Ein paar kleine Häppchen zu den Olympischen Winterspielen in Vancouver. Die Schattenseiten der Spiele werden ja gerne verschwiegen und heruntergespielt. Markus Völker verweist in der taz im Artikel Dr. No und der Marktstalinismus auf die finanzielle Erblast von Montreal. 1976 richtete die kanadische Metropole die Olympischen Sommerspiele aus. Die finanziellen Folgen waren hart.
,,Erst im Jahre 2006 wurden die Schulden von umgerechnet einer Milliarde Euro abbezahlt, die im Zuge der Sommerspiele von 1976 angehäuft worden waren.“
Auch Vancouver hat keine rosige Blütenzeit zu erwarten. Die normalen Bürger werden lange daran zu tragen haben. Völker nennt auch den Verursacher beim Namen:
,,In Vancouver werden die Schulden wohl die Summe von einer Milliarden Euro übersteigen. Das IOC ist hierbei fein raus, denn es verfährt nach dem Grundsatz: euch die Schulden, uns der Gewinn. Das Olympische Komitee sackt 20 Prozent des Gewinns ein, falls es einen geben sollte. Es lässt sich über 50 Prozent des Fernsehgeldes auszahlen und einen 7,5-Prozent-Anteil am olympischen Merchandising. Die Dummen sind die Einwohner der Provinz British Columbia und von Vancouver. Sie werden zahlen müssen, so wie es die Einwohner von Montreal einst getan haben.“
Im Artikel wird auch Christopher Shaw vorgestellt. Der Assistenzprofessor hat 8 Jahre recherchiert und die Strukturen des IOC studiert und analysiert. Sein Blick ging auch zu den anderen Austragungsstätten und den Folgen nach Beendigung der Spielzeit. Shaw ist erklärter Gegner des olympischen Kommerz. Der Anti-Olympia-Aktivist hat von den Medien den Beinamen Dr. No bekommen. Der 59-jährige kritisiert die rigiden Regeln des IOC. Den taz Artikel unbedingt lesen. Wer obige Verlinkung verpasst hat, hier nochmals der Weg zu Dr. No und die Regeln des Marktstalinismus.
Bloggende Sportler bekommen Richtlinien an die Hand
Ein Blick in die IOC Blogging Guidlines gibt interessante Einblicke. Die Offiziellen Richtlinien sollen das Bloggen der Sportler regeln. Bei Jens Weinreich gibt es Hintergründe und die deutsche Übersetzung, die der DOSB seinen Sportlern mit auf die Reise gab. Beim lesen der IOC Zeilen aus Gold stellt sich mir die Frage: Wem gehört eigentlich der Sport? Die Richtlinien sagen natürlich auch einiges über das Selbstverständnis der Organisation aus.
Obdachlose stören den makellosen Auftritt
Stefan Robert Weissenborn machte unlängst für die taz auf die Problematik der Obdachlosen in Vancouver in seinem Artikel Vancouvers dunkle Seite aufmerksam.
,,Konkrete Pläne, Obdachlose für einen makellosen Olympia-Auftritt zu verbannen – die gibt es nicht, so die offizielle Seite. Aber es gibt ein heftig umstrittenes Gesetz, das in der Provinz British Columbia kürzlich auf Treiben von Rich Coleman, Minister für Wohnungsbau und Sozialentwicklung, in Kraft gesetzt wurde: „The Assistance to Shelter Act“. Von Barmherzigkeit bis konzertierter Säuberungsaktion – so unterschiedlich sind die Interpretation. Die Polizei ist jetzt befugt, in kalten Nächten Obdachlose zu Notunterkünften zu bringen – auch gegen deren Willen.“
Der verbissene Kampf um die Nationenwertung
Bei den olympischen Spielen wird es auch wieder den wohl unvermeidlichen Medaillenspiegel geben. Einst hatten Wundersportnationen wie die Sowjetunion oder die DDR die Wertungen als Klassenkampf hochstilisiert. Sportler waren die Diplomaten im blauen Trainingsanzug. Solche und ähnliche Sportpropaganda begleiteten die Sportler aus dem Mekka des Sports zwischen Rostock und Suhl.
Nun hat sich die Welt ja etwas verändert. Die klassischen Blöcke West und Ost gibt es faktisch seit 1990 nicht mehr. Einstige Mitgliederstaaten des Warschauer Pakts sind jetzt Mitglied der Nato.
