Monat: Juni 2010
Gibt es Fairness im Profifußball?
Bei allen Debatten um den Videobeweis wird oft vergessen, das Spieler immer noch die Möglichkeit haben sich freiwillig beim Schiedsrichter zu melden und zu signalisieren: Ich bin nicht gefoult wurden oder der Ball war im Tor. Ja, es war ein Handspiel von mir. Sorry, ich stand im Abseits.
Gibt es Fairness im Profifußball? Der schweizer Tagesanzeiger zeigte 2009 einige eindrucksvolle Beispiele von Fairplay Gedanken auf. Bei der WM 2010 warten wir noch auf solche couragierten und ehrlichen Fußballer.
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Manuel Neuers Betrug ist kein Kavaliersdelikt – Welt Online –
Her mit der Torlinientechnologie! – Spox –
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Nachdenkenswert #60
Längst scheint akzeptiert, dass zum Berufsbild eines gestandenen Profis gehört, den Erfolg mit allen Mitteln – auch unerlaubten – anzustreben. Wäre es nicht ein Gebot der Fairness für Manuel Neuer gewesen, zum Schiedsrichter zu gehen und zu sagen, dass der Ball hinter der Linie war? Aber sicher! So laufen die Spiele auf Bolzplätzen und in Parks ab. Da funktioniert Fairplay ohne Schiedsrichter, Chip im Ball oder Videobeweis. Und: Warum sollte das im Profisport anders sein? Weil es um viel Geld geht? Betrug ist also okay, wenn man ihn begeht, um noch reicher und schöner zu werden? Welch perverser Gedanke!
Andreas Rüttenauer, in einem Kommentar in der taz gegen den
Einsatz eines Videobeweis und dem Blick auf das Verhalten von
Torwart Manuel Neuer im Spiel gegen England
Deutschland gegen Argentinien oder Maradona – ein Grenzgänger zwischen Genie und Wahnsinn. Teil 1
Maradona war ein 100-Megawatt-Kraftwerk mit Sicherungen für zwei bis drei Hof-Laternen. Verrückt ist er nicht – aber die Tassen in seinem Schrank werden weniger. Zuerst zu einem magischen Moment in der Laufbahn von Diego Maradona.
Rückblick. Ich sehe es sofort wieder vor mir. Sommer. Fußball-WM in Mexiko. Wir schreiben den 22. Juni 1986. Mexiko-City. Das ausverkaufte Aztekenstadion. Im WM Viertelfinale trifft Argentinien auf England. Durch ein unglaubliches Tor mit der Hand Gottes bringt Diego Armando Maradona seine Mannschaft mit 1:0 in Führung. Dann erlebt die Fußballwelt im Hexenkessel die spektakuläre 54. Minute. Hector Enrique spielt einen präzisen Pass auf Maradona. Er nimmt den Ball in der eigenen Spielhälfte an. Mit Ball am Fuß und einer bewunderswerten Leichtigkeit und Zielstrebigkeit läuft Diego in Richtung Shilton Tor. Auf einer Distanz von 60 Metern umkurvt Maradona englische Spieler reihenweise, wie Maria Riesch die Slalomstangen in Vancouver. Die ersten die auf englischer Seite dran glauben müssen sind Glen Hoddle, Peter Reid, Kevin Sansom. Später folgen Terry Butcher sowie Terry Fenwick. Die englischen Fußballer sind Statisten in einem der historisch schillerndsten Augenblicke der Fußballgeschichte. Diego Maradona hat noch einen vor sich. Den englischen Keeper Peter Shilton. Er läßt den Torwart aussteigen und schießt den Ball zum entscheidenden 2:0 für die argentinische Mannschaft ins Tor. Ein Jahrhunderttor.
Diego Maradona hat als Spieler auf dem Feld alles an Fertigkeiten gehabt. Ein genialer Zauberer. Diego Maradona ist jedoch auch der unberechenbare Mann außerhalb des Platzes. Im richtigen Leben gab es sehr oft entsetzliche Fehltritte und intensive Zweifel an seiner Persönlichkeit. Da sind die Schüsse auf Journalisten mit einer Schrotflinte oder der Dopingskandal bei der WM 94, die Magenverkleinerung und die unsäglichen Bilder mit Fidel Castro , Entziehungskuren, Beschimpfung der Medienvertreter in derber Sprache unterhalb der Gürtellinie. Alleine seine Zeit außerhalb des Platzes in Neapel gibt Stoff für mehrere Verfilmungen.
