Die Fußball-WM 1978 hat viele Geschichten. Traurige, fernab des Fußballplatzes. In Argentinien ist die Militärdiktatur an der Macht. Das Turnier soll auch zur Reputation des Regimes dienen.
Wie sauber ist das 6:0 von Argentinien gegen Peru?
Die Brasilianer hinterfragen heute noch jenes ominöse 6:0 von Argentinien gegen Peru. Der damalige Spielmodus versetzte den Gastgeber in die komfortable Situation, zu wissen wie hoch der Sieg ausfallen musste, um in das Endspiel zu kommen. Die Gauchos wussten die Gunst der Stunde gegen eine erschreckend schwach dagegen haltende Mannschaft zu nutzen. Es ranken sich Gerüchte, Vorwürfe und Ungereimtheiten um dieses Peru-Spiel. Europäische Mannschaften haben wieder in dem Vizeweltmeister von München einen würdigen Vertreter. Die Niederländer spielen ohne König Johan Cruyff und kämpfen sich nach 1974 ein weiteres Mal in das Finale, um eine erneute Niederlage gegen den Ausrichter der WM hinzunehmen. Mario Kempes schießt unwiderstehliche Tore und hat einen Lauf. 6 Tore machen ihn zum Torschützenkönig. Trainerstar wird Kettenraucher Menotti.
Österreich setzt in der Qualifikation und in der Vorrunde erste Duftmarken
Österreich hatte sich in der WM-Qualifikation gegen den Olympiasieger von Montreal 76, die Mannschaft der DDR mit Trainerlegende Georg Buschner, durchgesetzt und trumpfte auch in der Vorrunde auf. Spanien und Schweden wurden durch Siegtore von Hans Krankl bezwungen. Selbst die knappe Niederlage in der Abschlusspartie gegen Brasilien konnte den Vorrundengruppensieg nicht verhindern. Österreich hatte eine erste Duftnote in Argentinien gesetzt. Helmut Schön coachte die deutsche Mannschaft ein letztes Mal durch ein Turnier. In der Vorrunde gab es in Buenos Aires ein torloses Remis gegen Polen. Dann folgte in Córdoba ein 6:0 gegen Mexiko. Im abschließenden Vorrundengruppenspiel gab es nochmals ein 0:0. Tunesien war der Kontrahent in Córdoba.
Sportsoziologe Matthias Marschik zu Mythos und Realität von Córdoba
So damit hätten wir bereits die Zutaten für das Mythos-Rezept Córdoba. Deutschland und Österreich trafen nach den Ergebnissen der Vorrunde in der 2. Finalrunde vor 35 Jahren am 21. Juni 1978 aufeinander. Das Spiel ging, damit verrate ich keine Neuigkeit, 3:2 für Österreich aus. Der Radioreporter Edi Finger wurde nachträglich in einen Kultstatus gehoben, den die Fußballer mit dem Sieg ebenfalls erreichten. Im Interview mit der Wiener Zeitung hat der Sportsoziologe Matthias Marschik auch Stellung zu Mythos und Realität von Córdoba genommen.
,,Córdoba ist inzwischen zu einem Begriff geworden, den verschiedenste Leute in Österreich mit verschiedensten Inhalten füllen. Das heißt, es ist ein leerer Begriff. Ich kann diesen Begriff national auf Österreich anwenden, ich kann ihn aber auch mit Wien verbinden. Es ist ja nicht so, dass die Aversion gegen Deutschland in Tirol oder Salzburg so stark verbreitet wäre wie im Osten Österreichs. Das ist im Grunde eine Wiener Geschichte. Ich kann den Begriff aber auch mit Sport und sogar mit der Politik verbinden, wo die Botschaft lautet, dass der Kleine gegen den Großen, seien es jetzt die Deutschen oder auch die EU, immer noch eine Chance hat. In diesen David-gegen-Goliath-Mythos Córdobas lässt sich alles hineininterpretieren und fast alles auch damit begründen. Daher ist Córdoba auch überall als Begriff so akzeptiert und eigentlich unantastbar geworden.“
In jenem besagten Sommer 78 arbeite ich übrigens erstmalig in den großen Ferien mit meinem Schulkumpel Udo 3 Wochen auf dem Fleischhof. Während einer Fußball-WM. Gutes Timing geht anders. Die Anfahrt zur Ferienarbeit mit der Straßenbahn war immer eine kleine Auswertung des vorrangegangenen Spieltags der WM. Auf dem Werksgelände des riesigen Fleischverarbeiters gab es dann allerdings nichts, was an Fußball erinnerte. Der Fokus lag auf Fleisch, Fleisch und nochmals Fleisch. Wir sahen und erlebten auf dem Fleischhof, dem größten der großen Stadt, auch sehr unappetitliche Dinge. Der Bedarf an Fleisch war auf Wochen gedeckt. Aber dies ist wieder eine andere Geschichte.