Es muss das Jahr 1978 gewesen sein. Meine hübsche Klassenkameradin und bezaubernde Banknachbarin fragte mich Löcher in den Bauch. Sie wollte alles wissen über einen gut aussehenden jungen Mann. Ihr Schwarm war ein blonder Fußballer. Er war Nationalspieler der deutschen Nationalmannschaft. Sein Name: Karl-Heinz Rummenigge. Bereitwillig gab ich Auskunft. Sie zapfte mein Wissen hemmungslos an. Dann kam irgendwann die Frage aller Fragen:
„Können wir Weltmeister werden? Er ist ja mit dabei.“
Nun, wir gingen damals in die 35. Polytechnische Oberschule. Standort Leipzig. Die deutsche Einheit war bereits in unseren Herzen irgendwie vorweggenommen. Natürlich drückten wir der deutschen Fußballnationalmannschaft des Westens, der BRD, der Bundesrepublik oder wie auch immer wir uns im Dschungel der Länderbezeichnung in unserer kleinen Welt zurechtfanden, beide Daumen. Die Hoffnung ruhten selbstverständlich auch auf dem Stürmer Karl-Heinz Rummenigge bei der bevorstehenden Fußball-WM 1978 in Argentinien. Der Verlauf und speziell das Ende der WM 1978 mit dem Aus und der ruhmlosen Niederlage gegen Österreich in Cordoba ist ja allseits bekannt.
Später holte er 1980 mit der deutschen Fußballnationalelf den Europameistertitel und wurde Europas Fußballer des Jahres. Rummenigge holte sich diese Auszeichnung auch gleich noch ein Jahr später. Bei der Weltmeisterschaft 1982 und 1986 stand der Stürmer jeweils im Endspiel ohne jedoch den Weltmeistertitel in den Händen halten zu dürfen. Italien war 1982 einfach zu stark. Ja und 1986 gab es da auf der gegnerischen Seite einen Spieler namens Maradona und selbst Rummenigges Anschlußtreffer zum zwischenzeitlichen 1:2 sowie der spätere Ausgleich durch Rudi Völler hielten Argentinien in dem Finale nicht auf.
Karl-Heinz Rummenigge ist in diesen Tagen ein vielbeschäftigter Mann. Erst die Unterschrift auf den Scheck mit den 7 Nullen und dann muss er sich das Gerede vom WM-Titel 2014 anhören. Rummenigge musste auf Sport BILD Plus mit einem Statement einschreiten sowie Kapitän Lahm widersprechen. Dabei ist die Südamerika These von Karl-Heinz Rummenigge nicht neu. Bereits nach dem Scheitern von Übungsleiter Löw mit seiner Elf im Sommer während des europäischen Turniers in der Ukraine und Polen, sprach der dreifache Torschützenkönig der Bundesliga und zweifache Vizeweltmeister Karl-Heinz Rummenigge Klartext am 15. Juli in Bild am Sonntag:
„Wenn ich hingehe und als Ziel vorgebe, Europameister zu werden, aber im Halbfinale rausfliege, dann ist Kritik nachvollziehbar. Philipp Lahm hat es richtig gesagt: Zu jeder großen Mannschaft gehören große Titel. Und diesen großen Titel hat unsere Nationalmannschaft nun schon zum dritten Mal hintereinander nicht geholt“
Er zog den Kreis dann gleich weiter bis 2014. Fußball-WM in Brasilien. In puncto WM-Hoffnung auf den Titel der deutschen Mannschaft bremste Rummenigge die Euphorie ein und wies auf seine Favoriten hin:
„Ich wünsche ihnen, dass sie 2014 in Brasilien besser abschneiden. Aber ich sage voraus: In Südamerika wird eine südamerikanische Mannschaft Weltmeister“.
Während Karl-Heinz Rummenigge die Dinge realistisch einschätzt und wohl auch seine Erfahrung mit der Stärke südamerikanischer Mannschaften aus seiner eigenen WM-Laufbahn einfließen lässt, spricht der neue DFB-Sportdirketor Robin Dutt von:
,,Diese Generation hat langsam einen Titel verdient. Sie hat eine Entwicklung gemacht in einem rasenden Tempo, und jeder möchte nun auf dieser Endstufe den Titel haben“
Nun, die goldene Generation der exzellenten Fußballer aus Portugal um Figo hatte auch irgendwann eigentlich langsam den Titel verdient. Die Ballkünstler mit der exzellenten Technik mussten auch ohne internationalen Titel bei einer EM oder WM abtreten. Das Leben ging auch in Portugal weiter.
Hatte ja schon öfter das Gefühl, dass Rummenigge nicht so gut in der Schule war. Aber dass er hier nur bis drei zählt, wo man eigentlich bis acht zählen müsste, schreibe ich mal einer Verkürzung zu, die im Zitat (auch in der Quelle) nicht sichtbar wird, aber geschehen ist. Ansonsten hat er natürlich, wie so häufig, vollkommen Unrecht mit seinem Südamerika-Argument. Dass manche Entscheider im Fußball in Deutschland immer noch an Ammenmärchen wäre nicht ganz so erschreckend, wenn diese nicht so großen Einfluss auf das gesamte Gebilde hätten.
Wenn nach dem letzten Titel von 1996 ruhig durchgezählt wird mit WM 1998, EM 2000 (unter Ribbeck – klingt wie aus einem anderen Jahrhundert), WM Finale 2002, EM 2004, WM 2006, EM 2008 (was für ein mutloser Auftritt im Endspiel in Wien, Menschenskinder), WM 2010 und EM 2012 kommt man auf acht.
Passend zum Zahlenspiel schlägt Brasilien zum Wochenanfang China mit 8:0.
Auch bei den beiden Niederlagen gegen Argentinien im März 2010 in München und kürzlich beim 1:3 schaute die deutsche Elf nicht ganz so gut aus. Insofern würde ich Deutschland auch nicht auf den Favoritenschild heben.
Eine deutsche Fußballnationalmannschaft ohne Titel ist wie ein Pool ohne Wasser.
… glauben, …
Mit dem Glauben ist es so eine Sache Trainer …