Jetzt ist Diego Maradona Nationaltrainer von Argentinien. Die faz schreibt im Artikel Patron Diego:
,,Dass Maradona überhaupt in dieses Amt gekommen ist, im Oktober 2008, ist eigentlich eine unglaubliche Geschichte. Noch vor vier Jahren war er als größter Fan der Argentinier durch Deutschland gereist. In den Stadien, die er gemeinsam mit seinen Töchtern besuchte, schwenkte er zu den Toren des Teams sein liebstes Accessoire, das Trikot der „Albiceleste“. Es musste ihm wie ein Sommermärchen in Himmelblau-Weiß vorgekommen sein – bis er vor dem Deutschland-Spiel mit ein paar Ordnern aneinandergeriet und grantelnd das Berliner Olympiastadion verließ. Ohne ihren größten Talisman schieden die Argentinier aus.“
Solche Geschichten wären in Deutschland undenkbar. Ich habe noch ein historisches Dokument aus dem Jahr 1982 bei youtube ausgegraben. Diego Maradona war jung und brauchte das Geld.
Maradona ist der emotionalste Coach beim laufenden WM-Turnier. Wir kennen alle noch die Bilder vom Trainerneuling Jürgen Klinsmann an der Seitenlinie 2006. Der begleitende Film von Sönke Wortmann brachte zudem Einblicke in die Power-Motivationssprüche des polyglotten Individualisten Klinsmann in der Kabine. Was für eine Inszenierung. PR in eigener Sache. Über seine Zeit als Vereinstrainer-Novize bei Bayern München schweige ich jetzt lieber. Maradona ist stolz auf seinen Job. In der Süddeutschen Zeitung kommt er im Interview zu Wort:
«Natürlich fühle ich mich, als würde ich das Trikot anziehen und auf den Platz gehen. Es ist großartig, sich wie ein Puzzleteil dieses Teams zu fühlen. Ich bin sehr stolz, diesen Moment teilen zu können. Man hat vorher gesagt, als Coach hätte ich keine Ahnung und keine Ideen. Plötzlich gewinne ich vier Spiele. Aber ich habe mich nicht verändert und ich werde auch morgen derselbe sein. Gewinnen fühlt sich immer großartig an, als Spieler, als Trainer.»
Nach dem Mexiko Spiel verlängerte der Grenzgänger zwischen Genie und Wahnsinn eigenmächtig die Pressekonferenz. Gutes Stichwort. Pressekonferenzen sind ja inzwischen eine besondere Spezialität von Maradona geworden.
Da gibt es den den Videoausschnitt von der Pressekonferenz vom Länderspiel gegen Deutschland und den Fauxpas Diego Maradonas gegenüber Thomas Müller. Da ist er wieder, der eingangs erwähnte Gedanke an Maradona. Verrückt ist er nicht – aber die Tassen in seinem Schrank werden weniger. Der Hat-Tip geht an den Kaisergrantler.
Nachdenkenswert #59
Ich hoffe, dass sie weit kommen, aber für Bayern München ist es besser, wenn sie ausscheiden. Je früher sie ausscheiden desto länger sind sie in der Vorbereitung dabei.
Louis van Gaal, Trainer von Bayern München, mit Blick auf
seine WM-Teilnehmer
Pressespiegel WM zum Spiel Deutschland – England
Selten sah ich Übungsleiter Löw nach einem Spiel so entspannt. Im ARD TV-Interview mit Jürgen Bergener konnte er sogar lachen. Das war bei seinem Wut-Interview im Fernsehen im Februar ganz anders. So ändern sich die Zeiten. Damals merkte er zu den geplatzten Vertragsverhandlungen mit dem DFB an:
„Ich war über den ganzen Ablauf der letzten Wochen stark verärgert. Weil wir insgesamt ein schlechtes Bild dargestellt haben. Es gab unnötigen Diskussionsstoff. Ein Ultimatum von 48 Stunden. Damit bin ich nicht einverstanden!“
Löw hat immer noch keinen neuen Vertrag. Seine Verhandlungsposition für verschiedene Optionen haben sich mit dem 4:1 gegen England entscheidend verbessert. Erfolgreich an der eigenen Zukunft gebastelt. Mein Kompliment.
