Blogger und Eishockeyexperte Tilman Pauls hat kürzlich auf seinem Eishockey-Blog eine spezielle Wunschliste auserkoren. Meine 14 für die DEL. Meinen Augen wollte ich fast nicht trauen. Da findet sich doch auch der 25-fache Eishockeymeister der DDR, SG Dynamo Weisswasser, wieder. Jahr auf, Jahr ab duellierte sich die SG Dynamo Weisswasser mit dem SC Dynamo Berlin um die Meisterschaft. Mehr Teilnehmer gab es nicht. Es war eine 2-er Liga. Eine der vielen Kuriositäten im DDR Sport. Eishockey war wie Schach als nicht förderungswürdig von den SED-Bonzen eingestuft worden. Die gesamtdeutsche Karte aller Meister hat dieses wikipedia Aussehen.
Nostalgie weht ab sofort verstärkt auch in der 2. Fußball-Bundesliga. Zu den ehemaligen DDR Oberliga Vereinen BSG Wismut Erzgebirge Auge, Energie Cottbus und Union Berlin gesellen sich jetzt noch Hansa Rostock sowie Dynamo Dresden dazu. Rostock sammelte ja bereits in der DDR massiv Erfahrungen mit dem Eigenleben einer Fahrstuhlmannschaft. Sie legten zwischen 1975 und 1980 sagenhafte 6 Ab- und Aufstiege in Serie hin. 1975 ging es mit dem Abstieg in die Niederungen des DDR Fußballs. 1976 der Aufstieg. Im selbigen Jahr coachte Georg Buschner die DDR Nationalelf zu jenem historischen Olympiasieg in Montreal gegen den damaligen Weltmeisterdritten Polen. 1977 wieder ein trostloser Abstieg für Hansa Rostock. 1978 im Jahr der Fußball WM in Argentinien ein Aufstieg der Hanseaten. 1979 wieder ein tränenreicher Abrutsch in die unteren Gefilden. 1980 ein erneuter Aufstieg in die DDR Oberliga.
Dynamo Dresden weckte in den Duellen 1973 gegen Bayern München meinen Faible für Bayern München. Für Freunde der gepflegten Spielaufstellung hier die Details vom Spiel im Europapokal der Landesmeister am 24. Oktober 1973 Bayern München – Dynamo Dresden 4:3 (2:3). Im Rückspiel am 7. November 1973 führte Bayern München durch zwei schnelle Tore von Uli Hoeneß nach 12 Minuten mit 2:0 in Dresden. Dann drehte Dynamo Dresden ab der 42. Minute innerhalb von 14 Minuten durch Tore von Wätzlich, Schade und Häfner das Spiel. Mit der 3:2 Führung wäre Dynamo Dresden weiter gewesen. Arithmetik der Europapokalspiele kann so einfach sein. Doch es kam anders. Die kompletten Daten zum legendären Rückspiel gibt es hier.
Energie Cottbus trat einst in der DDR Oberliga im Stadion der Freundschaft mit Libero Fritz Bohla an. Auch die Lausitzer waren öfters unten wie oben. Die Big Points setzte man nach der Wende. Legendär der Durchmarsch mit Coach Ede Geyer bis in die Bundesliga sowie die DFB-Pokalfinalteilnahme gegen den VfB Stuttgart. Bei den Schwaben stand damals ein gewisser Joachim Löw an der Seitenlinie. Unverständlich bis heute blieb mir der kampflose und desolate Auftritt in den Relegationsspielen 2009 gegen den 1. FC Nürnberg. Damit hat Energie Cottbus eigentlich die moralische Berechtigung in der Bundesliga zu spielen für die nächsten 50 Jahre verwirkt.
Die aktuellen Leistungen von BSG Wismut Erzgebirge Aue in der 2. Bundesliga sind bemerkenswert. Einst stand der viel zu früh verstorbene Uli Ebert zwischen den Pfosten. Die Trainer bekamen den begehrten Grubenschnaps. Der ehemalige Aue Coach Uli Thomale (später feierte er mit dem 1. FC Lokomotive den Einzug in das Europapokalfinale der Pokalsieger gegen Ajax Amsterdam) wird in der Chronik von Ronny John wie folgt zum Nutzen des Schnaps zitiert:
„Der war bei Werkstatt-Terminen für das Auto oft sehr hilfreiche, denn er war ziemlich begehrt.“
Heute im Jahr 2011 haben sich die Dinge im deutschen Werkstattnetz deutlich entspannt. Meine Liebste telefonierte diese Woche kurz mit ihrer Mercedes Werkstatt wegen der großen Inspektion. Unmittelbar danach hatte sie ihren Wunschtermin für den nächsten Tag. Okay, durch Umzug etc. war der Termin etwas verrutscht. Grubenschnaps musste meine Jahrhundertliebe nicht anbieten.
Bliebe noch der 1. FC Union Berlin. Die Tour mit dem kultigen – Eisern Union – zieht bei mir nicht. Ich fand die Truppe noch nie kultig oder erfolgreich. Das Fans in altbewährter sozialistischer Manier Subbotnik leisteten um das Stadion hinzukriegen… Mein Beileid. Es gab dazu auch andere Stimmen.
Matthias Dell schrieb auf der freitag am 6. April 2009:
,,Dabei ist Fußballkult eigentlich das falsche Wort. Es greift zu kurz. Union ist ein Lebensmodell, eine Mikrogesellschaft. Ein Musterbeispiel für gemeinschaftlichen Zusammenhalt in Zeiten, in denen die ARD Themenwochen übers „Ehrenamt“ veranstaltet, Bildungsexperten den Verlust von Partizipation beklagen und Gesellschaftskritiker auseinanderbrechende Milieus diagnostizieren. Union ist deshalb exemplarisch, weil der Klub den Spagat hält zwischen einem Vereinsleben, das schon immer Bindemittel einer heterogenen Gesellschaft gewesen ist, und den Ansprüchen, die eine Kommerzialisierung an den Sport richtet.“
Rotebrauseblogger wusste unlängst von einer kleinkarierten Spielabsage von Union Berlin zu berichten. Die Herren wollten nicht gegen RB Leipzig spielen. Wehe wenn ich einen Union Spieler mit einer Red Bull Dose in der Hand sehe. Dabei werden die Fußballer von Union nicht mit Erdnüssen bezahlt. Auch in der Saison 2011/2012 nimmt man von den Zuschauern Eintrittsgelder. Hier die aktuellen Ticketpreise. Diese moralin-sauere Miene und das – Nein, mit RB Leipzig wollen wir nicht spielen – hat auf Jahre alle meine etwaigen Bonuspunkte für Union Berlin verspielt.