Nachdenkenswert #221

,,Wir wollen sofort gewinnen. Klar ist es einfacher zu Hause mit dem Publikum im Rücken zu siegen, aber wir sind eindeutig die bessere Mannschaft und müssen das auch in Rottenburg zeigen. Wenn du in den Playoffs stehst, dann zählt der Siegeswille – wir dürfen und wollen keine Chancen liegen lassen.“

Ventzislav Simeonov, Diagonalangreifer, möchte bereits dieses Wochenende im Halbfinale der Playoffs stehen und zeigt keine große Lust auf ein etwaiges 3. Spiel gegen TV Rottenburg nächste Woche, im aktuellen Interview auf der Vereinswebsite vom VfB Friedrichshafen, dem deutschen Volleyballmeister von 1998, 1999, 2000, 2001, 2002, 2005, 2006, 2007, 2008, 2009, 2010, 2011 und Pokalsieger 1998, 1999, 2001, 2002, 2003, 2004, 2005, 2006, 2007, 2008, 2012, 2014 sowie Champions-League-Sieger 2007

Vishy Anand gewinnt das Schach-WM Kandidatenturnier in Khanty Mansiysk und fordert Magnus Carlsen heraus

Eine Tabelle, die besonders Hans-Walter Schmitt, Eric van Reem, Mike Rosa und allen Vishy Anhängern ein Lächeln in das Gesicht zaubert. Herzlichen Glückwunsch, Vishy!

 

Die 13. Runde brachte bereits die erwartete Vorentscheidung. Vishy Anand ist durch. Er gewinnt am Sonnabend durch das heutige Remis gegen Sergey Karjakin nach 91 Zügen das Schach WM-Kandidatenturnier in der sibirischen Erdölstadt Khanty Mansiysk.

Damit kommt es zur Neuauflage des C&A Duells. Vishy Anand erkämpfte sich heute durch den vorzeitigen Turniersieg das Recht den amtierenden Schachweltmeister Magnus Carlsen herauszufordern.anand - carlsen quinta partida victoria tecnica de carlsenIn der 1. Auflage im November 2013 stand es nach 10 Partien 6,5 : 3,5 für das norwegische Schachgenie Magnus Carlsen. Vishy Anand musste seinen Titel an den jungen Schachmozart abgeben. Vielleicht Gelegenheit, eine kleine Rückschau von mir auf das Schachmatch des Jahrzehnts zu zeigen.

[Reblog vom 21. Januar 2014]

Schachmatch des Jahrzehnts 2013 in Chennai: Magnus Carlsen – Viswanathan Anand

Nein, der Generationswechsel kam nicht wirklich überraschend. Der Sportwettenanbieter bwin notierte vor Beginn des Schach-WM Kampfes in Chennai eine Favoritenquote von 1,30 für den jungen Norweger Magnus Carlsen. Der amtierende Weltmeister Viswanathan Anand ging mit der Außenseiterquote von 3,20 in das C&A Duell. Im Vorfeld ist viel über die Elo-Dominanz von Carlsen geschrieben worden, auch gab es einen Hype um den ersten Schachspieler aus der „westlichen Hemisphäre“ , der sich nach 41 Jahren wieder für ein WM-Match qualifizieren konnte, seit Bobby Fischers Einzug in das Finale 1972.

Einmalige Konstellation: Schachmatch des Jahrhunderts 1972

Manch einer der Kommentatoren stilisierte im Vorfeld gar die Auseinandersetzung zwischen Viswanathan Anand und Magnus Carlsen in jene historische Höhe von Reyjkjavik. Das wäre aber doch ein wenig zu viel des Guten. 1972 war eine einmalige Konstellation. 25 Jahre russische Schachvorherschaft (die WM-Kämpfe trugen Spieler aus der Sowjetunion regelmäßig in Moskau untereinander aus) wurden von einem Einzelkämpfer und Schachgenie aus Amerika herausgefordert. Fischer lernte intensiv russisch um in die Schachbücher und Geheimnisse der führenden Nation in Sachen königliches Spiel einzutauchen. Das Charisma von Bobby Fischer zu jener Zeit strahlte in die Wohnzimmer der Schachfreunde aus West und Ost. Auf dem Weg zum Schachmatch des Jahrhunderts zerlegte Bobby Fischer die Stellungen von starken Spielern wie Taimanow oder Petrosjan. Es waren dominante und beeindruckende Siege. Ein Hurrikan auf den 64 Feldern. In der damaligen Form, eine Zeitmaschine vorausgesetzt, würde man gerne Kasparow und Carlsen gegen Fischer spielen lassen. Das russische Schach sah sich herausgefordert durch Bobby Fischer. Kleine Randnotiz: Weder sein Kontrahent Boris Spasskij noch er selber repräsentierten in ihren Charakteren das jeweilige typische Gesellschaftsystem ihrer Heimatländer.