Genug der Vorrede, steigen wir in den Pressespiegel zum Spiel Deutschland gegen England ein:
Die Süddeutsche Zeitung bringt eine dpa Meldung vom politischen Parkett:
,,Beim Weltwirtschaftsgipfel in Toronto sind heute während der zweiten Halbzeit des Fußballkrimis Deutschland gegen England zwei Stühle leer geblieben. Bundeskanzlerin Angela Merkel und Großbritanniens Premierminister David Cameron haben sich das WM- Achtelfinalspiel in einem separaten Raum gemeinsam angesehen.“
Die protestantische Pfarrerstochter fand Spiel und Sieg toll und übermittelte Glückwünsche aus Kanada nach Südafrika.
Bild.de vergisst nicht den Dank an den Schiedsrichter und schreibt:
,,Deutschland demütigt England mit 4:1 und hat auch das verdiente Glück, als Schiri Larrionda (Uruguay) einen klaren Treffer von Lampard nicht gab. Dessen Schuss prallte wie in Wembley 1966 unter die Latte, sprang aber anders als damals deutlich hinter die Linie. Beim Stand von 2:1 wäre es der Ausgleich gewesen…
Danke, Herr Schiedsrichter! „
Welt Online titelt Schiedsrichter bringt England um klares Tor und verweist auf die süße Rache und einen emotionalen Höhepunkt von Uwe Seeler.
,,Rache ist süß: Auf diesen Moment hat Fußball-Deutschland 44 Jahre gewartet, DFB-Ehrenspielführer Uwe Seeler muss es aus seinem Sessel gerissen haben. Im packenden WM-Achtelfinale der deutschen Nationalmannschaft gegen England am Sonntag (4:1) in Bloemfontein sahen die 40.510 Zuschauer im Stadion sowie zig Millionen von Fans vor den Fernsehschirmen praktisch ein „umgekehrtes“ Wembley-Tor.“
Spiegel Online verweist auf kommende Diskussionen ob des nicht gegebenen Ausgleichstreffer der Engländer und erinnert an die starke Leistung des jungen Thomas Müller von Bayern München:
,,So hoch hat Deutschland gegen England noch nie gewonnen. In einem Achtelfinal-Drama siegten Joachim Löws Männer 4:1, Thomas Müller als Star des Spiels traf gleich zweimal – doch ein nicht gegebenes Tor für die Gegner wird noch Diskussionen nach sich ziehen.“
Michael Horeni bindet der Mannschaft in der faz einen besonderen Blumenstrauß zum Sieg gegen den klassischen Fußballkontrahenten von der Insel:
,,Gestatten, das junge Deutschland: Die Mannschaft von Bundestrainer Joachim Löw hat beim 4:1 im Achtelfinale gegen England einen seiner schönsten Erfolge der vergangenen Jahre erzielt. Der in dieser Höhe ganz unerwartete Erfolg gegen die Meister aus der Premier League mit Rooney, Lampard und Gerard war der Triumph einer spielerisch mitunter vortrefflichen Vorstellung, angereichert mit herrlichen Kombinationen wie man sie von einer deutschen Nationalmannschaft bei Weltmeisterschaften nicht oft erleben durfte.“
Die faz bringt auch einige Reaktionen von der englischen Presse. Unter anderen auch vom Daily Mail:
,,England wird von Deutschland bei der WM gedemütigt (mit viel Hilfe vom Schiedsrichter aus Uruguay)“.
