Hinz: Hallo Kunz. Ich war ja etwas irritiert dieser Tage über die Zeitungsgerüchte und ein etwaiges Engagement von Felix Magath beim Fußballprojekt von Red Bull, dem Neuling in der vierten Klasse, RB Leipzig. Ich mußte bei der Geschichte auch an unser Gespräch im November über Red Bull und die Bundesliga denken. Du hattest ja den Aufstieg und den Umzug ins Zentralstadion vorausgesagt.
,,Sportlich ist die Mannschaft auf dem richtigen Weg. Die Tabellenführung wirkt bereits kolossal souverän. Der 10. Sieg im 12. Spiel in der Oberliga wurde am Wochenende vor 263 Zuschauern in Pößneck eingefahren.“
Zur bevorstehenden Saison 2010/20111 im großen Stadion war Dein Statement:
,,Die Nagelprobe erfolgt sicherlich nächstes Jahr, wenn die Newcomer bei Aufstieg von der Markranstädter Spielstätte am Bad ins Zentralstradion umziehen und dann kontinuierlich in Leipzig spielen werden.“
Kunz: Diese Prognose war ja nun wirklich keine Kunst. Red Bull geht an solche Projekte professionell ran. Ohne wenn und aber: Red Bull und das Sportsponsoring hat Hand und Fuß sowie einen arteigenen Charme. Wieso warst Du wegen der Personalie Magath verunsichert?
Hinz: Ich fragte mich: Gibt Magath einen Champions-League Verein ab und geht in die Niederungen der Viertklassigkeit. Klar, RB Leipzig sieht die unteren Ligen nur als jeweilige Zwischenetappe. Aufstiegstrainer Tino Vogel war ja entlassen worden und ein neuer Coach noch nicht vorgestellt.
Kunz: Dieter Mateschitz hat es doch im Sport Bild online Interview im September 2009 klar kommuniziert:
Wir werden versuchen, sowohl die Mannschaft als auch den gesamten Trainerstab maßgeschneidert der jeweiligen Situation bzw. dem jeweiligen Ziel anzupassen, d.h. wir werden versuchen, die Mannschaft möglichst rasch aber nichtsdestotrotz gesund wachsend von der derzeit 5. Liga in die 2. Liga zu führen. Dafür muss man dreimal aufsteigen, wenn uns das in 4 oder 5 Jahren gelingt, wäre das ein guter Zeitplan. Der letzte Schritt in die Bundesliga kann derzeit noch nicht wirklich geplant oder auch absehbar sein, zu viele unterschiedliche Faktoren spielen dafür eine Rolle, aber unser Ziel wird es auf jeden Fall sein.
Es war klar das Tino Vogel nicht ewig Trainer bleibt. Dieter Mateschitz weiß wie wichtig kompetentes Personal bei der Umsetzung ehrgeiziger Ziele ist. Die Personalien Beiersdorfer und Kreische waren exzellente Entscheidungen. Dietmar Beiersdorfer hatte die Härte des Business in Hamburg erfahren und kam am Fels Bernd Hoffmann nicht vorbei. Seine ersten 100 Tage Amtszeit bei Red Bull begann er mit Schwung. Hans-Jürgen Kreische ist 1973 Fußballer des Jahres in der DDR gewesen. Er schoß damals Tore wie am Fließband für Dynamo Dresden. Kreische verletzte sich dann schwer beim WM Qualifikationsspiel gegen Rumänien im September 1973 im Leipziger Zentralstadion. Zur WM 74 war er rechtzeitig wieder auf den Beinen. Er ist ein intimer Kenner der ostdeutschen Fußballszene. Das passt schon. Was die Medienente mit Magath betrifft hatte auch rotebrauseblogger den richtigen Riecher. Er wirft auch einen Blick auf die Geschichte unter den Aspekten des Marketings:
,,Eine Win-win-Situation: Felix Magath macht seinem Arbeitgeber weiter Druck, was potenzielle Verpflichtungen bei Schalke angeht und Red Bull respektive RasenBallsport Leipzig kommt erstmals so richtig in die Schlagzeilen der bundesdeutschen Sportpresse und erreicht damit auch das gewünschte Zielpublikum außerhalb Leipzigs. Zusätzlich dürfte die Verkündung des neuen RasenBallsport-Trainers dadurch ein vielbeachteter Pressetermin werden, in dessen Anschluss die ganze Sportpresse noch einmal darüber berichten kann, dass doch nicht Felix Magath, sondern … (der immerhin schon …) Trainer wird.“
Erinne Dich doch an die Story mit Schalke, Tönnies und Kahn. Am Ende blieb doch auch irgendwie die Präsentation von Oliver Kahn hängen. Er empfahl sich damit für höhere Aufgaben. Blieb interessant.
Hinz: Nach diesen Ausführungen werde ich die Kaffee-Rechnung übernehmen. Ups, wir haben noch gar nicht bestellt. Da kommt der Ober mit Kaffee und zwei Glas Wasser und Apfelkuchen. Wieso? Oh lieber Kunz…hast Du?
Kunz: Ich hab ihm per Handzeichen vorhin die Bestellung signalisiert. Dies ist ja das schöne an einem Stammcafe. Das Wohlfühlen stellt sich einfach automatisch ein. Herr Ober, vielen Dank.
© Rainer Sturm: Pixelio
Hinz: Der Kaffee ist röstfrisch. Der gedeckte Apfelkuchen ist immer wieder köstlich. Insidesport schrieb letztens RB Leipzig – Ein Verein ohne Seele? und ich erinnere mich da immer ein wenig an die Diskussionen um Hoffenheim. Wie siehst Du die Dinge?
Kunz: Das mit der Seele ist immer eine gute Frage. Wieviel Seele steckt denn noch in 1860 München? Oder beim 1. FC Magdeburg? Oder bei Energie Cottbus? Ohne Seele kommt ein Verein über kurz oder lang in die Bredouille. Ein Stadion ohne treue stimmungsvolle Unterstützung der Fans ist öde, Merchandising braucht auch Sympathie. Ich hab da noch eine Zahl im Kopf. Im Jahr 2006 war St. Pauli drittklassig und belegte dennoch einen Top Ten Platz im Fanartikelverkauf im Vergleich aller Mannschaften der Bundesliga, der 2. Liga und der damaligen drittklassigen Regionalliga. Lass RB Leipzig erstmal in die 2. Bundesliga kommen. Dann wird jeder sehen, inwieweit die Seele mit dem sportlichen Erfolg und dem zahlreich vorhandenen Geld mitgewandert ist. Im allgemeinen gilt der Spruch: Erfolg ist sexy. Ich habe einen Berliner Kumpel mit zwei Söhnen. Die Söhne sind 12 und 10 Jahre alt. Der Kumpel ist seit ewiger Zeit treuer Hertha Fan. Seine beiden Söhne drücken Bayern München die Daumen. Als ich ihn einst fragte wieso dies denn so sei, antwortete er mir: Die Kinder wollen möglichst immer dem Sieger die Daumen drücken. So kauft er seinen Söhnen halt die Bayern Trikots und die Wimpel und all die kleinen und größeren gewünschten Fanartikel. Bayern hat da ja auch einen richtig dicken Katalog. Der Apfelkuchen ist heute wieder besonders frisch.
Hinz: Ich übernehm heute wieder die Rechnung. Lass es Dir bis zum nächsten Treffen gut gehen lieber Kunz.