Bobby Fischer kämpfte einst für adäquate Preisgelder und scheute den Vergleich zu Ali nicht

Die Bedingungen, die beinahe zum Abbruch des Schachmatch des Jahrhunderts in der isländischen Hauptstadt geführt hätten, sind legendär und oft beschrieben worden. Bobby Fischer kämpfte um Preisgelder, professionelle Rahmenbedingungen und Respekt wie Manager Uli Hoeneß um den Erfolg von Bayern München. Unerbittlich, selbstbewusst, die Meinung der Mehrheit oft auch ignorierend, ehrgeizig bis in die Zehenspitzen, polarisierend und in der Fischerschen eigenen Logik. Er verglich sich wie selbstverständlich mit dem großen Profiboxer Muhammad Ali und forderte monetäre adäquate Entlohnung für den professionellen Schachsport. Seine hartnäckige Art in Sachen Preisgelder kam allen nachfolgenden Schachgroßmeistern zu gute. Der Berufsschachspieler Bobby Fischer wurde nicht vom amerikanischen Schachverband gehätschelt. Er hatte keinen riesigen Stab an Betreuern oder ein Managementteam um sich. Fischer boxte sich quasi fast alleine durch die Schachwelt. In seiner besten Zeit trug er auch die besten Anzüge. Ein Kennedy Schneider musste es sein. Seine eleganten Schuhe ergänzten das makellose Äußere. Bobby Fischer sah gut aus und konnte auch charmant plaudern, wenn er denn wollte.

Nach 4 Remis zum Auftakt folgt der Doppelschlag von Carlsen

Magnus Carlsen mit Bobby Fischer zu vergleichen wäre nicht fair. Diese Last sollte man dem Norweger, dem die Mutter noch vor 3 Jahren die Sachen zum Anziehen rauslegte, auch nicht aufbürden. Er ist jetzt Weltmeister, übrigens nicht der jüngste wie irrtümlicherweise in der letzten WM-Woche in einem dpa-Artikel in Zeitungen wie der Passauer Presse zu lesen war. Das Privileg hatte sich einst Garri Kasparow gesichert. Nach der großartigen Eröffnungsfeier in Chennai kam es zum lang ersehnten Schach-WM Kampf zwischen dem Champion Anand und seinem Herausforderer Carlsen. Die Eröffnungspartie war auf den 9. November terminiert. Magnus Carlsen begann mit 4 Remis. Die beiden Auftaktspiele waren blutleere Remis. Diese handzahmen und sehr schnellen friedfertigen Remis hatte Bobby Fischer immer bei Kandidatenturnieren zwischen sowjetischen Spielern vehement kritisiert. Die 3. und 4. Partie wurde ausgespielt ohne einen Sieger zu finden.

Nach dem 2. Ruhetag gab es dann den Doppelschlag von Magnus Carlsen. Er profitierte in der 5. und 6. Partie in Endspielen von Fehlern Anands. Dann kam der Sonntag mit dem 3. Ruhetag. Der amtierende Weltmeister hätte sicher auch einen weiteren gebraucht. Die Körpersprache am Brett von Anand nach dem Wochenende gefiel mir nicht.  In der 7. und 8. Partei gab es wieder Punkteteilungen. Fast aufreizend lässig blitzte Carlsen dabei die 8. Partie herunter. Magnus Carlsen schob sich so fast unauffällig mit einem 5:3 Zwischenstand dem WM-Titel näher. Die Hausaufgabe bestand nun darin, 1,5 aus 4 zu holen. Erinnerungen an das volatile Nervenkostüm vom norwegischen Schachgroßmeister beim Kandidatenturnier im Frühjahr  in London 2013 wurden wach. Das Ticket für Chennai wäre beinahe an den ehemaligen Weltmeister Kramnik gegangen. Der 22-Jährige Carlsen kam in der englischen Hauptstadt mit einem blauen Auge davon.