Mirror nennt Müller, die eigene schwache Leistung und den Referee als die entscheidenden Puzzleteile der Niederlage:
„England kracht raus. Three Lions von Deutschland gemüllert – und vom Referee.“
Independent diagnostiziert Herz-Rhytmusstörungen und attestiert England eine farblose Vorstellung:
,,Ein trostloses England erleidet WM-Herzschmerz“
Die Frankfurter Rundschau sieht in Miroslav Klose und Thomas Müller zwei Matchwinner. Klose seine beindruckenden Torzahlen werden ins rechte Licht gerückt:
,,Es war das 50. Tor für Klose in seinem 99. Länderspiel, sein zwölftes Tor bei einer WM. Damit haben nur der Brasilianer Ronaldo (15), Gerd Müller (14) und der Franzose Just Fontaine (13) mehr Tore bei einer Weltmeisterschaft erzielt. Auch in der DFB-internen Rangliste kletterte Klose, der Vielgeschmähte, auf Platz drei, hinter Müller (68) und Joachim Streich (55 für die DDR-Auswahl).“
Bei Thomas Müller wird auf die Spielzeit in der 3. Liga im vergangenen Jahr verwiesen und den Gleichstand in der Torschützenliste bei der WM mit prominenten internationalen Stürmerstars sowie die gemeinsame Auswechslung mit Klose nach getaner Arbeit:
,,Thomas Müller, vor einem Jahr noch in der dritten Liga Fußball spielend bei der Bayen-Amateuren, hat nun bereits sein drittes Tor bei dieser WM erzielt – so viele wie der Argentinier Higuain und der Spanier Villa. Müller wurde zum Mann des Spiels gewählt. Müller und Klose, beide Matchwinner, durften nach 72 Minuten das Feld verlassen – sie hatten ihre Arbeit getan. Sehr gut sogar.“
Eine kleine Vorschau auf Deutschland gegen England
Udo Muras hat einen Blick in die Fußball-Geschichtsbücher der Duelle zwischen Deutschland und England geworfen. Ausgehend vom 4:2 der Engländer im WM Finale in Wembey 1966 über die Hitzeschlacht von Leon und dem 3:2 Sieg der Schön Elf nach 0:2 Rückstand, weitergehend mit dem 0:0 in Spanien 1982 landet Muras bei dem legendären Elfmeterschießen um den Einzug ins WM-Finale 1990. Abschließend wirft er noch einen Blick auf die EM Partie 1996. Richtig. Auch diesmal wieder ein Elfmeterduell mit siegreichen Ausgang für Deutschland. Irgendwie liegt den Engländern das Thema Elfmeterschießen nach einer Verlängerung nicht.
Die Zeit greift in einem längeren Artikel unter dem Titel Die neurotische Furcht vor dem Elfmeterschießen auch das Thema Elfer auf und erinnert an die Mythenbildung.
,,Geblieben ist die beinahe neurotische Furcht englischer Fußballer wie Fans vor dem Elfmeterschießen, bei der nach einer, eigentlich recht neuen Fußballweisheit, die Deutschen stets gewinnen. Dabei haben Deutschlands Fußballer die Engländer nur zweimal im Elfmeterschießen besiegt, 1990 bei der WM in Italien und sechs Jahre später bei der Europameisterschaft in England. Aber Fakten stören nur, wenn es um Mythen geht.“
Wie immer während der Fußball-WM lohnt ein Blick auf allesaussersport. Kai Pahl alias dogfood hat wieder ausgiebig interessantes aus der englischen Presse ausgegraben.
Ich habe 1974 die englische Nationalmannschaft das erste Mal live im legendären Zentralstadion erlebt. Damals spielte England noch mit Torwart. Peter Shilton. Ein 1:1 gegen die Mannschaft von Georg Buschner war das Endergebnis. Bei der WM 74 glänzten die Engländer mit Abwesenheit. In der WM Qualifikation verloren sie in Chorzow das entscheidende Spiel gegen Polen mit 0:2.
Ich selber rechne mit keinem Elfmeterschießen und trotz englischer Torwartproblematik mit dem Ausscheiden der Truppe von Übungsleiter Löw. Da läuft vieles nicht rund. Mertesacker hat seine katastrophale Form vom kampflosen 0:4 Pokalendspiel gegen Bayern München offenbar mühelos konserviert, die Serben legten den Finger schmerzhaft in die Wunde und Ghana hätte mit treffsicheren Stürmern das Spiel nie verloren. Das war nix meine Herren. Andererseits würde ich mich durchaus gerne täuschen. Schaun wir.
Deutschland gegen England oder der Vorteil einer Partie am Sonntag
Die Banken werden in Deutschland aufatmen. Die Kundschaft kann am Montag mit voller Konzentration bedient werden. Das Spiel der Löw Truppe gegen die Fußballer aus England ist am Sonntag optimal terminiert. Bei dem Spiel gegen Serbien in der Vorrunde war dies anders. An einem Freitag mit der unsäglichen Anstoßzeit von 13.30 Uhr. Was haben damals Bankinstitute wie die Sparkasse eigentlich gemacht? Die Nürnberger Nachrichten brachte am Samstag, den 19. Juni 2010, mit dem Titel – Schreck vor der WM-Leinwand – folgenden kurzweiligen Bericht von der Sparkasse Nürnberg:
,,Ortswechsel: Im dritten Stock der Sparkasse am Lorenzer Platz haben sich etwa 100 Fußball-Begeisterte versammelt. Im Konferenzraum, in dem sonst geschäftliche Sitzungen stattfinden, rollt nun die Lederkugel über die Leinwand.“
Einen Hinweis in Sachen Kleiderordnung bekamen die Mitarbeiter der Sparkasse ebenfalls. In Sachen Arbeitszeit wurde ordnungsgemäß ausgestempelt.
