auch die Anekdote vom Lottogewinn. Ein jugendlicher Fan schenkte ihm einst im Kuvert einen Lottoschein im Rahmen eines Altherren-Spiels. Verdienstvolle Nationalspieler gaben sich die Ehre. Eigentlich als Geburtstagsgeschenk gedacht. Doch das Datum war falsch. Günter Netzer hatte noch gar keinen Geburtstag. Dafür waren die getippten Zahlen richtig. Der Schein von Netzer war dabei inzwischen zerrissen. Er hatte den Lottoschein bereits weggeworfen. Mühsam puzzelte er ihn wieder zusammen. Am Ende gewannen beide Scheine, der Fan hatte die selben netzerspezifischen Zahlen seit Jahren getippt und ebenfalls einen Lottoschein für sich eingelöst, insgesamt gab es die Gewinnsumme 300.000 DM. Günter Netzer gab dem Fan die Hälfte vom Gewinn seines Spielscheins ab. Alleine diese Anekdote war den Gang in den Hörsaal wert. Auch wenn die Tippreihe mit den exakten Zahlen an diesem Abend nicht zur Sprache kam. Was waren jetzt die glücklichen netzerspezifischen Zahlen? Nun, wenn mich mein Gedächtnis aus vergangenen Gesprächsrunden und Artikeln über den einstigen Star von Borussia Möchengladbach nicht im Stich gelassen hat, waren es Günter Netzers Geburtstag 14.9.44, dann die Anzahl seiner Spiele im Dress der Nationalmannschaft (37), die Torausbeute von Netzer in der Länderspielkarriere mit 6 und die legendäre Schugröße 47.Traveler Digital Camera

Noch ein paar Sprenkel des Abends. Uli Hoeneß will er auch in der JVA Landsberg besuchen. Die Dominanz der großen Geldvereine wie Bayern, Real, Barcelona wird weiter bestehen bleiben. Infront engagiert sich auch bei Alemannia Aachen. Fußball ist nicht kaputt zu kriegen. Red Bull Chef Dietrich Mateschitz sein Engagement bei RB Leipzig sieht er solide, wenngleich aus seiner Sicht Mäzenatentum Risiken hat. Ich sehe dies ein wenig anders. Dietrich Mateschitz praktiziert seit Jahren erfolgreiches professionelles Sponsoring mit dem marketingtechnisch gut aufgestellten Unternehmen Red Bull. Beim Thema RasenBallsport Leipzig, angesprochen in der anschließenden Fragerunde, offeriert Netzer jedoch auch, dass er am Leipziger Fußball nicht so nah dran ist. Einer der besten Protagonisten in Sachen faktenkundiges Wissen um den derzeitigen Tabellenzweiten in der 3. Liga ist seit Jahren rotebrauseblogger.

Günter Netzer lobt auch seinen ehemaligen Mitspieler Herbert Wimmer und dessen enormes Laufpensum. Durch eine Motivationsansprache konnte er ihn zum mitlaufen ermuntern. Der eher im läuferischen zurückhaltende Netzer dachte im Austausch dafür mit. So seine Version. Apropos Laufleistung. Die einstige Gladbacher Fußballikone hält die Statistiken der Neuzeit für überbewertet. Wenn einer 12 Kilometer auf dem Tacho nach Ablauf der 90 Minuten hat, sagt dies noch nichts über die Effektivität aus. Vielleicht waren 6 Kilometer in die falsche Richtung dabei. So sinngemäß die Reminiszenz von Günter Netzer.

Deutschland, Brasilien, Spanien, Italien und Argentinien im WM-Favoritenkreis

Die Aussichten auf einen WM-Titel von Übungsleiter Löw, denn er sehr lobt, sind vorhanden. Jedoch gibt es selbstverständlich keinen Garantieschein. Riesig talentierter Kader voller Qualität. Realistisch sieht Netzer auch Probleme in Sachen Sturm. Stichwort aktuelle Fitness von Miroslav Klose und Mario Gomez sowie die fehlende Weltklasse des Außenverteidigerpaares. Auch der Ausfall von Khedira wirkt schwer. Brasilien, wenn sie denn mit dem Druck klarkommen sieht er als starken Mitfavoriten. Auch Spanien. Und die unangenehmen Italiener. Argentinien sieht er im erweiterten Kreis. Jedoch stark auf Messi fokussiert, und er zeigte immer seine besten Leistungen im Trikot von Barcelona.

Fazit: Ein gelungener Abend. Der SWR UniTalk mit Günter Netzer war jede Minute wert.