Der unsinnige verbissene Kampf um die Nationenwertung könnte also einer entspannten Sicht weichen. Zweifel kommen da bei der Lektüre von –Staatliche Raketenbauanstalt– auf. Markus Völker hat in der taz einen Blick auf den Umgang von Steuergeldern bei der Jagd nach Rekorden, Medaillen und nationalen Prestige geworfen.
,,Im weißblauen Lastkraftwagen mit Suhler Kennzeichen wird er angeliefert, der Zweierbob des deutschen Piloten André Lange. Der Schlitten mit dem blauen Chassis im Wert von etwa 100.000 Euro ist direkt aus den Bergen nach Berlin gefahren worden. Auch der Viererbob der Lange-Crew stand vor den Olympischen Spielen in Vancouver noch einmal in der Werkstatt des FES, des Instituts für Forschung und Entwicklung von Sportgeräten.“
Das Institut gibt es seit 1961. Nach dem Bau der Mauer wurde es von der DDR eingerichtet. Aktuell lassen 20 Sportverbände ihre Geräte tunen. Sponsoren aus der freien Wirtschaft gibt es nicht. ThyssenKrupp unterstützt das Institut jedoch auch schon mal mit einer kostenneutralen Stahllegierung. Der Staat gibt jedes Jahr 4,8 Millionen Euro dazu.
,,Spitzenreiter im Friemeln und Schrauben, Schleifen und Fräsen. Das Sporttuning ist nicht billig.“
Wettkampfkalender Vancouver 2010
Wollen wir zum eigentlichen Sport und den Wettkämpfen kommen. Es sind schon unzählige Vorschauberichte geschrieben und gesprochen worden. Ebenso vernahm das Sportpublikum artikulierte Medaillenhoffnungen. Auch Wetter war ein Dauerthema in den letzten Tagen. Wie sieht denn eigentlich der Terminplan aus?
Hier geht es zum Wettkampfkalender Vancouver 2010 des DOSB.
Den TV-Zeitplan zum Ausdrucken gibt es auf der Hörzu Seite.
Wie präsentieren sich denn unsere Sportler auf ihren elektronischen Visitenkarten? Hier einige Beispiele:
Magdalena Neuner Anni Friesinger Michael Greis Michael Uhrmann
Hier noch zum Vergleich einige internationale Seiten…
Die Damen Lindsey Vonn und Joannie Rochette
und die Herren Ole Einar Björndalen sowie Gregor Schlierenzauer
Die unendliche Geschichte des Dopings
12 Tage vor Beginn des Wintersportfests hatte der Verkünder unangenehmer Wahrheiten, Prof. Werner Franke, seinen 70. Geburtstag. Der Molekularbiologe und Dopingjäger wurde in verschiedenen Zeitungen auch zu Olympia in Vancouver befragt. In den Nürnberger Nachrichten gab es einen klaren Standpunkt vom Dopingfahnder.
,,Ich gehe davon aus, dass in den Ausdauerwettbewerben die Mehrzahl der Spitzenathleten gedopt ist.“
Zu den 2500 Kontrollen der Spiele hat er auch eine eigene Meinung:
,,Das ist alles Mumpitz. Wer dahin reist und erwischt wird, muss aus Doofmannshausen kommen. Es wird einfach zu unintelligent getestet.“
Für Interessierte am Thema gibt es auf cycling4fans entsprechende Buchtitel zur Auseinandersetzung, Vertiefung und Weiterbildung mit dem unappetitlichen Doping.
Meine Meinung zu Doping ist eindeutig. Doping ist bullshit. Das ist umgangssprachlich sicherlich nicht kompatibel für den diplomatischen Dienst im Außenministerium oder auch im Sportministerium. Der österreichische Sportminister Norbert Darabos hat es so formuliert:
,,Wer dopt betrügt. Der Sportler verschafft sich nicht nur einen unrechtmäßigen Vorteil im sportlichen Wettkampf, sondern auch, indem er Prämien, Sponsoren- und Preisgelder erhält.“
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Weiterführende Links zum Thema
Es bleibt alles in der Familie
Einkaufstour mit versteckter Kamera
Doping in ARD und ZDF – Muskelspiele im Schnee
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