Noch 4 Tage bis zum Schach-WM-Kampf Anand-Topalov

In 4 Tagen ist die Farbauslosung des Schach-WM-Kampfs Anand-Topalov in Sofia. Während die Schachwelt dem Kampf entgegenfibert bastelt ein Exweltmeister an seiner Funktionärslaufbahn und will FIDE Präsident werden. Anatoli Karpow und seine Freunde machen geschickte Spielzüge. Der Journalist und Internationale Meister Stefan Löffler hat einen spezifischen Blick auf die Aktivitäten von Karpow geworfen und verweist auch auf den Facebook Auftritt des ehemaligen Schachchampions.

LYON, FRANCE - NOVEMBER 5: Anatoli Karpov (L) and Garri Kasparov (R) are seen during the World Chess Championships at the Palais de Congress on November 05, 1990 in Lyon, France. (Photo by Bongarts/Getty Images)

Bei Karpow denke ich natürlich an die legendären K+K Duelle zurück. Erst Viktor Kortschnoi und später Garri Kasparow. 1975 gab es ja leider nicht den von der Schachwelt erhofften Kampf Bobby Fischer gegen Anatoli Karpow. 1972 hatte der Amerikaner im Schachmatch des Jahrhunderts eine 25-jährige Schachvorherrschaft der Sowjetunion beendet. Das Genie Fischer trat 1975 nicht gegen den Herausforderer Karpow an, daraufhin entzog ihm der Weltschachbund FIDE den Titel.

So wurde vor 35 Jahren die Schach-WM Krone kampflos an den Absolventen der Botwinnik Schachschule überreicht. 1978 gab es dann jenes erbitterte Duell zwischen Karpow und Kortschnoi in  Baguio auf den Philippinen. Es war auch ein Kampf eines linientreuen Schachspielers gegen den Dissidenten Kortschnoi. Im Interview mit der FAZ im Jahr 2006 bezog Karpow deutlich Stellung zu den damaligen Dopingvorwürfen gegen ihn:

,,Diese Story gehört zu seinem Verleumdungsrepertoire. Ich nahm während der Partien Joghurt zu mir. Das war speziell für das Match auf den Philippinen von der sowjetischen Akademie der Wissenschaften entwickelt worden. Nicht als Dopingmittel, sondern als Energiespender. Klar ist, daß eine mehrstündige Schachpartie viel Kraft kostet. Indes soll man vor dem Spiel nicht zuviel essen, das macht müde. So kamen sie in Moskau auf die Lösung mit dem Joghurt.“

Kocharena für Schachweltmeister. Ob Karpow die Zutaten kannte…

,,Nein. Der Erfinder, Akademiemitglied Pokrowski, starb ein Jahr nach dem Match. Der renommierte Gelehrte nahm das Rezept mit ins Grab. Er hatte etwas leicht Verdauliches entwickelt, das sich schnell im Körper verteilt und dennoch Energie spendet. Eine ganz einfache, logische Sache, aus der Kortschnoi eine böse Geschichte machte, die er bis heute gern erzählt.“

Das andere K+K Duell waren jene Schach-WM Kämpfe mit Garri Kasparow. Die Duelle bieten Stoff für mehrere Schachbücher. Sonderlich symphatisch waren sich beide nie. Die Medien stilisierten die Partien auch gerne zum Duell des angepassten Karpow gegen den Rebell Kasparow. Der Bamberger Karl-May-Verleger Lothar Schmid wurde im Interview mit chessbase zur geschichtlichen Bedeutung von Karpow und Kasparow gefragt:

,,Sie ist außerordentlich. Beide waren in ihrer Art zu spielen, ganz einmalig. Ihre Partien hatten Größe und Schönheit. Kasparow zeigte geniale Kombinationen, Karpows Figurenmanöver waren sehr filigran, er spielte fast ohne Fehler. In einer ewigen Bestenliste würde ich beide Spieler auf Platz 2 und 3 hinter Bobby Fischer einordnen.“

Großmeister Lothar Schmid war Schiedsrichter des Jahrhundertkampfs 1972 in Reykjavik zwischen Bobby Fischer und Boris Spasskij. Er verweist auf die Einmaligkeit des unkonventionellen Schachgenies:

,,Er kam aus einer anderen Welt und war Autodidakt. Dass Fischer es ohne entsprechendes Hinterland bis zum Gipfel des Schacholymps geschafft hat, zeigt seine einmalige Größe. Er gewann ein dramatisches Match, bei dem man den großen politischen Einfluss der Russen im Hintergrund durchaus spürte.“

Politischer Einfluss der Russen ist ein gutes Stichwort. Wird Anatoli Karpow neuer FIDE Präsident? Im Artikel From Russia with Love verweist Stefan Löffler auf einen gewichtigen Entscheidungsträger:

,, Der Kreml hat mehr zu sagen im heutigen Schach als die meisten wissen: Alexander Schukow, einer von Russlands Vizepräsidenten, führt den Russischen Schachverband. 2006 und 2008 drückte er WM-Kämpfe für Kramnik durch. 2010 entscheidet er, ob Russland Iljumschinow oder Karpow für die FIDE-Präsidentschaft nominiert. Bis Ende Juni ist damit wohl offiziell Zeit.“

Derweil scharren Viswanathan Anand und Veselin Topalov mit den Füßen. Ihr Schach-WM-Kampf rückt näher. Die Schachexperten erwarten ein enges Match. Topalov trainierte auf Mallorca sowie den Kanaren und ist seit Anfang April wieder in seinem Heimatland Bulgarien. In Sofia erwarten sie den Sieg von Herausforderer Topalov. Der psychologische Druck liegt deshalb ein wenig mehr bei ihm. Andererseits ist Viswanathan Anand der Titelverteidiger und hat die Schach WM Krone zu verlieren. Anand hat in Deutschland trainiert und erholte sich noch ein wenig in Spanien. Zwei Millionen Euro Preisfonds sind beachtlich und auf das Verhandlungsgeschick und die Cleverness des gut vernetzten Silvio Danailow zurückzuführen. Der Topalov Manager hat die erfreulichen monetären Rahmenbedingungen mit auf den Weg gebracht.