Neue Zürcher Zeitung mit einer kleinen Chronik der Besichtigung vom Uli Hoeneß Gefängnis

Nein, es gibt sicher angenehmere Orte auf dieser Welt. Doch diese Woche, zum Anfang des neuen 7-Tage Rennens, trafen sich rund 160 Reporter aus den verschiedensten Ländern in Deutschland. Ziel war die Justizvollzugsanstalt Landsberg. Der Medienrummel um die Personalie Uli Hoeneß war nicht kleiner geworden. Die Substratsättigung setzt nur punktuell ein. Auch ich bin wieder am Thema interessiert. Die anstehende Haftstrafe für den ehemaligen Präsidenten von Bayern München erregt weiterhin die Gemüter in Deutschland. Die Anfragen an die Behörden in puncto Unterbringung, strukturierten Tagesablauf und Beschäftigung von Uli Hoeneß waren zahlreich. Es wurde der offensive Weg gewählt. Die Pressevertreter erhielten eine Einladung zu einer Führung durch das Gefängnis.

Der einst wieselflinke Uli Hoeneß

Den schlanken und schnellen Uli Hoeneß habe ich einst als 10-Jähriger Bub erlebt. Er war wieselflink und stellte die Abwehr von Dynamo Dresden in jenem Rückspiel des Europapokals der Landesmeister im Herbst 1973 vor allergrößte Probleme. Das Hinspiel hatte Bayern München mit 4:3 gewonnen. Damals noch im frischen und fast neuen Olympiastadion. Ein Jahr zuvor gab es die olympischen Sommerspiele in der bayerischen Landeshauptstadt. Die Architektur des Olympiastadions war zu jener Zeit revolutionär. Ein Meilenstein in der Geschichte des Stadionbaus. Renommierte Star-Architekten aus aller Welt schauten nach München. Doch ich schweife ab. In Dresden schoss Uli Hoeneß zwei schnelle Tore. Er war den Abwehrspielern vom DDR Meister aus Elbflorenz entwischt. Nach 13 Minuten stand es 0:2. Später sollte Uli Hoeneß auch im Endspiel des Europapokals der Landesmeister gegen Atletico Madrid im Wiederholungsspiel den gegnerischen Abwehrreihen entwischen. Doch der Steuerthematik, 40 Jahre später im Jahr 2013 akut geworden und an die mediale Oberfläche gespült, konnte Uli Hoeneß nicht entwischen.

Medienmaschine lief in Sachen Uli Hoeneß auf Hochtouren

Die Medienmaschine lief auf Hochtouren. Im durch Zwangsgebühren finanzierten Pay-TV Sender ARD durften Plauderer wie Plasberg und Jauch illustre Gesprächsrunden einladen und in Abwesenheit von Uli Hoeneß munter drauf los plaudern. Nicht immer war alles fair, nicht immer alles durch seriöse Fakten abgesichert. Die Spekulationen liefen ins uferlose. Manch Zeitgenosse stilisierte sich zum Moralapostel. Eine Menge Klugscheißer gab es obendrauf. Erhobene Zeigefinger erlebten eine inflationäre Welle. Im November des letzten Jahres dann die Verkündung des Prozessbeginns im März 2014. Traveler Digital Camera

Da war Uli Hoeneß immer noch Präsident von Bayern München. Der Aufsichtsrat stand wie eine Eins hinter ihm. Mit Unterstützung zahlreicher Weggefährten wie dem ehrgeizigen Herbert Hainer von Adidas, dem machtbewussten Automobilmanager Prof. Dr. Martin Winterkorn, dem wortgewaltigen Helmut Markwort vom focus  oder dem zweifachen Vizeweltmeister Karl-Heinz Rummenigge. Nicht zu vergessen Dr. Edmund Stoiber (CSU). Den Ruf nach Rücktritt gab es in der Bayern-Familie nicht. Das ist alles nun bereits wieder Geschichte. Der Prozess ist durch. Das vieldiskutierte Urteil von München gesprochen. Jetzt geht es um die Verbüßung der verhängten Strafe.

Stephanie Lahrtz berichtet in der NZZ über den Ansturm auf die JVA in Landsberg

Stephanie Lahrtz berichtet am 1. April (kein Aprilscherz) ausführlich auf Seite 7 der Neue Zürcher Zeitung in der Rubrik INTERNATIONAL unter dem Titel Ansturm auf das Hoeness-Gefängnis über die mehrstündige Besichtigung der Justizvollzugsanstalt durch die besagten rund 160 journalistischen Personen. Beginnend mit der Drängelei der Meute investigativ interessierten Journalisten am Gefängnistor in Landsberg. Die Welt ist schon irre. Stephanie Lahrtz mit ihren einleitenden Worten:

,,Verkehrte Welt: Rund 160 Personen drängeln sich vor einem Gefängnistor und schubsen sich gegenseitig rein, sobald das automatische Tor aufgeht.“

Dieter Wedel bitte übernehmen Sie. Ein quotenträchtiger 4-Teiler sollte sich doch inszenieren lassen.