Doch konnte Anand nochmals einen Hitchcock-Thriller inszenieren? Den Rückstand verkürzen? Dafür ging er offensiv und gut präpariert in die 9. Partie.  Er spielte auf Angriff. Doch dann kam der Hardcore-Fehler von Vishy Anand. Der Weg zum WM-Titel war mit 3 Punkten Vorsprung nun für Magnus Carlsen frei.

Der Spiegel verzeichnet 1,15 Millionen Klicks und Schach schafft es in das ARD Morgenmagazin

Schach hatte es in der Zwischenzeit sogar bis in das Morgenmagazin von ARD und ZDF gebracht. Kein Fake. Mit Live-Bildern vom WM-Schachmatch aus Chennai, Bildschnipseln aus einer Sporthalle von einem Basketball spielenden Carlsen und ein paar Zeilen, die aus einer Agenturmeldung stammten. Manch einer der deutschen Schachfreunde rieb sich verwundert die Augen. Schach wird sonst von den öffentlich-rechtlichen Sendern links liegen gelassen. Bei der WM 2010 in Sofia zwischen dem bulgarischen Herausforderer Topalov und Anand haperte selbst der kleine kontinuierliche Nachrichtenfluss beim ARD Videotext. Doch Schach war 2013 im November auf einmal In. Deutschland hat durchaus eine bemerkenswerte Schachtradition aufzuweisen. Weltmeister Emanuel Lasker, Dr. Robert Hübner, Wolfgang Uhlmann seien hier stellvertretend genannt.  Der Spiegel, jenes ehrwürdige Hamburger Nachrichtenmagazin powerte stolz in der Printausgabe vom 18. November 2013 eine Klickrate in Rekordhöhe vom Live-Schachticker der 4. Partie heraus: 1,5 Millionen Klicks. Eine deutsche mediale Randsportart war in aller Munde. Warum gab es eigentlich 2011 in den Medien so verdammt wenig Resonanz? Damals siegte die deutsche Schachmannschaft der Männer überraschend bei der Schacheuropameisterschaft in Griechenland. Doch das ist wieder eine andere Geschichte.

Live-Stream 13. Runde beim Schach WM-Kandidatenturnier in Khanty Mansiysk

anand - carlsen deep game

Der gestrige Ruhetag liegt hinter den Schachspielern. Heute geht es in die 13. Runde.

Darum ohne lange Vorrede hinein in das Geschehen.

++++++++++++++++++++++Hier geht es zum Live-Ticker  ++++++++++++++++++++++++++++

Kann der Champagner bereits kaltgestellt werden?

Zeit Online setzt mit Schachblog verstärkt auf das Königliche Spiel

Für alle Freunde des gepflegten Schachblogs gibt es dieser Tage auch gute Nachrichten aus dem Hause von Zeit Online. Sie haben einen Schachblog mit dem Titel Von Hängepartien und Bauernopfern aufgelegt. Zur Zeit wird er vom ehemaligen Schachzoo Blogger Ilja Schneider, Schachfreund Dennes Abel sowie dem von mir sehr geschätzten Schachpublizisten und Übersetzer Johannes Fischer (mit Schöner Schein auch in meiner Blogroll seit geraumer Zeit vertreten) bespielt.

Ich mag die Online Aktivitäten von Zeit Online. Seien es die sachkundigen Kommentare zum Geschehen auf dem Rasen von Fußballexperte und Hartplatzheld Oliver Fritsch oder das vorjährige sagenhafte multimediale Tour de France Dossier. Nun also auch verstärkt Schach. Vielleicht ein paar Kostproben vom neuen Schachblog.

Fangen wir mit Dennes Abel an. Er macht auf das verschwundene Phänomen der Hängepartie aufmerksam:

,,Jedoch verschwanden im Schach die Hängepartien im Zeitalter der Computerprogramme, was für manche Spieler sicherlich bedauerlich ist. An den langen Abenden nach einer Hängepartie entstanden Anekdoten, die im Laufe der Zeit zu Legenden wurden. Ich habe in meinen Bundesligapartien keine Hängepartien mehr erlebt. Dafür hat sich das Wort im allgemeinen Sprachgebrauch etabliert und es in die Unterzeile dieses Blogs geschafft.“

Ilja Schneider nahm sich kürzlich der Sache von Anands Glückspullover an und korrigierte dabei auch seine Einschätzung der Chancen vom Ex-Schachweltmeister aus Indien im Bezug auf den Sieg beim Kandidatenturnier in Khanty Mansiysk.