,,Das Kreditinstitut hat seine 2000 Beschäftigten in der Zentrale und in allen Niederlassungen aufgerufen, an diesem Tag statt mit Anzug, Krawatte oder feinem Kostüm im Fußball-Outfit zur Arbeit erscheinen. Allerdings: Ordnung muss sein – das gemeinsame Fernsehen gilt nicht als Arbeitszeit, die Mitarbeiter müssen sich zuvor ausstempeln. Während die Banker im Konferenzraum bis zum Ausgleich hoffen, stehen einige Kollegen im fast menschenleeren Schalterraum, um die Kundschaft zu bedienen – falls denn jemand auftaucht.“
Da ist doch so ein Spiel am Sonntag um 16 Uhr ein wirklich passender Termin. Wetter soll auch passen. Bis dahin hat sich Übungsleiter Löw sicher auch den einen oder anderen Gedanken gemacht und die Schwachstellen aus dem Spiel gegen Ghana analysiert. Die Vorrunde war durchwachsen. Trotz Australien. Ich fand den Sieg gegen zahme und erschreckend schwache Australier nie den Hype wert, die Niederlage gegen Serbien war selbst verschuldet. Ausreden ob des Schiedsrichters lasse ich nicht gelten. Gegen Ghana wackelte die Abwehr mit Mertesacker in einigen Szenen beträchtlich. Im Mittelfeld fehlte kontinuierliche Kreativität. Im Angriffsspiel konnte mich keiner überzeugen. Ghanas Schwäche im Abschluss kam der deutschen Mannschaft ganz Recht. Sie verhinderte das Ärgste.
Doch nun ist das Geplänkel in der Vorrunde für die Truppe um Kapitän Lahm zu Ende. Für mich beginnt jetzt eigentlich die Fußball-WM erst richtig. K.o. Spiele mag ich. Duelle auf Biegen und Brechen. Etwaige Verlängerungen oder Elfmeterschießen inbegriffen. Insofern bin ich auch froh das mit England gleich eine richtige Hausnummer erscheint. Nichts gegen die USA. Doch Deutschland gegen England ist halt ein anderes Kaliber. Tief durchatmen.
Sponsorspiegel 24.06.10
Ghana hatte eine Reihe von deutschen Fans. Die Mitarbeiter von Puma in Herzogenaurach werden den Einzug der laufstarken und technisch beschlagenen Mannschaft um Kevin-Prince Boateng ins Achtelfinale gerne gesehen haben. Die weißen Trikots mit dem Puma Logo sehen wir also weiter. Für die anderen afrikanischen Mannschaften in Puma Trikots ist die WM nicht ganz so erfolgreich gelaufen.
Ein hochinteressantes Interview mit dem Puma Vorstandsvorsitzenden Jochen Seitz gibt es auf sportspool.tv zu sehen. Meine Sehempfehlung. Es sind gut investierte 16:30 Minuten mit dem Puma Chef Seitz.
Wer ist dieser Jochen Seitz? Der Journalist Rolf Herbert Peters schrieb einst das Buch Die Puma Story. Ohne Seitz wäre der Turnaround wohl kaum zu schaffen gewesen. Der Stern schrieb einst im Artikel Vom Schuhtüftler zur Weltmarke folgendes:
,,Anfang der 90er Jahre: Puma ist am Boden. Wirtschaftlich läuft es mau. Die Sportartikel der Herzogenauracher überschwemmen die Wühltische der Ramsch-Kaufhäuser. Und die Puma-Aktien sind so unattraktiv wie die Marke selbst. 1993 werden sie für um die acht Euro gehandelt. Es ist das Jahr, in dem Puma – mal wieder – einen neuen Chef bekommt: Jochen Zeitz, ein Jungspund von gerade einmal 30 Jahren. Kaum jemand sieht für die kränkelnde Raubkatze noch eine Zukunft, vielleicht nicht einmal Zeitz selbst. Was soll bloß aus dem fränkischen Patienten Puma werden?“
Wer mehr über Puma und Jochen Seitz erfahren will, dem sei das Buch Die Puma Story von stern-Autor Rolf-Herbert Peters empfohlen.