Der Rundgang der Journalisten war detailliert vorbereitet. Fast so akribisch wie einst Udo Lattek seine Truppe mit Bayern München auf die Spiele mit Dynamo Dresden im Herbst 1973 einstellte. Nichts, aber auch gar nichts, wurde dem Zufall überlassen. Stephanie Lahrtz erkennt die Bemühungen der Leitung der Justizvollzugsanstalt Landsberg an:

,,Man hatte vonseiten der Anstaltsleitung keine Mühen gescheut. Die in der Küche tätigen Gefangenen hatten Brötchen gebacken. Leberkäse und Aufschnitt gewurstet und alles in der Turnhalle nett angerichtet. Jeder Zellengang, der Hof für die Freizeit, die Autowerkstatt, alles picobello gefegt. Die Sporthalle ist übrigens um einiges komfortabler eingerichtet als viele Schulturnhallen in München.“

Okay, lastet für den Nachfolger von SPD-Genosse Ude im Bürgermeisteramt in München eine klare Aufgabe auf den neugewählten Schultern. Schulturnhallen in der Landeshauptstadt auf Vordermann bringen.

Doch zurück zur Begehung durch die Journalisten in Landsberg. Die Gefangenen mussten aufgrund des Persönlichkeitsschutzes in ihren Zellen bleiben. Statt der gewohnten Arbeit nachzugehen. Stephanie Lahrtz merkt an:

,,Doch der halbe freie Tag gefiel offenbar keineswegs allen. Viele hätten den Verdienstausfall beklagt, so berichteten die Angestellten während der Besichtigung.“

Essen hält Leib und Seele zusammen. So ein altes Sprichwort, dessen inhaltliche Bestätigung sich bei jeder guten Mahlzeit wiederholt. Uli Hoeneß wird einen Ausweis zur Essensausgabe benötigen. Die akribische Stephanie Lahrtz in der Neue Zürcher Zeitung listet die Menü-Fakten auf:

,,Und was haben wir nun gelernt? ,,Gefangene benötigen einen Lichtbildausweis für die Kostausgabe.“ Ohne Ausweis kein Essen, mit ID gibt es Normalkost, ein Menü ohne Schweinefleisch, ein rein vegetarisches oder kalorienreduziert.“

Die Menüwahl will laut Frau Lahrtz gut überlegt sein. Sie verweist auf das Zeitfenster möglicher Wechsel in der Speisenwahl.

,,Denn nur alle sechs Monate ist ein Menü-Wechsel möglich.“

Ein Thema ist auch die Beschäftigung von Uli Hoeneß. Im Vorfeld haben zahlreiche Kommentatoren auf die familäre Metzgervergangenheit vom Europameister, Weltmeister, Gewinner mit Bayern München im Europapokalsieger der Landesmeister, deutscher Meister, deutscher Pokalsieger etc. verwiesen. Auch Stephanie Lahrtz bringt die „Gefängnisküche“ als möglichen Arbeitsplatz ins Gespräch und verweist auf die Arbeitswelt in der Justizvollzugsanstalt.

,,Denn alle Häftlinge müssen 40 Stunden pro Woche in einem der 25 Betriebe der Anstalt arbeiten. Dafür werden sie um 5 Uhr 50 mit dunklem, lang anhaltendem Sirenenton geweckt. Dienstantritt ist pünktlich um 7 Uhr. Ausser am Wochenende. Ab 15 Uhr 30 ist Freizeit.“

Das Freizeitangebot umfasst Angebote für Sprachunterricht, Töpfern oder musizieren mit Instrumenten. Es gibt auch einen Fussballplatz.

Doch so eine Besichtigung kann selbst unter optimalen Ablauf nie alle Fragen bis ins letzte Detail klären. So ergeht es auch den rund 160 Journalisten. Stephanie Lahrtz bringt es auf den Punkt:

,,Aber die drängendste aller Fragen bleibt auch am Ende der Führung unbeantwortet: Wann darf Hoeness in den offenen Vollzug oder gar in den Freigang?“

Gibt es ein Comeback von Uli Hoeneß?

Kommt Uli Hoeneß wieder gestärkt heraus? Wird er gar wieder der Bayern München Boss werden? Kann es ein erfolgreiches Comeback analog dem charismatischen Motivationstrainer Jürgen Höller geben? Nicht jede Frage kann sofort seriös beantwortet werden. Ich bin auch nicht allwissend. Der Südkurier macht auf der Titelseite an diesem Dienstag mit der Personalie Hoeneß sowie einem GETTY Foto auf. Das Auge des Betrachters erkennt auf dem Bild ein weisses Keramikwaschbecken, eine farblich mit dem Waschbecken korrespondierende Keramikkonsole mit Kosmetika, einen Wandspiegel für die tägliche Rasur, einen spartanischen Tisch, ein Holzschalenstuhl ohne Armlehnen mit verchromten Kufengestell, ein unaufgeregter Schrank mit Flügeltür, eine Pritsche, ein standardisiertes kleines Buchregal an der Wand, ein kleines Fenster und titelt:

,,Eine Acht-Quadratmeter-Zelle für den Bayern-Boss.“

Das lasse ich jetzt mal so stehen. Den kürzlichen Rücktritt von Amt und Posten bei Bayern München hin oder her.