Die verlorene Ehre von Louis van Gaal

Seit 1973 habe ich ein Faible für Bayern München. Eine lange Zeit. Ich habe Trainer kommen und gehen sehen. Am Tag der Demission von Vereinstrainer-Novize Klinsmann sendete die ARD gar einen Brennpunkt oder so etwas in der Art. 

Danach übernahm Trainer Jupp Heynckes, eigentlich bereits im Ruhestand, für 5 Spiele den ruhmreichen Fußballverein Bayern München. Eine Interimslösung. Es sei jetzt wieder ein Fußball-Lehrer am Werk, war aus der Münchner Chefetage zu vernehmen. Am Tag der Entlassung von Klinsmann gab Manager Uli Hoeneß auf der Pressekonferenz sein Statement zur langfristigen Trainerplanung ab und stellte klar:

,,Das beste Konzept auf dem Papier nutzt nichts, wenn die Ergebnisse nicht stimmen. Unser Wunsch ist es, einen Trainer  zu finden, der es schafft, über drei, vier Jahre eine Mannschaft zu formen.“ 

Es wurden damals viele Namen von der Presse gehandelt. In meinen Notitzen im schwarz-roten Büchlein finden sich der damals vereinslose Luiz Felipe Scolari, Gerard Houllier, der St. Petersburg Coach Advocaat, Göran-Eriksson (hatte gerade einen Rauswurf in Mexiko zu verkraften), Oliver Kahn, Stefan Effenberg oder Paul Breitner. Ich muss im Notitzbuch umblättern…

Es finden sich weitere Namen. Der Roberto Mancini (arbeitslos), Carlo Ancelotti (Milan) oder Inter Coach Jose Mourinho wurden in den verschiedensten Gazetten aufgezählt und als mögliche Nachfolger in die Lostrommel geworfen. Doch es waren auch die vereinslosen Michael Laudrup oder Didier Dechamps in der Gerüchteküche gesichtet worden. Arsene Wenger, der 59-Jährige Grandseigneur des FC Arsenal, oder der damalige Real Madrid Coach Bernd Schuster standen ebenfalls für Momente im Raum. Auch Mathias Sammer wurde aufgezählt. Für Martin Jol sprachen die neun Spiele des Niederländer für Bayern München in der Saison 1978/79. Stallgeruch etc.

Am Ende wurde Louis van Gaal der neue Trainer von Bayern München. Tiefes durchatmen in München. Karl-Heinz Rummenigge hatte auf der legendären Pressekonferenz anlässlich der Demission von Jürgen Klinsmann gesagt:

,,Es muss jemand sein, der von der Mannschaft und der Öffentlichkeit respektiert wird.“ 

Spätestens seit Sky, Uli Hoeneß und die Raubtierfütterung war der Respekt nicht mehr im notwendigen Maß für Louis van Gaal zu spüren. Die Polterei von Uli Hoeneß musste an der Ehre von Louis van Gaal kratzen. Der Niederländer hat Fehler gemacht. Gar keine Frage. Einige Versäumnisse vom Feierbiest listet Reality Check beim sportmedienblog unter dem Titel Die Ära van Gaal, eine (Re)Kapitulation auf. Gezieltes Einkaufen um die Mannschaft punktuell zu stärken und sie auf ein breiteres Fundament zu stellen gehörte nicht zur Kernstärke von Louis van Gaal. Das Thema Kommunikation mit Hoeneß und Co. könnte sicherlich ganze Lehrbücher füllen.

Die jetzige Lösung, den Meistercoach bis zum Saisonende zu behalten, ist eher auf den fehlenden Plan B der Bayern-Führung zurückzuführen. Im Moment war einfach kein geeigneter Coach sofort zur Stelle. Louis van Gaal wird die letzten Spiele wie unter dem Vergrößerungsglas absolvieren. Musste er sich eigentlich nicht mehr antun.

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