Im WIM Magazin der IHK Nürnberg – Wieviel Afrika ist in Herzogenaurach? – sagt der Vorstandschef der Puma AG, Jochen Seitz, einiges über den afrikanischen Markt:
,,Die Marke Puma hat aufgrund unseres über zehnjährigen Engagements für den afrikanischen Fußball sowie für den Kontinent insgesamt einen enormen Bekanntheitsgrad in Afrika. Unsere wichtigsten Absatzmärkte sind Südafrika und Nordafrika. Die Subsahara hat mittel- bis langfristig Wachstumspotenzial.“
Nun, die Nationalmannschaft von Südafrika wird jedoch mit Trikots von Adidas ausgerüstet. Puma selber stattet neben Ghana die Westafrikaner von der Elfenbeinküste, Algerien, Kamerun, die Schweiz, die Südamerikaner aus Uruguay und den Weltmeister Italien aus.
Da wir gerade bei Trikots sind. Es gibt einen lesenswerten Artikel in der FAZ mit dem Titel Der Trend geht zur zweiten Haut:
,,Das Unternehmen Adidas, Ausrüster der deutschen, der argentinischen und der französischen Mannschaft, bietet den Akteuren neben dem klassischen Trikot ein sogenanntes TECHFit-Modell an, das eigentlich dem Unterwäschesegment entstammt. Beim 4:0-Auftaktsieg der DFB-Auswahl gegen Australien entschieden sich neben dem Torschützen Lukas Podolski auch Bastian Schweinsteiger und der spät eingewechselte Mario Gomez für die körperbetontere Variante.“
Kürzlich im Sponsorspiegel habe ich die emotional erzählte Geschichte im Nike Werbespot angesprochen. Stringente Handlung – Spielberg hätte es nicht besser machen können.
Was macht der Konkurrent? Adidas hat ebenfalls einen inszenierten Spot anzubieten.
Ausführliche Gedanken zu Werbespots rund um die Fußball-WM hat sich sportmanager gemacht und titelt die schlacht am kap #2. Interessante Gedankengänge.
Die französischen Fußballer führten eher ein wehleidiges Kasperletheater auf und legten keine Ehre für den Sponsor Adidas ein. Ab dem 1. Januar 2011 soll die Equipe Tricolore in Nike Trikots für die kolportierte Summe von 42,66 Millionen Euro per annum auflaufen.
Sportspool.tv findet zum Thema Frankreich und Trikotsponsoring folgende Worte:
,,Fragt sich nur, für was der neue Trikotsponsor die (geschätzt) 43 Millonen Euro pro Jahr berappen wird. Mit dieser ‚Hungertruppe‘ kann man nur verlieren ….“
Siehe dazu auch den Spiegel Artikel: Diese Leute haben unser Trikot besudelt.
Jens Weinreich weiß interessantes über die FIFA und die Markenrechte auf seinem Blog zu berichten. Wie immer sehr intensiv und ausführlich bearbeitet. Meine unbedingte Leseempfehlung.
,,Es ist ein Kreuz mit den Markenrechten. Wo immer die knallharten Vermarkter des Fußball-Weltverbands FIFA einreiten und die Gesetze der WM-Gastgeberländer förmlich außer Kraft setzen, ist Vorsicht geboten. Die Herren vom Weltkonzern FIFA beschäftigen auch Heerscharen teurer Juristen, die schon vor vier Jahren in Deutschland zahlreiche vermeintliche und tatsächliche Fälle von Trittbrettfahrerei bei der Vermarktung geschützter WM-Symbole und Namen verfolgten. Da kennt die FIFA nichts, da wird brutalst nachgetreten, um im Fußball-Jargon zu bleiben.“
Während der Fußball WM geht das Umweltdesaster und die Hilflosigkeit von BP und Obama weiter. Das schweizer Fachmagazin Sponsoring extra berichtet mit Blick auf das Sponsorengagement des Ölkonzerns für London 2012:
Londons Olympia-Organisationspräsident Sebastian Coe hat das Sponsoring des britischen Ölkonzern BP ungeachtet der Umweltkatastrophe im Golf von Mexiko verteidigt.
Der Kampf um die monetären Dinge für London soll nicht in Frage gestellt werden. Es geht um sehr viel Geld.
,,Der Konzern ist seit 2008 Topsponsor der Olympischen Spiele 2012 in London und unterstützt das Sportspektakel mit rund 40 Millionen Pfund (48,25 Millionen Euro).“
Nachdenkenswert #58
,,Das ist doch das Problem an Zeitungen! Die Hälfte der Nachrichten darin kenne ich immer schon aus dem Radio, Fernsehen oder Internet.“
Jeff Jarvis, Buchautor von Was würde Google tun?, im Interview
mit der Frankfurter Rundschau am 11. 05. 2010