,,Weil ich Anand vor dem Turnier unterschätzt habe, prophezeie ich nun fünf Runden vor Schluss seinen Sieg. Vor allem, weil seine Konkurrenten bisher alle enttäuscht haben, zu nervös und unkonstant haben sie bisher agiert. Warum sollte sich das in den letzten fünf Runden ändern?“

Derweil hat sich Johannes Fischer der Stärke des aktuellen Weltmeisters angenommen und befindet im Blogbeitrag unter dem Titel Wie Magnus Carlsen das Schach verändert:

,,Bald ändert sich die Stellung dann wie von Zauberhand. Zugunsten von Carlsen. Eben noch sicher stehende Bauern scheinen bedroht, solide Strukturen wirken anfällig, unerwartete Drohungen tauchen auf und überall lauert plötzlich Gefahr. Der Gegner muss Entscheidungen treffen, die immer schwerer werden. Die klare Remisstellung wirkt auf einmal nicht mehr so klar, der halbe Punkt rückt immer weiter in die Ferne. Man bekommt ihn noch, nur, wenn man gut spielt. Stundenlang. In unangenehmer Stellung. Mit dem Gefühl, etwas falsch gemacht zu haben, aber nicht zu wissen, was und wo.“

User HenryEdward adelt den Text von Johannes Fischer in den Kommentaren bei Zeit Online mit folgenden Worten:

,,Umfangreicher, aber trotzdem fesselnder Artikel! Die Hinwendung der Zeit zum Schachspiel ist sehr lobenswert. Nicht nur das Verständnis des Schachspiels kann so vermittelt werden, sondern auch das Verständnis für Schachspieler, einer der breiten Masse doch rätselhafte Truppe.“

Soweit für heute der Hinweis auf den Schachblog von Zeit Online.

Grandioses Interview von Daniel King bei Stuttgarter Nachrichten

Für alle Schachfreunde gibt es noch einen unbedingten zu beachtenden Lesehinweis. Das grandiose Interview vom englischen Schachgroßmeister Daniel King über Vishy Anand und das laufende Kandidatenturnier in der Zeitung Stuttgarter Nachrichten. Chessbase hat  das PDF vom Interview online gestellt. Sollte es an der fehlenden Zeit liegen, notfalls auf den Mittagsbraten am Wochenende verzichten. Ich habe jede Zeile verschlungen. Einfach großartige Einsichten und Ansichten.

Besonders schön auch die letzten bemerkenswerten Sätze von Daniel King im Interview. Das erinnerte mich spontan an meine Schachpartie gegen Eva Moser beim Simultan im September 2013 im Kunsthaus Bregenz hier am Bodensee. Von meinem Brett aus sah ich auch eine automobile Rarität. Der Citröen La DS Coraline, in kunstvoll abgespeckter Version vom Konzeptkünstler und in New York, Paris sowie Mexiko Stadt lebenden Gabriel Orozco dargeboten. Vielleicht kostete dies mich aber auch die zwei oder drei bis vier Prozent Konzentration, die ich für ein Remis gegen Österreichs stärkste Schachspielerin benötigt hätte. Traveler Digital Camera

Schließen möchte ich für heute mit einem interessanten Hinweis vom “Presseattaché vom Team Anand”, dem sympathischen schachaffinen Niederländer Eric van Reem auf Chess in Tweets in Sachen ungebremster Begeisterung der zahlreichen amerikanischen Schachfans (Wecker hin oder her) sowie die Besucherströme aus dem Iran:

,,It might be interesting  to look at some stats of this blog. I have visitors from no less than 98 (!) countries, and most visitors come from the US. Due to the big time diference to Khanty Mansiysk (UTC/GMT +6) most chess fans in the US get up in the morning, only to see the result of the games.  When the games start in KM at the local time 15:00, it is 05:00 in New York and 02:00 in L.A. You must be a big chess fan to get up in the middle of the night to watch the games live! I was very surpised to see in the stats, that many chess fans from the Islamic Republic of Iran visit the blog. But since Twitter is blocked in Iran, it makes sense.“

Einen schönen Sonnabend wünsche ich allen meinen treuen Lesern. Bleiben Sie mir gewogen.

Ihr

Michael Wiemer